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Charaktere begegnet seyn, wie der Prahler, Schwaben, Schneider. Diese nebeneinander aufgestellt hätten, gegenseitig sich erläuternd und erklärend, erst den Reichthum und die eigentliche Natur dieser Seite der altdeutschen Poesie erkennen lassen. Eine solche mannigfach sich ausbreitende Untersuchung müsste der Geschichte der Poesie nicht gering zu achtende Resultate gewähren. Gerade diese Ruhe und helle Besonnenheit des Humors, diese ausdauernde und sicherlebende Ironie ist etwas den Deutschen ganz Eigenthümliches, die leicht an leichtspringendem Witz von andern Völkern übertroffen werden.

Wissenschaftlicher Ernst hätte hier noch einen andern Vortheil gebracht: das Buch wäre dann nur in die Hände derer gekommen, denen es gebührte. Wir wissen auch, dass Derbheiten dieser Dichtung zugehören und nothwendig sind, und verlangen so wenig, dass sie wegbleiben sollen, als wir den Aristophanes castrirt sehen möchten, allein unsere Zeit hat eine Zucht und Sitte, die geachtet werden muss, vor deren Augen man solche Dinge nicht hinstellen soll. Das Volk mag sie vertragen, aber ein feiner schamhafter Sinn der Frauen, der etwas Edles ist, hätte hier gewarnt werden sollen, und ein Zusatz:,,für Männer gedruckt" scheint so statthaft als das bekannte: Manuscript für Freunde.

Dieses im Allgemeinen über das vorliegende Buch ausgesprochene Urtheil, halten wir uns schuldig, im Einzelnen zu bewähren, wodurch wir zugleich in den Stand gesetzt werden, der Recension einiges Interesse zu verleihen.

I. Die Schildbürger. Wie dieses Werk das Vollendetste und gediegenste in der alten komischen Literatur ist: so erscheint eine sorgfältige Bearbeitung hier am nothwendigsten. Was den Text betrifft, so ist der erste Theil nach den Ausgaben von 1605 und 1614 gemacht, die frühere von 1598 hat der Herausg. nicht gehabt, da sie doch bestimmt existirt und billig hätte benutzt werden sollen; zweifelhafter ist freylich die von 1597, weil man überhaupt Drauds Angaben nicht für zuverlässig nehmen kann. Indessen wollen wir hierüber nicht lange rechten; da das Lalenbuch, wahrscheinlich wegen der in Perioden geschlossenen Rede, die nicht so leicht zu zerreissen war, überhaupt wenigere Veränderungen erlitten, und selbst in den heutigen Volksbüchern noch ziemlich rein erscheint, so mag hier nicht so viel auf die ersten Ausgaben ankommen, wie bey den Romanen im Buch der Liebe. Diese Nachlässigkeit verschwindet gegen eine viel bedeutendere und geradezu unverzeihliche, indem Hr. v. d. Hagen den zweyten Theil des Buchs nicht mitherausgegeben hat. Dieser, wenn er gleich nicht völlig den ersten erreicht, ist dennoch ungemein witzig und in vielen einzelnen Zügen ganz vortrefflich. Statt ihn im Text mit abzudrucken, gibt er im Anhang einen dürftigen Auszug davon, dem aller Scherz und alles poetische Interesse entzogen ist. Eben so ist die abweichende Erzählung

des Grillenvertreibers von den allzuderben Capiteln des ersten Theils, die man ganz zugegeben wünscht, nur im Inhalt geliefert; wie wenig aufmerksam auch dieser gemacht ist, sieht man daraus, dass das eine Gedicht (S. 453 ff.) in zehn (nicht einmal in neun) Verse abgetheilt worden, während es, offenbar ein ganz regelmässiger Meistergesang von zwey Stollen und Abgesang in drey Gesätzen ist. Auch die Literatur des Lalenbuchs ist nicht vollständig: der Katalog der Ungerischen Bibliothek führt S. 125 eine Ausgabe des Grillenvertreibers Frankf. 1670. 8. an. Eine andere erschien: Nürnberg 1678. Die Ausgabe s. 1. et a. welche in der Romanenbibliothek benutzt und hier S. 491 bezweifelt wird, existirt unstreitig, der Titel ist ganz richtig, nur etwas abgekürzt angegeben. Sie stimmt dem Inhalt nach treu mit der Ausgabe von 1598 überein und nur die Orthographie ist erneuert.

