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Sünden tilgen sollte, zu bisher noch unbekannter Sünde Veranlassung wird. Aber wer hätte tieferes Leid darüber tragen können, als Er selbst, mit welchem dieß neue Leid in die Welt gekommen ist! Sehet da die Rechtfertigung, daß es zunächst ein Wort der Klage sey, in welches der Heiland ausgebrochen ist.

Als solche freilich wird sie nicht vermögen sich für die Länge zu behaupten. Ein jedes Leid, das sich fühlbar macht, hat seinen schuldigen, verantwortlichen Urheber; darum verwandelt sich die Klage von selbst in eine Anklage. Wen wird sie treffen? Wir haben es zu sehr an der Gewohnheit, den Grund aller Aergernisse außer uns zu suchen, als daß wir nicht auch in diesem Falle eine Selbstrechtfertigung versuchten. Töne denn sofort inmitten dieser entschuldigenden Gedanken das Wort des Herrn hernieder, auf daß es uns sprechen lehre: Du, Herr, bist gerecht, wir aber müssen uns schämen; du behältst Recht in deinen Worten und bleibst rein, wenn du gerichtet wirst. Selig ist, der sich nicht an mir ärgert! Selbst Diejenigen unter uns, welche es gelernt haben, ohne Befremden die hohen Ansprüche zu hören, die unser Herr und Heiland zu machen pflegt, weil sie es wissen, er ist nicht von dieser Welt, selbst sie werden erstaunen über das Selbstgefühl, das sich in diesem unscheinbaren Wort zu Tage legt. Es ist das höchste, was Jemand von sich aussagen kann; denn es beruht nicht bloß auf dem Gefühle der fleckenlosen Heiligkeit und Reinheit, sondern zugleich auf dem Bewußtsehn der höchsten Liebenswürdigkeit; es macht den Anspruch, daß Ihm der Gruß des Psalms gebühre: du bist der Schönste unter den Menschenkindern, holdselig sind deine Lippen! Versuchet, es einem Menschen in den Mund zu legen, und wäre es unter den Besten der Auserwählteste, — ihr würdet erschrecken vor einer Anmaßung ohne Gleichen. Ich will den Fall sezen, ich könnte mir das Zeugniß geben, daß ich's redlich meine mit allen Menschen, daß meine Seele nichts wisse von Bosheit und Falschheit, von Mißgunst und Neid; ich mag's mir auch fest

vorgenommen haben, mit aller Vorsicht und christlichen Weisheit zu wandeln: wenn es dennoch geschieht, daß der Eine oder der Andere sich an mir ärgert, steht mir alsdann die Sprache zu: ich kann nichts dafür, es liegt an ihm? Habt ihr wohl bemerkt, daß der Apostel Paulus, da er um die Vollendung der philippischen Christen betet, ein Zwiefaches von einander scheidet, das Eine, daß sie lauter, das Andere, daß sie auch unanstößig erfunden würden? So fällt ihm die Lauterkeit der Gesinnung noch lange nicht mit der vollen Unanstößigkeit zusammen; und wenn er so oft und eindringlich, ja wenn er insonderheit gereiftere und geförderte Christen ermahnt, „lasset uns Niemand ein Aergerniß geben;" „schet zu, daß eure Freiheit nicht gereiche den Schwachen zum Anstoß,“ so spricht er jedem. geschaffenen Geiste die Vollkommenheit ab, die zu dem Worte berechtigt: selig, der sich nicht an mir ärgert! Das ist die Ueberschrift, die allein dem Bilde des Gottessohnes gebührt. Jenes strenge Gericht, das Er allen Denen gedreht hat, die Aergerniß anrichten; das Urtheil, daß die Versenkung in's tiefste Meer nicht heranreiche an die Strafe Derer, die den Geringsten unter den Seinen ärgern würden; der tiefe Unwille, den er aussprach, so oft er selbst geärgert wurde, - das Alles macht uns darauf gefaßt, daß er, so viel an ihm war, jeden Anstoß werde vermieden haben, den die Welt an seiner Erscheinung nehmen. konnte. Er hat's gethan; er hat auf unzweifelhafte Rechte verzichtet, damit nur Niemand sich ärgere. Die Kinder sind frei von Zoll und Zins," so spricht er zu Petro, aber auf daß sie sich nicht ärgern, reiche den Groschen dar.“ „Solches habe ich „damit ihr euch nicht

