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relativen, äußeren Naturzweckmäßigkeit, vermöge welcher eine untere, niedrigere Naturstufe als zweckmäßiges Mittel für die Existenz einer anderen, höheren Naturstufe erscheint, und der inneren, absoluten Naturzweckmäßigkeit, vermöge welcher ein Naturproduct als Selbstzweck (finis sui) dasteht. Sodann läßt sich beim Überblick über die Gesammtordnung des Universums nicht verkennen, daß jene äußere, relative Zweckmäßigkeit sämmtliche Naturstufen von der niedrigsten bis zur höchsten hinauf zu einem großen Nexus finalis zusammenbindet, und daß die innere, absolute Zweckmäßigkeit überall im Reiche der Organismen als herrschende Regel erscheint.

Betrachten wir zunächst die äußere Zweckmäßigkeit. Planmäßig ist die Vertheilung und Bewegungsart der Gestirne im Weltraum; unzählige Sterne bewegen sich in solchen Bahnen und in solchen Distanzen, daß sie ruhig coexistiren können, nicht aber in ein Chaos zusammenstürzen. Planmäßig ist insonderheit die Anordnung unseres Planetensystems; jeder Planet hat die Umlaufsgeschwindigkeit, welche seiner Entfernung von der Sonnc angemessen ist und ihn daran verhindert, entweder in die Sonne hineinzufallen oder aus ihrem Gravitationsbereich in den unendlichen Raum zu entfliehen; die gegenseitigen Störungen und Perturbationen der Planeten müssen sich, wie Newton gezeigt hat, immer wieder ausgleichen, so daß der Gravitationstheorie gemäß die Stabilität des Planetensystems für eine unermeßliche Zukunft gesichert ist. Planmäßig scheint der Makrokosmos darauf berechnet, daß unsere Erde, wie wohl gar mancher andere Weltkörper, von lebendigen Wesen bewohnt werden kann. Planmäßig wird die Atmosphäre von der Gravitationsanziehung an die Erde gefesselt und kann sich nicht in's Unendliche verflüchtigen; Luft, Wasser und Land, physikalische und chemische Processe, Sonnenlicht und Sonnenwärme arbeiten zusammen, um das Dasein einer Pflanzenwelt zu ermöglichen, ohne welche wiederum die Thierwelt und

der Mensch nicht eristiren könnte. Die organische, lebendige Natur steht im eigentlichen wie im übertragenen Sinne des Wortes auf den Schultern der unorganischen Natur, welche sich zu ihr wie das Mittel zum Zwecke verhält. Das Niedere ist im Stufenbau des Universums Mittel zum Zweck der Existenz des Höheren. Von der bloß wachsenden, blühenden, fruchttragenden Pflanze an bis hinauf zum Menschen, der vernünftig denkt, handelt und die höchste Blüthe der Intelligenz in sich entwickelt, sieht man ein großes Stufenreich, eine Hierarchie immer höher potenzirter Fähigkeiten, Functionen, Formen und Leistungen errichtet und aufgebaut.

Solche Beobachtungen führen stetig hinüber zu jener inneren, absoluten Zweckmäßigkeit, vermöge welcher ein lebendiges, organisches Geschöpf als ein teleologisches Wunderwerk der Natur erscheinen muß. Der Organismus ist, nach Kant's höchst geistvoller Definition, ein Wesen, worin Alles, das Ganze und seine Theile, wechselseitig Zweck und auch Mittel, Ursache und auch Wirkung ist, also finis sui und causa sui. Man betrachte den anatomischen Bau und die physiologischen Functionen eines Säugethiers, wobei man sich nebenher an die berühmte Fabel des Menenius Agrippa erinnern mag. Dieses Geschöpf mit seinem Glied für Glied planmäßig gebauten Knochengerüst, seiner dazu passenden. beweglichen Musculatur, seinem vielverzweigten sensiblen und motorischen Nervensystem, seinen künstlichen Sinneswerkzeugen, mit der wohlberechneten genauen Anpassung seiner Organe an das Medium, in dem es lebt, und an die Nahrung, von der es lebt, mit der harmonischen Correlation seiner Theile und der auf ein bestimmtes Ziel hinarbeitenden Convergenz ihres Wachsthums ist in der That ein Zweckmäßigkeitswunder, mit welchem verglichen auch die künstlichste von Menschen ausgesonnene und construirte Maschinerie sich wie ein armseliges Kinderspiel ausnimmt. Oder man nehme die sexuellen Verhältnisse und den ganz augen

scheinlich auf Erhaltung der Gattungen abzielenden Sexualproceß. Die Natur hat den Mann für das Weib und das Weib für den Mann organisirt. Die Geschlechtstheile des Männchens und die des Weibchens sind aufeinander berechnet; sie passen genau zueinander, wie der Saugapparat des Säuglings zu den Zizen der Mutterbrust. Hier herrscht wirkliche, unzweifelhafte Harmonia praestabilita *). Und daß nun dem Körperbau sowie den leiblichen Functionen in dieser wie in jeder anderen Beziehung die psychischen Functionen, das Seelenleben, die Neigungen, Bedürfnisse, Bestrebungen, Begierden und Instincte auf's planvollste und zweckmäßigste entsprechen, was bedarf es hierüber noch weiterer Worte? Es ist Alles in anatomischer, in physiologischer und in psychologischer Hinsicht auf's sinnreichste darauf berechnet, um den vorausgesezten Zweck der Natur, nämlich die Erhaltung der Gattung und die Entstehung immer neuer Individuen mit einer gewissen Unvermeidlichkeit herbeizuführen. Weiterhin aber: die ganze Naturordnung, von den physikalischen und chemischen Kräften der anorganischen Materie an bis zur Erzeugung und zum Körperbau der organischen Lebewesen hinauf, ist darauf eingerichtet, um zuerst aus rohem Stoff kugelförmige Planeten wie unsere Erde zu erschaffen, und dann auf diesem Planeten immer vollkommener und höher werdende Geschöpfe vom Protoplasma bis zum Menschen hin hervorzubringen.

