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Es ist denkwürdig zu sehen, dass Fichte, wie sehr er auch, gleich den später herrschend gewordenen Ansichten - wiewohl diese mehr durch Ignoriren und Umgehen jener scharfbestimmten Frage und durch die allgemeine Consequenz ihrer Principien, als durch ausdrückliches Verneinen sich zu dieser Ansicht bekennen nach der Folgerichtigkeit seines Standpunctes zur letzteren Antwort hingedrängt wurde, dennoch stets sich enthalten hat, mit bewusster Ausschliesslichkeit sich für diese Seite zu entscheiden, und die entgegengesetzte zu verwerfen. Wir verweisen hierüber weit weniger an jene Vorträge über die Sittenlehre; bei Vorlesungen ist man genöthigt, in Betreff von Puncten, über die man noch in Untersuchung sich befindet, kurz abzuschliessen, und so ist es hier geschehen. Wesentlicher lassen uns die Mittheilungen aus seinem „,Tagebuche über den animalischen Magnetismus vom Jahre 1813" (Nachgel. Werke Bd. III. S. 301-305, 323 ff. 339 ff) einen Einblick thun in die lange noch nicht für ihn beendeten Erwägungen über diesen entscheidenden Punct seiner Weltansicht, aber auch in die gewissenhafte Strenge gegen sich selbst, mit welcher er das bereits Abgeschlossene von Neuem untersucht, und in der sich dem fast am Ende seiner Laufbahn Stehenden überall neue, umgestaltende Aussichten eröffnen.

Wir können das einzeln dort Angedeutete so zusammenfassen: Die Ichheit ist bloss formales Princip, durchaus in keiner Bedeutung qualitativ; absolute Form der Reflexibilität eines in sie eintretenden Realen. Aber nur das Grundseyende ist das wahrhaft Reale, absolut Objective. Nur da ist Freiheit, wo dieser Grund, schlechthin als solcher, ins Bewusstseyn tritt, im Bereiche des Ich, der Individualität, sich verwirklicht. Tritt er nicht als solcher, nur in jenem

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Resultate, ins Bewusstseyn, dann fehlt die Freiheit, selbst wenn sie in einem Wollen und Vollbringen vorgestellt ist. Letzteres findet statt in der Sphäre der Natur und ihrer allgemeinen Gesetze; in ihr ist nichts wahrhaft Individualisirendes, sie reicht nicht bis zu jenem Gebiete des eigentlichen Grundseyns hinauf. Indem nun Fichte der dortigen Untersuchung gemäss, welche das Wesen der magnetischen Erscheinungen ergründen will, alles Hingegebenseyn des Ich an ein jenseits seiner bleibendes allgemeines Gesetz und dessen Kraft nach einer tiefsinnigen Analogie überhaupt Somnambulismus nennt: fasst er dies Alles in dem Satze zusammen: „Der sinnliche Mensch ist nach mir im Somnambulismus. Das wahre Wachen ist das Leben in Gott, das Freiseyn in ihm, alles Andere ist Schlaf und Traum." - Nun aber muss er dem eigentlichen Somnambulismus eine grössere Sphäre und einen intensiveren Inhalt des Bewusstwerdens zugestehen, als die sind, welche ins gemeine Wachen fallen. Um dies zu erklären, fügt er die durchaus bedeutenden Worte hinzu: „Ohne Zweifel ist die Kraft der Somnambulisten ausser der Regel; gleichsam in einer Vorwelt, einer diese Welt schaffenden Welt, eben in der Welt der Gründe und Gestaltungen. Wie dies möglich sey, ist freilich eine grössere Frage" (A. a. O. S. 323-24).

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Hiermit muss er nun, durch eine merkwürdige Thatsache genöthigt, ein Gebiet von Gründen und Gestaltungen zugestehen, eine ideale Welt, die eben darum doch Grund alles Realen ist, in deren Wirkungssphäre die Wurzel des Ich hineinreicht und aus der ihm eine Quelle von Begabung und Eingebungen zufliesst, welche dennoch mit seiner Sittlichkeit und dem sittlichen Willen unmittelbar nichts zu thun haben, während zugleich darin ein Princip für das Ich gefunden ist,

