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gegenstellen, der, obgleich er auf Abwege geräth, doch durch seine eigene Natur zu dem wahren, des Menschen würdigen Wege der Thätigkeit zurückgetrieben wird, wobei er sich freilich des von der Sage gebotenen Teufelsbündnisses als eines Hebels der Handlung bedient, dem er aber nur eine poetische, keine ideelle Wirklichkeit beilegt. Die Idee welche hierbei im Gegensaß zu der dem christlichen Volke ein erschreckliches Warnungsbeispiel aufstellenden Sage zu Grunde liegt, spricht der Herr im „Prolog“ in den Worten aus: Ein guter Mensch, in seinem dunkeln Drange, Ist sich des rechten Weges wohl bewußt.

welche in der Schlußszene in den Worten der Engel eine erläuternde Bestätigung erhalten:

Wer immer strebend sich bemüht,

Den können wir erlösen.

Goethe bemerkt einmal gegen Eckermann, daß ein aus schweren Verirrungen immerfort zum Bessern aufstrebender Mensch zu erlösen sei, das sei zwar ein wirksamer, manches im,,Faust" erklärender guter Gedanke, aber es sei keine Idee, die dem ganzen „Faust" und jeder einzelnen Szene im besondern zu Grunde liege; es hätte auch in der That ein schönes Ding werden müssen, wenn er ein so reiches, buntes und mannigfaltiges Leben, wie er es im „Faust" zur Anschauung gebracht, auf die magere Schnur einer einzigen durchgehenden Idee hätte reihen wollen. Aber wie wahr es auch fein mag, daß Goethe im,,Faust“ zunächst keine abstrakte Idee verkörpern, sondern ein reiches großartiges Menschenleben darstellen wollte, so ist es doch unzweifelhaft, daß Faust's Leben der Absicht des Dichters gemäß einen Beleg des Sazes liefert, daß der gute Mensch in seinem dunkeln Drange sich des rechten Weges wohl bewußt ist, und es gilt von diesen, wie so vielen anderen oft sich widersprechenden Aeußerungen, welche Goethe im gewöhnlichen Gespräche auf diese oder jene Veranlassung hin gethan hat, daß man sie nicht in aller Strenge, sondern mit besonderer Beziehung auf die gerade vorhandene Stimmung verstehn muß. Was aber nun jenen vom Herrn ausgesprochenen Sag betrifft, daß der Mensch in seinem dunkeln Drange, sich des rechten Weges wohl bewußt ist, so kann es zunächst keinem Zweifel unterworfen sein, daß der Ausdruck ist sich wohl bewußt in strengem Sinne von einem klar bewußten Streben, da der Mensch in Bezug auf das Höhere zu einem klaren Bewußtsein nicht gelangen kann, unmöglich genommen werden darf, wie man wirklich gethan hat, um den Dichter, der von einem dunkeln Drange spricht, des Widerspruchs zu zeihen. Das Bewußtsein soll hier den ahnungsvollen Trieb bezeichnen, der den guten Menschen auf seinem Wege zurückhält und ihn nicht abirren läßt; der Dichter will nicht sagen, daß der Mensch wisse, weshalb er den bestimmten Weg wandeln müsse, sondern daß er durch den innern Trieb seiner Natur den Weg kenne, von welchem er nicht abirren dürfe. Die Hauptfrage bleibt, was

