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welche die Wahrheit abwenden. So redet auch Christus selbst, Matth. am 15. (v. 14) von denen, so die Leute auf Menschengebote treiben: Lasset fie fahren! Sie sind der Blinden blinde Leiter! und verwirft solchen Gottesdienst und sagt (v. 13): Alle Pflanzen, die mein himmlischer Vater nicht gepflanzt hat, die werden ausgereutet. So nun die Bischöfe Macht haben, die Kirchen mit unzähligen Auffäßen zu beschweren, und die Gewissen zu verstricken, warum verbeut denn die göttliche Schrift so oft, die menschlichen Auffäße zu machen und zu hören? Warum nennet fie dieselben Teufelslehren? Sollte denn der heilige Geist solches Alles vergeblich verwarnet haben?

Derhalben, dieweil solche Ordnungen als nöthig aufgerichtet, damit Gott zu verföhnen und Gnade zu verdienen, dem Evangelio entgegen find, so ziemet sich keineswegs den Bischöfen, folche Gottesdienste zu erzwingen. Denn man muß in der Christenheit die Lehre von der christlichen Freiheit behalten, als nämlich, daß die Knechtschaft des Gesezes nicht nöthig ist zur Rechtfertigung. Wie denn St. Paulus zu den Galatern schreibet am 5. (v. 1): So bestehet nun in der Freiheit, damit uns Christus befreiet hat und laßt euch nicht wieder in das knechtische Ioch verknüpfen. Denn es muß je der fürnehmste Artikel des Evangeliums erhalten werden, daß wir die Gnade Gottes durch den Glauben an Christum, ohne unser Verdienst erlangen, und nicht durch Dienst, von Menschen eingeseßt, verdienen.

Was soll man denn halten vom Sonntag und dergleichen andern Kirchenordnungen und Ceremonien? Darzu geben die Unsern diese Antwort: daß die Bischöfe oder Pfarrherrn mögen Ordnung machèn, damit es ordentlich in der Kirche zugehe, nicht damit Gottes Gnade zu erlangen, auch nicht damit für die Sünde genug zu thun, oder die Gewissen zu verbinden, Solches für nöthigen Gottesdienst zu halten und es dafür zu achten, daß fie Sünde thäten, wenn sie ohne Aergerniß dieselben brechen. Also hat St. Paulus zu den Corinthern verordnet, daß die Weiber in der Versammlung ihr Haupt sollen decken (1 Cor. 11, 5).' Item, daß die Prediger in der Versammlung nicht zugleich alle reden; sondern ordentlich Einer nach dem Andern.

Solche Ordnung gebühret der chriftlichen Versammlung um der Liebe und Friedens willen zu halten, und den Bischöfen

und Pfarrherren in diesen Fällen gehorsam zu sein, und dieselben so fern zu halten, daß Einer den Andern nicht ärgere, damit in der Kirche keine Unordnung oder wüßtes Wesen sei. Doch also, daß die Gewissen nicht beschwert werden, daß mans `für solche Ding halte, die noth sein sollten zur Seligkeit, und es dafür achte, daß fie Sünde thäten, wenn fie dieselben ohne der Andern Aergerniß brechen, wie denn Niemand sagt, daß das Weib Sünde thue, die mit bloßem Haupt, ohne Aergerniß der Leute, ausgehet.

Also ist die Ordnung vom Sonntag, von der Osterfeier, von den Pfingsten, und dergleichen Feier und Weise. Denn die es dafür achten, daß die Ordnung vom Sonntag für den Sabbath als nöthig aufgerichtet sei, die irren sehr; denn die heilige Schrift hat den Sabbath abgethan, und lehret, daß alle Ceremonien des alten Gefehes, nach Eröffnung des Evangeliums, mögen nachgelassen werden; und dennoch, weil vonnöthen gewesen ist, einen gewissen Tag zu verordnen, auf daß das Volk wüßte, wenn es zusammen kommen sollte, hat die chriftliche Kirche den Sonntag dazu verordnet, und zu dieser Veränderung desto mehr Gefallens und Willens gehabt, damit die Leute ein Exempel hätten der chriftlichen Freiheit, daß man wüßte, daß weder die Haltung des Sabbaths noch eines andern Tags vonnöthen sei.