zu euch geredet," sagte er zu den Jüngern,

ärgert.“ Und wenn er's den Zwölfen voraussagt: in dieser Nacht werdet ihr euch Alle an mir ärgern, seinerseits hatte er es an Bitten und Ermahnungen, an Mittheilungen und Aufschlüssen nicht fehlen lassen, um diesen Erfolg zu verhüten. Aber je treuer Er in dieser Herablassung an die Schwachen gewesen war, desto besser stand es ihm an, alle Schuld der Aergernisse auf

die Schultern Derer zu legen, welche sie nahmen; so wird seine Klage zur Rüge.

Streng und hart lautet es freilich, wenn uns gesagt wird: wo ihr euch irgend an Christo ärgert, es ist eure Schuld, eure Sünde; tiefe Demüthigung, bittere Wahrheit; aber je folgenreicher sie ist, desto fester wollen wir uns von ihr zu überzeugen suchen. Die Geschichte des Herrn giebt zahlreiche Beispiele von einem sträflichen Muthwillen, der den Anstoß an ihm geflissentlich aufsuchte. Sie wollten sich an ihm ärgern, damit sie ihren Haß gegen ihn vor sich selbst zu begründen und die Verfolgung des Gehaßten vor der Welt zu rechtfertigen vermöchten. Das war ja wohl der erste Fall, wo die Erscheinung Christi zum Aergerniß gereichte, da er in der Schule zu Nazareth_das angenehme Jahr des Herrn geprediget und buchstäblich Alles das verkündiget hatte, was er auch Johanni dem Täufer ins Gefängniß entbieten ließ. Die Hörer selbst konnten sich nicht des Wohlgefallens an den holdseligen Worten erwehren, die aus seinem Munde kamen; wohlan, was wenden sie vor, da sie dennoch Hände voll Zornes und Zweifels an den Gesalbten Gottes legen? Ist das nicht Josephs Sohn? so fragten sie und stießen ihn zur Stadt hinaus. Heißt das nicht dem Aer= gerniß muthwillig nachdenken? Das war ja wohl der lette Fall, wo das Aergerniß an Christo sich bis zum Zorn des Wahnizes steigerte, da der Hohepriester seine Kleider zerriß und sprach: was bedürfen wir weiter Zeugniß? ihr habt seine Gotteslästerung gehört. O so gut wir in die tiefe Heuchelei dieses versteckten Unwillens hindurchblicken können, eben so deutlich erkennen wir die teuflische Absicht, welche dieß Aergerniß mit Fleiß gesucht hat. Es sind das Beispiele, wo die zum Grunde liegende muthwillige Sünde sich gar nicht verkennen läßt. Aber wenn wir immer Denen Beifall geben mögen, welche sie als seltene Ausbrüche der tiefsten Herzensbosheit beurtheilen,

auch die milderen Formen führen zu keinem wesentlich_anderen Ergebniß. Immer und immer wieder ist es doch eine

