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Leipziger Literatur-Zeitung.

Am 6. des July.

Naturphilosophie.

165.

Natur und Philosophie, ein Versuch von H. F. Link, Professor zu Rostock (jetzt zu Breslau) und verschiedener gelehrten Gesellschaften Mitglied. Leipzig, Rostock u. Schwerin, im Verlage der Stillerschen Buchhandlung. 1811. 342 S. 8. (1 Thlr. 8 Gr.)

Herr Link gehört unstreitig zu unsern geschätztesten und schätzbarsten Naturforschern. Wenige besitzen eine so vielseitige, gründliche Bildung, und Rec., der dieses Urtheil nicht nachspricht, sondern auf das Innigste davon überzeugt ist, freuet sich wahrhaft bey jeder Erscheinung eines literarischen Products dieses achtbaren Mannes. Um so schmerzlicher muss es ihm seyn, vorliegende Schrift, so viele geistreiche Stellen sie auch enthält, so grosse Beweise sie von der Belesenheit und Gelehrsamkeit ihres Verfassers gibt, keineswegs für gelungen und ihrem Zwecke entsprechend erklären zu können.

Wir wollen erst vom Verf. selbst vernehmen, welchen Zweck er eigentlich bey der Bearbeitung dieser Schrift gehabt hat.

Ich wollte sagt er (Vorr. S. IV.) „die Natur der Philosophie gegenüber schildern, die erste in ,,ihrer unerschöpflichen Fülle, in ihrem unergründlichen Ursprunge, in ihrer lebendigen Wirksam,,keit, in ihrem innigen nothwendigen Zusammen„hange, wodurch sie selbst unsere Besinnung möglich macht; die letztere in ihrer Einseitigkeit, in ihrem Spiele mit blossen Vorstellungen, in ihrem ,,Streben nach einer leeren Einheit, in der sich sogar Besinnung und das Ich verlieren würden. Sehr wohl musste ich erkennen, dass über dem nothWendigen Zusammenhange der Natur noch ein ,,freyes Gebiet übrig bleibt, wohin sich der Glaube, ,,unverfolgt von Naturkunde und Philosophie, frey „erheben kann. Jedem seine Rechte! Nur eine sorgfältige Trennung der Gewalten kann Sicherheit gewähren. Die Natur will auf ihrem Gebiet keine philosophische Speculation und kein andächtiges Präformationssystem, die Philosophie überlässt die Experimente dem Naturforscher, und der Glaube ,,wohnt in seinem Himmel fern von beyden."

Rec. hat absichtlich die ganze Stelle hergesetzt, weil sie die Tendenz des Vfs. vollständig ausspricht. - Der Vf. will, um die Natur und die Philosophie ihrem Wesen und gegenseitigen Verhältnisse nach

1812.

kennen zu lernen, die Natur der Philosophie ge genüber schildern, und so den Reichthum der einen und die Armseligkeit der andern beweisen. Dass er aber alle Philosophie für einseitig, spielend mit blossen Vorstellungen und strebend nach einer leeren Einheit so schlechthin und ohne alle Einschränkung erklärt, diese Behauptung gleichsam als Grundsatz aufstellt, von welchem er bey seiner Betrach tung ihres Verhältnisses zur Natur ausgeht, dieses muss jeden Leser höchst mistrauisch machen gegen die Unbefangenheit des Vfs. und die Richtig keit seiner Ansicht von der Philosophie. Man sieht aus diesen Aeusserungen offenbar, dass er sich vorgenommen habe, die Natur von ihrer wahren Seite auf Kosten der Philosophie zu schildern, gegen welche er einen unversöhnlichen Hass zu hegen scheint. Ueberdies enthält die angeführte Stelle manche andere Unrichtigkeit, und beweist zur Genüge die (ich möchte sagen) vorsätzliche Einseitigkeit des Verfassers. Welcher Staatsmann möchte z. B. dem Verf. beystimmen, wenn er sagt: nur eine sorgfältige Trennung der Gewalten kann Sicherheit gewähren. Kann man nicht mit gleichem Rechte behaupten: nur Einheit der Gewalten kann Sicher→ heit gewähren? Eigentlich aber haben beyde nur halb Recht; denn wahre Sicherheit kann nur aus beyden zugleich hervorgehn. Die einzelnen Zweige der Gewalt müssen in ihrer Besonderheit als Ganze existiren, aber zugleich in einem solchen Verhält→ nisse zu einander stehn, so geordnet seyn, dass sie gemeinschaftlich eine Einheit bilden. Durch blosses Trennen werden wir auf dem Gebiet der Naturkunde nur ein Aggregat von Sätzen ohne eigen thümliches Leben erhalten, die hineinzubringende nothwendige Einheit aber ist ganz das Werk der Philosophie. Bey dem empirischen Forschen ist die philosophische Speculation_dem_Fortschreiten allerdings hinderlich, aber zur Einsicht in den hö hern Grund der Erscheinungen die Philosophie unentbehrlich. Mit witzigen Einfällen eine so wichtige Sache abzufertigen, ist eines nach Wahrheit ringenden Mannes nicht ganz würdig. Widerlegung, sagt der Herr Verf., wirkt auf solche Leute die Anhänger der Naturphilosophie) nicht, die, wie die Thiere, die sich an ein Joch gewöhnt haben, wohl einmal über die Bande treten, aber nicht versuchen, sie zu lösen. Wir können dieses Gleichniss nicht so richtig finden, wie ein anderer Rec. derselben Schrift, sondern glauben vielmehr, dass dieses Uebertreten der Bande doch wenigstens ei

