ÀҾ˹éÒ˹ѧÊ×Í
PDF
ePub

-

Eben deswegen, ruft sie entschlossen; mein Gemahl muß sterben und folglich auch ich. Eine andere Antwort gab sie nicht. Man gewährte ihren Wunsch: sie wurde an der Seite ihres Gatten hingerichtet. Zu Bordeaur schmachtete ein Jüngling im Kerker. Die verpestete Luft zerstörte seine Gesundheit; er wurde endlich in's Hospital gebracht, und der Obhut einer barmherzigen Schwester, der jungen Therese, anvertraut. Der Jüngling verband mit einer reizenden Gestalt auch noch die Vortheile der Geburt und des Vermögens. Anfangs interessirte sich Therese blos für ihn wegen seiner sanften Phyfiognomie; als er ihr aber erzählte, was er gelitten, und was er noch zu fürchten habe, da vollendete das Mitleid den süßen Eindruck: sie beschloß, ihn zu retten. Er mußte sich stellen, als ob er in heftige Konvulsionen falle, und bald nachher sterbe. Das geschah. Schwester Therese deckte, wie es die Gewohnheit mit sich brachte, sein Bettuch über seinen Kopf. Der Arzt ging zur gewohnten Stunde vorüber; sie sagte ihm, der Kranke sei eben gestorben. Er entfernte sich, ohne den Betrug zu argwöhnen. Gegen Abend gab Therese vor: man habe den Leichnam zum Unterricht der chirurgischen Zöglinge begehrt, und ließ ihn nach dem Saale tragen, wo die Leichen zergliedert werden. Dort war ein junger Chirurgus gewonnen, in dessen Kleidern der lebendige Todte glücklich entschlüpfte. Die List wurde erst am folgenden Morgen entdeckt. Auf Befragen nahm Therese sich gar nicht einmal die Mühe zu läugnen, und wurde um

ihrer klugen Freimüthigkeit willen verschont. Indessen hatte sie dem geretteten Jüngling Empfindungen eingeflößt, die noch lebhafter waren, als ihre eigenen. Er schrieb an sie, und bat um eine Unterredung in seiner Freistatt. Sie kam; er flehte mit dankbarer Liebe zu ihren Füßen, ein Dasein zu verschönern, welches er ihr allein verdanke, seine Gattin zu werden. Sie willigte ein, gab und empfing das Glück. Die Liebenden flohen nach Spanien, wo sie ver= mählt wurden. Minder glücklich war eine junge Witwe, deren Geliebter Fesseln trug. Bei der ersten Nachricht von seiner Verhaftnehmung bot sie alles auf, ihn zu befreien; vergebens! Sie bat endlich um die einzige Gnade, ihn zu sehen, oder mit ihm eingesperrt zu werden; auch das wurde ihr abgeschlagen. Sie eilte zu seinem Gefängniß, dessen Fen= fter auf die Straße gingen, und harrte auf Gelegenheit, ihn wenigstens zu sehen. Er erschien endlich am Fenster. Welch ein Wiedersehen! Die Liebende kam täglich wieder, trok Regen, Sturm und Schildwachen, welche lettere schlimmer waren, als die rauheste Witterung, um den Geliebten nur einen Augenblick zu sehen und seine Stimme zu hören. Über eines Tages in dem Augenblicke, da sie ankam - Gott! welch' ein Schauspiel! ein Karren fährt zum Richtplag: ihr Geliebter liegt gebunden darauf, nebst mehreren Schlachtopfern. Sinnlos stürzt sie auf die Pferde, greift die Zügel, schreit das Volk zu ihrer Hilfe herbei. Die Satelliten ergreifen sie; noch einmal reißt sie sich los, und stürzt dem Unglücklichen nach, der schon einige Schritte

weiter geschleppt worden war. Auf's neue ergriffen, wirft fie der Wache ihren feigen Gehorsam vor, nennt sie Tiger, beschwört sie, die Gnade des gemeinschaftlichen Todes mit dem Geliebten ihr nicht zu versagen. Sie stoßen sie zurück; da reißt sie einem von ihnen rasch den Säbel von der Seite, und senkt ihn tief in ihr treues Herz. Das Volk murrt, die Soldaten stehen erstarrt, der Jüngling raset, seine Unglücksgefährten vergessen einen Augenblick ihren eigenen nahen Lod. Indessen wird der Leichnam bei Seite geschafft, der Mordkarren erreicht den Richtplak, die Köpfe der Verurtheilten fallen, und die Erinnerung an den Selbstmord jener edlen Liebenden wird von den Blutströmen wegge= schwemmt, welche täglich neu fließen! — Ein anderes Mädchen hatte noch so viel Kraft, der Hinrichtung ihres Geliebten beizuwohnen, und sie folgte seiner Leiche bis an den Ort, wo er mit den übrigen Leichnamen eingescharrt_werden sollte. Hier bestach sie den Todtengräber, um wenigstens das theure Haupt wieder zu bekommen, dessen erloschene Augen einst so liebevoll auf ihr ruhten. Für hundert Louisd'or ward ihr Wunsch gewährt. Sie wickelte das traurige Geschenk in einen kostbaren Schleier und wankte fort. Über die Natur war minder stark als ihre Liebe: an der Ecke der Straße von St. Florentin sank sie nieder; das blutende Haupt rollte aus dem Schleier hervor die Vorübergehenden sahen es mit Entseßen. Man schleppte die Ohnmächtige sogleich vor das Revolutions-Tribunal, und fröhlich empfing fie das Urtheil, welches mit ihrem

