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nach auf die Welt geblickt habe. Wir haben es schon ausgesprochen, daß eine ähnliche Erscheinung in solcher rohen Aeußerlichkeit gegenwärtig zu den Seltenheiten gehören möge, weil sich eben jezt Frömmigkeit und Gebetsgemeinschaft mit Gott auf das Lob der Welt keine Rechnung mehr machen können. Aber damit wir uns davon überzeugen, daß im inneren Getriebe des Lebens sich ein Gleiches noch immer wiederhole, lasset uns unsere Aufmerksamkeit vorzüglich einem doppelten Falle schenken. Das Gebet wird in der Schrift ausdrücklich als eine Pflicht bezeichnet. Ich will, so spricht St. Paulus, daß die Männer beten an allen Orten, heilige Hände aufheben ohne Zorn und Zweifel; und wiederum ermahnt derselbe Apostel: betet ohne Unterlaß. Mit gleicher Schärfe, wie die Verbindlichkeit aller sittlichen Gebote, wird auch die Verpflichtung zum Beten betont. In der That, es fehlt an Solchen nicht, die von ihr im höchsten Maßstabe urtheilen, daß sie ein leichtes Joch und eine fanfte Last auflege, welche Ruhe für die Seele eintrage, und bei denen daher die Forderung mit dem eigenen innersten Bedürfniß in dem Sinne der Verkündigung zusammenfällt: das ist die Liebe zu Gott, daß wir seine Gebote halten, und seine Gebote sind nicht schwer. Aber wir vermögen ein Gleiches doch nicht von Allen auszusagen; und die nun bloß beten um das Gebot zu erfüllen, die dasselbe als ein lästiges und unbequemes betrachten. und empfinden, die sich Gewalt anthun und zuvor einen Kampf der Selbstverleugnung kämpfen müssen, sind sie im Grunde so gar verschieden von Denen, welche hier die Rüge des Herrn getroffen hat? Ein anderer Fall. Die Schrift ermahnt nicht nur zum Beten überhaupt, sondern ihre Forderungen erstrecken sich auch auf den Gegenstand, welchen es sich erwählen solle. Sie gebietet, den Vater im Himmel vor allen Dingen um die Gabe des heiligen Geistes anzurufen, sie verlangt sodann mit sonderlichem Ernste die Fürbitte, und will, daß dieselbe Beleidiger und Verfolger nicht minder umfasse wie Freunde und Gesinnungsgenossen. Es giebt Christen, welche auch dieser Er

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weckung nicht erst bedürfen. Sie haben den Tröster, den Jesus verheißen, als die höchste Gabe, ja als diejenige erkannt, welche alle wahren Güter in sich schließe, mit sich bringe, so daß sie nichts Besseres, nichts Weiteres zu erbitten wissen; sie selbst haben keine Feinde, und es ist ihnen natürlich, der Gnade auch Die zu befehlen, welche eine feindliche Stellung gegen ihre Person eingenommen haben. Aber die nun nicht so gesinnet sind, die nach irdischen Gütern mehr verlangt, als nach der himmlischen Gabe, die von Haß und Bitterkeit erfüllt sind, ohne vergeben und vergessen zu wollen, könnten sie anders, als mit Gewaltthätigkeit und innerem Widerstreben solch ein Gebet aussprechen? Wenn ihr Mund erflehte, woran ihr Herz keinen Antheil hätte, wäre das so gar fern von der Heuchelei, welche der Herr den betenden Pharifäern zum Vorwurf macht? Da gebräche es an der wahren sittlichen Schönheit, da fehlte es an dem eigenthümlichen Dufte des christlichen Weihrauchs. Jede eigenthümlich christliche Lebensäußerung hat die volle Freiheit zur unerläßlichsten Bedingung. Darin stand der Werth, darin die Kraft des Opfertodes Christi, daß er sprechen durfte: Niemand nimmt mein Leben von mir, sondern ich lasse es von mir selbst; ich habe Macht es zu lassen und es wieder zu nehmen; und darum liebet mich mein Vater, daß ich es lasse von mir selbst; - auf gleicher Voraussetzung beruht noch immer der Werth jedes Opfers, das der Mensch seinem Gotte weiht. Und jene Herrlichkeit voller Wahrheit, die St. Johannes an dem eingeborenen Sohne erschaut und am Geseze vermißt hat, sollte sie sich nicht auch in der Weise auf dem Angesichte der Erlösten spiegeln, daß ihr Thun und Lassen von dem inneren Triebe und von dessen freier Aeußerung, nicht aber von einem zwingenden Buchstaben ausgeht? Wir wissen wohl, welche Bedenken man gegen diese Anschaumgen geltend macht. Wir selbst klagen über unsere Trägheit; und das scheint das einzige Gegenmittel wider dieselbe zu seyn, daß wir uns zum Gehorsam zwingen und das widerstrebende Herz zur selbstverleugnenden Unterwerfung