nen Trieb andeute, sich von den Banden los zu machen, und verdienstlicher sey, als sich sklavisch in seinen Fesseln zu gefallen, und die Lösung gar nicht zu versuchen.

Es folgen in 20 Abschnitten eine Reihe Refle→ xionen, welche beweisen, dass des Vfs. Vorurtheile gegen die Philosophie einen sehr wirksamen und nachtheiligen Einfluss auf seinen Ideengang und auf die Richtigkeit seiner Ansichten gehabt haben. Ein gar zu galliger Erguss gegen die Philosophie und die Philosophen findet sich in dem dritten Abschnitt ,,Einseitigkeit der Philosophie" überschrieben. Zerstreuung und Abwesenheit des Geistes hält der Vf. für die charakteristischen Eigenschaften des Philosophen, Einseitigkeit und Beschränkung für die Erbfehler der Philosophie. Um diesen Vorwurf zu rechtfertigen, wirft er einen Blick auf die Systeme der Philosophen, der aber so flüchtig ist, von so einseitiger und beschränkter Ansicht zeigt, dass das Ganze unter den Händen des Verfs. zur wahren Apologie der Philosophie geworden ist.

Eine Kritik der einzelnen Rubriken würde doppelt so viele Seiten füllen, als das Buch selbst hat. Aber wer mehr als eine oberflächliche Bekanntschaft mit der Philosophie besitzt, und gewohnt ist, seinen Begriffen Schärfe und Bestimmtheit zu geben, wird in dem, was der Verf. über Vorstellung, Denken, Wahrheit, Freyheit und ähnliche Gegenstände sagt, eine grosse Unbestimmtheit und Oberflächlichkeit finden. Jedoch stösst man hie und da auf sinnige und treffende Bemerkungen, die Vergnügen gewähren, und an welchen man den DenKer erkennt. Am wenigsten haben dem Recensenten des Verfs. Urtheile über die Philosophie der Alten gefallen.

Möchte sich doch in dem kenntnissreichen und geistvollen Verf. die Ueberzeugung bald wieder beleben, dass wir durch einseitige empirische Ansichten der Wissenschaft nicht minder schaden, als wenn wir uns einer grenzenlosen Speculation hingeben, dass, wie in der Natur Geist und Materie sich innigst durchdringen, auch in der Naturkunde Philosophie und Erfahrung sich die Hände bieten, und in friedlichem Verein das grosse Feld der Forschung durchwandern müssen. Wenn Männer, wie der Verf., der regressiven Tendenz das Wort reden, was soll am Ende aus der Naturwissenschaft werden?

