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etwas Eisen; wobei freilich gewisse Imponderabilien verschwiegen sind. Ferner kann man ihn definiren als das lachende Geschöpf, oder als das sprechende Geschöpf, oder als das vernünftige Geschöpf. Wenn es auf eine vollständige Sammlung aller erdenklichen Definitionen des Menschen ankäme, so würde wohl auch Platon's unbefiederter Zweifüßler, sowie dessen satirisches Gegenstück, die gerupfte Gans des Diogenes, nicht fehlen. dürfen. Was Kant betrifft, so würde er vielleicht sagen, der Mensch sei dasjenige Geschöpf, welches den gestirnten Himmel über sich und das moralische Gesetz in sich erkennt. Aber im allgemeinsten Sinne der Transscendentalphilosophie würde es heißen müssen: Der Mensch ist dasjenige Wesen, welches der Welt, nämlich der uns Allen allein bekannten, allein gegebenen Welt, als ihre unumgängliche Voraussetzung zu Grunde liegt. Er ist das unentbehrliche Correlatum oder das Complementum Possibilitatis der empirischen Welt. Wofern nun aber diese lette Erklärung zutrifft (und daß sie in hohem Grade zutreffend sein muß, leuchtet ja selbst dann ein, wenn man den Menschen auch nur als Spiegel oder als Echo der Welt gelten läßt!), so folgt auch sofort, daß allerdings in vielfacher Hinsicht der menschliche Verstand ,,die Geseze nicht aus der Natur schöpft, sondern sie der Natur vorschreibt". Eben dieses große, höchste Kopernicanische Paradoron „Der Verstand schöpft die Gesetze nicht aus der Natur, sondern schreibt sie dieser vor" ist aber Waidspruch, Motto und Centralgedanke der Kritik der reinen Vernunft, und der Empirismus neuester Zeit, der sich unter verändertem Aushängeschild neu dünkt, thatsächlich jedoch über Bacon, Locke und Hume nicht einen einzigen Schritt hinausthut, hat nicht gesäumt, mit stumpfen Schwertern und Spießen gegen eine solche unerhörte Verunreinigung der „reinen Erfahrung" in's Feld zu ziehen. Er wittert darin etwas Unheimliches, etwas Mystisches, etwas Dämonisches, etwas die heilige „Thatsache" und die alleinseligmachende Erfahrung" weit

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Uebersteigendes, und ahnt dabei nicht, daß seine eigenen „Thatsachen“ und „Erfahrungen“ eine Ueberfülle von Solchem enthalten, was eben nicht Thatsache ist, und niemals „erfahren" werden fann.

Als Kant nach vieljähriger, tiefbohrender Gedankenarbeit endlich mit der Kritik der reinen Vernunft vor die Oeffentlichkeit heraustrat, da hatte sich die ganze europäische, nicht bloß die von Bacon und Descartes abstammende neueuropäische Philosophie in ein disharmonisches Gewirr von Parteiansichten verlaufen. Empiristen und Rationalisten, Lockianer Rationalisten, Lockianer und Leibnizianer, Materialisten, Spiritualisten und Immaterialisten, Wolffianer, Voltairianer und Eklektiker, Deterministen und Indeterministen, Theisten, Deisten und Atheisten, Mystiker und Aufklärer, Verstandesphilosophen und Gefühlsphilosophen standen in ungeschlichtetem Meinungsstreit einander gegenüber; auf der einen Seite das Système de la Nature, auf der anderen Seite H. S. Reimarus' Vornehmste Wahrheiten der natürlichen Religion", oder gar Hamann's sibyllinische Sprüche. Es war ein Labyrinth von Sackzassen, aus dem kein Ausweg möglich schien. Kant aber fand einen Ausweg, indem er das Denken auf einen höheren, bis dahin kaum geahnten Standpunkt emporhob, von dessen Gipfel herab man auf jenes verworrene Labyrinth aus der Vogelperspective hinunterblicken konnte. Bis dahin hatten sich die Philosophirenden mit der Frage abgemüht, wieviel durch Erfahrung und Nachdenken vom verborgenen Wesen und inneren Zusammenhang der Dinge erkannt werden könne. Kant warf die höhere und tieferblickende Frage auf: Wie, unter welchen Vorbedingungen empirische und rationale Erkenntniß möglich sei. Dies war das Problem der Transscendentalphilosophie, insonderheit der theoretischen Transscendentalphilosophie; ein neuentdeckter, für immer gültiger Denkstandpunkt, den die Kritik der reinen Vernunft mit beispielloser Energie und Tiefe

