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wir uns dadurch nicht irre machen; sey es uns vielmehr eine Aufforderung, dem Gegenstande die ernste Erwägung zu schenken, die er wahrlich verdient. Und so wollen wir

die Verantwortlichkeit des Menschen für sein irdisches Ergehen

zum Gegenstande unserer Betrachtung machen. Es ist ein Zwiefaches, woraus wir dieselbe zu erweisen gedenken; aus der Frage zuerst, welche der Herr an den Kranken richtet, aus der That zum andern, die Er an ihm vollzieht.

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Willst du gesund werden? sehet da die Frage, mit der sich Jesus an unseren Kranken wendet. Wenn wir uns dazu nicht entschließen können, in derselbigen eine leere nichtssagende Phrase zu sehen, so wüßten wir nicht, welch' eine andere Auslegung noch übrig bliebe, als daß der Herr den Mangel des Willens als die Ursache des fortdauernden Leides, und die Belebung und Kräftigung dieses Willens als die unerläßliche Bedingung der Erledigung davon bezeichnen wolle; „du hast nicht gewollt, daher bist du noch nicht genesen; che du nicht willst, schlägt dir nimmer die Erlösungsstunde." Auf vereinzelte Fälle werden wir Alle schon getroffen seyn, wo wir genau dasselbe Urtheil fällen mußten. Es giebt ja einen Eigensinn und eine Verbitterung, welche jede Hülfsleistung verschmähet; es giebt eine Trägheit und Schlaffheit, die zu jedem Versuche unlustig und untüchtig macht; es giebt eine Gewöhnung an ein bestimmtes Leiden, welche mit der Hoffnung auch den Wunsch nach Befreiung fallen läßt; und hier überall haben wir das Recht zu dem Vorwurf: ihr habt es also gewollt! Aber freilich, anders, denn als unnatürliche Ausnahmen möchten wir diese Erfahrungen nicht bezeichnen. Sonst haben wir's ja doch immer erlebt, daß jede wirkliche Trübsal den heißesten Wunsch nach Erlösung und gleichzeitig das ernstliche Streben nach ihrer Ueberwindung erweckte; und so oft nun Wunsch und Wille, Ringen und Trachten erfolglos blieb, pflegten wir unbedenklich einen höheren Rathschluß als die Ursache der andauernden

Schmerzen anzunehmen. Das, sagten wir, gehöre zu den unbegreiflichen Schickungen des allmächtigen Gottes, dessen Wege nicht unsere Wege, dessen Gedanken nicht unsere Gedanken find, dem Niemand Etwas zuvorgegeben, der Niemand zu seinem Rathgeber erwählt hat. Und dieß ist die Anschauung, die man ganz eigentlich als die wahrhaft christliche zu bezeichnen pflegt. In der That, es kann als ein unweises, ja als ein frevelhaftes Beginnen erscheinen, solch eine Ueberzeugung irgendwie erschüttern zu wollen. Ist ja dieses doch der Trost, mit welchem wir uns und Andere aufrichten in den Tagen, die uns nicht gefallen, daß Gottes Hand über uns walte, daß seine Weisheit einem Jeden gerade das Kreuz zubereite und auflege, was eben ihm heilsam und selig ist. Ist ja dieses doch der Gedanke, in welchem wir unseren Frieden und unsere Ruhe suchen, daß kein eigenes Rennen und Laufen, sondern allein Gottes Erbarmen die Ruthe unserer Schulter und das Joch unserer Last zerbrechen könne, und zu der Zeit, die er seiner Macht vorbehalten, auch von uns nehmen werde; des Menschen Thun steht nicht in seiner Gewalt, und ist in Niemandes Macht, wie er wandle oder seinen Gang einrichte; Loos wird geworfen in den Schooß, aber es fällt wie der Herr will. Ist ja dieses doch die Ermahnung, welche das göttliche Wort nicht müde wird, uns immer aufs Neue einzuschärfen, daß wir den eigenen Willen beugen unter den höheren, göttlichen, nicht wie ich will, sondern wie du willst, daß wir uns demüthigen unter seine gewaltige Hand und mit sanftem und stillen Geiste die Rechtfertigung der ewigen Liebe auch in den schmerzlichen Fügungen des äußeren Lebens erwarten sollen. Christliche Demuth, Geduld und Hoffnung, diese vor Gottes und der Menschen Augen wohlgefälligen Tugenden, scheinen hierin ihre fruchtbare Wurzel zu haben; und welche gesündere, welche wohlthuendere Herzensstellung könnten wir uns denken, als wenn ein lange und schmerzlich geprüfter Dulder spricht: und währt es auch bis in die Nacht und wieder an den Morgen, alles Ding hat seine