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ling auf dem Standpuncte ergreifen, auf welchen ein gewisser Grad classischer und humaner Bildung ihn stellte, und ihn allmählich auf den philosophischen erheben. Denn nur philosophirend kann man in die Philosophie einleiten, nur philosophirend in sie eingehen und in ihr fortschreiten. Man philoUrtheil aus den im eigenen Bewusstseyn sich offenbarenden Gesetzen des Geistes hervorgeht, und diese Anerkennung ist unmöglich, wenn diese Gesetze nicht aus den Geisteshandlungen entwickelt sind, in welchen sie sich aussprechen. Wer mit Behauptungen beginnet, die nur als Resultate einer Reihe von Untersuchungen können begriffen werden, der leitet nicht zum Philosophiren an und also nicht in die Philosophie ein, auch wenn seine Aussprüche absolute Wahrheit enthielten. Die Zuhörer verstehen nichts davon, und wenn sie sich bereden, zu verstehen, so gewöhnen sie sich daran, aufgefasste Orakelsprüche nachzusprechen, und sind, wenn nicht der bessere Geist sie rettet, für eine gründliche Philosophie verdorben. Aus diesen Gründen können wir von Hrn. K's Methode kein vortheilhaftes Urtheil fällen. Nur derjenige kann bey der 1. Vorl. von dem Wesen und dem Scheine, etwas Bestimmtes denken, der mit tieferen philosophischen Forschungen und mit der eigenthümlichen Sprache gewisser Systeme vertraut ist.,,Schein ist nur da möglich, wo Erscheinung ist; Erscheinung ist nicht ohne Bewusstseyn und Bewusstseyn nicht ohne Freyheit; Freyheit aber ist immer mit irgend einer Nothwendigkeit verbunden. Die Gesetzmässigkeit einer Erscheinung ist nicht die Wahrheit derselben, beweiset sie nicht einmal, sondern führt nur auf die Voraussetzung, dass sie wahr sey... Selbst die Allgemeinheit nach Raum und Zeit kann der Erscheinung nur eine relative Wahrheit geben." Das alles steht hier auf den ersten Seiten ohne alle Vorbereitung, und führt unmittelbar zu einer Aburtheilung über Kant's System. Nachher heisst es:,,Es gibt ein Denken vor dem Bewusstseyn, das Denken in der Empfindung, und ein Denken über dem Bewusstseyn, das Denken im Handeln; jenes ist, an und für sich selbst betrachtet, nur das trennende, dieses nur das verbindende Denken. Absolute Analysis und absolute Synthesis sind die Pole des Bewusstseyns, die aus ser ihm selbst fallen und doch es zusammenhalten, während im Bewusstseyn selbst Analysis und Synthesis stets ein relatives Verhältniss geben. Richten wir nun das Denken blos auf die Relationen der Dinge, die mit dem Bewusstseyn zugleich gegeben sind: so dürfen wir wohl die Formen des Urtheils auch für objectiv gültig ansehen. Richten wir es aber auf das Seyn vor dem Bewusstseyn, auf die Natur in ihrer Selbständigkeit und in ihrem eigenen Daseyn: so müssen wir zuerst dem Organ, welches sie uns selbst zum Behuf ihrer Erkenntniss gegeben hat, der Empfindung vertrauen, und da die Empfindung, obgleich für sich ein Aufthun

der Natar dennoch mit der Zeit verbunden in dieser sich schliesst, und dem Bewusstseyn Object wird: so müssen wir durch unser Denken diesen Schluss aufheben und die Empfindung in ihre natürliche Freyheit, welche sie vor dem Bewusstseyn hat, zurück versetzen" u. s. w. Wer das alles und noch weit mehr dergleichen in der ersten Vorlesung zur Einleitung in das Studium der Philosophie vortragen, und in dieser Sprache vortragen kann, und wär' er ein noch so tiefer Philosoph, von Lehrmethode hat er keine Idee. Auch die Menge der in bunter Reihe vorüber geführten Gegenstände ist ein Fehler gegen die Didaktik. Die 2. Vorl. handelt in gleicher Manier von den verschiedenen Arten der Erkenntniss. Auch von diesen kann der Zuhörer und Leser, der erst in das Sindium der Philosophie geleitet werden soll, durch den Verf. keinen klaren Begriff erhalten. Ueberhaupt erwirbt man sich richtige Einsicht in die Arten der Erkenntniss wohl nur durch das Erkennen, und nur philosophirend wird man inne, was philosophische Erkenntniss ist. Die 3. Vorl., von der Idee der Offenbarung oder von der absoluten Form, soll ein Beyspiel seyn,,von der Art, wie die im zeitigen Bewusstseyn allseitig gefesselte und in Dunkel gehüllte Idee, durch die Erkenntniss der absolaten Einheit in Freyheit gesetzt, zum allgemeinen freyen Leben sich hervorbilde. " Uns scheint es schlechthin mumöglich, dass sie, wenn nicht schon andere Hände sie entfesselt haben, durch diese Vorlesung zur Freyheit gelange. Auch die drey letzten Vorlesungen, von der Philosophie der alten, der mittleren, und der neuen Zeit, entsprechen ihrem Zwecke nicht. Soll dem, welcher noch nicht tiefer in die Philosophie eingedrungen ist, ihre Geschichte nützlich seyn, so muss sie ihm in einem Vortrage mitgetheilt werden, der ihn zugleich zum Philosophiren leitet, und ihn nach und nach auf alle die Stufen stellt, welche die Philosophie wirklich betrat.

