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Verbot jedes Gößendienstes an und fährt fort mit Bestimmungen über den Bau der Altäre des unsichtbaren Gottes. Dann wird das Recht der Sklaven und Sklavinnen verkündet, während die folgenden Bestim mungen als Ausführung des sechsten Gebotes 1) Leib und Leben des Menschen schützen. Sodann wird das achte Gebot bestätigt und das Eigentum gegen Diebstahl, Raub und Veruntreuung gesichert. Betr. des fiebenten Gebotes wird die Ehre der Jungfrau geschüßt und die widernatürliche Unzucht mit Strafe bedroht. Dann wird die Strafe für die Zauberinnen und für alle Göhendiener festgesetzt. Es folgen Gesetze zu gunsten der fremdlinge, der Witwen, Waisen und Armen, Verordnungen über Behandlung falscher Anklagen, über Verhütung von Sachbeschädigung, Sorge für gerechtes Urteil, Schuß der Fremdlinge, Jahressabbath, Passahfeier und doppeltes Erntefest. Endlich wird dem Volk Israel Sieg über die Kanaaniter verheißen und wiederholt vor dem Gößendienst gewarnt.

Wenn diese Gesetze, die das Volk Israel durch Moseh erhielt, sich in einzelnen Stücken mit den Gesetzen Hammurabis nicht nur berühren, sondern hier und da fast wörtlich übereinstimmen; und wenn man daraufhin eilfertig die Behauptung aufstellt, die Hebräer hätten ihre Gesehe aus Babel erhalten, so ist mit solcher Behauptung die wirkliche Sachlage nicht erhellt, die Frage nach dem beiderseitigen Verhältnis nicht gelöst und abgetan. Davon abgesehn, daß dem Gesezeskoder Hammurabis sumero-akkadische Gesetze ") vorausgehen und zugrunde liegen, müssen wir daran festhalten, daß viele Gesehe Israels, vor allen die heiligen zehn Gebote, viel älter sind als Moseh und Hammurabi, so alt wie die Menschheit selbst 3). Aber wie der König Hammurabi die Gesetze, die in seinem Volke galten, zu ihrer Sicherung auf eine Felsensäule schreiben ließ, so wurden dem Volke Israel Gottes Gebote, auf steinerne Tafeln geschrieben, neu und unverfälscht übergeben. Ob nun Moseh sich, wie H. Winckler und A. Jeremias ) annahmen, dabei der babylonischen Keilschrift bedient hat, oder ob, wie mir wahrscheinlicher dünkt, die Gefete Israels in der hieratischen Schrift der Aegypter, in deren Weisheit Mosch unterrichtet war ), geschrieben wurden; darauf kommt hier nichts an. Die Zeit, in der die Geseze Hammurabis aufgezeichnet wurden, wird damals ihren Anfang genommen haben, als der Nordsemite Tharah mit seinem Hirtenstamme Babylonien bereits wieder verlaffen hatte; denn diese Gesetze sind fast ohne Ausnahme aus einem seßhaften und ackerbautreibenden Volke hervorgegangen und für ein seßhaftes Volk bestimmt. Jene Auswanderer aber verschlossen sich wie

1) Nach biblischer Zählung.

2) Veröffentlicht von H. Winckler, G. H. 4. Aufl.

3) Vergl. das zum 4. Gebot Gesagte.

4) A. T. O. S. 263.

5) Er. 2. 10. 24, 4. 34, 28. Deut. 31, 9. Apostelg. 7, 22.

gegen den Ackerbau und gegen die Schreibekunft der alten Sumero-Akkadier, so auch gegen die Sitten oder Unsitten dieses Volkes, teilweise auch gegen seinen Gößendienst. Demnach muß die Uebereinstimmung einzelner Geseze bei Hammurabi und Moseh auf eine Zeit zurückgeführt werden, wo die Semiten noch nicht in Babylonien eingedrungen waren. So auch Grimme und ähnlich J. Jeremias am Schluß seines trefflichen Büchleins 1), wo er Arabien als Vermittler zwischen hebräischem und babylonischem Recht annimmt.

