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Moralprincip und dass die Hingebung an den Staat das evolutionistische Moralprincip repräsentirt. Dies sind aber eben nur herausgegriffene vereinzelte Beispiele zur vorläufigen Erläuterung des Gesagten, welche dazu dienen sollen, die praktische Bedeutung der Untersuchungen über die wahre Grundlage der Moral in eine etwas andere Beleuchtung zu rücken, als unter welcher die meisten Leser bisher gewohnt gewesen sein dürften, dieselbe zu erblicken.

Allgemeiner ausgedrückt werden die nachstehenden Untersuchungen zu dem Resultate führen, dass keine der möglichen Gestalten, welche das sittliche Bewusstsein annehmen kann (mit Ausnahme der schlechthin negativen einer indeterministischen Freiheit), gänzlich des positiven Werthes entbehrt, dass aber dieser Werth bei jeder (mit Ausnahme der letzten und höchsten) nur ein relativer ist, der vor der kritischen Betrachtung seine Unzulänglichkeit, und in dieser Unzulänglichkeit seine Ergänzungsbedürftigkeit kundgiebt, dass ferner die begriffene Ergänzungsbedürftigkeit das sittliche Bewusstsein selbst zum Aufsuchen der nächstliegenden principiellen Ergänzung und dadurch zum Erreichen der nächsthöheren Stufe seiner selbst führt, und dass endlich dieser Vorgang (die Anerkennung des positiven Werthes, die kritische Beleuchtung der Unzulänglichkeit und das Erfassen der nächstliegenden principiellen Ergänzung) sich auf jeder einzelnen Stufe des sittlichen Bewusstseins so lange wiederholt, bis die höchste allumfassende, und darum von jeder Einseitigkeit und Unzulänglichkeit freie Stufe erreicht ist.

Ich behaupte nicht, dass ein solcher Entwickelungsgang auf objective Probleme der Realwissenschaften anwendbar sei, ich behaupte nicht einmal, dass er auf allen Gebieten der phänomenologischen Erforschung psychologischer Thatsachen empfehlenswerth oder streng durchführbar sei; nur das behaupte ich, dass er sich bei der phänomenologischen Untersuchung des sittlichen Bewusstseins mir ungesucht aus der Natur des Gegenstandes ergab, und dass er hier den Vortheil

gewährt, die ganze Untersuchung zu einer einzigen fortlaufenden Entwickelung zu gestalten. Von Hegel'scher Dialektik unterscheidet sich diese Gedankenentwickelung schon äusserlich durch das Verschmähen der gewaltsamen Hegel'schen Dreitheilungen und innerlich durch den empirisch inductiven Charakter und die Perhorrescirung des Widerspruches und der in ihm angeblich enthaltenen höheren Vernunftwahrheit. Wollte man etwa trotzdem behaupten, dass in meiner Entwickelung dasjenige, was den bleibenden und positiven Kern der Dialektik bei Hegel ausmache, enthalten, und zwar frei von den bei Hegel anhaftenden Entstellungen enthalten sei, so wüsste ich keinen Grund, warum ich mich dagegen ereifern sollte. Jedenfalls musste ich betonen, dass das ganze Buch eine Entwickelung aus einem Guss ist, welche das Einzelne nur im Zusammenhang des Ganzen verständlich werden lässt; denn dieser Umstand berechtigt mich zu der Bitte an die Herren Recensenten, das Buch, wenn sie es einmal lesen und sich nicht auf eine auf Vorwort und Inhalt gestützte Anzeige beschränken wollen, in einem Zuge von Anfang bis zu Ende zu lesen.

Schliesslich erlaube ich mir zu bemerken, dass dieses Werk ohne jede Bekanntschaft mit meinen übrigen Schriften und ohne philosophische Vorkenntnisse von jedem Gebildeten gelesen und verstanden werden kann. Ich habe stets im Stillen gelächelt, wenn meine Herren Recensenten mir durch das Lob der Gelehrsamkeit etwas Rühmendes zu sagen glaubten, und ich will hoffen, dass es mir bei dieser Arbeit besser als bei irgend einer früheren gelungen ist, diesem zweifelhaften Lobe vorzubeugen.

Inhalt.

Erste Abtheilung.

Das pseudomoralische Bewusstsein

als propädeutische Vorstufe zur Sittlichkeit.