Wie wir aus den angegebenen Gründen dieses Buch zu der Absicht, die es erreichen sollte, ganz untauglich erklären müssen, so können wir es überhaupt, auch von dieser abgesehen, als philosophisches Werk nicht rühmen. Denn wenn wir der Verf. auch Geist und mancherley Einsichten und eine gewisse Gewalt über die Sprache nicht absprechen, so gehört zu einem philosophischen Schriftsteller doch noch weit mehr. Er muss das. bestimmt Gedachte bestimmt ausdrücken, er muss sich auf den Standpunct versetzen, auf welchem er den Leser erwarten kann, und ihn von da aus so führen, dass der Leser, wenn er am Ziele ist, von dem Wege Rechenschaft zu geben im Stande ist, der zu diesem Ziele leitete. Was leistet Hr. K. von diesem allen? Leider eben so wenig, als manthe berühmte Philosophen unserer Zeit.

S. 179

gt Hr. K.: „Die Dichter, als die Sprachbildner, haben durch uneigentlichen Gebrauch der Worte de menschliche Sprache für die Erkenntniss der

Wahrheit verdorben, und es wird die ganze Kunst der Dialektik und die strengste philosophische Untersuchung erfordert, um nur von dem Irrthum sich zu befreyen." Die Dichter bedürfen unsere Vertheidigung nicht; also davon nichts! Aber welche Erwartungen von dem Vortrage erregt eine solche Aeusserung? Sollte man denken, dass eben der Schriftsteller, von dem sie kommt, fast von keinem Ausdrucke, den er in einem ungewöhnlichen Sinne braucht, diesen Sinn angibt? Sollte man denken, dass viele seiner für richtig gehaltenen Behauptungen auf einem blossen Bilde beruhen? Sollte man denken, dass bey ihm fast alles ohne Stütze und Haltung erscheinet?

66

Die erste Frage der Philosophie ist nach S. 150: ,,Wie offenbart sich das einige und ewige Wesen in der Einheit der Form, oder wie verhält sich die Vernunft zu Gott?" Darf aber diese Frage auftreten, ohne durch die Entwickelung der Natur unserer Vernunft vorbereitet zu seyn, ohne deren genaue Kenntniss die Annahme einer absoluten Vernunft nicht philosophisch begründet werden kann? Die Philosophie ist nach S. 151:,,Idee der Offenbarung. Wir verwerfen den Standpunet nicht, auf welchem sie so gefasst wird, aber wir behaupten, dass man, ohne Willkürlichkeit oder Nachbeterey, mit Besonnenheit sie so nur fassen kann nach einer Menge anderer Erörterungen. Freylich aber wird dann diese Idee nicht so behandelt werden, als diejenigen Philosophen sie behandeln, die ohne weitere Vorbereitung sogleich im Allerheiligsten stehen. Doch wir wollen vergessen, dass wir einen andern Weg gehen mussten, um ihnen nahe zu seyn, und sehn, was nun Hr. K. mit der Erkenntniss des Wesens, Seyns oder Gottes macht, und wie er uns dadurch die Geheimnisse der Schö