Vergleicht man aber das Bundesbuch Israels mit den Gesehen Hammurabis nicht nur auf den Wortlaut, sondern auf den inneren Šehalt, so läßt sich mit A. Jeremias behaupten, daß in Hammurabis Gesehen nicht ein einziger religiöser Gedanke zu finden ist, daß sie alle rein weltlicher Art nach Ursprung und Absicht sind, während sich das Gesetz Ifraels vor allem auf den Dienst des Einen unsichtbaren Gottes bezieht, der in den Gesetzen Hammurabis nur wie ein Märchen aus alten Zeiten auftritt. Von Gott ist mehrere Male darin die Rede, aber niemals von seiner Verehrung. Gott ist ein Wort ohne Inhalt geworden. Aber auch von dem Dienst der Götzen ist dort selten die Rede. Abgesehn von der Einleitung und dem Schluß wird nur im Sak 182 eines Göten namentlich gedacht. Wo bleibt da der von Hommel erfundene Monotheismus der Hammurabidynastie 2) ?

An andere Mängel erinnert A. Jeremias 3), durch die Hammurabis Geseze weit hinter die Gesetze Israels zu stehn kommen, nämlich daß nirgends die böse Begierde bekämpft, nirgends die Selbstfucht durch Altruismus lautet auf deutsch tausendmal schöner: Liebe deinen Nächsten als dich selbst — eingeschränkt wird; daß nirgends das religiöse Motiv sich findet, wodurch die Sünde als der Leute Verderben erkannt wird, weil sie der Furcht Gottes widerspricht. Dazu kommt_noch manches andre Gebrechen. Beide Gesetzsammlungen enthalten Strafbestimmungen für allerlei Vergehen, aber Israels Gesetz ist in Abmessung der Strafen viel gelinder, viel menschenfreundlicher als die Gesehe Hammurabis. Ferner ist das siebente Gebot in Babel so gut wie vergessen. Nur die allerschwersten Uebertretungen desselben werden noch mit Strafen bedroht. Während in Israels Gesetz die Ehre der Jungfrau beschüßt wird, beschäftigt sich bereits 800 Jahre vorher Hammurabi mit den Rechtsverhältnissen der Tempeldirnen!

Daß die Sitten der semitischen Babylonier und der Hebräer vielfach übereinstimmen, ist nach den oben angeführten Gründen ganz selbstverständlich; denn beide sind ursprünglich ein Volk. Hier wie dort nahni ein Mann, dem seine Frau keinen Erben geboren, eine Nebenfrau, meist die Dienerin der Hauptfrau, wie die hl. Schrift von Abraham und Jakob

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u. a. berichtet. Wenn bei diesen hebräischen Patriarchen die unge brochene Naturweise des Orients zutage tritt, so haben wir an den betreffenden Berichten nicht nur das Gepräge der Wirklichkeit zu beachten, fondern empfangen auch ein Zeugnis von der Geduld Gottes, der sein Heilswerk nicht auf Heilige, sondern auf Sünder richtet und sein Haus auf Erden nicht mit Heiligen, sondern mit Sündern baut und doch alles herrlich hinausführt, was er sich vorgenommen hat.

Die sittlichen Zustände aber, die der Koder Hammurabis bei dem babylonischen Volk voraussett, sind bereits weit unter die bei den gleichzeitigen Patriarchen der Hebräer gesunken. Ueberall haben es diese Gefete der Babylonier mit grausamen, selbstsüchtigen, wollüstigen Menschen zu tun, was durch den König selbst bestätigt wird, da er als seine Absicht kundgibt, er wolle den wirtschaftlich Schwachen vor Ausbeutung durch den wirtschaftlich Starken schüßen. Ob nun die harten Strafen dieses Koder das babylonische Volk auf eine höhere Stufe der Sittlichkeit gehoben haben, ist hier nicht zu untersuchen. Jedenfalls werden sie nicht umsonst gebraucht sein, wenn sie das babylonische Volk nur auf der Stufe erhalten haben, auf der es zu Hammurabis Zeiten stand, um noch den letzten Rest sittlicher Kraft aus besseren alten Tagen auf die nach folgenden Geschlechter zu vererben. Bei andern Völkern werden die Strafgesetze bald gemildert, bald verschärft; aber weder in Babel noch in Assur gibt es einen zweiten Strafkoder, der dem Hammurabis an die Seite getreten wäre.