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in welchem Fichte, zufolge der eben von ihm vernommenen Erklärung über das Princip der Freiheit, ihm zugestehen muss, wahrhaft frei zu seyn. Denn gewiss werden wir dies reiche und unerschöpfliche Gebiet nicht auf die krankhaften Formen somnambulistischer Eingebungen beschränken, sondern jede ursprünglich geistige Begabung, den Genius in weitestem Sinne, ihm zurechnen; zugleich aber dem tiefen und allein gründlichen Satze Fichte's uns anschliessen: dass nur in dem Bereiche das Ich als frei zu denken sey, worin es aus Gott aus seiner ewigen Uranlage und Individualität heraus existirt und wirkt. Er nennt dies Gebiet an einer anderen Stelle (S. 304) selber das der Genialität, und leitet aus der Uebermacht desselben in bestimmten Individuen die, selbst oft unwillkürliche, Einwirkung her, welche sie auf ihnen verwandte Individualitäten ausüben, zuerst ihre Freiheit bindend, aber weiterhin sie tiefer in sich lösend und befreiend, ,,alles dies vorbildlich für das Hingeben und Sichvernichten vor Gott" (S. 302). Und so wäre der Idealismus von hier aus um ein eigenthümliches Gebiet erweitert, aus welchem erst die volle Thatsache des endlichen Geistes begriffen werden kann, zugleich aber, wie eine solche Vermuthung von Fichte selbst in jenen Fragmenten ausgesprochen wird, eine wesentliche Umgestaltung und Fortbildung der Wissenschaftslehre nöthig geworden. Indess stehen wir mit der Frage nach dem wahren Grunde und Begriffe des endlichen Geistes vor einem Gegenstande, welcher auch der seitherigen Schulphilosophie jenseitig geblieben ist. Aber es zeigt sich, auch von Fichte's System aus, dass ohne gründliche Erledigung desselben nicht weiter zu gelangen ist.

Es bleibt noch übrig, das Verhältniss der älteren Sittenlehre zu den späteren Vorlesungen über dieselbe (1812: Nachgel. Werke Bd. III. S. 1. ff.) in den wesentlichsten Zügen anzugeben. Das erste Werk kann als vollständige Theorie des praktischen Geistes und erschöpfende Nachweisung von der Genesis des sittlichen Bewusstseyns gelten: der Begriff der Freiheit in ihrem Verhältnisse zur Nothwendigkeit wird umfassend untersucht (S. 32 ff. S. 37.); ebenso werden die grundlegenden praktischen Begriffe: Trieb, Sehnen, Begehren, Genuss, Naturtrieb und sittlicher Trieb, Freiheit und Sollen, im Systeme des Bewusstseyns abgeleitet, die Einheit des niederen und höheren Begehrungsvermögens nachgewiesen (S. 131.): welche Anführungen genügen können, den Fortschritt des Systems in seiner damaligen Gestalt gegen die fragmentarische Behandlung dieser Begriffe bei Kant zu bezeichnen.

Völlig anders, weit begrenzter und einfacher, fasst die zweite Sittenlehre ihre Aufgabe; sie setzt alle jene praktischen Bestimmungen schon voraus, weil sie auf die vorbegründenden,,Thatsachen des Bewusstseyns" sich berufen konnte, und so vermag sie gleich Anfangs in den höchsten Mittelpunct der Betrachtung sich zu stellen.

Ihr ganzer Inhalt besteht in der Analyse des Satzes, in welchen zugleich der unterscheidende Charakter des Idealismus zusammengedrängt ist: „Der Begriff ist der Grund der Welt, mit dem absoluten Bewusstseyn, dass er dies sey." Der „, Begriff" die urbildliche Welt der Ideen - Grund der,,Welt," nemlich der erst durch Freiheit zu realisirenden, da es dem Idealismus in Wahrheit eine andere Welt und Schöpfung gar nicht giebt. „Mit dem Bewusstseyn, dass er

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dies sey": der Begriff erschafft sich selbst die Form des Bewusstseyns und seine factische Wirklichkeit in dem vom sittlichen Ideale ergriffenen Ich, dessen natürliche Kräfte und Willen völlig umgestaltend zu seinem Organe, und keinen anderen Antrieb in ihm übrig lassend. Und so besteht die ganze Aufgabe der Sittenlehre lediglich darin: dies von dem Begriffe, von der sittlichen Idee erfüllte Bewusstseyn nach allen seinen Grundzügen und Merkmalen darzustellen. Es ist dies wie wir bei einer anderen Gelegenheit ausführlicher zeigen konnten, die Ethik von dem Standpuncte des Tugendbegriffes dargestellt, wenn die Kantische, und auch grossentheils noch die ältere Fichtesche, vorzugsweise von dem des Pflichtbegriffes aus entworfen waren. Das Ich soll sicher scheinen, als durchaus nichts Anderes, denn als Leben des absoluten Begriffes; - lediglich dies sittliche Bewusstseyn hat die Ethik zu schildern (Nachg. W. Bd. III. S. 37.); und in weiterer Analyse desselben entwirft sie die unterscheidenden Grundmerkmale seiner Gesinnung und seines Thuns, den Begriff der Cardinaltugenden (S. 86 ff): eine Ausführung, welche durch die reine Höhe ihrer Betrachtung und den einfachen Adel ihrer strengen und klaren Begeisterung wohl dem Trefflichsten sich anreiht, was seit Platon und Spinoza in ethischen Darstellungen dieser Art gegeben worden ist.

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Aber Fichte schärft ein, dass die Sittenlehre über den bezeichneten Standpunct nicht hinauszugehen habe: sie solle sich enthalten, jenen „Begriff" selbst tiefer zu ergründen, als „,Bild Gottes" erkennen zu wollen, genau entsprechend dem von ihm geschilderten Standpuncte der sittlichen Gesinnung, welche eben über das schlichte Handeln nicht hinübergreift oder in theoretische Fragen sich einlässt, von Woher seine

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