I. Die egoistische Pseudomoral oder die individual-eudämonistischen
Moralprincipien

1. Die positiven individual-eudämonistischen Moralprincipien
a) Die irdische positiv-eudämonistische Moral

Der Wille und sein Streben nach Befriedigung als Ausgangs-
punkt der praktischen Philosophie. 3. Der Hedonismus der
Cyrenaiker. 4. Der Epikureismus. 5. Der Eudämonismus

der Stoa. 6. Der Eudämonismns des Aristoteles und Platon. 7.
Der Eudämonismus des Spinoza. 8. Der Intellectualismus
des Spinoza. 12. Werth der Klugheitsmoral. 14.
länglichkeit der Klugheitsmoral. 15.

b) Die transcendente positiv-eudämonistische Moral

Unzu

Der

Das jenseitige Gericht als Ergänzung des irdischen. 24. transcendente Eudämonismus in den Lehren von Jesus und Paulus. 25. Die Ueberlegenheit der irdischen Klugheitsmoral über die transcendente. 27. Die Unhaltbarkeit der theoretischen Voraussetzungen dieses Standpunktes. 29. Umschlag der transcendent-eudämonistischen in heteronome Moral. 31. Ethische Unhaltbarkeit jeder Verknüpfung des transcendenteudämonistischen mit einem nicht-eudämonistischen Princip. 32. 2. Die negativen individual-eudämonistischen Moral principien a) Die irdische negativ-eudämonistische Moral . .

Der Umschlag des Hedonismus in Cynismus. 35. - Wesen und
Bedeutung des Cynismus. 37. Halbheit des Cynismus. 38.
b) Die transcendente negativ-eudämonistische Moral

Selbstmord und Willens verneinung. 40. Schopenhauers eso-
terische Moral: die Mortification des Willens durch Askese. 41.
Unsittlichkeit der exoterischen Surrogatmoral. 43. Die
absurden Consequenzen der asketischen Moral. 44.
haltbarkeit ihrer theoretischen Voraussetzungen. 45.

3. Der Bankerott des Egoismus und die Selbstverläugnung .

Die Un

Die reductio ad absurdum alles Individual-Eudämonismus. 46.
Die Selbstverläugnung als negativer Unterbau aller Sittlich
keit. 48. Der Pessimismus als Grundpfeiler der Ethik. 51.

Seite

3

3

24

34

34

40

46

II. Die heteronome Pseudomoral oder die autoritativen Moral

principien

1. Das Moralprincip der Heteronomie.

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Das Bedürfniss des in sich bankerotten Individuums nach An-
lehnung an eine äussere Autorität. 54.
Unbewusste
und bewusste Hingabe an äussere Autoritäten. 56. J. H.
v. Kirchmann als reinster Vertreter des Moralprincipes der He-
teronomie. 58. Die Selbstaufhebung des Moralprincipes der
Heteronomie als eines Principes der Sittlichkeit. 59. Die
Irrthümlichkeit der Kirchmann'schen Voraussetzungen. 60.

2. Das Moralprincip der Familienautorität ..

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Der Ursprung der Familienautorität aus thierischen Instincten.
63. Die Familienautorität bei modernen Culturvölkern. 66.

3. Das Moralprincip der staatlichen Gesetzgebung.

Seite

54

54

63

68

Der Träger der Gesetzgebung. 68. Die Gesetzgebung als
Niederschlag des sittlichen Volksbewusstseins. 70.

73

4. Das Moralprincip der Sitte

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Die Sitte als unbewusste Socialethik und die Nothwendigkeit
ihres Ersatzes durch bewusste Sittlichkeit. 73.

5. Das Moralprincip der kirchlichen Autorität .

Kirchliche und göttliche Autorität. 77. Die culturfeindlichen
Folgen des Moralprincipes der kirchlichen Autorität. 80. — Das
für die Sittlichkeit schädlichste und gefährlichste von allen
autoritativen Moralprincipien. 82.

6. Das Moralprincip des göttlichen Willens .

Katholicismus und Protestantismus. 85. Das heteronome und
das autonome Moment im Protestantismus. 87. Die autonome
Kritik der offenbarten heteronomen Moral. 88.