Auffallend ist auf den ersten Blick, daß in Hammurabis Gesehen der Blutrache nicht einmal Erwähnung geschieht, während sie in Israel noch tausend Jahre später nach dem Geseh Mosehs und des Volkes Gewohnheit ausgeübt wurde. Die Antwort oder den Schlüssel zu diesem Rätsel gibt uns die Lebensweise beider Völker. Die Babylonier hatten als Ackerbau treibendes Volk feste Wohnsitze in Städten und Dörfern. Da gibt es ordentliche Obrigkeit, Richter und Gerichte und ihre Diener. Israel aber war zu der Zeit der Patriarchen in Kanaan, dann in Gosen und in der Wüste Sinai und wieder in Kanaan zum Teil ohne Ackerbau und lebte mit seinen Herden nomadisierend. Der Hirte aber ist häufig einsam, fern von größeren Wohnstätten der Menschen. Wird er beleidigt, beschädigt, an Leib und Leben angegriffen, so ist er zunächst auf die Selbsthilfe angewiesen. Darum aber sind die Hebräer noch lange kein roher Nomadenhaufen gewesen, wozu ihn theologische Antisemiten stempeln wollen, als wären seine religiösen Anschauungen und seine Sitten nicht über die der wilden Naturvölker erhaben gewesen. Dieses Märchen ist für die Zeit der Erzväter durch Hammurabis Gesetze, für die Zeit Mosehs durch die Tafeln aus dem Tell el Amarna selbst bei den Leuten widerlegt, die die hl. Schrift erst an zweiter Stelle vernehmen.

Wie weit sich die Vorliebe für Babylonien erstreckt, selbst hinüber

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auf das Sprachgebiet, ersieht man aus der Behauptung H. Windlers 1), das Wort erkennen", das in der hl. Schrift einen besondern Sinn hat, sei aus der babylonischen Sprache entlehnt. Doch kommt dasselbe Wort mit derselben Bedeutung auch in der Sprache der Araber, der Griechen und Römer vor, ehe diese Völker noch mit Babylonien in Verbindung getreten waren 2). Dies Wort soll nicht nur eine Handlung verdecken, die auch bei heidnischen Völkern nicht leicht mit ihrem einfachen Namen genannt wird, sondern es besteht nach Vilmar auch eine innere geheime Verwandtschaft zwischen dem geistigen Erkennen und dem leiblichen Erzeugen.

Geht es aber nicht an, einen unmittelbaren Einfluß Babyloniens auf Israel zu beweisen, so wird ein mittelbarer behauptet. Syrien und Palästina standen zwar zu Mosehs und Josuas Zeiten unter ägyptischer Herrschaft, aber die Statthalter des Pharao sprachen babylonisch und schrieben weder mit Hieroglyphen noch mit hieratischen oder demotischen Schriftzeichen, sondern mit babylonischer Keilschrift, die weder der Ueberbringer noch der Empfänger der Steinbriefe lesen konnte. Der Fürst von Mitanni, einem Land der Hethiter, westlich von Assyrien gelegen, gab seinem Briefträger einen targumaanu oder Dolmetsch mit, der dem Aegypterkönig den Inhalt des Briefes übertragen mußte. Nach H. Winckler ist Mitanni gleich Naharina, d. i. Naharaim Aram oder Mesopotamien 3). Ob mit diesen Briefen der überwiegende Einfluß grade von Babylonien bewiesen wird, kann dem recht zweifelhaft werden, der mit andern erwägt, daß der Dolmetsch aramäisch und nicht bel lisani genannt wird.

Wieder ein andrer Gelehrter ) hält zwar daran fest, daß der Vorzug Israels vor andern Völkern nicht zu leugnen sei; er weiß auch, daß derselbe nicht auf dem Gebiet menschlicher Kraft und Bildung, sondern auf dem Gebiet der Religion liegt. Aber er gibt zu, daß viele babylonische Elemente in die israelitische Religion eingedrungen seien, und meint, diese Vermischung habe in der Zeit der Besihnahme des Landes Kanaan stattgefunden, das damals mit babylonischer Kultur und Religion durchsetzt gewesen sei. Israel habe mitten in der Entwickelung der Völker des westlichen Asiens gestanden und von den um Jahrtausende älteren Kulturvölkern, den Aegyptern, Phönikiern und Babyloniern kulturelle, literarische und religiöse Elemente in sich aufgenommen, aber sie im Glauben an den Einen heiligen und gnädigen Gott Himmels und der Erde umgeprägt“ und durch das Feuer des göttlichen Geistes „geläutert"; aber dieser Glaube habe sich auch in Israel erst in allmählicher Entwickelung unter viel Kampf mit animistischen, polytheistischen und

1) H. G. S. 26, Anm. 1.

