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dem Anfang des Exils sein Ende gegenüber stellen, und indem er bemerklich macht, daß er wie die Wegführung so die Befreiung erlebt habe, will er sich dadurch als Propheten beides der Gefangenschaft und der Erlösung Jsraels kennzeichnen 1). „Die Propheten, sagt Roos (S. 44. f.), mußten immer etwas von demjenigen, was sie auf entfernte Zeit weissagten, an sich selbst und zu ihrer Zeit erfahren, gleichwie David von dem Leiden Christi Vieles an sich empfunden hat. Siehe auch Hos. 1—3. Joel 1. Jon. 1. u. s. w. Da wurden dann die Propheten zugleich Vorbilder. Ihre Weissagungen wurden recht pathetisch und nicht nur so kaltsinnig hingesprochen oder hingeschrieben, und die Anfechtung lehrete auf's Wort merken, das ihnen von zukünftigen Dingen gesagt wurde."

Die 11 übrigen Kapitel bilden nun zusammen die beiden Theile des Buches, deren erster (Kap. 2–7.) die Gesammtentfaltung der Weltmächte in universalhistorischem Ueberblick darstellt und zeigt, wie das Gottesreich am Ende über sie triumshirt, während der zweite Theil (Kap. 8–12.) die Entwicklung der Weltmächte in ihrem Verhältniß zu Israel in der nähern Zukunft vor der K. 9. geweissagten Erscheinung Christi im Fleisch uns vor Augen führt. Diese Eintheilung des Buches ist für das Verständniß desselben von großer Wichtigkeit. Es könnte, wenn wir von dem gegenwärtigen Standpunkt der theilweisen Erfüllung aus reden wollen, ein näherer Aufschluß nur für die Zeit vor Christus erforderlich gewesen zu sein scheinen, weil mit diesem die göttliche Offenbarung in neuer Fülle hervortrat. Allein einmal gehört es zum Wesen der Prophetie überhaupt, daß sie auf die Endzeit der völligen Erfüllung hinausschaut; denn es kann in dem Organismus der Heilsgeschichte das Einzelne nur aus dem Ganzen, der Verlauf nur aus dem Ende begriffen werden. Sodann erwartete ja Jsrael von der messianischen Zeit gemäß dem Wort der Propheten nicht blos

1) Ganz ähnlich ist Jer. 1, 3., worüber Hengstenberg, Christologie des A. T., 2. Ausg., II, S. 400 f.

das, was bei der ersten Erscheinung Christi verwirklicht worden ist, sondern die sichtbare Aufrichtung des Reichs, der auch wir noch zu harren haben. Es war also zunächst und zuerst ein Aufschluß über diese und über die bis dahin noch verfließende Weltgeschichte nöthig. Die ganze Periode, in welche Israel mit dem Beginn des Erils eingetreten war, und welche noch heute nicht abgelaufen ist, die Periode der Herrschaft der Weltmächte von dem Sturz bis zur Wiederaufrichtung des Gottesstaates bedurfte der prophetischen Beleuchtung. In dieser Gestaltung der Weltverhältnisse hat die erste Erscheinung des Messias keine wesentliche Aenderung hervorgebracht, weil da sein Reich noch kein Weltreich war, wie es einst werden soll. (Joh. 18, 36. Matth. 4, 8. und dagegen Off. 11, 15.). So mußte denn den Enthüllungen über die nähere Zukunft ein Gesammtüberblick über Wesen, Entwicklung und Ende der Weltmächte vorausgehen.

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Daniel selbst unterscheidet diese beiden Theile sehr deutlich, indem er den ersten chaldäisch, den zweiten gleich der Einleitung (K. 1.) hebräisch geschrieben hat. Er bediente sich im ersten Theil der Sprache der Weltmacht, unter der er lebte, im zweiten der des Gottesvolks, um anzudeuten, daß es sich dort vorzugsweise um das Schickfal der Weltmächte, hier um das von ihnen dem Volke Gottes bereitete Schicksal handle. So erklärt sich nicht nur der Wechsel der Sprachen auf eine höchst einfache und natürliche Weise, sondern derselbe wird auch zu einem starken Grunde für unsere Eintheilung und damit für unsere Gesammtauffassung des Buches.