7. Das Moralprincip der sittlichen Autonomie.

Die moralische Werthlosigkeit der heteronomen Pseudomoral.
92. Ihr anscheinender Werth auf dem Boden einer plura-
listischen Metaphysik. 95. - Achtung vor dem Gesetz und vor
dem Gesetzgeber. 97. Die Natur des Gewissens. 98.
Autonomie und Gewissensfreiheit. 99. Das Gewissen als zu
lösendes Problem. 100. Endergebniss der Stufe des pseudo-
moralischen Bewusstseins. 102.

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Zweite Abtheilung.

Das ächte sittliche Bewusstsein.
A. Die Triebfedern der Sittlichkeit
oder die subjectiven Moralprincipien.

I. Die Geschmacksmoral oder die ästhetischen Moralprincipien
1. Das Moralprincip des sittlichen Geschmackes

Das unmittelbare sittliche Urtheil des Unbetheiligten. 105.
Das unmittelbare sittliche Werthurtheil als Unterart des ästhe-
tischen Urtheils. 107. Empfindung und Urtheil. 108.
Aesthetische und ethische Beurtheilung. 111. Herbart's For-
malismus. 113. Der sittliche Geschmack. 114.

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Das Maass als Ebenmaass. 123. - Platons Begriff der Tugend. 124. Die psychologische und ethische Bedeutung der Harmonie. 125. Die Unzulänglichkeit dieses Moralprincipes. 127. b) Das Moralprincip der universellen Harmonie

Clarke's fitness of things. 129. Die stoische Uebereinstimmung
mit der Natur. 131.

4. Das Moralprincip der Vervollkommnung

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Unzulänglichkeit

Der Uebergang von der Harmonie zur Vervollkommnung. 133.
Wolf's Vervollkommnungsmoral. 135.
dieses Principes. 137.

5. Das Moralprincip des ethischen Ideals

Gott als ethisches Ideal.

Sittliche Nachahmung, Nacheiferung und Idealisirung. 138.
Christus als ethisches Ideal. 140.
143. Ideal und Wirklichkeit. 145. Abstractes und con-
cretes Ideal. 147.

6. Das Moralprincip der künstlerischen Lebensgestaltung

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Das concrete Ideal als werdendes. 148. Die praktische Ein-
heit von Ideal und Handeln. 150. Die Realisirung des ethi-
schen Ideals als künstlerische Ausgestaltung des Lebens. 152.
Die Gefahren dieses Moralprincipes. 155. Die Oberfläch-
lichkeit und Subjectivität der Geschmacksmoral. 157. Der
Hinweis der Geschmacksmoral auf die Vernunftmoral und Ge-
fühlsmoral. 160.

II. Die Gefühlsmoral

1. Das Princip des moralischen Gefühles

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Der,,moralische Sinn" als Gefühl. 163. Das moralische Pathos
und der Enthusiasmus. 165. Das Gefühl beim Mann und
beim Weibe. 166. — Das moralische Gefühl als abstracte Formel
für eine Summe concreter Gefühle. 169.

2. Das Princip des moralischen Selbstgefühles

Das

Der sittliche Stolz. 171. — Das sittliche Ehrgefühl. 174. sittliche Schamgefühl. 176. Stolz und Demuth. 178. Die Die Schattenseiten des sittlichen Stolzes. 180. 3 Das Princip des moralischen Nachgefühles

Würde. 179.

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-

Die Niveauschwankungen des moralischen Selbstgefühles. 182.
Die egoistische intellectuelle Reue. 183. Die natürliche
charakterologische Reue. 185. Die sittliche Reue. 187. -
Die Bedenken gegen die Reue vom Standpunkt der sittlichen
Autonomie. 189. Die Gefahren der Reue und deren Miss-
brauch vom Standpunkt der Heteronomie. 192. Schaden und
Nutzen der Reue. 194.

Die Rache als

4. Das Moralprincip des Gegengefühles (Vergeltungstriebes)
Die Rache als instinctive Gefühlsreaction. 196.
moralische Verpflichtung. 198. Die Gefahren der persönlichen
Vergeltung. 200. Die Uebertragung der Vergeltung auf den
Staat. 201. Die Dankbarkeit. 203. Der Nutzen des Ver-
geltungsinstinctes. 204. Die Bedenken gegen die Dankbarkeit.
206.Vergeltung und Vergebung. 208. Die Nothwendigkeit

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