pfung aufschliesst. ,,Das Eine und Ewige kann

nicht blos einen Theil von sich offenbaren; es muss sich also als das ganze Wesen offenbaren, und so muss es aus sich herausgehen.“ (S. 92. 93) Dieser Ausdruck ist denn doch gewiss,,uneigentlich gebraucht;" und was bedeutet er hier? Denkt man etwas Bestimmtes unter ihm? oder sagt dieser und jeder andere bildliche Ausdruck, den man an seine Stelle setzen kann, etwas anderes, als: In dem Ewigen ist der Grund dessen, was da ist, anzunehmen? Auf welche Weise aber, das wird uns durch keinen jener Ausdrücke begreiflich oder vorstellbar. Eben so sich selbst vernichtend, wenn es mehr als Bild seyn soll, ist, was folgt:,,Das Eine und ewige Wesen kann nicht aus sich herausgehen, ohne dass es ein Anderes von sich selbst" (ein seltsamer Ausdruck),,werde; dadurch aber würde es aus Eines (m) Zwey, d. h. es höbe sich selbst als das Eine auf, welches unmöglich ist. Es kann also nicht, indem es als Wesen aus sich herausgeht, ein von sich selbst verschiedenes anderes Wesen, sondern es muss ein schlechthin und absolut Anderes als das Wesen seyn, .. die Form." Wenn wir dem Wesen eines Dinges die Form entgegen

setzen, so verstehen wir unter der letzteren die Art, wie sich das Ding einem Vorstellenden offenbaret oder erkannt wird. So soll nun auch das absolute Wesen sich durch die Form (die Welt) offenbaren. Wenn man diese Analogie verfolgt, so sollte man doch nicht übersehen, das kein vorstellendes Subject da ist, dem durch die Form sich das Ewige mittheilen kann, wenn die Form die Welt ist. Also, was lernen wir hier? Wer den Verf. weiter begleitet, wird finden, dass die ganze sogenannte Ableitung aus dem Ewigen durchaus nichts ist, als eine Uebertragung dessen, was in dem Menschen beym Erkennen vorgeht, und der Naturgesetze, wie wir sie erkennen, auf das Verhältniss zwischen Gott und der Welt. Mag auch die Darstellung des Universums nach dieser Idee ihren Werth haben, so darf dabey doch nicht_vergessen werden, dass man jene Gesetze nicht durch Herleitung aus dem Wesen, sondern nur durch Beobachtung des Menschen und der Natur erkennet, dass jene Uebertragung nur ein Versuch, Mannichfaltigkeit des Universums in ein System zu bringen, nicht ein Eindringen in das wahre Verhältniss Gottes zur Welt sey, und dass, bey der Aufhebung der sinnlichen Bedingungen der menschlichen Erkenntniss, oft nicht viel mehr, als Worte, übrig bleibt. Auf das Einzelne können wir uns nicht weiter einlassen. Manches möchte vielleicht nicht so widersinnig klingen, wenn der Vf. nicht, gleich denen, welchen er folgt, alles gern anders sagte, als andere Leute, oder wenigstens über seinen Sprachgebrauch sich erklärte. Ueberhaupt aber glauben wir, dass seine Urtheile zum Theil ganz anders ausfallen würden, wenn er die Art, wie Philosophie im Menschen werden kann, genauer in's Auge fasste, und hiernach seine Methode abänderte.

Religionsphilosophie.

die

Ist aus der Kantischen Philosophie Nutzen für die Religion zu erwarten? Beantwortet von Johann Friedrich Schmidt, Pfarrer in Gröden bey Grossenhayn. Dresden 1811. in der Waltherschen Buchh. 49 S. gr. 8. (6 Gr.)

Der Verf. schrieb, wie er sagt, aus Wahrheitsliebe. Aber fordert denn die Wahrheitsliebe nicht, ehe man ein Verwerfungsurtheil über ein philosophisches System und sogar über die Gesinhung seines Urhebers ausspricht, sich zu bemühen, dass man den Geist und Zusammenhang desselben fasse? Man kann dem Verf. ohne Ungerechtigkeit vorwerfen, dass er sich diese Mühe nicht gab; denn allenthalben verräth er, dass er nicht die ganze Kritik der reinen Vernunft, sondern nur den Abschnitt, in welchem die theoretischen Beweise für das Daseyn Gottes geprüfet werden, gelesen habe.

