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Prämisse Ballous, daß nach P erst wieder Petrarca in den P Noten. eintrug, ist auf jeden Fall höchst bedenklich und ein aus solcher Voraussetzung gezogener Schluß steht auf allzu schwachen Füßen.

Von dem schlimmen Verdacht, ein Interpolator zu sein, wird man also Petrarca wieder reinigen dürfen. Zu allem Überfluß will ich noch erwähnen, daß seine Urheberschaft der v. Cc.-Fälschung schon allein dadurch so gut wie unmöglich wird, daß in der für seinen Gebrauch. gemachten Kopie der ominöse Zusatz nicht nur an einen andern, als den ursprünglich gewählten Platz geraten ist, was freilich durch die äußeren Umstände erklärt wird'), sondern auch von Petrarca an dieser Stelle belassen sein müßte. Es wäre aber doch zu erwarten, daß Petrarca in diesem seinem fleißig durchgearbeiteten Handexemplar den Irrtum des Schreibers berichtigt hätte.

Doch auch die weitere Zuweisung der Gruppen des kursiven und des Übergangsstils im P an Petrarca, wie sie Ballou mit großer Entschlossenheit vornimmt. ruht genau auf derselben Voraussetzung. daß Petrarca der erste Korrektor der Handschrift aus dem 14. Jahrhundert gewesen sei; wie höchst unsicher diese Basis ist, haben wir soeben gesehen.

Was den „kursiven Stil" anbelangt, so sind in ihm die Umstellungsangaben der von mir so genannten ersten Schicht" 2) niedergelegt. Indes auch durch diese Vindizierung erweist Ballou dem Andenken Petrarcas einen schlechten Dienst. Um ganz davon zu schweigen. daß der schwülstige Wortlaut des einen Vorschlags 3) nicht recht zu Petrarca passen will, gleitet Ballou über die tatsächliche Verschlimmbesserung, die das Übel nicht an der Wurzel faßt, allzu leicht hinweg. Es scheint ihr nicht zu genügen, Petrarca zum Fälscher gestempelt zu haben, sie macht ihn auch noch zum Dummkopf. Bei einer ersten Lektüre, wie sie de Nolhac mit gutem Grund annimmt, mochte Petrarca die Verkehrtheit jenes Winks1) immerhin übersehen; auf jeden Fall hatte er selbst so rasch keinen besseren Vorschlag zu machen und so blieb die Note noch in Geltung und wurde im Paris. befolgt; aber die Versicherung Ballous, daß die Torheit von ihm selbst ausgehe, ist höchst mißlich und ich kann mich

Erfolg einer derartigen Interpolation. Einem Veroneser Bürger dagegen billige ich gern mildernde Umstände zu.

1) Vgl. Klio a. a. O. S. 273 f. und S. 279.

2) Vgl. Klio a. a. O. S. 270. Da Ballou (a. a. O. S. 43) mich irgendwie mißverstanden hat, so wiederhole ich, daß ich unter der ersten Schicht" der Umstellungsangaben des P heute wie vor einem Jahr auch denjenigen Zustand des P verstehe, den der Paris. 5816 wiederspiegelt. Was Ballou daran zu „eliminieren" hat, ist mir rätselhaft.

3) Vgl. Ballou a. a. O. S. 44.

4) Wenn ein solcher damals (1345) schon gegeben war,

nicht entschließen, ihm diesen Fehlgriff zuzumuten, so lange es noch eine andere, für Petrarca weniger kompromittierende Erklärung gibt. Übrigens hat sogar der mißlungene Versuch, Ordnung zu schaffen, noch immer eine eindringlichere Beschäftigung mit dem verwirrten Text zur Vorbedingung, als sie die sicheren Glossen Petrarcas, die Zeugen einer „ersten Lektüre", verraten.

So sind denn auch die Umstellungsangaben jener ersten Schicht des P, wie sie sich im Zustand des Paris. spiegelt, ohne Petrarcas Mitwirkung entstanden. Ihr Urheber ist un lecteur du XIVe siècle, ein Anonymus, wie schon de Nolhac sagte. Wie sich dagegen Petrarca selbst einem analogen Fall, der Zerrüttung der v. Car. im P, gegenüber verhielt, das habe ich schon früher erörtert: er begnügt sich im P ---- selbstverständlich, wie sonst auch, in der allein von ihm für dergleichen Anmerkungen gewählten book-hand - mit der Konstatierung des Anstoßes; behoben hat er die Schwierigkeit, wenigstens teilweise, erst nachträglich auf dem Rand des Paris. auf Grund einer genaueren Prüfung des Sachverhalts.

