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mehr in unseren Augen durch die sichtliche Freude, mit welcher er den Gedanken aufgreift, daß Jesus ja nicht unter seine, sondern unter Herodis Obrigkeit gehöre; es ist ihm willkommen, auf diese Weise des ganzen Handels entledigt zu werden, dessen er müde zu werden beginnt, dessen Last und Unruhe er gern auf fremde Schultern legen mag. Dieß Dreifache denn: der aufrichtige Wunsch, Jesum zu retten; das Streben, sich den König zu verpflichten; das Verlangen, aller ferneren Mühe überhoben zu sehn, das hat den Richter zur Verweisung des Verklagten vor den Thron des Herodes bewogen. Vermissen wir vielleicht in dieser Zeichnung die volle Klarheit und Faßlichkeit, so mögen wir den Mangel eben aus der Grundstimmung erklären, die wir in der Seele des Pilatus annahmen, — aus seiner Lauheit. Sie ist ja selbst ein innerer Widerspruch, eine Vereinigung von Gegenfäßen, die niemals zu einander stimmen und jede Einfalt unbedingt ausschließen. Was ist doch Lauheit? Wir begegnen ihr auf den verschiedensten Gebieten, wir betreffen sie auf den verschiedensten Außerungen. Es giebt eine Lauheit im Glauben, die sich dem Evangelio weder ganz entziehen, noch auch völlig hingeben, die nicht mit der Wahrheit brechen, aber sich auch nicht vollkommen unter ihre Herrschaft beugen will. Es giebt eine Lauheit in der Thätigkeit, die gleichweit entfernt ist von der Trägheit, wie von der Bereitwilligkeit zum Opfer der ganzen Kraft. Es giebt eine Lauheit im Gehorsam, die freilich nicht von Jesu lassen, aber sich auch nicht verleugnen und sein Kreuz aufnehmen mag. Es giebt eine Lauheit in der Hoffnung, die mit der Verzagtheit ebenso, wie mit der zweifellosen Zuversicht auseinandergeht. Es giebt eine Lauheit in der Liebe, die zwar von Haß nichts weiß, aber mit der Innigkeit und Stärke der Empfindung noch zurückzuhalten pflegt. An Einem gebricht es der Lauheit allewege, schon ihr Name spricht es aus, es ist die Wärme; - die Wärme aber entströmt allein dem Herzen! Da überall muß mithin Lauheit seyn, wo das Herz noch unberührt geblieben, wo das Herz noch nicht eröffnet ward.

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Von hier aus versuchen wir denn des Pilatus Verfahren zu deuten!

Die Lauheit erklärt den aufrichtigen Wunsch, Jesum zu retten, aber die Lauheit entzieht diesem Wunsche auch allen wirklichen Werth. Wir dürfen ihn nicht aus einer Ahndung von der Herrlichkeit, oder auch nur von der sittlichen Reinheit des Erlösers, sondern lediglich aus der natürlichen Eigenthümlichkeit des Richters herleiten. Human wie er war, wie hätte er dem blinden Hasse der Juden ohne weiteres nachgeben, wie hätte er sich eines Wohlgefallens an dem sanftmüthigen und demüthigen Menschensohne erwehren können? Aber sich so natürlich zu geben wie man eben ist, dieß gewohnte Geleise unbeirrt zu wandeln, das vermag man nur in dem Falle, daß keine besondere Erregung der Empfindung eingetreten ist, daß zwar das Auge wacht, aber das Herz noch schläft und ruht. Ist dieses erweckt und ergriffen worden, so nöthigt es den Fuß, seinen Schritt zu beflügeln, von der alten Weise zu lassen, und führt den Beweis, daß es die Herrschaft im inneren Leben ausübe. Hätte das Herz des Pilatus einen Widerwillen gegen Jesum empfunden, er wäre außer Stande gewesen, jenes milde Verfahren zu beobachten, das man ihm oft mit Unrecht zum Ruhme angerechnet hat; hätte sein Herz warm und innig für Ihn geschlagen, er hätte es vermocht, es hätte ihn gedrängt, die Kraft zu entwickeln, die wir so schmerzlich bei ihm vermissen und deren Mangel aus keiner bloßen Charakterschwäche gedeutet werden darf. Diese Partheilosigkeit des Herzens entzieht denn auch jenem humanen Wesen schon in der Beurtheilung Derer allen wahren Werth, welche keinen bloßen Schein, sondern jediegenen Gehalt, aus Mühe und Arbeit gewonnen, durch ernstlichen Kampf erworben, begehren; geschweige, daß es Dem von Grund der Seele zuwider seyn mußte, der an die Herzen sich wendet und als König über sie zu herrschen erschienen war.Die Lauheit macht es begreiflich, daß Pilatus Jesum benußen kann, um sich die verscherzte Gunst des Herodes aufs Neue zu