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Hat der Herausg. auf diese Weise die Quellen vernachlässigt, so fehlen ihm weiter die besten und wichtigsten Hülfsmittel zur Erläuterung des Gedichts. Die dänische Sammlung: Molboers Bedrifter, die interessante Vergleichungen an die Hand gibt, hat er nicht gehabt und nur aus Nyerups Abhandlung in einer Zeitschrift angeführt. Aus dieser nimmt er weiter auch Nachweisungen über Freis Gartengesellschaft und das Rollwagenbüchlein. Dass sie nur sehr unvollständig sind, ist natürlich, da man in Dänemark nicht über seltene altdeutsche Bücher Untersuchungen anstellen kaun; so erscheinen denn diese Notizen hier falsch und dürftig. Das Rollwagenbüchlein ist ursprünglich nicht ein zweyter Theil der Gartengesellschaft, sondern ein eigenes Buch, das den bekannten Jörg Wickram, Stadtschreiber zu Burkhaim zum Verfasser hat. (Hieraus erklärt sich nun die Stelle bey Fischart in der Geschichtsklitterung S. 437 und Burkhaim ist nicht der Verfasser eines Buchs, s. Note 438, was Hr. Prof. v. d. H. ohnehin hätte wissen können, schon wenn er den Fischart aufmerksamer gelesen. Eben so rührt die Gartengesellschaft von Jacob Frey, Stadtschreiber zu Maursmünster her). Die Ausgabe, die Rec. vor sich hat, ist von 1557 in 8., indessen existirt wahrscheinlich eine frühere, da in der Vorrede von Frey's Gartengesellschaft von demselben Jahr schon des Rollwagenbüchleins gedacht wird, und auf dem Titel dieser Ausgabe steht:,,wiederum erneuwert und gemert." Die Ausgabe Magdeburg s. a. welche Draud bemerkt, ist später, sie ist bey Johann Frauken gedruckt, heisst der Rollwagen u. auf dem auch sonst abgeänderten Titel steht: jetzt von neuem übersehen und gemehret. Eine andere Ausgabe: Rollwagenbüchlein Mühlhausen s. a. (dieselbe welche Nyerup meint) ist auch später, als die von 1557, weil die Gartengesellschaft als zweyter Theil damit verbunden, in dem Katalog der Adelung. Bibliothek No. 2549 angeführt wird; ein dritter Theil wird dem Montanus zugeschrieben, unstrei- . tig dessen Wegkürzer. (Wir kennen von demselben ein Lustspiel: der ungetrewe Knecht. Strassb:

bey Messerschmidt s. a. in 8.) Einer anderen Ausgabe von 1568 Rollwagen von Schimpf und Ernst, gedenkt Cless biblioth. p. 247. Ausser diesen beyden gibt es noch ein drittes, hier auch wichtiges und dem H. v. d. Hagen nicht einmal dem Namen Mach bekanntes Buch: Wend Unmuth durch Hans Wilhelm Kirchhof, einen Hessen aus der zweiten Hälfte des 16. Jahrh., der erste und beste Band erschien Frankf. 1565. 8. (jedoch ist die Vorrede Cassel 1562 datirt,) und ist in zwey, aber ungleiche Theile getheilt, der grösste enthält die weltlichen, der andere die geistlichen Erzählungen. In der Fortsetzung nennt Kirchhof sein Buch eine erweiterte und vermehrte Uebersetzung von Bebels facetiis. Von diesem ersten Theil führt Strieder (hessische Gelehrt. Gesch. VII, 79.) noch eine andere Ausgabe Frankf. 1587 8. an. Mehr als Strieder gefunden, kann man aus dem Buch selbst von Kirchhofs Leben erfahren: als Soldat war er in Franken, Norddeutschland, Flandern gewesen, überall ist der Erwerb der Weltbekanntschaft, eine recht lebendige Anschauung, sichtbar und er übertrifft in der Erzählung Frey und Wickram. Den dritten Theil hat Rec. noch nicht gefunden, einen vierten und fünften aber, den Kirchhof späterhin, als Burggraf von Spangenberg (Frankf. 1602) herausgab, auf der königl. Bibliothek zu Berlin gesehen; beyde enthalten meist Auszüge aus der alten Geschichte und gehören nicht eigentlich hierher. Wie beliebt das Werk gewesen, zeigt die Nachahmung des Titels in spätern Sammlungen. Es folgt auf diese Bücher eine ziemlich lange Reihe ähnlicher, in diesem Geschmack ausgearbeiteter, sie sind wohl alle selten zu nennen, aber dass Hr. v. d. H. auch nicht ein einziges davon erwähnt, zeigt, wie wenig er nach dieser Literatur sich umgesehen. Sie können hier nicht angeführt werden, weil sie eine besondere Abhandlung nöthig machten; wir nennen nur daraus Katzipori 1558. 8. Der Verfasser unterschreibt sich bey der Dedication: Hans, Compan von Schleusingen -nnd: Rastbüchlein durch Michael Lindner, weil dadurch die Stelle in der Vorrede von Fischarts Geschichtsklitterung vollkommen erklärt seyn wird, wo offenbar zwey Bücher in eins zusammengeworfen sind. Aus der spätern Zeit ist der Neugebutzte kurzweilige Zeitvertreiber, welcher den bekannten Dichter Simon Dach zum Verfasser hat, anzuführen. Koch (Compend. II, 327) citirt eine Ausgabe s. 1. 1668. 12. eine andere von 1700 aber, die Rec. vor sich hat, zeigt, dass das Buch fünfmal aufgelegt worden. Es ist eine gar nicht dürftige Samm lung, die nur in der Darstellung der ältern weichen muss.

Wir haben diese literarischen Nachweisungen nicht zurücklegen wollen, weil die kleinen Bücher in dem lustigen Schwaben, Elsass und Breisgau zuerst entstanden, dann aller Orten nachgeahmt, be stimmt auf Reisen, vor Traurigen oder an kühlen Brunnen gelesen zu werden, sich auf die rechte Art fast ganz vergriffen und verblättert haben und

sehr selten geworden sind; zudem ist für die Bestimmung des Alters der Schildbürger eine genaue Angabe wichtig.

Der Verfasser theilt in einigen Worten die Bemerkung mit, dass das ganze Gedicht aus Volkstradition wahrscheinlich zusammengestellt sey und seinen Ursprung Dunkel umhülle; was eben so leicht als sicher im Allgemeinen zu treffen war. Ein Dunkel ruht freylich auf der Entstehung eines jeden Gedichts, das wir nicht aufhellen werden, wie bey der Betrachtung einer jeden wahrhaftigen Dichtung, auch unserer Zeit, wir endlich auf etwas Unergründliches gelangen.

Ueberall aber, wo wir Poesie finden, sehen wir sie auch angeknüpft an ein Früheres, eine Tradition geht durch alle Zeit und Jahrhunderte, die auf die auffallendste Weise von einander geschieden, hängen doch mit tausend Fäden zusammen und mögen sich nicht verlängern. Wiederum aber, stehen wir auch immer, wo die Dichtung frisch strömt, vor ihrer unversiegbaren Quelle, denn darin ruht das Geheimniss ihrer ergreifenden Macht, dass ihre Gegenwart in der Vorzeit begründet, die Vorzeit in ihrer Gegenwart lebendig und unvergangen ist. Wurde oben behauptet, dass nach dem Untergang des alten Heldenepos dieses Gedicht als neue Bildung hervorgetreten, so müssen doch die Keime und Adern dazu in früherer Zeit schon dagewesen seyn, und nur das Herrschende können wir durch einen Gegensatz bezeichnen. Hernach hat das Ganze sich gesammelt, gleichsam auf einen Ruf, wie das gediegene Silber eine Zusammenhäufung einzelner Theile ist, nach unbekannten Gesetzen chemischer Verwandschaft bewirkt. Solche einzelne Spur finden wir schon im 15. Jahrh. in dem Gedicht von Reinfried von Braunschweig, S. 37. des Hanöv. Manuscripts heisst es nämlich: mit nassen schöben (Fackeln) luchtet man e, vnd vasset manes schin in secken, e vch iemer min hulde werde ze teile.