der Herr sich unter dem guten Menschen denke, als welchen er den Faust bezeichnet, der ihm freilich jezt nur verworren diene. Wenn der Herr die Teufel als Geister der Verneinung bezeichnet, wie Mephistopheles sich selbst den Geist nennt, der stets verneint, so ergibt sich daraus, daß das Gute die Bejahung, die Uebereinstimmung mit dem Urquell alles Lebens ist. Der gute Mensch muß demnach derjenige sein, welcher sich durch einen ihm eingebornen Trieb immer nach dem Urquell alles Lebens, nach der Gottheit hingezogen fühlt, zu der er troz aller zeitweiligen Ablenkungen nothwendig wieder hingelenkt wird, da er in trägem Genusse, der den Menschen herabzieht, sich nicht behaglich fühlt, sondern ihn als etwas Fremdes, seiner sehnsüchtig dem Höhern zugewandten Natur Widerstrebendes von sich stößt. Wir werden weiter unten der von Goethe auf geistvolle Weise benußten Ansicht begegnen, daß sich durch die ganze Natur eine zusammenhängende Kette von Wechselwirkungen von oben nach unten zicht, in welcher die göttliche Kraft mittelbar bis auf die untersten Wesen sich erstreckt, während diese sich von oben angezogen fühlen. Der gute Mensch ist nun derjenige, dessen Zugkraft so stark ist, daß er von dem Urquell alles Lebens nicht abgelenkt werden kann, der, wenn er auch auf Augenblicke aus seiner Sphäre herausgeschleudert werden mag, doch nicht außerhalb derselben verweilen kann, sondern nur um so entschiedener und lebhafter wieder zum Höhern herangezogen wird, von welchem er nun nicht mehr abirren kann. Unser Dichter ist weit entfernt, unter dem guten Menschen denjenigen zu verstehn, der vom Gemeinen und Niedrigen gefeffelt wird, aber zuweilen von einem Triebe nach dem Bessern, gleichsam dem leßten, noch unter der Asche glimmenden, aber immer mehr verglimmenden Funken, beseelt wird. Eben so wenig schweben ihm jene schwachen, aber arglosen Seelen vor, die beim besten Willen immer wieder vom Höhern abgelenkt werden, deren Kraft je länger, je mehr schwindet und endlich ganz untergeht; er denkt sich nur einen Menschen, der von feurigem Triebe nach dem Höchsten beseelt, freilich einmal in's Niedrige und Gemeine sich verirren, aber nie ihm verfallen kann, indem gerade jener Feuerstrahl unablässigen Strebens ihn unwiderstehlich, wenn auch oft auf seltsamen Bahnen, nach oben treibt, ihn nie zu träger Ruhe gelangen, sondern sehnsüchtig immer weiter streben läßt. Carus, der am tiefsten von allen Erklärern den Grundgedanken des goetheschen,,Faust“ erkannt hat, verweist treffend auf die schöne Stelle in Dante's,, Gastmal", wo dieser tiefsinnige Dichter die Seele des durch das Irrsal des Lebens seiner Bestimmung zustrebenden Menschen dem Wanderer vergleicht, welchem das Finden seiner beseligenden Heimat verheißen ist und der nun auf diesem Wege bald diesen, bald jenen von fern gesehenen Ort für seine Heimat hält, ihm ängstlich zueilt und schmerzlich getäuscht immer weiter zu wandern sich genöthigt sieht. So strebt auch die von ihrem Falle sich erhebende Seele mit glühendem Triebe dem

Höhern zu, wie verschlungen auch die Bahnen sein mögen, auf denen sie sich zu dem Ürquell alles Lebens hinbewegt. Diese Idee, daß der thätig strebende Mensch sich nothwendig zum Urquell alles Lebens und Seins, zur Gottheit hingetrieben fühlt und troß aller Irr- und Umwege ihr zugelenkt wird, wie hoch steht diese über jener Ansicht der alten Volksfabel, und wie erhebender und bedeutungsvoller ist sie, als jene dieser untergeschobene, daß wer einmal von Gott abgefallen sei, nie zu ihm zurückkehren könne! Und doch enthält auch dieser lettere Sah in einer gewissen Beschränkung eine dem Faust“ des Dichters nicht fremde Wahrheit; denn auch Faust kann auf Erden zu dem Glauben an Gott, den er einmal abgeschworen hat, nicht zurückkehren, dieser kann ihm erst in der andern Welt, dem Lande reinster Wahrheit, zu Theil werden.