Steinmeyer, Beiträge 1. 2te Auft.

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unter den göttlichen Willen ganz eigentlich nöthigen. Man fragt, ob wir's denn mit Ruhe abwarten wollen, daß das Herz mit Freiheit das Gute erwähle, che die Hand sich irgend rege; ob's nicht vielmehr wohlgethan sey, daß wir das Fleisch unter den Gehorsam des Geistes gefangen nehmen und unseren Leib betäuben und bezähmen, auf daß er laufe in den verordneten Schranken? Aber lasset es uns nicht übersehen, daß es sich wesentlich anders mit dem Beten als mit dem eigentlichen Thun verhält. Das Gebet ist ein Opfer, welches Gott dargebracht, eine Gabe, welche ihm zu gnädiger Annahme geboten wird. Das wäre ein rohes Gemüth, welches an der menschlichen Gabe ein Wohlgefallen empfände, die mit widerstrebendem Herzen gereicht wird; und der Gott sollte an dem mißmüthig und unwillig gespendeten Opfer seine Freude haben, von welchem es heißt, einen fröhlichen Geber habe er lieb? Opfer und Brandopfer gefallen Dir nicht, so spricht der Sänger; und der Herr selbst fragt: was soll mir die Menge eurer Opfer;-fehet da das göttliche Urtheil über die Gaben, welche nur die Hand, nicht das Herz, nur der Zwang, nicht die Freiheit darbringt. Man sagt, durch Beten lerne man beten, aus dem Unvollkommenen entwickele sich das Vollkommene; aber nur nicht aus der Form das Wesen, aus dem Fleische der Geist! Eitle Hoffnung, daß der Most sich schon finden werde, wenn nur die Schläuche vorhanden sehen! So ausdrücklich auch das göttliche Wort die Pflicht des Betens betont, so ist es doch allezeit eine wundervolle Zartheit, mit welcher es dieß Gebot bespricht. Lasset uns insonderheit auf Ein hervorragendes Beispiel achten. Ihr wisset es, daß der Heiland die Palme der Vollendung allein dem Gebete in Seinem Namen zuerkannt hat. Sollten wir nicht erwarten, daß er denn hierzu seine Jünger recht eindringlich ermuntern werde? Er hat es nicht gethan! Er spricht: bisher habt ihr nichts gebeten in meinem Namen; aber er macht ihnen aus diesem Mangel weder einen Vorwurf, noch auch fordert er ihre Kraftanstrengung heraus, daß sie sich wenigstens

von nun ab diese Weise des Betens zum unverbrüchlichen Gesetze machten; sondern er stellt ihnen einen Tag in Aussicht, wo sie von selbst in Seinem Namen beten würden, weil die alsdann bevorstehende Salbung mit dem heiligen Geiste sie hierzu in den Stand sehen solle. Das ist mithin seine unzweideutige Lehre, daß das Gebet der Ausfluß und die Blüthe von der jedesmaligen Stufe unseres inneren Lebens, daß es ein Höhemesser unserer geistigen Kraft sey; und mit aller Entschiedenheit weiset er jeden Zwang ab, da es nicht frisch und frei dem Herzen entströmt. Freilich will er, daß wir beten um den Geist, beten für die Feinde; aber wenn dieß das Ziel ist, welches unser Aller Gebetsleben erreichen muß, soll deßhalb ein Jeder, wie er eben ist, vor Gott hintreten und thun, als hätte er's bereits ergriffen? Also beten für den Feind, wenn sein Herz von Bitterkeit noch überfließt? beten um den Geist, und weiß kaum, daß ein heiliger Geist ist? Wäre das ein Gebet im Geist und in der Wahrheit, wie es der himmlische Vater begehrt? Aber was vornehmlich würden wir daran vermissen? Es wäre kein Gebet im Verborgenen, und gerade um so weniger ein christliches, je mehr es darnach klingt.