Darum weiss er nicht, was Kant unter Idee versteht, und setzt ihm S. 17 die Frage entgegen: ,,Was sind denn Erfahrungen anders als Ideen, nämlich solche, die wir zum Theil durch Hülfe der Sinne erlangen, und die wir nicht a priori haben konnten?" Daher argumentirt er S. 18 u. 21 ff., als wenn das, was die Kritik von einem inneren Sinne enthält, nie gesagt wäre. Daher versteht er die deutlichsten Sätze nicht, sobald sie eine Bekanntschaft mit den voraufgehenden Erörterungen voraussetzen. Von dem Sinne und Zwecke Kants bey der Prüfung jener Beweise hat er gar keine Ahnung, und bey wenigen gegen dieselben erregten Bedenklichkeiten sieht er den Punct, auf welchen es ankommt. Wie Kant sagen könne, dass der kosmologische und selbst der physikotheologische Beweis zuletzt in den ontologischen übergehe, ist ihm unbegreiflich. Eben so wenig zeigt der Vf. bey seiner sogenannten Prüfung der Kantischen Vorstellung von dem Sittengesetze und des moralischen Glaubensgrundes für das Daseyn Gottes, dass er wisse, worauf es ankommt, oder nur, wovon die Rede ist. ,,Ein Hauptfehler ist es," meint er S. 36,,,dass die Nothwendigkeit einer Gesetzgebung nicht bewiesen ist. Ihr eignes Wesen würde die Vernunft verläugnen, wenn sie eine Gesetzgebung aufstellen wollte, ohne Grund und Ursache davon anzugeben. Wie kann sie uns denn etwas gebieten auf eine andere Art, als dadurch, dass sie uns Gründe zeiget, weswegen wir diess thun, jenes lassen sollen?" Wenn der Verf. nun das Vernunftgesetz, dass jedes Urtheil seinen Grund haben müsse, beweisen sollte, wie wollte er das anfangen? Hat denn nicht, wie jede Kraft, so auch die Vernunft ihr Grundgesetz, über das wir nicht hinaus können? Dieses Grundgesetz nun glaubt Kant aufgefasst zu haben: es ist Einheit aller Urtheile zu einem systematischen Ganzen. Ist nun die Vernunft auch praktisch, d. h. kündigt uns das Bewusstseyn an, dass wir auch unsere Handlungen dem vernünftigen Urtheile unterwerfen sollen, so wird wohl auch das Kriterium des Vernunftmässigen Kriterium des moralischen Gesetzes seyn müssen. Dass Hr. S. nun auch den Vernunftglauben und die Art, wie Kant die Religion begründet, ganz schief beurtheile, wird man ohne weitern Beweis uns glauben. -Es ist einem Prediger zu verzei hen, wenn er sich nicht in tiefere philos. Untersuchungen finden kann; allein auffallen muss doch

diesem Verfasser das gänzliche Verkennen der Religion in ihrer moral. Natur, und das Nichtahnen der Lücken, die eine blos theoret. Begründung derselben und die Ableitung der prakt. Religion aus derselben übrig lässt. Auch das unbescheidene Selbstgefühl, das in dieser Schrift spricht, würden wir auffallend finden, wenn uns die Erfahrung nicht längstens gelehrt hätte, dass Bescheidenhei und philosophisches Misstrauen nur Früchte sittlicher Stärke und tieferer Einsicht sind.

Leipziger Literatur-Zeitung.

Am 7. des July.

Situationszeichnenkunst.

166.

Johann George Lehmanns, Königl. Sächs. Majors der Infanterie etc. Anweisung zum richtigen Erkennen und genauen Abbilden der Erd-Oberfläche in topographischen Charten und Situations-Planen. Dresden bey Arnold, 1812. VIII und 54 S. 4. (2 Thlr. 18 Gr.)

Die Darstellung gewisser Theile der Oberfläche

unserer Erde im Grundrisse war bis etwa vor 12 Jahren, wo Major Lehmann mit seiner neuen Bergzeichnungstheorie auftrat, schwankend, unbestimmt und der Manier jedes Zeichners überlassen. Nur recht glatte feine Striche, die mit stärkern harmonisch abwechseln und dem Auge des Beschauers ein gefälliges Ansehn gewähren, hierin lag die ganze Kunst der Darstellung der Natur im Grundrisse. Ob aber ein solcher Riss ein treues Bild der Gegend war, und ob man sanfte Hügel als steile Abhänge dargestellt hatte, dies kümmerte wenig; man sah die Plan- und Chartenzeichnung als eine blosse Künsteley an, zu der nur eine fertige Hand und weiter nichts gehöre.