Steinmeyer, Beiträge I. 2te Aufl.

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Zeit, Gottes Lieb' in Ewigkeit! Aber so innig wir uns nach der Einen Seite hin solch einen Sinn anwünschen, so müssen wir doch Angesichts der Frage des Herrn die Vermuthung, nein die feste Ueberzeugung aussprechen, daß nur eine halbe Wahrheit darin enthalten seh. Sammeln wir unsere Gedanken. Wir wenden uns zunächst an euer Gemüth, aber mit dem bindenden Versprechen, keinen Mißbrauch mit den Vortheilen zu treiben, welche solch eine Berufung einzutragen pflegt. Der Text hat uns an die Stätte alles menschlichen Jammers geführt. Ueberschauet denn alles Leid, was sich in Hütten und Palästen vorfindet; oder um den Gesichtskreis zu beschränken, überschauet alle die Noth, welche nur die Mauern unserer volfreichen Stadt umschließen, wie Krankheit und Armuth, wie der Tod und mannichfache Verluste sie zu Wege bringen; überschauet die ganze Trostlosigkeit der Lage von Tausenden, wofür die Worte fehlen und die Bilder schwinden, - und nun lasset euch die Frage vorlegen: ist das wohl Gottes Wille? wenn das Auge der ewigen Liebe darauf herniederschaut, ob es auch darüber heißt, wie am Anfange der Creatur, es seh Alles sehr gut? Wir werden uns ohne Zweifel in der Antwort begegnen: solches könne Gottes guter und gnädiger Wille nimmermehr sehn! Sondern was uns von dem Heiland erzählt wird, daß ihm Angesichts der bevorstehenden Gräuel der Verwüstung, daß ihm gegenüber dem Grabe des Freundes und der Thräne der Schwestern die Augen übergegangen sehen, das entspricht sicher auch den Empfindungen des göttlichen Vaterherzens, welches selbst versichert hat, daß es breche im theilnehmenden Mitgefühl. Darum wie fest wir auch in dem Glauben gewurzelt sehen, daß ohne Gottes Geheiß kein Haar von unserem Haupte falle, so wenig wie der Vogel vom Dache, unser Gefühl wird nicht aufhören, sich wider die Anerkennung zu sträuben, daß folch' ein Jammer göttliche Ordnung, göttlicher Wille sey. Aber wie gesagt, wir wollen diese Entscheidung des Gemüths nicht als eine endgültige betrachtet wissen; gerade in einem solchen

