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Falle kommen. Denn so herrlich hatten die Propheten von der Erlösung geredet, daß die Juden hofften, es werde ein Zustand vollkommenen Glückes und Heiles für sie eintreten, sobald sie aus der babylonischen Gefangenschaft errettet seién. Da sie aber von so vielen Drangsalen heimgesucht wurden, und nicht blos auf kurze Zeit, sondern über vierhundert Jahre lang, während sie doch nur siebenzig Jahre im Exil gewesen waren, so konnte es den Anschein gewinnen, als sei die Erlösung ein Spott geworden. So ist es unzweifelhaft, daß Satan viele Seelen zum Abfall reizte, als hätte Gott seinen Spott mit ihnen getrieben, da er sie aus Chaldäa geführt und in's Vaterland zurückgebracht hatte. Aus diesen Gründen zeigte Gott seinem Knechte im Gesicht, welch zahlreiche und schwere Drangsale das auserwählte Volk erwarteten." Der Knecht Gottes, welcher zum Empfang dieser neuen Offenbarungen ausersehen war ist Daniel.

Den Wendepunkt, welchen die ganze göttliche Reichsgeschichte, mit dem Exil nimmt, hat in seiner prinzipiellen Bedeutung für das Verständniß der danielischen Weissagungen, so viel ich sehe, am Tiefsten und Schärfsten unter allen bisherigen Auslegern Magnus Friedrich Roos erkannt, der große Schriftforscher voll stiller Tiefe, wie ihn Deligsch nennt. Er gab 1771 als Pfarrer zu Lustnau bei Tübingen eine treffliche Schrift heraus unter dem Titel: Auslegung der Weissagungen Daniels, die in die Zeit des N. T. hineinreichen, nebst ihrer Vergleichung mit der Offenbarung Johannis nach der Bengelischen Erklärung derselben. Hier theilt er gleich im ersten Paragraphen der Einleitung, „das Reich Gottes in der Verbindung mit den häuslichen und politischen Anstalten“ betrachtend, die Weltzeiten in vier Hauptperioden ein: 1) von Adam bis zum Auszug aus Aegypten, 2) bis zum Anfang der babylonischen Dienstbarkeit, 3) bis auf den Anfang der glückseligen tausend oder, wie Roos irrthümlich mit Bengel annimmt, zweitausend Jahre (Off. 20, 1—6.), 4) diese zweitausend Jahre selber bis an's Ende der Welt. Wir sehen, wie der dritte Zeitraum mit Anschluß des

vierten genau der von der danielischen Weissagung umfaßte ist. Die nähere Begründung und Ausführung, welche Roos dieser beim ersten Anblick seltsam scheinenden Periodentheilung giebt. ist so reich an lichtvollen Blicken in die H. Schrift, daß wir es uns nicht versagen können, diesen ganzen Abschnitt als Beilage unten anzufügen. Ueber Stellung und Bedeutung der mit dem Exil beginnenden Periode des Reiches Gottes vgl. außerdem Mich. Baumgarten, die Nachtgesichte Sacharjas, I, G. 24 ff.

II. Die Stellung Daniels.

1. Die Stellung des Propheten am babylonischen Hofe.

Der neue Aufschluß, welcher dem Volke Gottes für die mit der babylonischen Gefangenschaft beginnende Zeit noth that, mußte so beschaffen sein, daß dasselbe zunächst inne wurde, was es um die Weltmächte sei, denen es nun gehorchen sollte, was ihr Wesen und ihr Ende sei, und sodann, wie sich hiezu das in Israel begonnene göttliche Heilswerk verhalten werde. Es war also jeht der Prophetie ein neuer Gegenstand gegeben, welcher der Natur der Sache nach erst mit dem Exil hervortreten konnte, hier aber auch mit innerer Nothwendigkeit gleichsam der Weissagung sich aufdrängte.