Die Gegner der Aechtheit vermögen zunächst nicht zu ́er-flären, warum Daniel überhaupt sich zweier Dialekte bedient, und warum gerade bei diesen bestimmten Kapiteln. Vom Exil an bürgerte sich das Chaldäisch-aramäische mehr und mehr bei den Juden ein und war im makkabäischen Zeitalter der herrschende Dialekt unter ihnen 1). Ein Interpolator hätte nun aber sicher sein ganzes Buch in der heiligen Sprache der alten.

1) Vgl. Hengstenberg, Beitr. 299 ff.

Propheten, der hebräischen, geschrieben. Wollte er jedoch, um seinen Zeitgenossen etwa verständlicher zu sein, je aramäisch schreiben, so würde er dieß weit eher bei dem zweiten Theile des Buches gethan haben, der ja viel unmittelbarer und deutlicher auf seine Zeit ging und zur Einwirkung auf die damalige Generation bestimmt war, als der erste.

Noch wichtiger aber ist, daß der Wechsel der beiden Sprachen zugleich den Unterschied der beiden Theile so scharf markirt Man theilt das Buch gewöhnlich dem Inhalt nach anders ein als wir, nämlich in zwei Hälften von je sechs Kapiteln. Zieht man dann das 7. Kapitel zum zweiten Theil, so scheint wenigstens damit schon eine gewisse Berechtigung gegeben, auch diese Offenbarung, wie die übrigen Gesichte des Propheten, auf Antiochus Epiphanes zu beziehen, und das muß natürlich auch auf das 2. Kapitel zurückwirken, so daß man die vier Weltmonarchieen überhaupt nur bis auf Antiochus reichen läßt. Dem allem nun ist der Verfasser selbst dadurch entgegengetreten, daß er das 7. Kapitel noch chaldäisch geschrieben und somit deutlich dem ersten Theil zugewiesen hat. Er zeigt hiemit auf eine sehr augenfällige Weise, daß und wie er sein Buch in zwei verschiedene und von Verschiedenem handelnde Theile getheilt wissen will. Dieser Umstand ist um so bedeutungsvoller, da auch jener andern Eintheilung allerdings eine im Buche selbst begründete Wahrheit zu Grunde liegt. Nicht nur enthalten nämlich K. 1—6. lauter Geschichte (sofern auch der Traum Nebukadnezars K. 2. eine ausführliche geschichtliche Einleitung und an dem zweiten Traum K. 4. seine Analogie hat), K. 7-12. lauter Gesichte, sondern Daniel selbst weist auch auf diesen Unterschied dadurch hin, daß er die Geschichtserzählungen unter sich und die Gesichte unter sich chronologisch ordnet, wobei K. 7–9 hinter die Zeit der unmittelbar vorangehenden Geschichten zurückgreifen. Es gehen also zwei Eintheilungen neben einander her; aber der Prophet selbst hat durch die an seinem Buche vor Allem in die Augen fallende Sprachverschiedenheit die zuerst besprochene als die Haupteintheilung bezeichnet. Er wollte das erste unter

seinen Gesichten (K. 7.) dadurch, daß er es noch chaldäisch schrieb, auf eine augenfällige Weise von den spätern unterscheiden und auf seine Verwandtschaft mit dem Vorangehenden, ebenfalls chaldäisch Geschriebenen hinweisen, vorzüglich mit Kap. 2, indem, wie wir sehen werden, K. 2 und 7., 3 und 6., 4 und 5. einander entsprechen.

II. Der erste Theil.

Die Weltreiche und das Gottes reich im Allgemeinen.

