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Erste Abtheilung.

Die Faustsage.

Die Entstehung von Goethe's „Faust“. Idee und Ausführung von Goethe's „Faust“.

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Wunderlegenden und Zaubersagen schlingen fich in buntschillerndem Wechsel durch alle Jahrhunderte der christlichen Weltanschauung von den ersten Tagen des segensvoll in die Welt tretenden Christenthums an bis zum verrauchenden Scheiterhaufen des legten unglücklichen Weibes, das als Here dem Flammentode überliefert ward. Menschenleben und Natur dachte sich schon das früheste Christenthum von zwiefachen, sich widerstrebenden Gewalten, von den Mächten des Lichts und der Finsterniß, des Guten und des Bösen, wie von einer doppelten Atmosphäre umgeben, aus welcher der Mensch Kraft und Ermächtigung zu außerordentlichen, der Natur und ihren Gesezen zuwiderlaufenden Wirkungen zu schöpfen vermöge. Diese Wirkungen unterscheiden sich als Wunder und Zauber, jenachdem die Kraft zu ihnen von den himmlischen Mächten des Lichts oder von den höllischen der Finfterniß entlehnt wird; das spätere Mittelalter bezeichnete das eine von beiden als weiße, das andere als schwarze Magie, eine Ausdrucksweise, die zunächst aus dem Worte Nigromanzie, wie man das griechische Nekromantie (Todtenbeschwörung) entstellt hatte, geflossen zu sein scheint, da man darin das lateinische Beiwort niger (schwarz) zu erkennen glaubte. Wie die Wunderlegende sich an die in den Evangelien erzählten Wunder Christi anlehnte, so knüpfte die Zaubersage an die Apostelgeschichte freilich lose genug an; denn leztere nennt Kap. 8 den Simon von Samaria, welcher der Simonie ihren Namen gab, als einen_großen Magier, an welchen alles Volk glaubte. Die spätere Sage, welche gar viel von seinen mannigfachen Zauberkünften zu erzählen weiß, läßt ihn vor Simon Petrus, wie die Zauberer des Pharao vor Moses, zu Schanden werden. Ganz denselben Kampf zwischen dem christlichen Wunderthäter und dem Magier finden wir in der Geschichte des Zauberers Heliodorus zu Katania am Fuße des Aetna, der durch die Gewalt des Bischofs Leo be= zwungen und dem Tode überantwortet ward. Von Katania ging

die Sage über den Kanal, wo sie sich an einem andern Feuerberge, dem Vesuv, ansiedelte und den Namen des Virgilius, des fabelhaften Erbauers von Neapel, mit wunderlichen Luftspiege= lungen umgaukelte. Daß sich jene phantastischen Zaubermärchen, welche Simrock im sechsten Bande seiner,,deutschen Volksbücher" nach einem holländischen Volksbuche gegeben hat, gerade auf den berühmten römischen Dichter übertrugen, möchte wohl nicht darin seine Erklärung finden, daß derselbe in einem seiner Gedichte, der achten Ekloge, einen Liebeszauber beschrieben hat, auch nicht darin, daß seinen Versen, wie denen des Homer und der Bibel, prophetische Kraft zugeschrieben wurde, vielmehr scheint die Sage über dem Grabe des Dichters bei Neapel in der Grotte von Pozzuoli ihre duftenden Wunderblumen mit verschwenderischer Fülle ausgestreut zu haben. Ein Neffe dieses Virgilius ist dem „Parzival" zufolge jener Klinschor, dessen Hauptstadt Kapua ist, der auf Sizilien entmannt nach Persida hinüberfährt, von wo er die Zauberkraft mitbringt, der, nachdem er ein Wunderschloß auf einem festen Berge sich erbaut und der Zauberthaten viele vollbracht hat, von Gawan bestegt wird. Den Klinsor des,,Wartburgkrieges", in allen Zauberkünften, die er vom Bösen erhalten hat, gleich seinem Urahn, erfahren, aber nicht boshaft, wie jener, müssen wir als eine freie, an den „Parzival“ anknüpfende Erdichtung jenes Liedes betrachten, in welchem er den Gegensaß zum frommen Wolfram von Eschenbach bildet, der alle Weisheit und alle Kraft in Gott allein findet.