Es find viele unrichtige Disputationes von der Verwandlung des Gefehes, von den Ceremonien des neuen Testamentes, von der Veränderung des Sabbaths, welche alle entsprungen sind aus falscher und irriger Meinung, als müßte man in der Christenheit einen solchen Gottesdienst haben, der dem Levitischen und Jüdischen Gottesdienst gemäß wäre, und als sollte Chriftus den Aposteln und Bischöfen befohlen haben, neue Ceremonien zu erdenken, die zur Seligkeit nöthig wären. Dieselben Irrthümer haben sich in die Christenheit eingeflochten, da man die Gerechtigkeit des Glaubens nicht lauter und rein gelehret und geprediget hat. Elliche disputiren also vom Sonntage, daß man ihn halten müsse, wiewohl nicht aus göttlichen Rechten, stellen Form und Maß, wiefern man am Feiertag arbeiten mag. Was sind aber solche Disputationen anders, denn Fallstricke des Gewissens? Denn wiewohl sie sich unterstehen, menschliche Auffäße zu lindern und epiiciren, so kann man doch keine Epieikeian oder Linderung treffen, so lange die Meinung stehet und bleibet, als follten fie vonnöthen sein. Nun muß dieselbige Meinung bleiben, wenn man nichts weiß von der Gerechtigkeit des Glaubens und von Augsburgsche Confession.

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der christlichen Freiheit.

Die Apostel haben geheißen, man foll sich enthalten des Blutes und Erstickten. Wer hälts aber jezo? Aber dennoch thun die keine Sünde, die es nicht halten; denn die Apostel haben auch selbst die Gewissen nicht wollen beschweren mit solcher Knechtschaft, sondern haben es um Aergerniß willen eine zeitlang verboten. Denn man muß Achtung haben in dieser Sahung auf das Hauptstück chriftlicher Lehre, das durch dieses Decret nicht aufgehoben wird.

Man hält schier keine alte Canones, wie fie lauten; es fallen auch derselben Sahungen täglich viel weg, auch bei denen, die solche Auffähe allerfleißigst halten. Da kann man dem Gewissen nicht rathen noch helfen, wo diese Linderung nicht gehalten wird, daß wir wissen solche Auffäße also zu halten, daß mans nicht dafür halte, daß fie nöthig seien, daß auch den Gewissen unschädlich sei, obgleich folche Auffäße fallen. Es würden aber die Bischöfe leichtlich den Gehorsam erhalten, wo sie nicht darauf drängen, diejenigen Sazungen zu halten, so doch ohne Sünde nicht mögen gehalten werden. Icho aber thun sie ein Ding, und verbieten beide Gestalt des heil. Sacraments, item den Geistlichen den Ehestand, nehmen Niemand auf, ehe denn er zuvor einen Eid gethan habe, er wolle diese Lehre, so doch ohne Zweifel dem heiligen Evangelio gemäß ist, nicht predigen.

Unsere Kirchen begehren nicht, daß die Bischöfe mit Nachtheil ihrer Ehr' und Würden wiederum Friede und Einigkeit machen, wiewohl Solches den Bischöfen in der Noth auch zu thun gebühret;

allein bitten fie darum, daß die Bischöfe etliche unbillige Beschwerungen nachlassen, die doch vorzeiten auch in der Kirche nicht gewesen, und angenommen find wider den Gebrauch der chrislichen gemeinen Kirche, welche vielleicht im Anheben etliche Ursache gehabt, aber sie reimen sich nicht zu unsern Zeiten. So ist es auch unläugbar, daß etliche Sahungen aus Unverstand angenommen find. Darum sollten die Bischöfe der Gütigkeit fein, dieselben Sazungen zu mildern, fintemal eine solche Aenderung Nichts schadet, die Einigkeit chriftlicher Kirchen zu erhalten; denn viel Sahungen, von den Menschen aufkommen, sind mit der Seit selbst gefallen, und nicht nöthig zu halten, wie die päpstlichen Rechte selbst zeigen. Kann es aber je nicht sein, es auch bei ihnen nicht zu erhalten, daß man solche menschliche Sazungen mäßige und abthue, welche man ohne Sünde nicht kann halten, so müssen wir der Apostel Regel folgen, die uns gebeut: wir sollen Gott mehr gehorsam sein, denn den Menschen.

St. Petrus verbeut den Bischöfen die Herrschaft, als hätten fie Gewalt, die Kirchen, worzu sie wollten, zu zwingen. Jezt gehet man nicht damit um, wie man den Bischöfen ihre Gewalt nehme, sondern man bittet und begehret, fie wollten die Gewiffen nicht zu Sünden zwingen. Wenn sie aber Solches nicht thun werden, und diese Bitte verachten, so mögen fie gedenken, wie sie werden deßhalben Gott Antwort geben müffen, dieweil fie mit solcher ihrer Härtigkeit Ursache geben zu Spaltung und Schisma, das fie doch billig sollen verhüten helfen.