Hier erscheint dieselbe Idee, die wir bey den Schildbürgern weiter ausgeführt sehen, indem sie das Sonnenlicht in Säcken für ihr Rathhaus einfangen; wahrscheinlich bezieht sich das vorhergehende:,,mit nassen Fackeln leuchten" gleichfalls auf eine hierhergehörige Sage, die jetzt verloren ist. Die folgenden Jahrhunderte zeigten die Neigung des menschlichen Geistes zum Scherz, das freywillige Begeben in eine fröhliche Narrheit in ihrer Entwickelung folgen liessen, oder wie der Scherz uns wieder Luft macht und die Fesseln löst, mit denen der Ernst uns umgeben, so sehen wir diesen Gegensatz im Grossen erscheinen und diese Zeiten auf jene der Heldengesänge folgen, die einen durchaus tragischen Charakter hatten. Die Weihnachtspossen, das Ostergelächter, das Narrenfest sind Zeichen dieser Zeit, alle früher entsprungen gelangten sie

dazumal zu rechter Ausbildung. Nicht im Ernst, wie die theolog. Facultät zu Paris zur Vertheidigung dieser Feste in einem Circularschreiben von 1441 anführt, sondern blos zum Scherz werden sie nach alter Sitte gefeyert, damit die Narrheit, die uns natürlich ist, und uns angeboren scheint, wenigstens alle Jahr einmal ausdünste, und die Fässer mit dem Wein der Weisheit nicht zerplatzen. Man sieht hieraus, dass diese Ansicht der Narrheit, wie sie auch in dem Eingang des Lalenbuchs aufgestellt ist, eine allgemein verbreitete Volksidee war. Die clevische Geckengesellschaft, gestiftet im Jahr 1381, spricht sie gleichfalls deutlich aus. Endlich haben die berühmtesten Hofnarren, Kunz von Rosen, Claus Narr und der Eulenspiegel, der eine ganze Classe repräsentirt, in diesen Zeiten gelebt.

Die vorhin genannten Sammlungen, fast alle in dem Laufe des 16. Jahrhund. entstanden, haben uns eine Reihe sehr fröhlicher und in der That treflicher Volkssagen erhalten. Dass sie eigenthümlich deutsch (wiewohl man allerdings auch frühe schon Uebersetzungen, z. B. des Boccaccio antrifft,) und dass sie unmittelbar dem Munde des Volks, unter dem sie lebten, entnommen sind, leidet keineu Zweifel, sobald man sie näher betrachtet. Es zeigt sich in ihnen alles, was wir an der Sage charakteristisch erkannt haben: eine Grundübereinstimmung, die durch alles geht, dann Abweichungen in Geschlechter und Stämme, die sich wieder in Aeste und Zweige vertheilen, so dass jedem Einzelnen bey seinem unleugbaren Zusammenhang mit dem Gauzen sein individuelles Leben bleibt und jeder kleine Bezirk in einem andern Dialekt redet.

Wir kommen hier auf den Punct unserer Forderungen zurück. Dieser Charakter der Schildbürger, der vor den übrigen, die gleichwohl ihr eigenes Lob verlangen, unstreitig den Vorzug verdient,