Major Lehmann, der durch Fleiss und ausgezeichnete Talente sich empor schwang, fühlte, nach seinem eigenen Geständnisse, schon frühzeitig die Unvollkommenheiten der zeither üblichen Situationszeichnung, dachte darüber nach und stellte endlich jene Gesetze auf, wie nach mathematisch physikalischen Gründen Theile unserer Erde im Grundrisse so dargestellt werden konnten, wie sie die Natur dem aufmerksamen Beobachter ohne befangene Augen zeigt. Recensent hat oft Gelegenheit gehabt den Major Lehmann nach der Methode, welche in der gegenwärtig zu beurtheilenden Schrift gelehrt wird, Gebirgsgegenden aufnehmen und modelliren zu sehen, und er kann versichern, dass diese Theorie sich in der Ausführung bewähre, und dass es bloss auf guten Willen, Fleiss und Aufmerksamkeit ankomme, um sich in kurzer Zeit Fertigkeit in seiner Bezeichnung der schiefen Ebenen zu eigen zu machen; ein Ziel, welches Layen oder Verachtern der echt wissenschaftlichen Behandlung der Situationszeichnenkunst unerreichbar zu seyn scheint. Zwar ist nicht zu leugnen, dass Lehmanns Talente dazu gehören, eine Gegend so wahr und schön darzustellen, wie er es in seinen

1812.

Zeichnungen gethan hat; doch ist Rec. ganz mit dem Verf. einverstanden, wenn dieser S. 27 sagt, dass das Annähern an einen lichtvollen Punct sicherer führt, als das Herumtappen in steter Finsterniss.

Gegenwärtige Anweisung, die möglichst gedrängt die Sätze aufstellt, nach denen die Oberfläche unserer Erde betrachtet werden muss, um zu sichern Resultaten über die Bezeichnungsart im Grundrisse zu gelangen, muss demnach gewiss allen denen, welche in diesem Fache arbeiten, ein sehr werthes Vermächtniss des verstorbenen Verfassers seyn. Aus der Einleitung §. 1. ersieht man, dass die nachfolgenden Bogen auf Verlangen der Freunde seiner Zeichnungslehre herausgegeben worden sind, zur Erklärung der beyliegenden Kupfertafeln, welche schon vor mehreren Jahren bey der Königl. Sächsischen Ritterakademie erschienen waren. Das Ganze besteht aus folgenden Theilen: 1. einer allgemeinen Uebersicht der Gegenstände auf der Erdoberfläche, welche in den Karten und Planen abzubilden sind; 2. einer mathematischen Theorie der Bezeichnung aller Terraingegenstände, besonders der Bergabdachungen, angewendet auf die mannichfaltigen Bergformen, mit beständiger Anleitung zur Bildung des Augenmaasses; und 3. aus einer Anweisung zur Beurtheilung topographischer Zeichnungen, zunächst für den Militair, in Beyspielen an den berühmtesten Karten und Planen.

*

Der Vortrag ist durchgehends sehr lichtvoll und klar; man sieht dass der Verfasser nicht aus andern Werken zusammengetragen, sondern selbst die aufzustellende Sache durchdacht und gehörig geprüft hat, und wenn uns etwas nur zu wünschen übrig bliebe, so würde es darin bestehen, dass es dem Verf. gefallen haben möchte, die trigonometrischen Sätze in S. 16. und 19. durch passende Noten den Anfängern der Mathematik noch etwas begreiflicher zu machen. Am Schlusse des zweyten Abschnitts zeigt der Verf. in §. 28. an einem Plane von Ober-Wiesenburg wie Situations - Plane und Karten geprüft werden müssen, wie Profilrisse daraus abzuleiten sind, und welche Vortheile aus einer solchen Beurtheilung besonders für den Militär, der nicht blos Maschine seyn will, erwachsen.

Im dritten Abschnitte, der mit §. 29. anfängt, wird die in den Allgem. Geogr. Ephemeriden, Aug. Stück 1805. S. 492 etc. so gepriesene Lecoq'sche Karte von Westphalen kritisch durchgegangen, und

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