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verklären, dafern sie irgend ihre Geschichte, dafern sie nur sich selbst verstanden. Nicht anders verhält es sich mit uns. Höret das Wort alttestamentlicher Weisheit: Gott hat den Menschen aufrichtig gemacht, aber sie suchen viele Künste; oder, wie St. Johannes es erklärt, sie betrügen und verführen sich selbst und die Wahrheit ist nicht in ihnen. Die Sehnsucht nach einem Heiland, die Messiashoffnung, welche Gott selbst in unsere Brust gelegt hat, ist nicht ein Keim neben vielen andern, sondern derjenige, welcher zur Alleinherrschaft erwachsen soll. Jene übrigen Bedürfnisse, von denen wir reden, jene weiteren Wünsche, die wir hegen, sie sind sämmtlich erst gemacht, sie sind gepflegt von einer Kunst, welche die Natur zur Unnatur verbildete. Durch diese Kunst geschieht's, daß nur das halbe Herz mit mattem Zuge nach dem Heil verlangt, daß bald nur noch ein. Rest von Sehnsucht übrig bleibt, daß auch dieser endlich gar erstirbt und die innere Unwahrheit vollendet wird. Das war die Regel geworden, als Jesus in sein Eigenthum kam. Sie waren wohl stolz auf ihren Namen, und wußten doch kaum, was er bedeute, wozu er verpflichte; sie sprachen wohl viel von dem verheißenen Erlöser, aber das Bekenntniß der Lippen war tein Ausdruck einer innigen und zuversichtlichen Hoffnung. Tausend taube Aehren, und Ein Mal ein Fall, wo eine Frucht zu Tage lag. Nathanael war ein solcher. Der Acker, wo der Same der Verheißung gediehen war, erschien geschickt, einen viel edleren aufzunehmen. Der Mann, der im Geringeren treu gewesen war, versprach auch im Größten treu zu seyn. So sollte, nachdem der gesuchte Christus seines Herzens Mittelpunkt gewesen war, fortan der gefundene die Sonne werden, um die sein ganzes Leben seine Bahn beschrieb; der rechte Israelit ward ein rechter Christ. Das war sein Segen und Lohn. Hatte der Heiland an ihm die Aufrichtigkeit anerkannt, so hat er selbst uns damit auf eine Erfüllung der schönen Verheißung gefaßt gemacht: Gott läßt es den Aufrichtigen gelingen! Zn der That giebt unsere Erzählung davon ein liebliches und lehr

reiches Bild. Es ist ein Zwiefaches, was sie uns von dem Jünger mittheilt; ebentarin aber vermögen wir ebensowohl die Fäden der wirklich angeknüpften Gemeinschaft, als auch die offenbaren Früchte der Aufrichtigkeit zu erkennen.

Jesus, so beginnt der Evangelist, sah den Nathanael zu sich kommen. Gehen wir nicht zu flüchtig über diesen einfachen Ausdruck hinweg. Es ist merkwürdig, wie häufig und mit welcher entschiedenen Betonung die Schrift das Herzutreten zu Jesu als das vor allem Nothwendige bezeichnet hat. Kommet und sehet, so spricht der Herr zu den beiden Jüngern, die ihn gefragt hatten: Meister, wo bist du zur Herberge? Komm und siehe, so ermahnt Philippus den Nathanael; kommet und sehet, so rufet das samaritische Weib den Männern von Sichem; und also schließt das gesammte göttliche Wort: der Geist und die Braut sprechen, komm; und wer es höret, der spreche, komm. Weil es hieran fehlt, darum gebricht es am Glauben. Denn das werdet ihr noch immer erlebt haben, daß alle absprechenden Urtheile, die über das Evangelium von Christo gefällt werden, aus dem Munde Solcher gehen, die es nur von weitem her, nur vom Hörensagen kennen, ohne je näher herbeigekommen, mit eigenen Augen gesehen zu haben. Das Kommen erscheint freilich als eine gar einfache That, und doch ist es nicht nur ein entscheidender Schritt, sondern es setzt auch einen kräftigen, sittlichen Entschluß voraus. Denn ein solches Herzutreten haben wir nicht im Sinne, wie wir's an jenen bedürftigen Schaaren bemerken, welche die Wunderkraft seiner heilenden Hand zu ihm leitete; sondern ein Kommen, lasset es uns einerseits vermöge des Ausdrucks der Volkssprache als ein Kommen aus heiler Haut, und andererseits nach dem hohen Worte des Herrn als ein Nachgeben gegen den wahrhaft gefühlten und wohlverstandenen Zug des Vaters beschreiben; ein Kommen nicht des Einfalls, nicht der Anregung von außen her, sondern eines in der Tiefe des Gemüths gefaßten und von lebendiger Hoffnung getragenen Vorsatzes: ich will mich aufmachen und zu dem Herrn Eteinmeyer, Beiträge 1. 2te Aufl.