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Wie schon angedeutet, kann ich auch dem „Übergangsstil" Petrarcas kein Vertrauen entgegenbringen1): nach meiner festen Überzeugung stammen ausschließlich diejenigen Noten des P, die in der Buchschrift" geschrieben sind und deren Charakter de Nolhac, bzw. dessen Gewährsmann Léon Dorez, bestimmt hat, wirklich von Petrarcas Hand 2). Mit dem Befund des Paris., in dem außer dem Schreiber nur Petrarcas eigene Feder sich betätigte, stimmt das graphische Bild dieser echten Noten vollkommen überein.

Von den vier Gruppen Ballous gehört also einzig und allein ihre erste, der 'book-hand style', dem großen Humanisten zu und ihrer braucht er sich wahrlich nicht zu schämen. Ich freue mich, auf diese Weise das von Ballou für Petrarca eröffnete Schuldkonto annullieren zu können: weder die Fälschungen der „archaisierenden“ Hand, noch der plumpe Fehlgriff der Kursive oder die entbehrlichen Zusätze des Übergangsstils dürfen ihm weiter belastet werden.

Auf die Frage übrigens, die Ballou aufwirft3), wie viele Hände ich mir eigentlich vor Petrarca und nach P2 im P an der Arbeit denke,

1) In ihm scheint mir der Name des Anolinus beigefügt zu sein; vgl. oben Anm. 1.

2) Ballou gibt ihrem Buch drei Tafeln mit Schriftproben bei, leider in ganz verschiedenem Maßstab, wodurch für den uneingeweihten Leser die Benutzung außerordentlich erschwert wird. Sicher von Petrarca sind nach meiner Auffassung auf Tafel I die Randglossen der Nummern 7, 9 und 17. (Die letzte Nummer ist dem Paris. 5816 entnommen und ist also für Petrarca unbedingt gesichert.) Die anderen Fälle sind höchst zweifelhaft oder rühren bestimmt nicht von Petrarca her.

3) A. a. O. S. 55.

ist die Antwort jetzt zur Genüge vorbereitet, und zwar unter Ballous eigener Mitwirkung: zwischen P2 und dem Jahre 1356 als spätestem Termin müssen mindestens drei Hände wohl1) des 14. Jahrhunderts anerkannt werden, ganz entsprechend den drei Noten-Gruppen Ballous, von denen soeben Petrarca erlöst wurde. Indem ich auf Verona als den mutmaßlichen Entstehungsort wenigstens eines bestimmten Eintrags hinwies, habe ich noch ein Übriges getan.

Aber Ballou gibt sich mit der verfehlten Erweiterung von Petrarcas Anteil nicht zufrieden, sie stellt uns vielmehr in einem 'almost romantic interest', wie sie sich bezeichnenderweise ausdrückt 2), noch weitere bedeutende Humanisten als Benutzer des P vor, den Florentiner Staatskanzler, Coluccio Salutati, den Theologen Manetti und den Bischof Bernardo Bembo. Sicher ist, daß Manetti den P selbst besaß, den er paginierte und mit seinem Exlibris, sowie zahlreichen Randbemerkungen versah. Den Anspruch Bembos lasse ich dahingestellt, den des Coluccio Salutati muß ich ablehnen, so lange keine besseren Beweise vorgebrachsind. Ehe ich jedoch die Nichtigkeit der von Ballou bisher zu des letzteren Gunsten vorgetragenen Gründe nachweise, darf ich wohl anmerken, daß ich Poggio Bracciolini mit dem Kopisten des P und Schreiber des Riccardianus 551 auf Grund einer von Ballou in dem mir zugänglich gemachten conspectus siglorum zu ihren Kollationen gegebenen Anregung nur deshalb ausdrücklich identifiziert habe, weil diese Anregung von ihr an dem bezeichneten Ort zweifelnd und unsicher vorgebracht war3): ihr damit vorzugreifen, war selbstverständlich nicht meine Absicht. Im übrigen gestehe ich gerne, daß mir ohne jene Andeutung die Sache zweifellos entgangen wäre.