Falle gilt es, der klaren und besonnenen Erwägung ihr unverkümmertes Recht zu wahren. Wir besitzen für die Erkenntniß des göttlichen Willens und der göttlichen Werke nur Eine Quelle. Niemand hat Gott je gesehen; der eingeborene Sohn, der in des Vaters Schooße ist, der hat es uns verkündiget. Was der Sohn thut, das ist uns Gottes Werk; was der Sohn geredet hat, darunter beugen wir uns als unter die ewige göttliche Wahrheit und Weisheit. Hierauf denn auch den Blick, wenn wir Gottes Verhältniß zu den Leiden dieser Zeit erkennen wollen. Es ist uns für unseren gegenwärtigen Zweck im höchsten Grade erwünscht, daß unser Heiland eben in Beziehung auf die Krankenheilung, davon der Text erzählt, in die Worte ausgebrochen ist: wahrlich, wahrlich, ich sage euch: der Sohn kann nichts von ihm selber thun, denn was er siehet den Vater thun; denn was derselbige thut, das thut gleich auch der Sohn; der Vater aber hat den Sohn lieb und zeigt ihm Alles, was er thut, und wird ihm noch größere Werke zeigen, also daß ihr euch verwundern werdet. In diesen hellen Spiegel, der nie ein falsches und ungetreues Bild zurückwirft, lasset uns auch jetzt hineinschauen. Wir haben Jesum Christum an manchem Siechbett stehen sehen; man hat manche Blinde, Aussätige, Gichtbrüchige zu ihm geführt; was hat er gethan? Er hat sie geheilt! Wir finden ihn wiederholt umgeben von Hungernden, die in Gefahr waren, in der Wüste zu verschmachten; was hat er gethan? Er hat sie gespeist! Wir treffen ihn am offenen Grabe, im Hause des Todes; was hat er gethan? Er hat lebendig gemacht und die unterbrochene Gemeinschaft wiederhergestellt! Wisset ihr Einen Fall, wo er mit Krankheit geschlagen, mit Hunger geplagt, mit Tod und Verderben gestraft hätte? Des Menschen Sohn ist nicht gekommen, der Menschen Seelen zu verderben, sondern sie zu retten! Dieß sind Thatfachen, nicht bloße Behauptungen. Den wir aber also walten sehen, der versichert, er sey Eins mit dem Vater, der spricht eben im Hinblick auf dieses Walten und Wirken: was er sehe den Vater

thun, das vollbringe auch Er, sein ganzes Leben und Thun sey nichts anderes, als der Abglanz und Ausdruck des göttlichen Willens! Wie? wenn alle die Noth, die uns umgiebt, in Gottes Willen begründet wäre, würde alsdann nicht Christus, der heilende Arzt, der sørgende Hausvater, der Todesüberwinder, als Der wider Gott streitet erfunden werden, — aufhebend was Gott geordnet, vernichtend was Gott verhängt hat? Ist des Heilands Wirken ein Vollenden der Werke Gottes, so bleibt uns keine andere Annahme, als diese: nicht das Leid ist Gottes Wille, sondern die Ueberwindung des Leides; es darf als ein Feind angeschaut werden, dem gegenüber die Losung gilt: mit Gott wollen wir Thaten thun, er wird unsere Feinde untertreten. Gott will nicht Schwachheit und Krankheit, sondern daß wir neue Kraft empfangen und auffahren mit Flügeln wie Adler, laufen ohne müde, wandeln ohne matt zu werden. Gott will nicht Darben und Entbehren, sondern daß wir satt werden von den Gütern seines Hauses, getränket mit Wonne als mit einem Strome. Gott will nicht den Seufzer seiner Creatur, sondern daß ihn loben alle seine Werke an allen Orten seiner Herrschaft, daß sie ihm danken, weil er alle ihre Gebrechen heilt und krönet sie mit Gnade und mit Erbarmen. Gott will nicht den Tod, sondern daß wir errettet werden und leben. Gedenken wir an einzelne unzweideutige Aeußerungen unseres Herrn auf diesem Gebiete. Ist euch nie die Weise aufgefallen, in welcher Er sich gegen die Pharisäer rechtfertigt über eine am Sabbath_vollzogene Heilung? Sollte ich nicht, so fragt er (Luc. 13, 16), dieses Weib, die doch Abrahams Tochter ist, von ihrem Bande lösen, welche Satanas gebunden hatte nun wohl achtzehn Jahre? Es ist nicht Gottes Wille, aus dem er die Krankheit ableitet, sondern ein widergöttlicher; diesen widergöttlichen Willen zu brechen, bezeichnet er als seinen Beruf, und jene Bande zu lösen als ein rechtes, wohlgefälliges Sabbathswerk. Und wenn er von dem Blindgeborenen ausdrücklich sagt, er sey deßhalb blind geboren, auf daß Gottes Werke offenbar würden, oder

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