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Es ist von dem Zwiefachen, was wir bisher erwogen haben, die natürliche Folge, wenn wir dem heiligen Geist endlich das Geschäft zusprechen hören, daß er uns die Kindesrechte beilege, und also beilege, daß wir ohne Schen von ihnen Gebrauch machen, als Gottes Kinder auftreten. Kindesrechte, - was ist doch damit gemeint? Der Apostel giebt unserer Andacht sofort eine bestimmte Richtung; er spricht: „wir haben nicht einen knechtlichen Geist empfangen, daß wir uns abermals fürchten müßten, sondern den kindlichen, durch welchen wir rufen: lieber Vater!" Unter dieß Abba hat er sämmtliche Kindesrechte begriffen; und in der That, sie sind darin verfaßt. Denn die Macht, in diesem Tone zu unserem Gott zu reden, beschließt die Befugniß, von ihm zu erwarten, zu erbitten, was ein Kind vom Vater zu erhoffen, zu begehren berechtigt ist; und das nach einem ungleich höheren Maßstabe, als die menschlichen Verhältnisse es deuten, wie geschrieben steht: so denn ihr, die ihr arg seid, könnet euren Kindern gute Gabe geben, um wieviel mehr wird der Vater im Himmel Gutes geben Denen, die ihn darum bitten. Wohlan, es ist der Geist, der uns diese Rechte geltend machen lehrt. Ohne ihn kommen wir von der Furcht des knechtlichen Wesens nicht los. Ihr kennet die scharfe, tief einschneidende Weise, in welcher der Apostel die völlige Anspruchslosigkeit des Geschöpfs vor seinem Schöpfer beschreibt, wie er gefragt hat: wer bist du doch, daß du mit Gott rechten. willst? Hätte ich je solche Ansprüche gehabt, sie wären verwirkt durch meine Sünde, ich müßte sie Angesichts der himmlischen Klage aufgeben: Kinder habe ich geboren und aufgezogen, aber sie sind abgefallen von mir. Das ist sicher mit ein Hauptzweck jenes Gleichnisses vom verlorenen Sohne, zu zeigen, wie der gefallene Mensch aller Rechte verlustig sey, die er gegen seinen Schöpfer erheben könnte; deßhalb hat der Erlöser seine Darstellung so eingerichtet, daß der gebührende Theil der Güter ihm bereits dargereicht sey, damit offenbar werde, der zurückkehrende Verschwender habe keine Forderung mehr zu stellen, er besize

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kein Recht, auf seine vermeintliche Kindesstellung zu pochen. Sie ist dahin! Kehrt er reuig wieder, so darf er sich nur zum Knechte anbieten, nur die Gnade begehren,,,mache mich als cinen deiner Tagelöhner," und die kindliche Zuversicht ist in die Bangigkeit des Knechts verwandelt. Wie tren sich doch dieser Zug des Gleichnisses in der Erfahrung aller aufrichtigen Gemüther spiegelt! Sie haben es kein Hehl, -wie sie von Natur sind, dürfen sie Kindesrechte nicht geltend machen. Wie? werden sie sich derselben sofort bewußt, sobald sie den Namen Jesu Christi bekennen? Bedarf es eben nur der Anregung, daß sie alsbald mit aller Freudigkeit zu dem Gnadenthrone eilen, um Erbarmen zu erlangen in der Zeit der Noth? Ja wenn nicht unser Glaube selbst manchen Schwankungen unterworfen wäre; wenn nicht selbst auf das gläubig gewordene Herz noch oft die klagende Schilderung des Propheten paßte, es seh ein trozig' und verzagtes Ding; wenn das Bekenntniß ich glaube" die Bitte für immer überflüssig machte: hilf meinem Unglauben! Es ist der Geist, welcher uns die Kindesrechte also beilegen kann, daß wir einen ernstlichen und stetigen Gebrauch von ihnen zu machen wagen. Gleichwie er allein die Sicherheit des Bewußtseyns giebt, daß wir Gottes Kinder sind, also verleiht er auch den Muth, die Stellung des Kindes dem Vater gegenüber einzunehmen, bittend und begehrend vor ihm zu erscheinen. Die ängstliche Frage, ob wir fordern, ob wir hoffen dürfen, gehört dem knechtlichen Wesen an, und kann den hellen Spiegel des kindlichen Gemüths nun nicht mehr trüben. Hier "gilt, was Johannes sagt: das ist die Freudigkeit, die wir zu ihm haben, daß, so wir Etwas bitten nach seinem Willen, so höret er uns, und so wir wissen, daß er höret was wir bitten, so wissen wir, daß wir die Bitte haben, die wir von ihm gebeten haben (1. Joh. 5, 15.). Ist das Anmaßung? Wer könnte von ihr ferner seyn, als der die Rechte gebraucht, die Gott selbst ihm gegeben und versiegelt hat! Ist das Hochmuth und Ueberhebung? Wie könnte die Demuth sich schöner erweisen, als wenn

sie eine Würde geltend macht, die auf keiner steinernen Tafel geschrieben steht, sondern durch den Griffel des Geistes in's Herz gegraben ist! Heißt das der Gnade vergessen, deren unverdienter Barmherzigkeit wir alles zu verdanken haben? Eben weil man dieser Gnade gedenkt, tief sie fühlt, innig sie preist, weil man sie klar erkennt und richtig schäßt, eben deßhalb vergißt man nimmer, sie treulich zu gebrauchen! Sehet da die herrliche Freiheit der Kinder Gottes; der Herr ist der Geist, und wo des Herrn Geist ist, da ist Freiheit!

