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ein bleibendes Wesen, einen ersten Grund des empirischen Universums zu erfassen; ein Weltwesen, welches, dem sinnlichen Blick der Erfahrung unzugänglich bleibend, von der Vielheit immer wechselnder räumlich-zeitlicher Phänomene vielmehr verhüllt als offenbart wird und, wenn überhaupt, dann nur durch überempirische Begriffe erfaßbar ist. Kein gründlich denkender Verstand kann sich dieses Forschens nach der Tiefe hin entschlagen und den Gedanken des wesenhaften Weltgrundes entbehren; kein philosophisches System kann an dieser letzten Endfrage gleichgültig vorübergehen; und nur darüber weichen die Meinungen voneinander ab, wie jener Weltgrund, jenes Weltwesen zu denken sei, und ob es etwas für uns irgendwie Erkennbares oder ein schlechthin Unerkennbares sei.

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Das Brahman und Atman der Inder, das geheimnißvolle "Anepov des Anaximandros von Milet, das "Ev zai nav der Eleaten, der Osos des Platon und des Aristoteles, das übervernünftige und überweltliche Eine" des Plotinos, die allgestaltende Weltseele und Natura naturans des Giordano Bruno, die Substantia infinita des Spinoza, der sich in der Erscheinungswelt objectivirende Wille Schopenhauer's, und Schelling's dem Gegensatz von Idealem. und Realem zu Grunde liegendes Absolutum, alle diese mit bestimmten oder unbestimmten Attributen ausgestatteten, jedenfalls aber von ihren Urhebern sehr verschieden prädicirten Gedankenwesen sind nichts anderes als mannigfaltige Gestaltungen eines und desselben metaphysischen Grund- und Grenzbegriffs, der mit einer gewissen Unabweisbarkeit am Horizont der philosophirenden Vernunft schwebt, und welchen, unabhängig von der Philosophie, der religiöse Glaube der Nationen ihren besonderen Gemüths, bedürfnissen, ethischen Forderungen und ästhetischen Geschmacksrichtungen entsprechend bald in diese, bald in jene Phantasieform eingekleidet und darin verkörpert hat. Es ist immer dieselbe Grundidee, hier pantheistisch, dort monotheistisch, hier optimistisch, dort pessimistisch gefärbt. Wenn Demokritos, dessen Ansichten

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allerdings wegen des Verlustes seiner Schriften nur mangelhaft bes kannt sind, dem Verstande bei der Vielheit gleich ursprünglicher Atome haltzumachen befiehlt, so erscheint dies dem gründlicheren Nachdenken als ein Paradoxon, welches entweder auf geistige Kurzsichtigkeit oder auf ironische Resignation gegenüber der Unerkennbarkeit des lezten Grundes der Dinge zurückzuführen wäre. Was Kant betrifft, so entspricht es dem kritischen Geist und Charakter seiner Transscendentalphilosophie, daß er wegen der von ihm gelehrten Unmöglichkeit einer eigentlichen Wissenschaft vom Übersinnlichen die Idee des einheitlichen Weltwesens ganz auf die subjective Seite herüberverlegt und aus der logischen Organisation des Erkenntnißvermögens abzuleiten versucht. Von zwei Seiten her werden wir zu dieser Idee hingedrängt; einmal von Seiten der durchgängigen Gesetzlichkeit alles Seins und Geschehens; sodann von Seiten der Spaltung in Erkennendes und Erkanntes, die auf eine gemeinsame Wurzel zurückweist.

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XXVI.

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Weltordnung ein wundersames, schwerwiegendes Wort. Warum herrscht Ordnung in der Welt, und nicht Unordnung? Dauernde Gesetzlichkeit im rastlosen Strome des Geschehens; feststehende Regel im unaufhörlichen Wechsel von Entstehen und Vergehen; ruhender Pol in der bestandlosen Flucht der Erscheinungen; unvergängliche, unerschöpfliche Energie in der zeitlich ablaufenden Kette der Ursachen und Wirkungen; herrschende Einheit in dem verschlungenen Durcheinander und der zerstreuten Menge des endlos Vielen; mit einem Worte: Weltordnung, nicht aber Weltunordnung. Woher kommt das? Aus welchem zureichenden Grunde geht das hervor? Jeder, der nicht durch gedankenlose Gewöhnung an und Verwöhnung durch das Alltägliche, ewige Gestrige sich des Fragens und Staunens entwöhnt hat, der nicht die rohe, unbegriffene Thatsache blindlings als ein

Selbstverständliches hinnimmt, der nicht in mikroskopischer Betrachtung der sichtbaren Einzelnheiten aufgeht, sondern sich zum makroskopischen Hinblick auf das Ganze, die Gesammtheit, das All emporzuschwingen vermag, muß hier in ein platonisches Erstaunen, in philosophische Verwunderung gerathen und den Anfang und Ansporn zu höherem Nachdenken gerade da empfinden, wo die Specialforschung der Einzelwissenschaften und die banausische Utilitätsmaxime praktischer Naturverwerthung ihr Endziel erreicht. Warum herrscht Weltordnung, und nicht Weltunordnung ? Es sei hier eine kleine Parabel und allegorische Erzählung eingeschaltet, die man als eine Art von platonischem oder doch platonisirendem Mythos gelten lassen mag.

Der Traum des Epimenides.