[ocr errors]
[ocr errors]

Geliebten sie auf ewig vereinigte. Mit der Treue der Liebenden wetteiferte an Heldenmuth die kindliche Zärtlichkeit. Delleglace mußte von Lyon nach Paris abreisen, um dort in die Conciergerie eingesperrt zu werden. Seine Tochter wich nicht von seiner Seite. Sie bat den Begleiter um Erlaubniß, in denselben Wagen steigen zu dürfen; der Unmensch versagte sie ihr. Das schlug ihren Muth_nicht nieder. Troß ihrem zarten Körperbaue lief sie zu Fuße neben dem Wagen her von Lyon bis Paris, mehr als hundert Lieues, und nur in Städten entfernte sie sich Mittags von dem Fuhrwerke, um ihren Vater Speisen zuzubereiten, und Abends um eine Bettdecke für ihn zu betteln. So trieb sie es unverdrossen, bis der Pariser Kerker fie trennte. Dann fing fie an, alle Mitglieder des sogenannten Wohlfahrtsausschusses, die nur einigen Einfluß hatten, mit Bitten und Thränen zu bestürmen; hundertmal zurückgewiesen, kehrte sie hundertmal wieder, und endlich siegte sie. Mit freudigem Stolz führte sie ihren befreiten Vater nach Lyon zurück. Doch erschöpft von den unendlichen, ihre Kräfte übersteigenden Beschwerden, wurde sie schon unterweges krank; und ehe sie noch den Lyonern den geretteten Mitbürger zeigen konnte, endigte sie ein Leben, durch dessen Aufopferung sie das Leben ihres Vaters erkauft hatte. — Nach der Schlacht bei Fleurüs, als die französischen Truppen wieder in Belgien einrückten, floh ein Jüngling durch Brüsfel, der die Waffen gegen sein Vaterland getragen hatte. Ein junges Mädchen, welches vor einer Thür saß, rief ein

[ocr errors]

zig von Mitleid getrieben: Wohin? Ihr seid verlo. ren, wenn Ihr weiter geht Ich bin auch verloren, erwiederte er, wenn ich umkehre. Wohlan, so kommt hier herein. Er folgte der Einladung. Sie sagte ihm, daß sie die Nichte eines Geistlichen sei, der ihr nicht erlauben werde, einen Flüchtling in seinem Hause aufzunehmen; sie führte ihn daher in eine Scheune. Kaum war es dunkel geworden, als einige Soldaten hineingingen, um zu schlafen. Das Mädchen folgte ihnen unvermerkt, und sobald sie eingeschlafen waren, zog fie den Jüngling nach sich, um ihn an einen sicherern Ort zu führen. Indem fie eben an den Schlummernden vorüberschlüpfen wollen, erwacht einer derselben, und ergreift den Fliehenden bei der Hand. Sogleich wirft das Mädchen sich zwischen Beide und ruft: »Laßt mich doch los! ich bin es ja.” Durch die Weiberstimme getäuscht, läßt der Soldat fie los; fie führt den Jüngling in ihre Kammer, ergreift dort ein Bund Schlüssel und eine Lampe, und öffnet ihm die alte düstere Kirche. In einer wüßten Kapelle, die im Kriege war geplündert worden, hebt sie hinter dem Altar eine Fallthüre auf: »>In diesem Gewölbe," spricht sie, »liegen die Ueberreste einer edlen Familie; hier wird man Euch nicht suchen. Faßt Muth, und harret hier eines günstigen Augenblicks." Der Jüngling steigt ohne Bedenken hinab. Welch' ein Zufall! Das erste, was ihm bei dem trüben Schimmer der Lampe in die Augen fällt, ist sein Familienwapen; er erkennt die Gräber seiner Voreltern. Das

« ¡è͹˹éÒ´Óà¹Ô¹¡ÒõèÍ
 »