war

aus den bemerkten Quellen zu erläutern. Wäre nicht schon der poetische Werth, so würde die merkwürdige Ausbreitung desselben, indem wir ihn nicht nur bey den Deutschen (in mehr als dreyssig Gegenden) und den verwandten Stämmen, sondern auch bey den Slaven und Ungarn, in Frankreich und England, finden, eine besonders aufmerksame Betrachtung fordern. Es waren die einzelnen Sagen aufzusuchen, zu vergleichen und zusammenzustellen. Das wird man im Voraus schon nicht abstreiten, dass sich aus einer solchen Arbeit mannichfache interessante Resultate ergeben müssen. So ist es auf der einen Seite gewiss merkwürdig, dass der Verfasser des Lalenbuchs, wiewohl ein ganzer Guss in seinem Werk ohne Zweifel sichtbar, doch die älteren Quellen oft wörtlich benutzt hat, z. B. die Geschichte von dem Bauer, der meint er schlafe (C. 37.), ist im Rollwagenbüchlein fast mit denselben Worten erzählt und nur dort mit einigen Zusätzen verbessert. Es ist diess nichts anders als ein Lob für ihn, da es beweist, wie sicher er den Charakter des National - Gedichts getroffen. Auf der andern Seite aber hat er auch

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manche einzelne Sage nicht so gut und innerlich vollkommen gefasst, wie sie uns anderwärts begegnet (von den ganz fehlenden reden wir nicht), und wenn zwar der Zusammenhang keineswegs vermisst wird, so sind sie doch eigentlich lückenhaft dargestellt das Beyspiel, das wir unten geben, wird auch dieses beweisen. Es liegt aber in der Natur der Sache, dass ein Einzelner nicht im Stande war überall das Beste zu gewinnen, und die Arbeit ist demungeachtet in sehr geschickte Hände gerathen. Freylich wird die allgemeinere Bemerkung auch hier gelten, dass eben ein solches Zusammenfassen und Verknüpfen einer nach allen Seiten hin ausgebreiteten und lebendigen Sage schon einen Punct der beginnenden Abnahme bezeichne und das Bedürfniss damit gefühlt werde, den Verlust abzuwenden. Uns liegt es ob, nachzuholen, so weit es möglich ist, und daher scheint ein solches, ins Einzelne gehende, Untersuchen hier allein förderlich ein Ansehen der Sache gewährt wohl Ausichten, aber keine eigentliche Erkenntniss. Endlich war bey der noch lebendigen Tradition, einer nicht ganz armen Quelle, zu schöpfen und ihr Zusammenhang mit dem alten Gedicht nachzuweisen. (Die Fortsetzung folgt.)

Akademische Schrift.

Zum Osterfeste d. J. hat Hr. Dr. Vogel im Namen der Univers. zu Erlangen, als Einladungsschrift Commentationis de Apocalypsi Johannis Pars secunda, (16 S. in 4.) herausgegeben. In der ersten (s. N. 103, S. 824.) hatte es der Hr. Vf. als wahrscheinlich angenommen, dass die Offenbarung unter der Regierung des Nero geschrieben worden sey. Die Meinung des sel. Storr, dass sie in den letzten Jahren des Claudius, oder ersten des Nero, als Paulus sich zu Ephesus aufhielt, sey geschrieben worden, wird zuvörderst gründlich bestritten. Aber es finden sich auch überhaupt Schwierigkeiten wenn man sie in die Zeiten des Nero, noch mehr, wenn man sie in Domitians, Trajans oder gar Hadrians Regierung setzt. Hr. V. vermuthet daher, sie sey, wo nicht ganz, doch ihr 2ter Theil unter dem Galba geschrieben worden, und hat dafür die Stelle C. 17, 10. angeführt. Denn diess 17. Cap. müsse nothwendig darstellen, was gewesen, gegenwärtig und zukünftig war zu der Zeit wo es geschrieben wurde. Was vom 11. V. an folgt, ist nach V. 10 zu urtheilen, von der Zukunft zu verstehen; dass das auf dem Thier sitzende Weib Rom sey, lehren V. 18 und V. 9-12, dass aber unter dem Thiere Nero oder überhaupt ein röm. Kaiser angedeutet seyn könne, leugnet Hr. V., da die 7 Köpfe schon die 7 Kaiser bezeichnen. Die Worte v xai x is erklärter: ἔτι ὀλίγον καὶ ἢ μὴ υπάρξη (nach LXX. Ps. 37, 10) vergl. Eurip. Alc. 521. Das Thier sey vielmehr das Heydenthum in Beziehung auf Rom. Wir haben nun noch die weitere Vertheidigung der Meinung des Vf. und Zeitbestimmung des 10. Verses zu hoffen,

Leipziger

Am 2. des July.