nach vielen Richtungen hin durchdenkt. Kant war sich auch der Ueberlegenheit seiner Sache auf's klarste bewußt, welches er an den verschiedensten Stellen ohne jede persönliche Ruhmredigkeit kundgibt; und die Besten seiner Zeit haben ihm zugestimmt. Seitdem ist nun das Werk von allen möglichen Seiten her beurtheilt worden; man hat es hochgepriesen, bewundert, interpretirt und durchkritisirt. Es sind darüber nicht nur viele Bändereihen, sondern ganze Bibliotheken geschrieben worden; und diese Litteratur vermehrt sich von Jahr zu Jahr immer mehr, wie man ersehen kann, wenn man Rosenkranz' reichhaltige ,,Geschichte der Kantischen Philosophie“ (1840) mit H. Vaihinger's vortrefflichem Kant-Commentar (Band I, 1881; Band II, 1892) vergleicht. Wieviel von den, zum Theil höchst seltsamen, Einzeldoctrinen des berühmten Werkes haltbar ist, das bleibt noch immer streitig. Ob wirklich zwischen analytischen und synthetischen Urtheilen ein absoluter Unterschied besteht; ob die transscendentale Hauptfrage wie sind synthetische Urtheile a priori möglich ?" wirklich die ihr zugemuthete Tragkraft und Tragweite besigt; ob Raum und Zeit in der That ursprüngliche, reine Anschauungsformen sind, und ob aus ihrer Apriorität in Wahrheit ihre transscendentale 3dealität folgt; ob irgendwelche und welche von den zwölf Kategoricen wirklich Kategorieen, d. h. unableitbare und nothwendige Grundbegriffe der menschlischen Intelligenz sind; das bleibt disputabel. Die „transscendentale Deduction der reinen Verstandesbegriffe", welche Kant nach seinem eigenen Eingeständniß soviel Mühe gekostet hat, und die da zeigen. will, daß erst durch Anwendung der Kategorieen auf die Data der Sinne Objecte, Erfahrungserkenntnisse und zugleich die Gegenstände der Erfahrung zu Stande kommen, kann in vieler Hinsicht lebhaften Zweifel erregen. Nur daß die „transscendentale Apperception" oder beharrliche Identität des Ich eine unumgängliche Vorbedingung für Erkenntniß und empirisches Dasein der uns

gegebenen Welt ist, wird sich vernünftiger Weise nicht anzweifeln lassen. Die eigenthümliche, fest eingerostete Gewohnheit Kant's, jedes beliebige Thema der Philosophie unter dem vierfachen Titel der Quantität, Qualität, Relation und Modalität zu betrachten, ist als eine persönliche Pedanterie und doctrinäre Schwäche des großen Denkers längst anerkannt und selbst von seinen principiellen Anhängern längst preisgegeben worden. Das ungemein bedeutende Hauptstück über die „Analogieen der Erfahrung“, also der außerordentlich tiefgedachte Nachweis, daß nur bei allgemeiner Geltung des Princips der Beharrlichkeit der Substanz, des Causalprincips u. s. w. die Erkenntniß einer objectiven Zeitordnung der Phänomene, im Unterschied von der subjectiven Succession der individuellen Wahrnehmungen, möglich sei, und eine „Erfahrung" zu Stande kommen könne, rührt Probleme auf, an die vor Kant Niemand gedacht hatte. Es eröffnet sich hier ein ganz überraschender Einblick in das verborgene Getriebe der intellectuellen Functionen, aus deren Wirksamkeit das wissenschaftliche Weltbild hervorgeht. Wo hätten selbst Hume oder Leibniz in seinen Nouveaux Essais an derartige Probleme gedacht? Aber bei aller gebührenden Bewunderung wird man doch zugeben müssen, daß Kant hier nicht, wie er meint, die Vorbedingungen der Erfahrung, sondern höchstens die der Erfahrungs wissen schaft aufgedeckt hat. Thiere erfahren auch! Die von vornherein aufgestellte Behauptung Kant's sodann, daß die Thatsachen der Wahrnehmung „nur Erscheinungen" seien, ist ein unbewiesenes Dogma; seine Einführung des „Dinges an sich“ beruht, wie schon F. H. Jacobi, S. Maimon, J. S. Bec uud Aenesidemus (G. E. Schulze) gewußt haben, und was dann später in meiner Schrift Kant und die Epigonen“ bis zur äußersten Consequenz zugespitzt worden worden ist, auf einem transscendenten, d. h. nach Kant selbst unerlaubten Gebrauche der Causalität. Die ganze transscendentale Dialektik

sodann, wieviel Wahres und Bedeutendes sie auch enthält, ist augenscheinlich nur aus einer Polemik gegen die Metaphysik der Wolffianer hervorgegangen und behandelt diese besondere Art von Metaphysik so, als wäre sie das unvermeidliche Erzeugniß der menschlichen Vernunft in genere, während es doch thatsächlich daneben noch viele andere Sorten von dogmatischer Metaphysik in alter und neuer Zeit gegeben hat. Die Ideenlehre Kant's spricht mit dem Saße, daß durch Rückschluß von gegebenem Bedingten auf die Totalität seiner Bedingungen Begriffe vom Ueberempirischen, Unbedingten, Unerfahrbaren entspringen müssen, eine große Wahrheit aus; aber die gekünstelte Behauptung, daß diese Rückschlüsse gerade in den von der hergebrachten scholastischen Schullogik angenommenen drei Formen des kategorischen, hypothetischen und disjunctiven Syllogismus stattfinden und so zu den drei Hauptideen des Wolffianismus führen müßten, trägt den Stempel der größten Willkürlichkeit an der Stirn. Oft genug hat man das dargelegt. Kurz, sämmtliche Einzeldoctrinen der Kritik der reinen Vernunft sind streitig, oder zweifelhaft, oder bereits widerlegt. Aber der ganze Standpunkt, der principielle Grundgedanke des Werkes ist unveraltet und unsterblich; eine vorher nicht dagewesene und nachher nicht überholte Erkenntnißstufe des menschlichen Geistes. Rückschritte und Repristinationen dagegen sind in der nachkantischen Philosophie sehr vielfach vorgekommen, indem auf der einen Seite Schalling, Hegel und ihre Anhänger allen Warnungen zum Troy, doch wieder das Wesen der Dinge oder das „Ding an sich“ erfassen zu können glaubten und so einen neuen Dogmatismus, cine neue Metaphysik des Uebersinnlichen" aufbauten; während auf der anderen Seite die Transscendentalphilosophie, unter völligem Mißverstehen ihrer Idee, in empirische Psychologie verwässert oder durch Psychologie ersetzt werden sollte, damit aber die große Frage, welches denn die lezten Vorbedingungen aller menschlichen Erkenntniß überhaupt

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