Wenn in den bisher berührten Sagen die Wundergeschichten, in denen die geschäftige Einbildungskraft sich reichlich erging, die Hauptsache bilden, so gibt es daneben eine Reihe anderer, welche den Vertrag mit dem Bösen und die Verleugnung Gottes in den Vordergrund stellen, wogegen die Zauberkunft zurücktritt. Die erste dieser Sagen ist die von Theophilus, Vizedom1) der Kirche zu Adana in Cilicien, in der ersten Hälfte des sechsten Jahrhunderts. Durch unverschüldete Entsetzung vom Bischofe gekränkt, wendet sich Theophilus an einen im Rufe eines gewaltigen Zauberers stehenden Juden, der ihn zur Nachtzeit in den Cirfus der Stadt führt, wo ihm der Satan in der Mitte seiner Diener erscheint und ihm verspricht, daß er in Zukunft mehr, als zuvor gelten und allen, selbst dem Bischofe, gebieten werde, worauf Theophilus Christus und seiner Mutter entsagt, was er durch die von ihm beschriebene und besiegelte Urkunde bezeugt. Aber Theophilus wird später von Reue gequält; vierzig Tage und vierzig Nächte fleht er in der Kirche zur Mutter Gottes, die sich endlich seiner erbarmt, von ihrem Sohne durch ihre Fürbitte die

1) Der Vizedom (Vicedominus) ist der Stellvertreter und Verwalter des Bischofs, der auch Erzdiakon, bei den Griechen Oekonom heißt.

Verzeihung erwirkt und die dem Satan gegebene Urkunde dem Theophilus zurückstellt, der nach drei Tagen eines seligen Todes stirbt. Die Legende von Theophilus überseßte im achten oder neunten Jahrhundert Paulus Diakonus aus der griechischen Lebensbeschreibung, welche unter dem Namen des Eutychianus, eines Schülers des Theophilus, geht, in's Lateinische, worauf im zehnten Jahrhundert die berühmte Nonne Roswitha von Gandersheim und im zwölften Bischof Marbod sie in lateinische Verse brachten. Der erste, welcher die Sage in deutscher Sprache dichterisch bearbeitete, war der ältere Hartmann in seinem dem zwölften Jahrhundert angehörenden Gedichte,, Von deme glouben", wo unter den Abweichungen besonders bemerkenswerth ist, daß Theophilus bloß Gott, nicht auch seiner Mutter entfagt, und daß Gott selbst den Teufel zur Herausgabe der Handschrift zwingt, welche dieser aus der Luft herabwirft. Nach Hartmann hat der Dichter des alten,,Passionals" in seinen nach 1250 gedichteten ,, Marienlegenden" eine ausführlichere Darstellung gegeben, in welcher der Jude ohne weiteres einen Teufel heranruft und den Vermittler zwischen Theophilus und diesem macht, der mit der Verschreibung zum Höllengrunde herabfährt. In dem um das Jahr 1276 geschriebenen Gedichte Brun's von Schönebecke zur Ehre der Jungfrau Maria kommt die Verschreibung des Theophilus mit Blut vor'), welche wir auch in dem demselben Jahrhundert angehörenden Gedichte Rutebeuf's: Le miracle de Theophile finden. Eine mittelniederländische Bearbeitung der Legende und eine niederdeutsche dramatische Darstellung, welche sich durch edle Einfachheit und gelungene Abrundung auszeichnet, haben wir aus dem vierzehnten Jahrhundert.

Wenig verändert erscheint die Sage von Theophilus bei Cäsarius von Heisterbach (um 1220), der sie von einem Ritter zu Floreffe im Bisthum Lüttich erzählt und versichert, daß sie sich vor fünf Jahren zugetragen habe. Der Ritter schwört Gott ab, weigert sich aber seiner Mutter Maria abzusagen; reumüthig fleht er in der Kirche zur Mutter der Barmherzigkeit, auf deren Fürbitte ihr Sohn ihm die Sünde des Abfalls und zugleich die Strafe dafür erläßt. Nicht wesentlich verschieden finden wir die Sage von dem Ritter (miles) in einem lateinischen Gedichte Gottfried's von Thienen,,,Militarius" genannt, wo einzelne Züge aus der Sage von Theophilus aufgenommen find. Eine abweichende Darstellung gibt der Dichter des alten „Passionals“ in seinen „Marienlegenden". Der Teufel gibt dem Ritter, nachdem er Gott verleugnet hat, Gold und Silber in Fülle, wovon dieser eine Zeit lang ein luftiges Leben führt. Als er aber vom Teufel abermals Geld fordert, bemerkt dieser, er habe beim Vertrag etwas vergessen; er müsse

1) Blutmischung bei Eiden und Bündnissen war in Deutschland uralt und weitverbreitet.

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