Als P4 nun, worunter sie also die nächste Hand nach Petrarca und dem, was sie ihm alles zuschreibt, versteht, bezeichnet Ballou den Coluccio Salutati. Der versuchte Beweis stützt sich nun nicht so sehr auf graphische Gründe ein wie gefährliches Gebiet sie damit betritt, macht sie sich klar4) - als vielmehr auf des Humanisten Korrespondenz, in der sie Beziehungen gerade auf den P erkennen will. Dessau, der die Frage nach Coluccio schon gestellt hatte"), glaubte sich in dieser Hinsicht mit einem Non liquet bescheiden zu sollen.

1) Ich sage wohl" im Gedanken an die Cc.-Interpolation, obgleich ich, wie gesagt, nicht abgeneigt bin, sie mit Ballou ins 14. Jahrhundert zu setzen Aber die versuchte Imitation rät zur Vorsicht. Mau und Stevenson dachten an das 13. Jahrhundert (vgl. Klio a. a. O. S. 273, Anm. 4).

2) A. a. O. S. 5.

3) Vgl. Klio a. a. O. S. 279, Anm. 1.

4) A. a. O. S. 30.

5) Hermes 29 (1894) S. 410 und Anm. 2 (... „es fehlen bestimmte Anzeichen des P)".

Doch die Prüfung der Ansprüche des Coluccio auf den früheren Besitz unseres P, die Ballou hauptsächlich mit Hilfe des Briefmaterials verficht, führt ganz von selbst zur -Klasse und damit zu dem Haupt

stück der gegnerischen Hypothese. Denn um es gleich zu sagen: Coluccio kennt die Historia Augusta in der Z-Überlieferung und nur in ihr, wenn man den Zitaten seiner Briefe trauen darf.

Auf ihre Chronologie der Klasse legt Ballou den größten Nachdruck1) und sie erklärt ausdrücklich, daß diese Familie auf der Basis des P erst zu einer Zeit entstanden sein könne, als sämtliche Korrektoren, den letzten, P, einbezogen, ihre Arbeit im P getan hatten. Den vorletzten Korrektor, P6, setzt sie zwischen den Jahren 1457 gemeint ist das Todesjahr Manettis, also 1459) und 1470 an, den siebenten und letzten vor der Mailänder editio princeps vom Jahr 1475. Denn meine Beobachtung, daß in der Inkunabel die E-Klasse berücksichtigt wird"), läßt Ballou gelten 4). Die E-Klasse ist danach, wie ich oben vorwegnahm, nach 1457 (bezw. 1459) und vor 1475 entstanden 5).

Wenn das Archetypon der Z-Familie erst etwa um 1470 aus dem P abgeleitet sein kann, dann ist es natürlich unmöglich, daß es ältere Handschriften dieser Familie aus der ersten Hälfte des 15. Jahrhunderts oder gar aus dem 14. gibt. Ich sehe das vollkommen ein und so finde ich es durchaus logisch, wenn Ballou die von ihr gesehenen -Handschriften frühestens in das letzte Drittel des 15. Jahrhunderts verweist. So verstehe ich es beispielsweise durchaus, wenn Ballou sich gegen meinen Ansatz des Vaticanus 1897, eines Textes, in die erste Hälfte des 14. Jahrhunderts sträubt). Freilich habe ich nicht die geringste 1) Vgl. a. a. O. S. 50.

2) Ich habe selbst versehentlich 1457 statt 1459 in meinem Aufsatz angegeben. Für das richtige Datum siehe Georg Voigt, Die Wiederbelebung des classischen Alterthums I (1880) S. 502.

3) Klio a. a. O. S. 268, Anm. 3.

4) Ballou a. a. O. S. 85.

5) Vgl. Ballou a. a. O. S. 69.