Epimenides, der Weise und Götterliebling, den nachmals die Athener in ihre Stadt berufen haben, um ihre verworrenen Zustände in heilsame Ordnung umzugestalten, durchwanderte einstmals, als er noch ein frischer Jüngling war, die rauhen Felsengebirge seiner Heimathinsel Kreta. In tiefes Sinnen verloren, stieg er auf steilem Gebirgswege neben einem rauschenden Wildbach empor, um den Gipfel des Verges 3da zu erklimmen, wo einst, wie man erzählt, Zeus erzogen worden ist; von dort oben wollte er den weiten Ausblick über die ganze Insel und das endlose Meer genießen und die Welt in so weitem Umfang mit eigenen Augen sehen, als sie für menschliche Augen erreichbar ist. Weiter und weiter stieg er hinauf; die Wohnungen der Menschen, ihre Anpflanzungen, die Ölbaumwälder lagen längst hinter ihm. Als es Mittag war, sah er sich in tiefer Gebirgseinsamkeit allein, rastete eine kurze Zeit lang und vernahm in der stillen, reinen Luft außer dem Rauschen des Baches nichts anderes als den fernen Schrei eines Adlers. Dann wanderte er weiter, seinem Ziel entgegen. Die Sonne neigte sich dem Untergang zu. Als

fie aber in's Meer hinabtauchte und der Abend anbrach, war er sehr ermüdet, sah sich nach einer Unterkunft für die Nacht um und entdeckte den Eingang einer Felsenhöhle, welche ihm Schutz versprach. Er trat in die Höhle ein, fand einen geeigneten Ruheplay, legte sich nieder und verfiel alsbald in einen sehr tiefen, schweren Schlaf. Monatelang schlief er weiter, jahrelang; der Schlaf, der ihn umfangen und gefesselt hielt, wollte nicht aufhören; er war traumlos, breitete einen undurchdringlichen Schleier über die Erinnerung an sein Leben aus und erfüllte seine Seele mit Dunkel, wie der Tod. Endlich aber erwachte Epimenides, oder vielmehr er glaubte zu erwachen, er träumte ein Erwachen und glaubte dann wieder zu träumen, sah sich um und fand zu seinem Erstaunen alle Dinge fremd und gänzlich verändert.

Ich träume, ja! wo nicht, so hat ein Gott

In tiefe Wüsteneien mich verschlagen

Hier keine Spur von jenem alten Glanz,

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Nicht Spur von Kunst, von Ordnung keine Spur!

Es ist der Schöpfung wildes Chaos hier,

Das lezte Grauen endlicher Zerstörung.

Und weiterschlummernd träumte Epimenides, daß er aus dem Erwachtsein von Neuem einschlafe. Da erschien ihm wirklich das Chaos, jenes wirkliche Chaos, aus welchem, wie Hesiodos lehrt, einst die Welt entstanden ist. Er sah mit Schaudern einen tiefen Schlund, einen gähnenden Abgrund vor sich, einen unendlichen Krater; und es war nicht Tag und nicht Nacht; und es gab keine gestalteten Dinge und keine geschiedenen Elemente; es war eine purpurne, unheimlich zuckende Dämmerung; in dieser zuckenden Dämmerung wogte, wallte, dampfte etwas Ungeheures, Gestalt, loses, ein völlig ungeordnetes wüstes Urgemisch, das etwas Bestimmtes werden zu wollen schien, aber nicht werden konnte. Hier und dort zwar tauchten vorübergehend einzelne Schreckgebilde und Ungethüme auf, Schlangen- oder Drachenköpfe wie die der

lernäischen Hydra, Bockshirsche, Stiere mit Menschengesichtern, Minotauren, und Menschenleiber mit Stierköpfen und Fischflossen; aber sie zerrannen sogleich wieder, sie waren vielleicht ein bloßer Schein, wie die Thierformen und Gesichter, die das Kinderauge und Dichterauge in den Wolken oder in den Meereswellen oder in Feuerflammen zu erblicken glaubt; das Ungewordene konnte nicht werden, kein festes Gebilde konnte gelingen, weil es keine Regel, keine Ordnung, kein allbeherrschendes Gesetz gab, weil aus dem Gleichen nicht Gleiches, sondern immer ein Anderes entsprang, weil sinnloser Zufall das im Werden Begriffene immer sogleich wieder auflöste und verschlang. Dazu ertönte ein Ächzen, ein Stöhnen, ein disharmonisch widerliches Tongewirr, ein Knirschen, als ob die Welt vom Größten bis zum Kleinsten aus den Fugen. gegangen sei. Und Epimenides erschrak, er gerieth in Entsehen über das Ungeheure, und sein eigenes Herz zerrann, seine Seele wurde zerrissen; das Schreckensbild verschwand zu Nichts, zu Nacht, er versank von Neuem in die Finsterniß traumloser Selbstvergessenheit. Nach langer Zeit aber, während der Schläfer immer weiterschlummerte, da tauchte ihm ein anderes erfreulicheres Bild auf. Apollon erschien ihm; der lichte Gott des Tages und der Ordnung schwebte daher, unter lieblicher Musik rhythmisch umtanzt von dem Chor der Musen. Und der Gott hauchte seine Augen an, ergriff seine Hand und führte ihn schwebend in ein schönes, wohlangebautes, von Gesetzen wohlgeordnetes Land; und er sprach: „Siehe hier den Kosmos, die Welt, welche anders aussieht als jenes Scheusal, das die Dichter Chaos nennen!" Da sah er mit Entzücken, wie die gesitteten Bürger des Landes eifrig und wohlgeordnet ihren Geschäften nachgiengen und ihre Pflicht erfüllten, jeder seinem Berufe gemäß; Einige den Acker pflügend und Saat ausstreuend, Andere Häuser und Tempel bauend und Städte begründend, die Jungen in gymnastischer Übung den Körper stählend, die Alten im Rathe

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