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gehen. Ohne ein solches Kommen kann das Evangelium Niemand selig machen. Die bloße Kunde, die wir empfangen, die bloße Botschaft, die wir Anderen bringen, ist so lange eine vergebliche, als sie diesen kräftigen Trieb des Herzens schuldig bleibt. Der da gekommen ist, zu suchen was verloren ist, der verlangt, daß die Verlorenen sich finden lassen, das heißt, daß sie selbst suchen, wie sie suchen können, selbst kommen, so gut sie kommen können. Nathanael kam. Zhn am wenigsten vermochte die bloße Ladung des Freundes zu diesem gesegneten Gange zu bestimmen. Es war ebensowenig ein bloßes Vorurtheil, als ein thörichtes Bedenken, wenn er sagt: was kann aus Nazareth Gutes kommen? Wies doch in der That die Verheißung der Schrift auf eine andere Stätte, von wannen der Heiland ausgehen werde; und wir wissen, wie dort in der Versammlung der Schriftgelehrten der einfache Einwurf, forsche und siche, aus Galiläa steht kein Prophet auf, die getheilten Ansichten zur Einstimmigkeit der Ueberzeugung vereinigte, daß Jesus der Messias gewiß nicht sey. Also wodurch geschah es, daß Nathanael dennoch kam? Wir sehen darin die Frucht von der Aufrichtigkeit seiner Sehnsucht, von ihrer ganzen Tiefe und Innigkeit. Sie vermochte die Vorurtheile zurückzudrängen, die Zweifel zu überwinden, sobald nur ein Schimmer der Hoffnung auf Befriedigung zu erspähen war. Versuche es, komm und fiche, so sprach nicht des Philippus Mund, sondern sein eigenes Herz, in dessen Sehnsucht des Freundes Wort die treueste Verbündete fand. Wir haben es im eigenen wie im fremden Leben oft bemerkt, wie eine tiefempfundene und klarverstandene Nothwendigkeit auch da Mittel und Wege finden lehrte, wo sie gänzlich abgeschnitten schienen: wir erfahren dasselbe im höchsten Maßstabe auf dem Gebiete des Einen was Noth thut. Wen aufrichtig nach dem Heile verlangt, der kommt zu Jesu, was auch die Leute sagen, ob sie zureden oder abreden, ob sie verachten oder anpreisen; und wer den Schritt noch nicht versucht

hat, der konnte es ohne Christum noch aushalten, dem hat die Redlichkeit des Nathanael gefehlt.