Dieser lezte Artikel unseres Bekenntnisses ist unter allen der ausführlichste und in der Ausführung ganz besonders gelungen. Es wird hier ein förmliches Prozeßverfahren gegen die römische Kirche eingeleitet, wobei man deutlich unterscheiden kann: die Anklage, die Klagebeantwortung des Angeklagten, die Replik oder Gegenrede des Klägers, das Zeugenverhör und schließlich das Anerbieten eines gütlichen Vergleichs. Die Ueberschrift lautet: Von der Bischöfe Gewalt, wird jedoch bald noch bestimmter ausgesprochen unter der Bezeichnung: Vom Unterschiede der geistlichen und weltlichen Gewalt. Die Wahrheit, welche die Evangelischen hier siegreich durchführen, ist die: Man soll die beiden Regimente, das geistliche und weltliche, nicht in einander mengen, wie ihrs thut, sondern von einander unterscheiden, wie die Unsern für Recht halten.

Die Prozeßverhandlung beginnt mit der Anklage: Ihr habt ungeschicklich die Gewalt der Bischöfe und das weltliche Schwert unter einander gemenget, und aus diesem unordentlichen Gemenge sind sehr große Kriege, Aufruhr und Empörung erfolgt. Eure Bischöfe haben unter dem Vorgeben einer ihnen von Chrifto gegebenen Gewalt neue Gottesdienste angeordnet und mit gewaltsamem Bann die Gewissen beschwert. Sie haben sich unterwunden, ihres Gefallens Kaiser und Könige ein- und abzuseßen. Weiterhin wird noch die Anklage erhoben, Ihr habt mit all dem. in ein fremdes Amt eingegriffen, habt das weltliche Gesez und den Gehorsam gegen die Obrigkeit aufgehoben und zerrüttet, habt der weltlichen Gewalt Geseze vorgeschrieben in Beziehung auf weltliche Händel. Ihr habt wider Gottes Gebot gelehrt, daß es eine Todsünde sei, wenn man an Feiertagen eine Handarbeit thue, auch wo man Anderen damit kein Aergerniß giebt, daß es eine Todsünde sei,

wenn man die Siebenzeit, d. h. die sieben vorgeschriebenen täglichen Gebetszeiten, versäumt, daß gewisse Speise das Gewissen verunreinige, und daß das Fasten ein Werk sei, womit man Gott versöhne. So habt ihr auch eures auch ́eures Gefallens beiderlei Gestalt des Sakraments und den Ehestand der Geistlichen verboten, was euch nicht zustand.

Die Klagebeantwortung der Gegner lautet so: Bischöfe haben allerdings Macht, Ceremonien in der Kirche aufzurichten, desgleichen Sazungen in Betreff der Speise, der Feiertage, der verschiedenen Ordnungen und Kirchendiener, auch ohne daß die heilige Schrift ihnen solches ausdrücklich an die Hand giebt. Denn der Herr sprach zu den Jüngern: Ich habe euch noch viel zu sagen, aber ihr könnt es jezt nicht tragen; wenn aber der Geist der Wahrheit kommen wird, der wird euch in alle Wahrheit leiten. Wie Moses den levitischen Gottesdienst eingeseßt hat, so haben christliche Bischöfe auch das Recht, den christlichen Gottesdienst zu ordnen. So geboten die Apostel die Enthaltung von Blut und von Ersticktem; so ist statt des Sabbaths nachmals der Sonntag eingeführt. Sollten wir nicht ein gleiches Recht haben, nöthige kirchliche Anordnungen zu treffen? In besonders drückenden Fällen lindern und mildern wir ja auch solche Vorschriften und ertheilen Dispens z. B. vom Fastengebot.

Wir hören nun die Gegenrede der Evangelischen: In der Christenheit soll man keineswegs einen solchen Gottesdienst haben, der dem levitischen und jüdischen gemäß wäre, und Christus hat den Aposteln und Bischöfen nicht befohlen, neue Ceremonien zu erdenken, die zur Seligkeit nöthig wären. Das Gebot der Enthaltung von Blut und von Ersticktem gaben die Apostel nur als ein zeitweiliges, weil dazumal solcher Genuß noch Aergerniß erregt und Manchen vom Uebertritt zur christlichen Kirche zurückgehalten hätte. Sie haben aber auch nicht gesagt, daß diejenigen eine Sünde begehen, die es nicht halten. Jezt hält es ja längst Niemand mehr. Was den Sonntag betrifft, so ist festzuhalten, daß die heilige Schrift Neuen Testaments den Sabbath abgethan, wie überhaupt alle Ceremonien des mosaischen Gesezes nach Eröffnung des Evangeliums mögen nachgelassen werden. Ist doch von

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