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auf welche das Gerichtsverfahren Bezug nimmt. Dann ist aber das eigentliche Princip der Moral nicht mehr die Rücksichtnahme auf Seligkeit oder Verdammung, sondern die Rücksichtnahme auf das Gebot dessen, der Seligkeit auf die eine und Verdammung auf die andere Classe von Handlungen gesetzt hat. Zwischen That und irdischer Rückwirkung auf das Wohl des Thäters besteht ein natürlicher Causalnexus, zwischen That und jenseitigem Gericht nur ein künstlicher, der durch die souveräne Willkür einer Autorität gesetzt ist, über die hinaus es keine Appellation giebt. Aus diesem Unterschied in der Begründung folgt der Unterschied zwischen beiden Moralprincipien, dass das erstere im natürlichen Gebiete verharrt, das andere aber in das metaphysische Gebiet hinüberdrängt und in das theologisch-autoritative Moralprincip umschlägt, das wir später betrachten werden.

Ist aber durch solchen Umschlag einmal die Existenz eines andern Moralprincips anerkannt, so kann das transcendent-eudämonistische Moralprincip sich auch nicht einmal neben und unter einem solchen als secundares Princip behaupten, da es dann durch seine egoistische Natur sofort mit dem unselbstsüchtigen Charakter alles wahrhaft Ethischen in Conflict geräth. Dieser Punkt muss deshalb so nachdrücklich hervorgehoben werden, weil die Theologie, ausser Stande, den klaren Wortlaut und Sinn der Evangelien abzuleugnen, auf dem Wege des vermittelnden Compromisses noch heute das transcendent-eudämonistische Moralprincip wenigstens als untergeordnetes secundares Princip aufrecht zu erhalten sucht. Giebt es aber überhaupt ein unselbstsüchtiges Moralprincip, so sinken alle aus der Selbstsucht abgeleiteten Handlungen sofort zur moralischen Indifferenz herab; dann wird also der ethische Werth einer aus unselbstsüchtigen Motiven möglichen Handlung sofort dadurch vernichtet, dass selbstsüchtige Motive und Ziele sich in den Motivationsprocess mit eindrängen und die selbstlose Lauterkeit der sittlichen Gesinnung mit gemeinem Egoismus durchtränken. Dies erkennen die vernünftigeren Theologen auch an, und fordern deshalb vom Menschen, er solle das Gute thun und das Böse lassen, nur deshalb, weil Gott es geboten habe, nicht um des Lohnes willen, oder um dem Schaden der Seele zu entgehen; so wird das jüngste Gericht und der ganze Unsterblichkeitsglaube wirklich ausgeschieden und als Grundlage moralischer Werthbestimmung, sowie als Motiv des sittlichen Handelns endgültig verworfen,

d. h. das transcendent-eudämonistische Moralprincip der Evangelien und des gesammten christlichen Entwickelungsganges definitiv aufgegeben. Aber selbst dieser kleinere Theil vernünftiger Theologen wagt zum grösseren Theile doch wieder noch nicht mit dem Wortlaut und unzweideutigen Geist der evangelischen Verheissungen zu brechen und möchte deshalb die jenseitige Vergeltung als accidentielle Folge des sittlichen oder unsittlichen Handelns conserviren, nachdem er sie als Grundlage eines Moralprincips verworfen; er verlangt, dass der Mensch zwar selig sein soll in der Hoffnung der ewigen Seligkeit (Röm. 8, 24) und sein ganzes Leben erfüllt und durchleuchtet sein lassen soll von dieser Freude über die ihn für seine Tugend erwartende himmlische Freude, dass er aber trotzdem sich von dieser accidentiellen Folge seines Handelns auf keine Weise beim Handeln beeinflussen lassen soll. Diese Forderung widerspricht aber den unabänderlichen Gesetzen der Motivation, indem sie verlangt, dass der Mensch eine Vorstellung von stärkster Motivationskraft beständig vor Augen haben und dabei diese Vorstellung nicht als Motiv auf sich wirken lassen solle, obgleich er eben das thut oder thun soll, was aus jenem Motiv sich ergiebt oder ergeben würde. Wird diese Forderung trotz ihres psychologischen Widersinns dennoch festgehalten, so ergiebt sich aus ihr nothwendig die Selbsttäuschung, dass man die thatsächlich durch dies transcendent-egoistische Motiv hervorgerufenen Handlungen als Ausfluss einer durch keinerlei Selbstsucht getrübten rein ethischen Gesinnung ansieht. Solche Selbsttäuschung führt aber unmittelbar zu pharisäischem Tugendstolz, und bei der Unausbleiblichkeit richtigerer Einblicke in den wahren Motivationsprocess zu pharisäischer Heuchelei, zum Prunken mit einer durch die That erprobten ethischen Gesinnung, die in diesem Maasse gar nicht vorhanden ist, da ihre angeblichen Früchte auf anderem Baume gewachsen sind. Solche unwahre Zwitterstellung ist wie alle auf Halbheit beruhenden Compromisse schlimmer als der unhaltbar gewordene Standpunkt, dem man dadurch entfliehen will; sie drängt durch ihren inneren Widerspruch und die in ihr lauernde sittliche Gefahr des Pharisäismus unaufhaltsam zur durchgreifenden Reform, d. h. zum Verwerfen der jenseitigen Belohnung und Bestrafung ebenso wohl als accidentieller Folge wie als Princip des sittlichen Handelns. Wir sehen also, dass aus rein ethischen Gesichtspunkten der überirdische Vergeltungsglaube eben so dringend seine Verwerfung fordert, wie der