Fortsetzung

Literatur-Zeitung.

162.

der Recension der Schrift: Narrenbuch. Herausgegeben durch Fr. Heinr. v. d. Hagen.

es

Halten wir dagegen, was Hr. v. d. Hagen geleistet, so besteht es darin, dass er erstlich den Bebel, einen der dürftigsten nach der lateinischen Ausgabe (wo sich diese Scherze schlecht ausnehmen, besser liest sich die deutsche Uebersetzung) mit dem Lalenbuch verglichen: einige hierher gehörige Sagen hat er wieder gefunden und angeführt. Wie flüchtig indessen diese Vergleichung angestellt sey, ergibt sich daraus, dass er eine Sage, die Bebel (S. 57. 58) neben den andern erzählt, übersehen hat: der Schultheiss nämlich im Bade zu Minsingen (Finsingen) sagt seinem ehemaligen Gesellen im Pferdehüten: wer hätte damals geglaubt, dass ich noch Schultheiss werden würde, was in den Schildbürgern Cap. 18. erzählt wird. Ja, wird überhaupt zweifelhaft, ob der Herausg. wirklich die Ausgabe des Bebel, die er citirt, vor sich gehabt, und die Rec. eben auch besitzt, er würde sonst die vorangehenden facetiae Frischlini durchgesehen haben, dass dieses aber nicht geschehen, ist offenbar, denn S. 8 findet sich nicht nur eine Redensart, womit der Schultheiss dem Kaiser die ausgesuchte Braut (Cap. 23. S. 145) lobt, in einer Erzählung erläutert, sondern S. 15 u. 14 zum Theil der Schwank von der Braut (Schildb. Cap. 51.), die dem Bräutigam vergilt, wieder. Auch, war die Zeit von der Abfassung der Bebel. Sammlung zu bestimmen, so musste nicht das Jahr 1506 erwähnt werden, sondern 1509 das Bebel (S. 198) als ein vorlängst verflossenes bezeichnet, ausserdem gedenkt er (S. 93) seines 1508 gestorbenen Vaters, welches Jahr noch einmal (S. 232) erwähnt wird. Selbst die ausbündigen guten Possen 1610. 8., die nach dem Panzer. Catalog 16212b mit dem Lalenbuch in einem Band waren, welchen der Herausg. erstanden hat, und die N. 55 die Geschichte von dem Schultheiss im Bade enthalten, sind nicht einmal nachgesehen worden. Auf den Bebel sodann lässt der Herausg. die Anspielungen folgen, die sich bey Fischart auf das Gedicht finden. Es wird geschlossen, weil er das Lalenbuch oder die Schildbürger nirgends als ein besonderes Werk citirt, dieses vor 1591 nicht dagewesen sey; dagegen ist nichts zu erinnern, und da wir in jener früheren scherzhaften Sammlung ebenfalls keine Spur seines

1812.

Daseyns gefunden, so mag leicht die Ausgabe von 1597 die erste und das Buch in diesem Jahr entstanden seyn. Indessen ist hier ein Irrthum zu berichtigen, den Hr. v. d. Hagen freylich mit vielen andern theilt: eine Ausgabe der Fischartischen Geschichtsklitterung, nämlich vom Jahr 1552, existirt nicht, betrachtet man die Ziffer genau, so wird man leichter 1582 lesen können, diese aber als die rechte Jahrzahl ergibt sich nicht nur daraus, dass Fischart überhaupt erst seit 1570 zu schreiben angefangen, und sonst ein grosser Zeitraum zwischen diesem und seinen übrigen Werken liegen würde, sondern auch aus dem entscheidenden Umstand, dass die Gartengesellschaft, Katziporigestech, darin citirt werde, welche sämmtlich nach 1552 zum erstenmal erschienen sind, und dass Rabelais, dessen Grabschrift Fischart darin dichtet, erst 1555 gestorben ist. —