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6) A. a. O. S. 62 ff. Ballou hat mich abermals mißverstanden; ich habe Klio a. a. O. S. 397, den Vaticanus 1897 als den „Senior" nicht der E-Familie überhaupt, sondern einer Gruppe von unvollständigen und gekürzten Textzeugen" innerhalb dieser Familie bezeichnet. Ich gebe allerdings zu, daß ich überdies den Vaticanus 1897 noch immer für die älteste -Handschrift halte, die mir bekannt wurde. Den Scharfsinn, einen zusammengezogenen und wenigstens ursprünglich nicht fertig geschriebenen Kodex nicht absolut an die Spitze einer ganzen Überlieferung zu stellen, hätte mir eigentlich auch meine Gegnerin billigerweise zutrauen sollen. Was die Kaisermedaillons in dieser Handschrift anbelangt, so beweisen sie schon deshalb nichts für eine späte Entstehung des Manuskripts, weil dieses erst nachträglich zu Ende geschrieben wurde (vieleicht nach dem Text des Vaticanus 1899, jedenfalls nicht nach ) (vgl. Klio, a. a. Q. S. 396 f.). Natürlich mußte schon der erste Schreiber zu Beginn der

Lust, mich mit Ballou über die Datierung von Handschriften zu streiten, ohne Autopsie wird der Leser ja doch nicht urteilen wollen, wer Recht hat; auch ist die Paläographie so wie so nicht jedermanns Sache und ich selbst traue mir auf diesem schwierigen Gebiet die schöne Sicherheit nicht zu, die ich an meiner Gegnerin bewundere. Aber glücklicherweise gibt es mitunter noch andere Kriterien, als den paläographischen Befund; der Admontensis nämlich, ein von mir ganz kollationiertes -Manuskript, das zuerst Petschenig in dankenswerter Weise hervorgezogen hat, besitzt eine subscriptio und darin steht auch ein Datum: das Jahr 14391).

Das ist doch recht auffallend: die -Klasse kann laut Ballous Versicherung erst um 1470 entstanden sein und bereits im Jahr 1439 wird eine Handschrift und zwar nach dem Ambrosianus C 110 inf., wie ich früher vermutete 2) als Angehörige dieser doch damals noch gar nicht vorhandenen Familie abgeschrieben. Mit rechten Dingen kann das nicht zugehen.

Doch, Scherz bei Seite: die niederschmetternde Wucht der einfachen Tatsache dieser Datierung hat die künstliche Hypothese Ballous, mit der sie meinen sorgfältigen Beweis von der Existenz einer selbständigen Überlieferung neben P zu gefährden wähnt, in Scherben geschlagen. Unter diesen Umständen kann ich meiner Gegnerin und dem Leser die allzu leichte Widerlegung der ungeheuerlichen Fiktion bis ins Einzelne um so eher ersparen, als ich bereits das wahre Bild von in meinem früheren Aufsatz gezeichnet habe. Die Unzulänglichkeit, mit der Ballou ihrerseits über unterrichtet ist, mag auf sich beruhen bleiben. Nur darauf will ich hinweisen, daß der von Ballou bezeichnete Zusatz zum Text" (addition to the text)) am Schluß von v. T beileibe keine Erfindung von

ist; es handelt sich vielmehr um ein Stück authentischen Textes, das im P v. T 31, 6 steht, von aber in dem früheren Zusammenhang getilgt und an das Ende der Vita verpflanzt wurde, wo es an v. T 33, 8 anschließt. Rein äußerlich genommen paßt der versetzte Paragraph dorthin ganz gut, weil er zur folgenden Biographie des Claudius II. überleitet. Die Umsetzung entspringt also demselben, freilich übel an

einzelnen Viten Raum frei gelassen haben, aber wohl nur für Initialbuchstaben. Die Porträts dagegen mag erst derjenige Besitzer des Kodex bestellt haben, der auch für die Vollendung des Textes Sorge trug. Doch muß das reine Vermutung bleiben, die ich aber wegen des Ballouschen Gegenarguments (a. a. O. S. 64, Anm. 1) nicht unterdrücken darf. Im übrigen kommt auf das Alter der Handschrift in diesem Zusammenhang nicht viel an, da die Hauptsache, gegen die Ballou sich kehrt, nämlich das Vorhandensein von im 14. Jahrhundert, sich unabhängig von der Handschriftendatierung beweisen läßt.

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1) Vgl. Petschenig, Zur Kritik der Script. hist. Aug., Wissenschaftl. Abhandlungen Nr. 63, Wien und Leipzig o. J. (1885).

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