erwerben. Benußung zu Zwecken der Eigensucht, das ist das Wort, worauf es hier ankommt. Ihr wisset wohl, wie zahlreiche und schmerzliche Klagen die Sache, welche es bezeichnet, uns schon entlockt hat. Ach es kommt der Welt nicht auf unsere Person, sondern lediglich auf die Dienste an, welche wir ihr leisten sollen. Sie will nur unsere Gaben ausbeuten, und läßt uns von Stund an bei Seite, sobald diese Quelle für ihre Selbstsucht versiegt. Das kann man sich am Ende noch gefallen lassen, wenn es sich nur um die Benutzung eines Menschen handelt. Ist es doch unser Beruf, uns untereinander zu dienen, ein jeglicher mit der Gabe, die er empfangen hat nach dem Maße der Gnade Christi. Noch näher liegt wenigstens die Entschuldigung, sobald es gilt, ein unentbehrliches Gut mit Hülfe fremder Kräfte zu erreichen: aber woher mögen wir sie doch nehmen gegenüber dem Bilde, das uns hier gezeichnet wird! In der That, wir müssen es uns bestimmt vor Augen halten, daß Pilatus keine Ahndung von der göttlichen Würde des Heilandes hatte, um nur die Anschauung des Frevels ertragen zu können, welcher nicht einen Menschen, sondern den Christ Gottes zum bloßen Mittel der Eigensucht erniedrigt. Jesus will gebraucht, will von Allen benußt werden, doch nur als der leßte und höchste Zweck selbst, als das Eine Nothwendige, als die köstliche Perle, um derentwillen man Alles mit Freuden dahingiebt. Wir müssen die Blindheit des Heiden in Rechnung bringen, um es ohne Entrüstung mit ansehen zu können, wie er Jesum nicht dazu gebraucht, um durch ihn einer dringenden Verlegenheit zu entgehen, einer bedenklichen Gefahr zu entrinnen, um einen, wenn auch nur für seinen Standpunkt und seine Anschauungsweise bedeutenden Gewinn davonzutragen, ` sondern wie er Ihn in den Dienst des Eitelsten und Nichtigsten, in den Dienst ordinärer Höflichkeit und Convenienz herabzieht, zur Erfüllung des Worts, daß die auf Erden wohnen, sich über dem mißhandelten Heiligen freuen und wohlleben und Geschenke unter einander senden (Offbg. 11, 10). Und doch