Das ist alles, was Hr. v. d. Hagen für die Erklärung der alten Dichtung gethan. Zwey Bücher hat er benutzt, nicht einmal, wie sichs gebührt; alle anderen bestimmt hierher gehörenden Hülfsmittel, die ein reichliches Licht geben, waren ihm fremd. Wir schweigen von entfernteren Anspielungen, die sich in andern gleichzeitigen Büchern finden, da Hans Sachs, der so nahe lag, nicht einmal zu Rathe gezogen worden; ausserdem gibt es Romane, die in dem Geist dieser Dichtung geschrieben, Aufklärungen, selbst neue Sagen gewähren. Der noch lebenden Sage ist es nicht besser ergangen, denn dass die paar Zeilen, die S. 496 ihrer Erwähnung thun, hier für etwas gelten sollen, wird er selbst nicht behaupten. Mehr Sorgfalt und Mühe hat er nicht an eine Dichtung wenden wollen, von der er selbst sagt, dass Görres sie mit Recht dem unsterblichen Don Quixote verglichen. Die Ehre, zuerst wieder auf diese Art eine Ausgabe veranstaltet zu haben, dürfte ihm nicht leicht missgönnt werden. Die Fragen nach der Entstehung, Ausbildung, nach dem sagenmässigen allgemein verbreiteten Leben des Ganzen, werden gleich Anfangs mit einer leichten Conversationswendung: „,die Namen werden nicht gern gehört, ein jeder kennt seine Heymath," abgewiesen. Da sie gleich vor trockenen Auszügen steht, so bedenken wir uns gar nicht, vielleicht etwas linkisch, darauf zu antworten: sie würden recht gern gehört, und der Verf. sey nicht zu loben, dass er absichtlich zu verschweigen sich anstelle, was ohne Zweifel von Interesse sey.

Wir sind nicht verpflichtet, des Verfs. Schuld hier abzutragen, die einzelnen Sagen nachzuweisen, und in ihrer Verschiedenheit und Uebereinstimmung aufzustellen, ohnehin würden die Gränzen einer Recension uns von dieser Pflicht befreyen. Leser, denen die Quellen zur Hand sind, mögen etwa nur die Fabel vom Krebs Cap. 41. mit Bebel S. 184 mit einem Meistergesang, vermuthlich H. Sachsens® von 1545, mit der Erzählung im ovum paschale Th. 2. 250-254. und einer wiederum ganz verschiedenen in der Fortsetzung dieses Werks S. 64-66, so wie endlich mit der Sage vom Hering gleich Eingangs der Malboers Bedrifter vergleichen.

Wir irren schwerlich, wenn wir meynen, man könne erst von einer alle und jede Ver chiedenheit der Fabel verfolgenden, freylich mühsamern Bearbeitung des Ganzen sagen, dass etwas für die Erklärung desselben geleistet worden. Es würde dann klar vor Augen stehen, wie das Gedicht aus der Mitte mannichfacher Traditionen aufwärts getrieben, die Idee, die durch jene hingegangen, gefunden und ausgesprochen habe. Das ist Pflicht der historischen Untersuchung, das Geflecht und die Adern des Blattes, das frey in der Luft spielt, zu betrachten und den Zusammenhang darin zu entdecken. Zugleich, da diess auf seinen Stamm zurückführt, muss dadurch die Kraft, die es hervorgetrieben, in ihrem grösseren Umfange sichtbar werden, und so würde in diesem Fall eine nicht zu verachtende Zahl hierhergehöriger, im Zusammenfassen ausgefallener Fabeln als Ergänzungen sich dargeboten haben.