2) Vergl. Vilmar, Erkl. der Gen. S. 61 u. 62.
3) Vergl. E. Schrader, U. d. W. 1888, S. 588.

Sellin in d. evang. Kzeitung für Oesterreich 1903.

u. a. berichtet. Wenn bei diesen hebräischen Patriarchen die ungebrochene Naturweise des Orients zutage tritt, so haben wir an den betreffenden Berichten nicht nur das Gepräge der Wirklichkeit zu beachten, fondern empfangen auch ein Zeugnis von der Geduld Gottes, der sein Heilswerk nicht auf Heilige, sondern auf Sünder richtet und sein Haus auf Erden nicht mit Heiligen, sondern mit Sündern baut und doch alles herrlich hinausführt, was er sich vorgenommen hat.

Die sittlichen Zustände aber, die der Koder Hammurabis bei dem babylonischen Volk vorausseßt, sind bereits weit unter die bei den gleichzeitigen Patriarchen der Hebräer gesunken. Ueberall haben es diese Gesehe der Babylonier mit grausamen, selbstsüchtigen, wollüstigen Menschen zu tun, was durch den König selbst bestätigt wird, da er als seine Absicht kundgibt, er wolle den wirtschaftlich Schwachen vor Ausbeutung durch den wirtschaftlich Starken schützen. Ob nun die harten Strafen dieses Koder das babylonische Volk auf eine höhere Stufe der Sittlichkeit gehoben haben, ist hier nicht zu untersuchen. Jedenfalls werden sie nicht umsonst gebraucht sein, wenn sie das babylonische Volk nur auf der Stufe erhalten haben, auf der es zu Hammurabis Zeiten stand, um noch den lehten Rest sittlicher Kraft aus besseren alten Tagen auf die nach folgenden Geschlechter zu vererben. Bei andern Völkern werden die Strafgesehe bald gemildert, bald verschärft; aber weder in Babel noch in Assur gibt es einen zweiten Strafkoder, der dem Hammurabis an die Seite getreten wäre.

Auffallend ist auf den ersten Blick, daß in Hammurabis Gesehen der Blutrache nicht einmal Erwähnung geschieht, während sie in Israel noch tausend Jahre später nach dem Gesetz Mosehs und des Volkes Gewohnheit ausgeübt wurde. Die Antwort oder den Schlüssel zu diesem Rätsel gibt uns die Lebensweise beider Völker. Die Babylonier hatten als Ackerbau treibendes Volk feste Wohnsitze in Städten und Dörfern. Da gibt es ordentliche Obrigkeit, Richter und Gerichte und ihre Diener. Israel aber war zu der Zeit der Patriarchen in Kanaan, dann in Gosen und in der Wüste Sinai und wieder in Kanaan zum Teil ohne Ackerbau und lebte mit seinen Herden nomadisierend. Der Hirte aber ist häufig einsam, fern von größeren Wohnstätten der Menschen. Wird er belei digt, beschädigt, an Leib und Leben angegriffen, so ist er zunächst auf die Selbsthilfe angewiesen. Darum aber sind die Hebräer noch lange kein roher Nomadenhaufen gewesen, wozu ihn theologische Antisemiten stempeln wollen, als wären seine religiösen Anschauungen und seine Sitten nicht über die der wilden Naturvölker erhaben gewesen. Dieses Märchen ist für die Zeit der Erzväter durch Hammurabis Gesetze, für die Zeit Mosehs durch die Tafeln aus dem Tell el Amarna selbst bei den Leuten widerlegt, die die hl. Schrift erst an zweiter Stelle vernehmen.

Wie weit sich die Vorliebe für Babylonien erstreckt, selbst hinüber

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