v. Hartmanu, Phan. d. sittl. Bew.

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selbe aus den oben angedeuteten philosophischen Gründen theoretisch ohnehin unhaltbar ist. Zu dieser Consequenz konnte innerhalb der Theologie freilich erst eine Richtung gelangen, welche mit der Unfehlbarkeit der heiligen Schriften definitiv gebrochen hatte, d. h. die fortgeschrittenere Seite des Protestantenvereins, hauptsächlich hervorgegangen aus der Schule Schleiermachers.

Wir haben also als Resultat festzuhalten, dass das transcendenteudämonistische Moralprincip nur eine vorübergehende historische Bedeutung hat für die rohen Zeiten blinden Offenbarungsglaubens und kritiklosen sinnlichen Aberglaubens, dass es auch für diese Zeiten keine ethische Gesinnung, sondern höchstens eine gewisse äusserliche Legalität des Handelns erzielen kann, dass es aber bei fortschreitender Bildung und Selbstbesinnung in jeder Beziehung unhaltbar wird, da seine theoretischen Voraussetzungen sich als übel erfundene Mythen erweisen, seine moralischen Forderungen aber zu einem höheren theologischen Moralprincip hindrängen. Lassen wir nun dieses höhere theologische Moralprincip vorläufig bei Seite, so ist es klar, dass das transcendent - eudämonistische Moralprincip als solches unbrauchbar ist, um den Zweck zu erfüllen, zu dem es ursprünglich erfunden wurde, nämlich die Stopfung der offenkundigen Lücken des irdisch-eudämonistischen Moralprincips. Wollen wir also zunächst innerhalb des individual-eudămonistischen Moralprincips stehen bleiben und die Tragweite desselben gründlich erschöpfen, so sehen wir uns nach dem verfehlten Versuch einer überfliegenden Erweiterung desselben zurückgeworfen auf das irdische Leben und haben auf diesem Gebiete weiter zu betrachten, ob es in der Natur dieses Princips liegt, sich zu noch andern als den schon betrachteten Formen zu entfalten.

2. Die negativen individual-eudä monistischen Moralprincipien.

a. Die irdische negativ-eudämonistische Moral. Wir haben gesehen, dass aller Eudämonismus auf dem natürlichen Streben nach Befriedigung des Willens beruht. Bei einem bewussten Erfassen dieses Standpunktes als Lebensprincip ist aber offenbar die Voraussetzung stillschweigend als selbstverständlich zu Grunde gelegt, dass die Erreichung des erstrebten Zieles, dass die Befriedigung des

