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irgend eine merkliche Veränderung vorgegangen sein. Eine bes sondere Schwäche der Ebrard'schen Erklärung liegt weiter in seiner Auffassung des 14. Verses in seinem Verhältniß zum 6. Die Zeitbestimmung verschieden zu deuten, das wäre etwa an sich noch möglich; aber daß die Wüste das eine Mal Verbannungs-, das andere Mal Bergungsort sein, daß sie das eine Mal das Heidenland des Exils, das andere Mal Jerusalem und Kanaan bedeuten, und daß mithin der 14. Vers gerade das Gegentheil vom 6. besagen soll, mit welchem er fast wörtlich gleich lautet, das ist doch seltsam. Was die Erde V. 16. bedeutet, die in so sichtbarem Gegensaß zu dem Wasserstrom V. 15. steht, vermag Ebrard nicht zu sagen; er ist geneigt, sie eigentlich zu nehmen und an die Spaltung des Delbergs (Sach. 14. 4.) zu denken, welche die Gemeinde durchlassen, die Verfolger verschlingen würde (S. 370.). Das geht aber deßwegen nicht an, weil man sonst auch den Wasserstrom eigentlich nehmen muß. `In V. 17. deutet Ebrard die Uebrigen von des Weibes Samen mit Hofmann auf die Heidenchristen. Wie das bei ihm möglich ist, sieht man aber nicht ein, da das Weib seit ihrer Bekehrung die Heidenchristen mit in sich schließt, diese also schon V. 15 f. mitverfolgt sind. Die Schwierigkeit fühlend, will Ebrard den 17. Vers zum Folgenden ziehen; aber wie ist dieß möglich, da der Drache noch Subjekt desselben ist und auch das Weib noch darin vorkommt?

In der Auffassung des siebenköpfigen Thieres stimmt Ebrard der Hauptsache nach mit uns überein, darin nämlich, daß er auch drei Perioden der Weltmacht unterscheidet, die heidnische, die der äußerlichen Christianisirung und die der Entchristlichung, des Antichristenthums. Nur betont er hiebei das Papstthum zu stark und seine Durchführung im Einzelnen, namentlich in Bezug auf die zehn Hörner und ihr Verhältniß zum sechsten und siebenten Kopf, ist verwickelt und künstlich. Da sollen die zehn Hörner zuerst dem sechsten Kopf seine Todeswunde beibringen, sind also seine Feinde; dann erscheinen sie aber sogleich wieder an ihm als seine Freunde und Vasallen. Später wandern sie

dann auf den siebenten Kopf. herüber und erheben sich noch einmal feindselig gegen den sechsten, der unterdessen zur babylonischen Hure geworden ist. Das alles ist in den Text nur hineingelegt. Und wir dürfen getrost sragen, ob nicht unsere Auffassung hier viel einfacher und natürlicher ist, ob es nicht namentlich der ganzen Anschauung des Textes besser entspricht, die Todeswunde selbst und nicht ihre Heilung als den Ausdruck für die Christianisirung der Weltmacht anzusehen; denn durch ihre Christianisirung hat sie ja in ihrem thierischen, feindseligen Wesen zu existiren relativ aufgehört.

Der Pseudoprophet ist der Begleiter des siebenköpfigen Thieres von der Heilung seiner Todeswunde an bis zu seinem Sturz in den Feuersee, also nach Ebrard in seiner doppelten Gestalt, der des 13. und des 17. Kap., der pseudochristlichen des sechsten Kopfs und der antichristlichen des siebenten und des Achten. Wenn aber das erste Thier nach seiner Heilung noch zwei so wesentlich verschiedene Phasen durchmacht, warum bleibt das zweite sich so unausgesezt gleich? Kann das PseudoLamm, also die pseudochriftliche Geistesmacht nur so unverändert der Helfershelfer der antichristlichen sein? ja ihr Helfershelfer gerade gegen die pseudochristliche, welche ja auch im 17. Kap. in der Hure immer noch vorhanden ist? Offenbar müßte nach Ebrards Auslegung der Pseudoprophet im 17-19. Kap. nicht auf Seite des Thiers, sondern der Hure stehen. Er selbst hat auch diese Schwierigkeit gefühlt (S. 507.), nur nicht gelöst.