Sollte nun aber nach Gottes Absicht eine Offenbarung über die Weltmächte und ihre Entwicklung gegeben werden, so mußte der Prophet einen andern Standort einnehmen als die bisherigen Propheten. Denn das göttliche Wort hat immer einen geschichtlichen Anknüpfungspunkt, welcher den, dem es zu Theil wird, zur Aufnahme desselben tauglich macht. Die Offenbarung fällt nicht als ein geschriebenes Buch vom Himmel, das man nur mit den Händen nehmen und lesen dürste; sondern damit sie dem Bedürfniß und Gesichtskreis der Menschen angemessen wird, muß ein Mensch sie lebendig im Geiste empfangen und aufschreiben. Damit er aber dieß könne, muß er selbst geschichtlich so gestellt sein, daß ihm das Wort von oben nicht

ein völlig fremdes ist, sondern daß seine ganze Situation gleichsam zur menschlichen Frage wird, auf welche die Offenbarung die göttliche Antwort bringt. Handelte es sich nun jest nicht mehr, wie bei den früheren Propheten, um Israel in seinem Verhältniß zu den Weltmächten, sondern um die Weltmächte in ihrem Verhältniß zu Israel: so konnte der Gottesmann, der hierüber weissagen sollte, nicht unter seinem Volke, er mußte am Siße der heidnischen Weltmacht leben. Denn von da aus allein gewann er für diese in ihrer ganzen Art und Entwicklung den rechten Blick, an welchen die Offenbarung von oben sich anzuknüpfen vermochte. So finden wir denn die prophetische Warte Daniels neben dem Throne zu Babel aufgeschlagen: er steht in und über der ersten Weltmonarchie und überschaut von hier aus mit göttlich geöffnetem Seherauge die wechselnden Gestalten und Geschicke der kommenden Reiche in ihren Beziehungen zum Volke Gottes bis in die fernsten Zeiten hinaus.

Bon seiner frühen Jugend bis in's höchste Alter, mehr als siebenzig Jahre lang lebte der Prophet am babylonischen und medopersischen Hofe (1, 1. 6. 21. 10, 1.). Doch nicht blos das; sondern er war selbst auch Staatsmann und bekleidete die einflußreichsten Aemter (2, 48 f. 5, 29. 6, 29. 8, 27.). Dadurch bekam er eine Anschauung und ein Verständniß von dem Gang der politischen Dinge in den Weltreichen, welche ihn vorzüglich befähigten, der Empfänger dieser, daß ich so sage, politischen Offenbarungen zu werden. Mitten in der Politik fehlte aber der geistliche Gesichtspunkt nicht. Die Erfahrungen, welche Daniel machte von Nebukadnezars tiefer Erniedrigung, von Belsazars Sturz, von dem raschen Aufblühen, Zerfallen, Verschwinden der babylonischen Monarchie, von seiner eigenen und seiner Freunde wunderbarer Errettung (Kap. 3—6.), alle diese Ereignisse gaben ihm tiefe Eindrücke über die Nichtigkeit der Weltmacht und die unüberwindliche Herrlichkeit des Gottesreiches.

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Auch den Unterricht in der Weisheit der chaldäischen Magier dürfen wir hier in Betracht ziehen. Denn daß die geheimen Kenntnisse und Künste der Heiden nicht Nichts waren, das zeigt

uns die H. Schrift z. B. an den ägyptischen Zauberern, die Mose gegenübertraten. Sind es ja doch solche chaldäische Magier gewesen, welche, von dem Sterne geleitet, den neugebornen König der Juden aufsuchten, was deutlich zeigt, daß sie nicht von aller Wahrheit entblößt waren, und wobei freilich gefragt werden darf, ob nicht von ihrem Obervorsteher Daniel her, der so merkwürdige Aufschlüsse über diesen König der Juden, selbst bis auf die Zeit seiner Erscheinung hinaus, empfangen hatte (9, 24 ff.), noch eine Tradition unter ihnen sich fortgepflanzt haben mag? Für den Propheten selbst aber hatte der Umstand, daß er in seiner Jugend drei Jahre in dieser chaldäischen Weisheit unterrichtet wurde, jedenfalls die Bedeutung, die hohe prophetische Anlage, welche er von Natur besaß, auszubilden und seinen Geist auf diesen geheimnißvollen Gebieten einheimisch zu machen (1, 4. 5. 17.). Es muß für ihn eine ähnliche Schule gewesen sein, wie für Mose feine Erziehung am ägyptischen Hofe oder wie jezt für den Theologen das Studium der Philosophie. Materiell freilich hat er von den Chaldäern Nichts gelernt, sondern sie bald alle zehnfach an Weisheit übertroffen (1, 19. 20. 1 Cor. 2, 6 ff.).