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Sehen wir nun, auf welche Weise Goethe die zu Grunde liegende Idee im,,Faust" ausgeführt hat. Faust ist eine edle Feuerseele, welche mit heißem Triebe nach vollster Erfüllung ihrer feine Schranken und keine Grenzen kennenden Wünsche strebt; sinnliche und geistige Kräfte stehen bei ihm in jenem naturgemäßen Verhältnisse, in welchem die erstern als nothwendige Träger der andern in gleich gesunder Energie, wie diese, geschaffen sind. Aber der glühende Drang seiner nach tiefster Weisheit und Erkenntniß dürftenden Seele hat ihn die Befriedigung seiner sinnlichen Genußsucht vergessen lassen, diese in ihm niedergehalten, um in jener desto rascher zum höchsten Gipfelpunkte, wonach sein ganzes Wesen ihn hindrängte, zu gelangen. Doch wie sollte die Wissenschaft seinem schrankenlosen, unaufhaltsam vorwärts strebenden und ́im Sturmschritte der reinsten unmittelbaren Erkenntniß zueilenden Geiste genügen können, da auch der von allen Seiten wiederhallende Ruhm seiner Weisheit ihm nur auf kurze Zeit eine gewisse Befriedigung gewähren mag! Mit namenloser Anstrengung hat er alle Wissenschaften nach einander durchforscht, um von allen unbefriedigt, mit der feinen Stolz beschämenden, ihn zum tiefsten Unwillen entflammenden Erkenntniß zurückzukehren, daß wir nichts Rechtes wissen können, daß überall unserem Erkenntnißdrange Riegel vorgeschoben sind, die unserer spotten, wenn wir in das Wesen der Dinge eindringen wollen. So an dem Erfolge aller menschlichen Weisheit verzweifelnd will er sich den Geistern anvertrauen, deren Mund ihn über die Wesenheit der Dinge belehren, ihm die höchsten Geheimnisse des Lebens, der Welt und Natur enthüllen soll; er ergibt fich der Magie. Aber die Verzweiflung an der durch eigene Kraft zu erringenden durchdringenden Erkenntniß der Dinge ruft auch die finnliche Genußsucht in ihm wach, welche es sich nicht länger in diesem beschränkten Leben, in dieser Unbefriedigung und Zurückseßung will gefallen lassen. Der erste Versuch in der Magie ist ein unglücklicher, da Faust dem beschworenen Erögeiste sich kühn gleichstellen, ihn ganz erfassen will, dieser aber ihn mit dem Ausspruche, daß er ihn nicht zu begreifen vermöge, daß diese Erkenntnißkraft

über die menschliche Fähigkeit hinausgehe, grausam niederschlägt. Da bemächtigt sich denn des,,Uebermenschen“, der sich der Gottheit nahe gedacht hatte, die gräßlichste Verzweiflung über die Schranken, in welche der Menschengeist, der sich meist über der Beschäftigung mit Unbedeutendem seiner Beschränkung nicht bewußt wird, von der Natur gezwängt ist; diese Schranken will er kühn durchbrechen, um zu unmittelbarer Erkenntniß und unendlichem, göttlichem Genusse zu gelangen, welche dem Menschen auf dieser jämmerlichen Welt versagt sind; aber der eben ertönende Ostergesang, welcher die schlafende Erinnerung an die heilig stillen Gefühle der in frommer Hingebung zu Gott sich aufschwingenden Seele des frohen, unschuldsvollen Knaben in ihm wach ruft, hält ihn im Leben zurück; die tiefe, rein menschliche Rührung, welche jene Erinnerung in ihm anschlägt, ist der lezte Rettungsanfer, an welchem seine über alle Grenzen menschlichen Daseins vermessen hinausschweifende Seele am Leben festgehalten wird. Eine heilige Sabbathstille ist nach der gewaltigen Aufregung über seine Seele gekommen, die ihn mit reinstem Gefühle tiefster, sanft anklingender Empfindung überströmt. Aber wie fönnten jene Triebe nach durchdringendster Erkenntniß und unendlichem Genusse, wenn sie auch eine Zeit lang beschwichtigt ruhen, lange in ihrer Zurückgezogenheit verharren! Schon auf dem Spaziergange fühlt sich Faust an die Unzulänglichkeit aller menschlichen Wissenschaft und Kunst dringend gemahnt, und der Anblick der eben untergehenden Sonne regt in ihm den schlummernden Trieb nach einem höhern, aller Schranken spottenden Leben in tief empfundener, wenn auch freilich mehr elegischer, als wild stürmender Weise auf. Vergebens will er sich zu Hause aus der heiligen Schrift Erbauung und neue Befriedigung schöpfen; wie könnte er, dem der Glaube längst entschwunden, sich mit jenem Vertrauen der göttlichen Offenbarung nahen, welches die nothwendige Voraussetzung ihrer das Herz ergreifenden und erfüllenden Wirksamkeit ist! Der tief genährte Unglaube seines von der Erforschung der Wissenschaften immer unbefriedigter zurückgekehrten Geistes tritt mit dem kindlichen Glauben, welchen das Evangelium lehrt und fordert, in einen blutigen Kampf; das Gefühl, daß es mit dem Menschenleben nur eitel Spiel- und Gaukelwerk sei, ergreift ihn gewaltiger, als je, er schämt sich seiner kindischen Rührung, die ihn vor kurzem zurückgehalten, die leßten Schranken des Lebens, selbst auf die Gefahr der Vernichtung hin, zu durchbrechen, er flucht dieser, wie allen schön menschlichen Gefühlen, da diese doch dem Herzen keine wahre Lust und Befriedigung bringen können, er zerschlägt die ganze sittliche Welt, an der er bisher kaum zu rütteln gewagt hat, mit einem gewaltigen Schlage und wirft sich verzweifelnd dem sinnlichen Genusse in die Arme, in welchem sein feuriges Streben wenn auch keine Befriedigung finden, doch sich selbst in wildem Taumel übertäuben könne.