Wir haben uns von verschiedenen Seiten davon zu überzeugen gesucht, daß die Gotteskindschaft eine Gabe des heiligen Geistes sey. Allerdings war die Absicht nur die, an einem einzelnen Beispiele zu zeigen, wie alles, was Gott in Christo an uns beabsichtigt, das Siegel der Vollendung allein durch den Geist empfange. Aber was wir schon anfangs hinzufügten, daß dieß Beispiel ein sonderlich hervorragendes sey, diese Empfindung wird jezt unsere Herzen mit verdoppelter Kraft durchgehen. Wiewohl es dem Apostel in dem Zusammenhange unseres Textes nur darauf ankam, die Gotteskindschaft als Geistesgabe zu erweisen, so kann er es doch nicht lassen, von hier aus auf das liebliche Loos Derer hinzuweisen, welche diese Gabe empfangen haben. In der damaligen Lage der Christenheit drängte sich als die nächste Anwendung diese auf, wie alle Leiden der Zeit, Hunger und Blöße, Fährlichkeit und Schwerdt zu der Höhe der Kindesseligkeit nicht hinaufreichen, und weit entfernt, sie zu verkümmern, vielmehr zu ihrer Steigerung wirksam seyen; denn wir rühmen uns der Trübsal, so fügt Paulus hinzu, auf daß, so wir anders mit leiden, wir auch mit zur Herrlichkeit erhoben werden. Aber auch bei uns wird diese Anwendung einem tief empfundenen Bedürfniß entgegenkommen, und wäre es nicht um eines persönlichen, so doch gewiß um des allgemeinen Druckes willen, welcher jetzt auf jeglichem Herzen lastet. So giebt es also eine Würde, die uns nie genommen werden kann, weil die Welt sie nicht verliehen hat; was wir auch verlieren, Gut,

Ehre, Gesundheit, Leben: diese gute Beilage wird uns bewahrt in Zeit und Ewigkeit. Was uns ferner unsere Stimmung auch verderben, was uns schmerzlich berühren mag: Eine Seligkeit bleibt uns unverkürzt und kann alle Trauer überwinden, es ist der Friede der Gottesfinder. Ja welche Rechte man uns endlich kränke, welche Knechtschaft man uns auflege: Ein Recht behalten wir fest und sicher, das Kindesrecht, unser Abba vor Gott auszusprechen. Das ist die pfingstliche Festfreude. Durchgeht sie wirklich unsere Herzen? Sind wir Kinder in dem Sinne, wie der Apostel es meint? Damit wir es werden, lasset uns dem Geiste unsere Herzen öffnen, lasset uns streben nach dieser besten Gabe. Auf Neden mit Menschen und mit Engelzungen, auf Zeichen und Wunder, wie sie an dem ersten Pfingstfeste geschahen, wollen wir gern verzichten; aber daß der Tröster in uns wohne und uns zu Gottes Kindern mache, das seh das Pfingstgebet, darin wir nicht ermatten, dazu wir uns auch jetzt vereinigen und sprechen: Komm, heiliger Geist, Herr Gott, besuche die Herzen der Menschen dein, mit Gnaden sie fülle, wie du weiß'st, daß dein Geschöpf soll vor dir seyn. Amen.

Vom Hausbau.

In der festlosen Zeit.

Evangelium Luca Cap. 6. V. 46-49.

„Was heißet ihr mich Herr, Herr! und thut nicht was ich euch sage? Wer zu mir kommt und höret meine Rede, und thut fie, den will ich euch zeigen, wem er gleich ist. Er ist gleich einem (klugen) Menschen, der ein Haus bauete, und grub tief, und legte den Grund auf den Fels. Da aber das Gewässer kam, da riß der Strom zum Hause zu, und mochte es nicht bewegen; denn es war auf den Fels gegründet. Wer aber höret und nicht thut, der ist gleich einem (thōrichten) Menschen, der ein Haus bauete auf die Erde ohne Grund; und der Strom riß zu ihm zu, und es fiel bald, und das Haus gewann einen großen Riß."

Die

ie evangelische Geschichte enthält zwei Gleichnisse, welche nicht nur durch die Verwandtschaft ihres Inhalts, sondern insbesondere auch durch die Stellung, welche sie einnehmen, den Eindruck hervorbringen, daß sie in einer wechselseitigen Beziehung zu einander stehen. Das Eine, welches den Anfang der ganzen prophetischen Thätigkeit unseres Heilandes bezeichnet, haben wir so eben vernommen; aber auch das andere, welches ihren Schlußpunkt bildet, ist uns Allen bekannt. Es ist jene Erzählung von den Jungfrauen, denen es am Tage der Entscheidung am Dehle gebrach, und die deßhalb vergeblich um Einlaß zur Hochzeit des Lammes gebeten haben. Wir rechnen mit Zuversicht auf die Anerkennung, daß beide geschichtliche Darstellungen zu dem Erschütterndsten gehören, was aus dem Munde des

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