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Dies ist Naturtechnik, zum Unterschied vom Natur me cha

*) Eine erschöpfende Zergliederung des räthselhaft complicirten Phä= nomens organischer Zweckmäßigkeit erfordert tiefbohrende Gedankenarbeit. Als wesentlichste Merkmale und Attribute des Organismus, im Unterschied und Gegensatz zum unorganischen Naturproduct, habe ich anderwärts mit Benutzung nur theilweise gebräuchlicher Namen die folgenden angegeben: 1) Substanzialität der Form, 2) Zielstrebigkeit, Entelechie, 3) Individuelle Autoplastik, 4) Generelle Autoplastik, Palingenesie, 5) Causale und teleo= logische Correlation, 6) Autotelie. Siehe Band I dieses Werkes, Seite 239-241.

nismus. Das besagt der Ἡ φύσις οὐδὲν μάτην ποιεῖ.

berühmte Satz des Aristoteles: Natura nihil frustra facit.

XVI.

Als negative Instanz und mächtiger Haupteinwurf gegen die Teleologie könnten die mancherlei Zweckwidrigkeiten und Unzweckmäßigkeiten angeführt werden, die es neben den Zweckmäßigkeiten gibt; die Fehlgriffe der Natur, die Mißbildungen und Mißgeburten, die Krüppel, die Lahmen, die Blindgeborenen und Taubstummen, die Säugethiere mit zwei Köpfen oder mit geschlossenem After, die Mikrokephalen, Anenkephalen u. s. w. Allein seltsam! Diese Mißbildungen wirken gerade umgekehrt; sie vermindern nicht, sondern erhöhen. sogar unser Erstaunen über die Zweckthätigkeit und Zielstrebigkeit der Natur. Bei dem Blindgeborenen ist der Augapfel offenbar auf das Sehen berechnet, nur leider ist die Pupille gegen das Licht geschlossen; bei dem Anenkephalus ist der ganze Leib planmäßig zum Leben organisirt, nur leider fehlt das Gehirn und der Schädel ist leer. Ganz offenbar arbeitet hier Alles auf ein fest bestimmtes Ziel hin, nur leider wird dieses Ziel nicht vollständig erreicht. Was ist denn das für ein räthselhaftes, fast unheimliches, dämonisches Etwas, welches hier im Inneren wirkt? Was ist das für ein bewußtlos in der Tiefe arbeitender, aus der Nacht bloßer Möglichkeit zum Lichte der Verwirklichung hinaufstrebender, aber sein Ziel nicht ganz erreichender Künstler? Gerade diese in Mißbildungen auslaufenden Entwicklungsprocesse drängen uns den Begriff einer blinden, geheimnißvollen, auf ganz bestimmte Ziele hinarbeitenden Zweckthätig, feit in der Natur unabweisbar auf. Sie sind ganz wesentlich teleologische Processe. Sodann aber sind die Mißgeburten doch nur verhältnißmäßig seltene Ausnahmen von der Regel und heben durch den Contrast die Norm; sie steigern daher unsere Verwunderung über die überschwängliche Zweckmäßigkeit und Planmäßigkeit im Bau und Wachsthum der normalen Organismen, Liebmann, Gedanken und Thatsachen. Bd. II.

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die denn doch die weit überwiegende Majorität bilden. Man nehme nur das menschliche Auge, dieses wunderbare optische Organ, diese von selbst gewachsene, lebendige, auf Entstehung von Bildern berechnete Camera obscura. Wie kommt denn die blindwirkende Natur dazu, ein solches optisches Kunstwerk zu erschaffen? wie kann sie das? Die menschliche Technik wird von der Naturtechnik himmelweit übertroffen und gänzlich in den Schatten gestellt. Jene Mißbildungen und Anomalieen würde Aristoteles auf ein Widerstreben der Materie, oder auf ihre Unfähigkeit, den angestrebten Naturzweck, die reine Form, ganz und voll zu erreichen zurückführen, oder auf eine Durchkreuzung antagonistischer Factoren. Im Ganzen und Großen aber scheint es angesichts der Überfülle von Belegen für eine in der gesammten Weltordnung herrschende Planmäßigkeit, als wäre das Recht der Teleologie schlechterdings unantastbar; und so sollte man denn meinen, nur ein solches System, welches nach Art der aristotelischen Metaphysik die causae finales in sich aufnimmt und mit den causis efficientibus irgendwie in logischen Einklang bringt, könne dem unergründlich tiefen Wesen der schaffenden Natur einigermaßen gerecht werden. und adäquat sein. In irgendwelcher Gestalt, als platonische Ideen, oder aristotelische Entelechieen, als formae substantiales, oder auch als leibnitzische Monaden scheinen die Naturzwecke ganz unvermeidlich zu sein.

Troßdem lehrt die Geschichte der Philosophie, daß es in alter und neuer Zeit radicale Gegner aller Teleologie gegeben hat; darunter Denker von so hervorragender Größe wie Lucretius, Bacon v. Verulam, Cartesius und Spinoza. Unterwirft man aber ihre Zweckfeindschaft und Antiteleologie einer genaueren Prüfung, so zeigt es sich, daß sie aus sehr verschiedenen Denkmotiven entspringt und mindestens zum Theil auf Mißver ständnissen und Sachunkenntniß beruht; auch hier aber handelt es sich um typische, vom jeweiligen Culturzustand und vom Fortschritt

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