Aber diese Auffassung der Hure selbst ist freilich gar sehr in Anspruch zu nehmen. Ebrard hat hier zwar vor den übrigen deutschen Auslegern dieß voraus, daß er Babylon als pseudokirchliche Macht, als falsche Kirche erkennt. Allein das thut er weder aus dem rechten Grund, noch auf die rechte Weise. Er kommt zu dieser Anschauung nicht vom Begriff des Weibes, der Kirche, sondern vom Begriff der Stadt, der Roma aus. Daß die babylonische Hure die falsche Kirche ist, sagt ihm nicht die Auslegung, sondern die Erfüllung. Er hat die Wahrheit im

Prinzip noch nicht gefunden, wenn er sich ihr auch faktisch nähert. Daher kommt er auf die Seltsamkeit, die Hure mit dem Thier des 13. Kap. zu identificiren, woraus wir sehen, daß ihm das Grundprinzip der Erklärung, die Unterscheidung der Thier- und Menschensymbolik, noch nicht zum Bewußtsein gekommen ist. Es muß hier einfach gefragt werden: was ist natürlicher, das Weib des 17. Kap. mit dem Weib des 12. oder mit dem Thier des 13. Kap. in Zusammenhang zu bringen, welches lettere ohnedieß schon im Thier des 17. anerkanntermaßen seine Fortseßung hat? Von hier aus zeigt sich auf's Neue, wie Unrecht Ebrard gethan hat, das Weib des 12. Kap. mit Hofmann auf Israel zu beschränken. Eben daher aber faßt er auch die Hure noch nicht auf die rechte Weise als die abgefallene Kirche. Vom Begriffe Roms ausgehend, bleibt er bei der römischen Kirche stehen und faßt so den Begriff zu äußerlich und zu eng.

Dieß ist es denn, was wir schließlich gegen Ebrard zu ers innern haben. Es ist offenbar verfehlt, daß er, wie Elliott, die drei Hauptgestalten, das Thier, den Pseudopropheten und die Hure auf das Papstthum bezicht. Man sieht, daß ein französisch-englisches Element in ihm ist; seine Auslegung kann als eine Verbindung der Hofmann'schen mit der Elliott'schen und Gaussen'schen bezeichnet werden. Er selbst fühlt, daß das Papstthum nicht allein in der Apokalypse vorkommen kann, und darum hat er bei dem Thiere des 17. Kap. und den parallelen Stellen abgelenkt vom Aberglauben auf den Unglauben und Radikalismus. Er hält sich zwar hiebei von dem Fehler Gauffens u. A. nicht frei, die Weissagung zu unmittelbar auf Ereignisse der eben vorliegenden Gegenwart zu beziehen; aber doch hat er, wie gesagt, einige richtige Grundanschauungen geltend gemacht, und man kann das Element des Fortschritts nicht verkennen, welches sowohl Hofmann als Hengstenberg gegenüber in seiner Auffassung liegt.

Auberlen, Prophet Daniel, 2. A.