Willens, dass eine positive Glückseligkeit überhaupt möglich sei. Es konnte nicht fehlen, dass diese implicite Voraussetzung selbst mit dem Fortschritt des Denkens mehr und mehr zum Bewusstsein kam, und dass in demselben Maasse eine mehr und mehr einschränkende und zersetzende Kritik derselben sich entwickelte, welche, wie wir schon gesehen haben, auch die positiv eudämonistischen Standpunkte mehr oder weniger inficirt hat. Schon Sokrates mit seinem ziemlich philiströsen Nützlichkeitsmaassstab sah ein, dass der Weg zur Glückseligkeit weniger durch Genüsse und Verweichlichung, als durch Enthaltsamkeit und Abhärtung hindurchführe; die Cyrenaïker wollten nur die milde und sanfte Bewegung als erstrebenswerthe Lust gelten lassen, verwarfen aber jede rauhe und stürmische, also auch jede affectvolle und leidenschaftliche Erregung als Unlust; Epikur stellt bereits die Ataraxie oder Seelenruhe als höchsten erreichbaren Zustand auf und lässt die Befriedigung der natürlichen Bedürfnisse wesentlich nur deshalb unangefochten, weil sie uns von der andernfalls zu duldenden und die Gemüthsruhe beeinträchtigenden Qual des unbefriedigten Bedürfnisses befreit; Spinoza geht noch weiter und verwirft aus seinem intellectualistischen Gesichtspunkt jede Seelenbewegung, welche etwas anderes als reines actives Erkennen, weil sie dann ein leidender Zustand der Seele sei. Hebt man diese Einschränkungen des den Ausgangspunkt alles Eudämonismus bildenden hedonischen Princips hervor, anstatt auf die praktische Lebensführung der Philosophen zu blicken, so bemerkt man erst, wie gering im Princip der Unterschied zwischen der cyrenaischen und cynischen Schule des Sokrates und zwischen ihren Fortsetzungen, dem Epikureismus und Stoicismus ist. Es bedarf nur eines Schrittes, um von der Sokratischen Empfehlung, das Glück in der Abhärtung, Bedürfnisslosigkeit und Enthaltsamkeit zu suchen, zur Entsagung auf die Güter der Welt und ihre Genüsse zu gelangen. Es liegt ja so nahe, dass derjenige, dem die Ataraxie als das höchste gilt, und der die Lust für um so störender und schädlicher hält, je stärker sie ist, um der Seelenruhe willen auf die Lust lieber ganz verzichte.

Schon der Cyrenaïker Hegesias hatte erkannt und scharf ausgesprochen, dass die Glückseligkeit unmöglich sei (Diog. II 94), da der Körper von vielen Leiden geplagt sei, welche die Seele in Mitleidenschaft ziehen, da das Glück unsere Hoffnungen beständig durchkreuze, und unsere Berechnungen zu Schanden mache; deshalb

werde der Weise nicht nach dem Erringen von Gütern, sondern nach der Abwehr und dem Vermeiden der Uebel streben, nicht positive Glückseligkeit, sondern schmerzenfreies Leben sich zum Ziel setzen, was aber nur bei voller Gleichgültigkeit gegen die Ursachen der Lust gelingt (Diog. 95). Diese aber sei möglich, weil das Angenehme und Unangenehme nicht sowohl an den Dingen, als an der Subjectivität des sie Wahrnehmenden haften, und weil erfahrungsmässig Armuth und Reichthum, Freiheit und Sclaverei, hoher und niedriger Stand, Ehre und Schande das Maass des Glückes nicht bedingen. Mit der so geforderten Gleichgültigkeit gegen das Leben und dem Verzicht auf die positive Glückseligkeit wegen der Unmöglichkeit, sie zu erringen, ist die Selbstvernichtung des positiv eudämonistischen Princips vollzogen und der Umschlag in Cynismus unvermeidlich.

Das aller antiken Philosophie gemeinsame stolze Streben nach Geistesfreiheit, nach voller Unabhängigkeit und Ausschliessung jeder möglichen Sklavenkette führt so selbstverständlich dazu, diese Unabhängigkeit auch gegen jeden möglichen äusseren Glückswechsel sicher zu stellen, d. h. sich von allen äussern Gütern los zu reissen; denn nur derjenige bietet dem Schicksal keine Blösse, der gegen alles Aeussere (Reichthum und Armuth, Ehre und Schande, Anstrengung und Genuss, Leben und Tod, Lockung und Drohung, Hoffnung und Furcht) schlechthin gleichgültig und über dasselbe erhaben ist. Der private Charakter des friedlichen Stilllebens, zu dem der Eudämonismus naturgemäss führt, zeigt sowohl bei den Alten wie bei Spinoza nothwendig eine gewisse Geringschätzung gegen die drei mächtigsten Triebfedern des Menschenlebens: Habsucht, Ehrgeiz und Geschlechtsliebe; wie nahe liegt da nicht die Consequenz des Cynismus, den Menschen ganz auf sein eigenes Bewusstsein zu stellen, Alles, selbst die Verachtung zu verachten, und sich aller äussern Güter zu entäussern, auf welche die gewöhnlichen Menschen Werth legen. Findet das Schicksal dann doch noch einen Angriffspunkt, um z. B. durch Krankheit des Leibes das Leben unerträglich zu machen, so weist die Gleichgültigkeit gegen Leben und Tod auf den Selbstmord als allezeit offen stehenden Ausweg hin. So erscheint hier die Lust, die ursprünglich das Beste war, gerade als das Schlechteste, nämlich als die gefährlichste Störung der gegen alles Aeussere gleichgültigen Selbstgenügsamkeit, als die beständig drohende Versuchung zum Abfall vom errun

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