Kehren wir zu Denen zurück, welche Christus als Heuchler bezeichnet hat. Noch ein Zweites tritt uns in ihrer Erscheinung entgegen. Sie hätten es nicht vermocht, das Gebet in den Dienst ihrer fündlichen Eitelkeit zu stellen, der Erscheinung nach die Augen gen Himmel, der Sache nach den Blick auf die Menschen zu richten, wenn ihnen das Beten Etwas hohes und heiliges gewesen wäre, wenn es sich zu allen übrigen Verrichtungen ihres Lebens verhalten hätte, wie der Sabbath zum Werktag. Es gebrach ihnen an der heiligen Scheu vor dem Werke, das sie trieben. Da treten sie auf in den Schulen und auf den Gassen, und falten die Hände und beugen das Knie. Lassen wir uns nicht blenden durch den gewinnenden Schein. Gerade heute könnten wir uns versucht fühlen, darin eine That des Bekenntnisses, ein Zeugniß zu sehen, daß sie sich ihrer

Frömmigkeit nicht schämten; heute, wo es so gar vergessen wird, daß Paulus eben die Männer ermahut, ihre bittenden Hände zu Gott zu erheben, heute, wo das Gebet als die Zuflucht schwacher Gemüther verachtet wird. Täuschen wir uns nicht. Ist es eine Bekenntnißscheu, oder zeugt es nicht vielmehr von einem gefunden Gefühl, wenn wir verlegen werden, so uns Jemand auf der Andacht betrifft, wenn die Röthe der Scham die Wangen Dessen färbt, der sich in solcher Stunde von dem fremden Auge beobachtet sieht? Das ist nicht die Scham des Sünders, der bei einem Werke der Finsterniß ergriffen wird, sondern jene Scheu des geheiligten Gemüths, welche weiß, daß nur des Priesters Fuß das Heiligthum betreten darf, während Alle anderen draußen bleiben, eine Scheu, welche ein Hauptstück der von dem Herrn geforderten Verborgenheit ist. Kein alltägliches Wesen soll sich in unser Beten drängen; nicht in geschäftlicher Weise soll es abgethan werden, sondern „wenn du betest," spricht Christus, „so gehe in dein Kämmerlein und schließe die Thür zu." Sinnvolles und tiefes Wort! Daß wir es nicht zu flach auffassen, dafür hat der Herr selbst Sorge getragen, indem er den Auslegungsgrundsatz in dem unmittelbar vorangehenden Abschnitte angegeben. Er sagt: wenn du Almosen giebst, so sollst du es die Leute nicht sehen lassen, sondern deine linke Hand darf nicht wissen, was die rechte thut. Gleichwie also die That der Barmherzigkeit nicht bloß fremden Augen, sondern in gewissem Sinne selbst den eigenen verborgen werden soll, die Rechte giebt, der Linken bleibt es unbekannt, die Rechte handelt, die Linke ruht und weiß vom Thun der Rechten nichts so soll auch der Beter die Thüre seines Kämmerleins nicht nur dem fremden Fuß verschließen, sondern ausgeschlossen sehen auch die eigenen Gedanken, die dahin nicht gehören, zur Bewahrung vor allem Leichtsinne und vor zerstreuten Sinnen! Und auf daß kein Zweifel übrig bleibe, was er in Gedanken habe, fügt der Heiland endlich noch hinzu: bete zu deinem Vater im Verborgenen. Wir sollen's nicht vergessen, vor wem

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