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4. Schluß

Wir haben oben eine englische und eine französische Stimme vernommen. Hören wir noch ein Wort aus Holland! Dr. Jsaak da Costa in Amsterdam, ein reichbegabter Israelit, der den Messias gefunden hat, sagt 1): „Höchst merkwürdig unter den vielen und manchfachen Zeichen ist gewiß auch diese Erscheinung unserer Zeit, daß in unsern Tagen viel mehr als je vorher die Herzen zu den prophetischen Büchern des A. und N. T. hingezogen werden. Nie richtete sich so allgemein die Aufmerksamkeit der Christen aller Orten auf das Studium der noch unerfüllten Weissagungen. Dieses Interesse, dieses Forschen macht in der Geschichte der Kirche das Charakteristische einer ganz neuen Epoche aus, deren Anfang man ans Ende des 18. Jahrhunderts sehen kann, und deren stets zunehmende Entwicklung man in unserm 19. besonders bemerkt. Sie fällt also mit derjenigen zusammen, welche in der Weltgeschichte die Periode der Revolutionen genannt wird. Aber nicht weniger merkwürdig ist das Verhältniß derselben zur christlichen Kirche. Während der Unglaube die Grundpfeiler des Papstthums erschüttert, während er in den verfeinerten Formen des Philosophismus, Rationalismus und Mythicismus die protestantischen Kirchen untergräbt, erhebt sich auf einmal ein neues Panier, um dem Glauben, dem Eifer und dem Interesse der Christen einen Vereinigungspunkt zu bieten. Von allen Seiten lassen sich Stimmen hören, welche zu einer neuen Würdigung, einer neuen und tieferen Untersuchung der Off. Joh. aufrufen. Nicht länger genügen blos vergeistigende Auslegungen der alten Propheten Israels, welche in Christus theils bereits erfüllt, theils noch zu

1) In seiner Schrift: Israel und die Völker, eine Uebersicht der Ges schichte der Juden bis auf unsere Zeit, aus dem Holländischen von einer Freundin des göttl. Wortes ins Deutsche übertragen und zum Druck beför dert von K. Mann. Erstes und zweites Buch. Frankf., Brönner, 1854, G. 8 f.

erfüllen sind. Diese Stimmen fordern auf zu einer zugleich wesentlicheren und einfältigeren Auffassung der unfehlbaren Gottesworte, die nicht allein von einer individuellen Bekehrung und himmlischen Glückseligkeit, sondern von einer wirklichen Herrlichkeit und Herrschaft Christi als König über Jsrael und über alle Völker zeugen und große Ereignisse beschreiben, welche dieses Königreich vorbereiten, darstellen und bezeichnen werden.“

Einen Beitrag zur Lösung der hier richtig bezeichneten Aufgabe möchte auch unsere vorliegende Schrift geben, sowohl durch den historischen Ueberblick über die neuere Arbeit an der Apokalypse als durch die eigene Auslegung. Was die leztere betrifft, so ist das Eigenthümliche derselben, wovon sie ausging, die Deutung der babylonischen Hure in ihrem Zusammenhang mit dem Weib des 12., wie des 19. und 21. Kapitels. Diese Erkenntniß fehlte bisher bei allen drei Classen der deutschen Auslegung, nicht nur bei Ewald und de Wette, sondern auch bei Bengel, Hofmann, Hengstenberg und im Grunde noch bei Ebrard. Dagegen fanden wir sie bei Gaussen, bei J. Fr. von Meyer, Aug. Osiander, Zeller von Beuggen und in manchen andern populären Schriften bestätigt. Man wüßte auch in der That nicht, worüber man sich mehr wundern sollte, darüber, daß alle die Geistesmenschen sich geirrt hätten, welche in der Apokalypse irgendwie die Verweltlichung der Kirche geweissagt fanden, oder darüber, daß die Apokalypse wirklich eine solche Weissfagung nicht enthielte, während doch die prophetischen Aussprüche Jesu und der Apostel voll davon sind (Matth. 24. 2 Tim. 3. 2 Petr. 2. und 3. 1 Joh. 2.). Möchte nun die geistliche Deutung der Hure eine bleibende Errungenschaft für die deutsche Auslegung der Apokalypse werden! Weiter galt es, diese Entdeckung mit der Hofmann-Hengstenber g’schen Auffassung des siebenköpfigen Thieres-zu combiniren, und so ergab sich von selbst unsere Fassung der Todeswunde und ihrer Heilung, welche zugleich die Antwort auf die bei Daniel offen gebliebene Frage brachte, ob denn die Weissagung

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