geheime Sündenliebe, die, wie sein sie sich auch verberge, dem forschenden Auge erkennbar wird. Ja sehet, diese starke, reine und heilige Liebe, von welcher die ganze Erscheinung des Herrn getragen wurde, mußte von Seiten der Welt nothwendig als ein stillschweigender Vorwurf über ihre Lauheit und Kälte, über ihre Selbstfucht und ihren Eigennutz empfunden werden. Diese Sanftmuth und Herzensdemuth, die des Menschen Sohn nie verleugnete, konnte den Widerwillen der Hoffährtigen und Stolzen so wenig schuldig bleiben, wie sein vollendeter Gehorsam gegen den himmlischen Vater Diejenigen wohlthuend zu berühren vermochte, welche nimmer gehorchen und immer nur herrschen wollten. Und wenn wir zu dieser stillen Predigt seiner Erscheinung die laute Rüge seines ernstlich strafenden Mundes nehmen, hätte auch nur Einer dem Aergerniß ausweichen mögen, der sich vor ihm und gegen ihn behaupten wollte? Daß er so ganz anders ist, als wir, daß er uns ganz anders haben. will, als wir sind und vielleicht zu bleiben wünschen, das ist die unversiegliche Quelle des Mißfallens an ihm, deßhalb wird sein Name, diese ausgeschüttete Salbe für alle zerstoßenen Herzen, eine bittere Wurzel des Zornes für die, so im Rathe der Spötter sigen und auf dem Wege der Sünder wandeln. Auch in diesen Fällen also läßt sich die eigene Schuld nicht hinwegleugnen. Aber wir halten den Vorwurf endlich auch da aufrecht, wo er selbst dem strengeren Richter als zu hart und unverdient erscheinen könnte. Eine offenbare Sünde lag freilich nicht zu Tage, wenn auch ein Johannes sich an Christo ärgerte, es ist nur die Schwachheit, deren wir ihn anklagen, wenn überhaupt anklagen dürfen. Hatte er anderes erwartet, andere Thaten, andere Wege zu dem großen Ziele hin? Ging alles so ganz gegen seine Berechnungen? Hat er von einer schnelleren Entwickelung, von einer siegreicheren Heldenlaufbahn geträumt? Hat auch er und wäre es nur einen leisen Anflug von irdischen Messiashoffnungen gehegt? Wie dem immer seh, jedenfalls erblicken wir die Spuren menschlicher Beschränktheit, welche die

Tiefe und Höhe göttlicher Gedanken nicht zu fassen vermag. Johannes ist ein fremder Knecht; über ihn haben wir nicht zu richten. Er war und blieb ein Mann des Alten Bundes, der nicht berufen war, ins Himmelreich zu kommen, dessen Mission zu Ende ging, da er den Bräutigam mit der Braut vereinigt hatte, dessen Freude über die Simeonsfreude nicht hinausgehen konnte; vermochte er, der Knecht, nicht zu verstehen, was der Sohn in Gottes Hause that; war der Prophetenblick, so hell für die Zukunft, nicht wacker genug für die Beurtheilung des Gegenwärtigen: das kann eine Hoheit und Würde nicht verdächtigen, der Jesus selbst sofort ein kostbares Denkmal sezt. Sehen wir von seiner Person denn ab! Aber über die Schwachheit und Thorheit dürfen wir richten, welche sich noch jezt in frömmeren Seelen an Christo ärgert. Die wir uns entrüsten über das sanfte Regiment, welches der Heiland führt, über seine Langmuth gegen die Sünder, über sein Walten in unserem vielleicht kreuzvollen Leben, die wir uns nicht finden können in die Wege der himmlischen Weisheit, wir sind des Hochmuths schuldig, der die willige und unbedingte Beugung scheut, wir sind des Dünkels Beute, der seiner Schranken vergißt, und ausgeschlossen aus dem Kreise der Seligen, die von keinem solchen Anstoß wissen, verfallen wir der Rüge des Gegentheils. Nehmen wir diese Rüge dankbar hin, gebrauchen wir sie mit treuem Fleiß. Sie kann uns als Prüfstein unserer Herzen, als Höhemesser unseres geistlichen Lebens die wichtigsten Dienste leisten. Wunderbar, in demselben Zusammenhange, in welchem Simeon weißagt, daß sich Viele an Christo ärgern würden, verheißt er zugleich, daß durch ihn die Herzen sollten offenbar werden. Ja das Maß deiner Aergernisse an dem Herrn ist genau das Maß deiner Sünde. Erst wenn er dir ganz und gar gefällt, bist du ein Mann nach Gottes Herzen, vollkommen, zu allem guten Werke geschickt; und so lange dich noch Manches, noch Vieles in seinen Worten oder Werken verwundert oder verlegt, befremdet oder erzürnt, wohlan, genau an eben so vielen Orten

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