II. Markolf und Salomon. Wir brauchen hier nicht lang zu verweilen, da die eigentliche historische Untersuchung über dieses Gedicht zu der ältern poetischen Bearbeitung gehört, wohin denn auch der Verf. verwiesen, und wozu er ein paar Nachträge geliefert hat. Was den Text betrifft, so ist der Neuberische Druck zu Grund gelegt; hätten wir eine Ausgabe dieses Gedichts, welches bey allem Schmutz und obgleich weit unter den Schildbürgern, doch durch seinen kecken, festen Charakter und nicht gemeinen Witz, seinen Werth behaupten kann, zu besorgen, so würden wir ein Manuscript dieser Prosa aus dem 15. Jahrhund. zu Grunde legen. Wir können dem Hrn. v. d. Hagen weiter keinen Vorwurf darüber machen, dass er es nicht gekaunt, allein es ist dadurch unstreitig Nachtheil erwachsen, da im Verhältniss zum Druck die Sprache im Manuscript durchaus naiver und einfacher ist; manchmal ist es in der Sache ausführlicher, auch dass Einzelnes darin besser vorkommt, wird man leicht zugeben, da die Nachlässigkeit des Drucks fast immer etwas zu Grunde gerichtet hat. Wir führen eine kurze Stelle aus dem Anfang zur Vergleichung an: (Morolf),,hat Haar, das was grob und stach als Igelsborsten, und sein Schuh waren aus der Massen buers (bäurisch), und sin Gürtel was von einer Eichenwied, und die Scheiden was fast zurissen. Sein Gugel was gemacht von

rieden und was gefuttert mit einer Hirshut und sin Gewand hat die allersnodeste Farbe." So auch z. B. wenn es hernach heisst: „wer Spreu säet, der schneidet Armuth," so scheint uns das besser als im Druck: der mähet bös Getraide. S. 504 wird Morolf für eine Art Wein ausgegeben, es wäre erst zu fragen, ob das nicht eine Fischartische Abänderung für Moras ist. Ueber einige Ausgaben des lat. und deutschen Buchs vergleiche man eine Anzeige des Recensenten im Neuen lit. Anz. 1807. Nr. 50. die dem Herausgeber entgangen zu seyn scheint.

Die

III. Der Pfarrherr vom Kalenberg und Peter Leu. Beyde Gedichte haben einen sehr ähnlichen Charakter, gute Spässe, etwas feiner, als sie Eulenspiegel geliefert, wiewohl dieser charakteristischer und originaler bleibt; hier in der Darstellung mögen sie auch schon etwas verloren haben. Uebereinstimmung beyder zeigt sich nicht nur in der Benennung, indem Peter Leu der zweyte Kalenberger heisst, sondern auch darin, dass in beyden eine ziemlich gleichlautende Predigt vorkommt, wodurch der Herausg. eine Nachahmung beweisen will, die indess weder in der Vorrede eingestanden noch in diesem Sinn vorhanden ist.

Für die historische Erklärung beyder Gedichte ist nichts geschehen, selbst Flögels so brauchbares Buch über die Hofnarren, wenn gleich angeführt, doch nicht benutzt, wahrscheinlich nicht einmal nachgesehen. Denn schwerlich würde der Herausg. es unterlassen haben, anzumerken, was sich aus S. 178. 179. 255 bey Flögel ergibt, dass die Sage, worin der Kalenberger den Thürhüter, der mit ihm theilen will, betrügt, und ihm Schläge zuwendet, mit geringer Abweichung von dem türkischen Hofnarren Nasureddin Chodscha erzählt wird, ferner dass sie bey Sacchetti in der 195. Novelle von einem Bauer vorkommt, der dem König Philipp von Valois seinen verlorenen Sperber wieder bringt.

Diese Uebereinstimmungen aber sind hier ungemein merkwürdig; würden mehrere dieser Art auch nur in verwandten Gedichten sich finden, so würde die Frage, wie sie zu erklären, zunächst ein Zweifel, ob die Personen, die in diesen Gedichten leben, auch ausser denselben gelebt haben, sehr natürlich und vor allem zur Untersuchung interessant seyn. Ohne sich auf diese einzulassen, behauptet Hr. v. d. Hagen (S. 515):,,es ist nicht zu zweifeln, dass der Kalenberger wirklich gelebt habe und alles oder doch das meiste so geschehen sey, wie wir es hier lesen;" hernach etwas ähnliches vom Peter Leu. Die Stütze der Behauptung ist das Gedicht selber, in welchem die äussern Verhältnisse der Kalenberger vorkommen, und besonders gehört folgende Stelle hierher (S. 307):

Darum hielt er (Otto der Fröhliche) die zween Mann, den Neithard und den Capellan. Diess führt auf die Frage, ob der Neithart, der hier als Genosse des Kalenbergers genannt wird, der

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