Aber so hoch wir dieß Kommen auch anschlagen, es war doch immer nur eine vorläufige Bedingung. Wodurch wandelte sich die Sehnsucht in das gläubige Genüge? Der Text schließt mit einer Frage des angehenden Jüngers; aber indem er dieselbe ausspricht, ist er nicht mehr ein werdender, sondern ein bereits zur Nachfolge entschlossener Jünger. Wir hören die Frage eines im Innersten Erschütterten und Ueberwältigten; sie schließt jenes Bekenntniß schon ein, welches bald darauf ausdrücklich abgelegt wird: Rabbi, du bist Gottes Sohn; du bist der König in Israel. Der rechte Israelit hat den rechten König von Israel gefunden. Es liegt am Tage, daß die Allwissenheit des Heilandes sein Herz so mächtig ergriffen hat; aber diese Allwissenheit nicht, sofern sie ein Merkmal seiner göttlichen Gestalt, sofern sie ein Wunder ist, welches menschliche Kräfte übersteigt, sondern sofern der Herr mit göttlich durchdringendem Auge in seiner Seele gelesen hat, sich von ihm erkannt und verstanden sieht. und an Anderen Beweise von der Gewalt erlebt haben, mit welcher das Herz erfaßt wird, wenn auch nur ein scharfes menschliches Auge seinen Sinn erspähet hatte, wir können es ahuden, wie's hier dem Jünger zu Muthe war. Wenn der Apostel Paulus spricht, die Gemeinde des Herrn habe das Siegel,,,der Herr kennet die Seinen," und deßhalb bestehe der feste Grund Gottes: wohlan es ist dasselbige, wodurch auch jede einzelne Seele versiegelt wird. Sich von dem Herrn erkannt wissen, das ist der Stachel, wider den sie nicht ausschlagen, und das Netz, dem sie nicht entrinnen kann; der Herr hat sie gezeichnet, Ihm gehört sie an. Und wenn derselbe Apostel das Erkanntwerden vom Herrn und die Erkenntniß des Herrn in genaue Beziehung zu einander sett, so scheint ihm die lehtere mit dem Beginne des ersteren zusammenzufallen, so daß, wenn

und der Zünger Die wir an uns

Christus den Schleier hebe, der uns vor ihm bedeckte, auch die Schuppen darniederfallen, die Ihn unserem Auge verhülleten. Wir haben in unserer heutigen Erzählung nicht das einzige Beispiel, wo die göttliche Allwissenheit Jesu das Herz aufgethan und den Glauben geweckt hat. Daß die aufgedeckte Geschichte ihres inneren und äußeren Lebens auch jenes samaritische Weib ergriffen und überwältigt habe, dafür bürgt ihre eigene Mittheilung: ich habe einen Menschen gesehen, der mir alles gesagt, was ich gethan; sehet, ob er nicht Christus sey. Ihr wurden ihre Fehler und Mängel, dem Nathanael seine Vorzüge enthüllt. Wohl mochte jenes erschütternder wirken, doch ein unzerreißbareres Band war gewiß in dem letteren Falle geknüpft. Aber an wem wird die Allwissenheit des Herrn zu so segensreicher Frucht gedeihen? An Niemand anders, als an dem Aufrichtigen! Auch den Pharisäern hatte der Herr mit einer Genauigkeit und Klarheit, die ihre eigene Verwunderung erregte, ihrer Herzen Sinn gedeutet; aber wie sie sich auch getroffen fühlten, nicht der Glaube, sondern Haß und Verfolgung des Herzenskündigers war die traurige Frucht; weil die Aufrichtigkeit fehlte, so trat die Erbitterung ein. Und von der anderen Seite; wenn der Herr das etwa vorhandene Gute enthüllt, - dem Unaufrichtigen wird es nur zur Erhöhung der geschmeichelten Eitelkeit dienen, aber keinen Gewinn zum ewigen Leben eintragen; sein Auge haftet an dem schon Erreichten und sieht und sucht kein höheres Ziel, das noch ergriffen werden soll. Den Nathanael hat das erfahrene Lob nicht beschämt, aber ebensowenig hat es ihm geschmeichelt; es gab ihm einfach den Beweis, daß die Speise vorhanden seh, die seinen Hunger stillen und daß Der vor seinem Auge stehe, der das ungetheilte Verlangen der bedürftigen Seele befriedigen könne; er sieht Seine Herrlichkeit und glaubt an ihn.

Die Erzählung, die wir heute betrachtet haben, weist uns auch einen Heilsweg, lehrt uns auch eine Heilsordnung. So schlicht sie erscheint, so erweist sie sich doch als treulich und

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