1. Das 2. Kapitel. Die vier Monarchicen und das Messiasreich.

Das Hauptthema des ersten Theils sind also die vier Weltmonarchieen, die einander ablösen, um am Ende dem Gottesreich Play zu machen. Dieses Thema stellt sich in zwei Gesichten dar, deren eines den ersten Theil eröffnet (Kap. 2.), das andere denselben schließt (Kap. 7.).

Es ist bedeutungsvoll, daß nicht der Prophet, sondern der Weltherrscher es ist, der zuerst in einem Traume die Entwicklung der Weltreiche überschaut. Die Weltmacht muß in dem ersten ihrer Träger, der dem Gottesstaat ein Ende gemacht hat, selbst auch erfahren, was ihr endliches Loos sein, daß sie einst umgekehrt für immer dem Gottesreich unterliegen werde. Zwar kann es auffallend erscheinen, daß der Weltherrscher hier selbst zum Offenbarungsorgan wird. Allein obwohl, vom Standpunkt der Ewigkeit aus betrachtet, die Weltmacht ein Nichts ist, obwohl sie daher am Ende der Tage spurlos verschwindet, so ist doch für die diesseits des Endes liegende Geschichte, für die welthistorische Ausführung des göttlichen Rathschlusses ein weltbeherrschender König eine so bedeutende Person, daß ihn Gott mit denselben Namen nennt, wie den Anfänger und den Vollender des theokratischen Königthums, David und den Messias: mein Knecht, mein Hirt, mein Gesalbter, der all mein Werk vollbringt, den ich bei seiner Rechten halte (Jer. 25, 9. Ezech. 28, 12-15. Jef. 44, 28. 45, 1.). Daraus begreift es sich, warum

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gerade einem König, welcher überdieß schon als solcher den Abglanz göttlicher Majestät an sich trägt (Ps. 82, 1, 6. Röm. 13, 1 ff.), eine Offenbarung zu Theil wird. Für einen außerhalb des Reiches Gottes stehenden Herrscher nun ist der Traum, der ja auch schon bei Abimelech, Pharao u. A. vorkommt (1 Mos. 20. und 41.), die allein angemessene und mögliche Form der Offenbarung, wobei wir uns an den hohen Respekt erinnern müssen, den das Heidenthum überhaupt vor Träumen hatte. Dabei ist indessen wohl zu beachten, daß der heidnische Fürst den Traum nur empfängt, aber weder aus sich selbst noch auch mit Hülfe seiner Weisen versteht. Vielmehr wird er durch denselben nur beunruhigt und gequält und kann nicht eher zur Ruhe und Klarheit darüber gelangen, als bis ihm ein erleuchteter Israelite den Schlüssel des Verständnisses darreicht. Auf Seite des Heidenthums ist lediglich die Passivität, während die Aktivität in göttlichen Dingen bei Israel bleibt, so daß dem „Gott des Himmels" und seiner besondern Offenbarungsökonomie auch hier die Ehre am Ende allein zukommt. Vielleicht sollte durch den mächtigen Eindruck, welchen diese Enthüllung mit allen sie begleitenden Umständen auf Nebukadnezar machen mußte, auch dem gefangenen Gottesvolk ein milderes Loos bereitet werden. Dem Daniel aber muß der Traum des Königs und seine Auslegung zur Eröffnung des Blicks in die Zukunft der Weltmächte dienen, er muß ihm diesen ganzen Kreis von Anschauungen aufschließen und ihn dadurch zum Empfang weiterer, speziellerer Offenbarungen tüchtig machen: für ihn hat das Ereigniß zugleich eine propädeutische Bedeutung.

Näher läßt nun Gott dem Nebukadnezar die Weltmacht in ihrer Gesammtheit unter einem colossalen Menschenbilde erscheinen, wo der Kopf von Gold das babylonische, Brust und Arme von Silber das medopersische, Bauch und Lenden von Kupfer das griechisch-macedonische, die Schenkel von Eisen sammt ‍den Füßen und Zehen von Eisen und Thon das römische Reich sammt seinen germanisch-slavischen Ausläufern darstellen 1). Es liegt

1) Schon Luther denkt bei dem Thon an die Verseßung des römischen

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