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Ja es ist darauf aller Nachdruck zu legen, mit welcher Treue und Gewissenhaftigkeit sich dieser rechte Israelit ohne Falsch von Jugend auf rein gehalten hat von allem heidnischën Wesen, mit welcher Lauterkeit er seinem Gott unter den schwierigsten Verhältnissen und versuchungsvollsten Umgebungen gedient hat, auch wo es ihm an's Leben ging (1,8 ff. 6, 1 ff.). Man darf sich nicht von den Leckerbissen und dem Weine der Welt nähren, wenn man 'göttliche Offenbarungen empfangen øder auslegen will. Daniel steht in dieser Beziehung mit seinen drei Freunden da, wie eine Dase in der Wüste, aber auch wie ein Licht in der Nacht. Dieses Licht hat zu dem im Exil befindlichen Gottesvolke trøstvoll hinübergeleuchtet, so daß der Prophet, zu welchem Israel als zu seiner innern und äußern

1) Vgl. Lutterbeck, die neutestamentl. Lehrbegriffe I, S. 357 ff.

Stüße in dieser Zeit der Trübsal emporschaute, seinen Landsleuten bald ebenso heilig ward als Noah und Hioh, welche gleichfalls mit ihrer Gottseligkeit allein dastanden unter einem verkehrten Geschlecht und unter göttlichen Gerichten (Ezech. 14, 14 ff. vgl. 28, 3.). Aber nicht nur das, sondern jenes Licht hat auch die heidnische Finsterniß gestraft: Daniel sagte dem Nebufadnezar mit allem Freimuth und Ernst die Wahrheit, und dieser mächtige Herrscher hat sich vor dem allmächtigen, wahrhaftigen Gott gebeugt und ihm die Ehre gegeben (Dan. 4.). Wie sehr aber der Prophet selbst troß der hohen Ehre und Auszeichnung, die er an dem heidnischen Hofe genoß, mit dem innersten Herzen an seinem Volk hing, wie innig und völlig er bis in sein Alter in dessen Leiden und Hoffnungen lebte, wie ihm die ganze Welt Nichts war gegen das Reich Gottes: davon gibt das 9. Kapitel mit seinem Gebet eine ergreifende Probe.

Ein solcher Mann nun war, wie keiner, geeignet, ein reines Organ für die jezt nothwendigen Offenbarungen Gottes zu wer=" den. Seine staatsmännische Stellung bildete gleichsam den Leib, die Magierschule, die er durchgemacht, die Seele, sein glaubensstarker, dazu noch an den Schriften der frühern Propheten (9, 2.) gebildeter Sinn den Geist seiner Prophetie, welche nun nur durch den Offenbarungsgeist von oben angefacht zu werden brauchte. So. bereitet die göttliche Vorsehung der göttlichen Offenbarung ihre Gefäße zu.

Man hat Daniel mit Joseph verglichen und mit allem Recht. Der eine steht am Anfang, der andern am Ende der israelitischen Offenbarungsgeschichte, beide an heidnischen Höfen als Repräsentanten des wahren Gottes und seines Volkes, beide durch Reinheit des Wandels vor dem Herrn musterhaft, beide mit der Gabe ausgestattet, den Wahrheitsahnungen des Heidenthums, die sich hier in gottgewirkten Träumen aussprechen, zum Lichte zu helfen, beide überhaupt mit wunderbarer Weisheit und Erleuchtung begabt und darum auch von der Weltmacht mit Ehren bedeckt. So stellen sie Israels Beruf dar, mitten in der Völkerwelt ein heiliges Volk und ein Königreich von

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