Hier bedient sich nun der Dichter des ihm von der Sage ge

botenen Teufelsbundes zur dramatischen Einkleidung; die Erweckung des Unglaubens in Faust's Seele mit dem sich daran knüpfenden Fluche wird als eine Wirkung der Anwesenheit des Mephistopheles dargestellt, mit dem er jenes Bündniß einzugehn wagt. Mephisto pheles, der im schrankenlosen Wissensdrange des Fauft eine Schlinge gefunden, in welcher er ihn zu fangen hofft, hat diesem von Anfang an nachgestellt, ihn unsichtbar auf allen Schritten und Tritten verfolgt; er hat ihm nahe gestanden, als er die Giftschale an den Mund gesezt, welche nur der eben erschallende Christgesang von feinen Lippen gezogen. Näher drängt er sich auf dem Spaziergange unter der Gestalt eines Pudels an Faust, der ihn mit sich in sein Zimmer nimmt, wo ihm aber die Beschäftigung des neuen Herrn mit dem Evangelium nicht behagen will; er rennt durch das Zimmer, knurrt, heult und bellt, bis er zuleßt sein gespenstiges Wesen verräth, indem er zu einer fürchterlichen Gestalt aufschwillt. Faust aber wendet gegen das Teufelsgespenst seine Beschwörungen an, daß es in anderer Gestalt erscheinen und ihm Rede stehn muß. Hier haben wir eine sehr bedeutende Abweichung von der alten Sage, da Fauft nicht, wie in dieser der Fall ist, den Teufel beschwört, damit er ihm zu Diensten sei die Erscheinung des Erdgeistes ist von ganz anderer Bedeutung, sondern Mephistopheles sich selbst an ihn herandrängt, wobei Faust nur seine Beschwörung anwendet, um den gespenstigen Gast zu zwingen, sich ihm in seiner wahren Natur zu offenbaren. Kaum aber hat er dem Faust seine Wesenheit als böses Prinzip dargestellt, als er sich wieder entfernen will, da er nicht den Anschein haben mag, als wolle er sich aufdringen. Obgleich Fauft durch eine gelegentliche Aeußerung des Mephistopheles zur Bemerkung veranlaßt wird, es lasse sich wohl ein fester Pakt mit den Höllengeistern schließen, so schlüpft dieser doch für diesmal darüber hinweg, indem er die Besprechung hierüber einer andern Gelegenheit aufsparen will; nur gibt er ihm zunächst durch einen Zaubertraum eine Probe seiner Kunst, die ihm zugleich Gelegenheit bietet, sich dem Faust, der ihn unlösbar gefangen zu haben wähnt, zu entziehen. Zum zweitenmale erscheint Mephistopheles, deffen Besuch schon unmerklich, aber sicher gewirkt hat, bald darauf als stattlicher Junker von vorn herein mit der Aufforderung, ihm in gleicher Tracht in die Welt zu folgen, damit er an seiner Seite fich der Genüsse eines freien, Losgebundenen Lebens erfreue. Durch bittern Spott und Hohn weiß er ihn zur Verfluchung aller schön menschlichen Gefühle, der ganzen sittlichen Welt, zu verleiten, worauf er denn dem Verzweifelnden seine treuen Dienste auf seinem künftigen Lebenswege scheinbar auf sehr uneigennüßige Weise anbietet. Aber Fauft weiß, daß der Teufel nichts umsonst thut, und so fordert er ihn auf, ihm deutlich und bestimmt die Bedingung zu sagen, unter welcher er ihm dienstbar sein wolle. Da Mephistopheles nur verlangt, daß er ihm dafür drüben, im jenseitigen Leben, diene, so geht Faust,

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