ist es nicht sowohl der Unglaube, welcher diese schmähliche Bemuhung des Herrn erklärt, als vielmehr die Lauheit seines Herzens; denn was diesem irgend theuer wird, ja was ihm überhaupt nur nahe tritt, das wird man nie zum bloßen Mittel zu entwürdigen vermögen, am wenigsten zu einem Mittel der armseligsten Eitelkeit; dem Herzen muß es gleichgültig geworden seyn, was ich so tief erniedrigen kann, einen nichtigen Zweck weltlicher Art dadurch zu erreichen. Es ist endlich die Lauheit, welche die sichtliche Freude deutet, mit der Pilatus den Heiland entläßt. Er war sein müde und satt geworden. Aber was mag das Interesse auch rege erhalten, dafern ihm nicht von Seiten des Herzens neue Nahrung zufließt! Alle anderen Beziehungen sind bald erschöpft, alle anderen Bande bald abgenutzt. Es war die Pflicht des Amtes, die den Richter bisher auf Christum gewiesen hatte; er war vor ihm verklagt als Empörer und Unruhestifter; so hatte er die Aufgabe, zu prüfen, zu untersuchen. Es war geschehen zu seiner vollkommenen Ueberzeugung; nach dieser Beziehung hin hatte er denn nichts mehr mit Jesu zu schaffen. Allerdings, es kam gewiß noch ein anderes und höheres Interesse hinzu; die Sprache, die Erweisung, die Antworten dieses Jesus waren so eigenthümlich, so verschieden von allem, was er bisher in Israel gehört hatte, daß der gebildete Mann sich gern eine Zeitlang mit ihm unterredete; aber was ging zuletzt den vornehmen Römer der Zwist zwischen Christo und seinem Volke groß an; einen dauernden Antheil konnte er auch von dieser Seite her nicht an Ihm nehmen; und so mußte der Verklagte ihm endlich beschwerlich fallen. Wie einst Felix zu Paulo sprach: gehe hin für dießmal, wenn ich gelegene Zeit habe, will ich dich rufen lassen, ähnlich ist es auch dem Pilatus zu Sinne; und so heißt er die Gelegenheit willkommen, sich des Herrn zu entledigen, der seine Ruhe zu stören, seine Bequemlichkeit zu beeinträchtigen anfing. Und Der also muß sich als lästig und gleichgültig entlassen sehen, der sich bewußt war, für Zeit und Ewigkeit allen Herzen die volle

Genüge zu geben, der einige Punkt zu sehn, von dem alles Leben ausgeht, zu dem alles zurückkehrt.

Wir werden ebensowohl die Ueberzeugung, daß die Voraussehung der Lauheit das Verfahren des Pilatus hinreichend erfläre, als auch eine Ahndung von dem tiefen Schmerze gewonnen haben, welchen sie dem Heiland zugefügt. Und doch glauben wir vielleicht noch jezt den Eindruck festhalten zu dürfen, daß dieß Stück der Passion dem erträglicheren von alle dem zuzuzählen seh, was zum Leidenskelch des Gotteslammes gehörte. Die Lauheit unterläßt zwar alles, was zum Troste des Herrn gereicht haben würde, aber sie enthält sich doch auch jeder eigentlichen Feindseligkeit, auf welche der ausgesprochene Haß mit Fleiß und Eifer sinnet. Indeß vermögen wir diese Anschauung höchstens so lange zu behaupten, als wir bei dem Bilde des Pilatus verweilen. Wie weit die Lauheit sich verirren kann, davon giebt uns die zweite Hälfte unserer Erzählung ein erschütterndes Beispiel. Auch den Herodes wird Niemand als einen unversöhnlichen Widersacher Jesu betrachten, auch ihn werden. wir nur der Gleichgültigkeit zeihen dürfen; aber wenn geschrieben steht: schauet doch und sehet, ob auch ein Schmerz set wie der meine, - auf den Augenblick möchten wir dieß klagende Wort vornehmlich anwenden, in welchen die fortschreitende Erzählung uns versezt. Es ist St. Lucas allein, welcher uns die Begegnung zwischen dem Erlöser und dem Könige von Galiläa aufbehalten hat; alle übrigen Berichte von der Passion übergehen sie mit Stillschweigen, vermuthlich, weil sie auf die Entwickelung des Schicksals Christi ganz und gar keinen Einfluß ausübte. Aber wir haben alle Ursache, unserem Evangelisten für diese Mittheilung von Herzen dankbar zu seyn. Der Eindruck, den sie hervorbringt, wird bei uns Allen im Wesentlichen derselbe seyn. Die heilige Geschichte erzählt von einem andern Herodes, welcher durch die Weisen des Morgenlandes auf den neugeborenen König der Juden war aufmerksam geworden. Das war der Thrann, dessen Schwerdt durch die unschuldige Brust der Steinmeyer, Beiträge I. 2te Aufl.

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