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herauskommt. Auch haben andre Gelehrte nicht Nergal, Nebo, Ramman und Marduk als zusammengehörig angesehn, sondern Ea, Marduk und Gibil oder Unu, Bel und Ea, wie schon Damaskius, der leşte Neuplatoniker, um 500 n. Chr. Anos, Illinos und Aos, d. i. Anu, Ilu und Ea als die Götter der Babylonier nennt; und „diese drei find eins in Sin" könnte man mit besserem Recht behaupten, wie oben von Marduk gesagt war. Denn vom 1. bis 5. Tage heißt der Mond Anu, vom 6. bis 10. Ea, vom 11. bis 15. Bel, sonst aber Sin 1). Oder es treten ihm Marduk und Erua zur Seite. Den Titel „Vater der Götter" tragen Ea, Asur und Bel, wie denn bei den Assyrern Marduk keiner großen Ehre genießt, sondern Asur, Sin und Samas als die höchsten Götter angesehn werden.

Schon dieses mannigfaltige Schwanken mahnt daran, daß wir es in der gesamten Götterlehre der Babylonier und Assyrer nicht mit einem wohldurchdachten und folgerichtig ausgebildeten System zu tun haben, sondern allermeist mit menschlichem Machwerk, mit willkürlicher Dichtung, ja auch mit Narrenwerk, wie Jensen treffend ausgeführt hat 2). Mit Recht sagt Homburg ): „Die Götter Babels sind nicht von Ewigkeit her wie der Gott Jfraels und der Christen." Von Anfang an ist bei den Babyloniern wie bei andern heidnischen Völkern nichts als das unbestimmte und unbestimmbare Chaos, dichte Finsternis und das dumpfe Brausen der Wasser. Alle ihre Götter sind in der Zeit entstanden. Sie leben in und vom Wechsel des Lichts und der Finsternis. Schon hierin scheinen sie ein Abbild einiger himmlischen Gestirne, die im warmen Süden mit seinen hellen Nächten dem Menschen näher stehn als im Norden, auch weil der Südländer mit Vorliebe der kühleren Nacht sich freut. Die Götter aber sind tatsächlich ein Abbild der Menschen, die sie erdacht haben; und damit tragen sie die Urkunde über die Art ihrer Entstehung offen vor sich her. Sie stehn in all ihrem Tun und Lassen weder über dem Menschen noch über der Natur). Sie haben wie Menschen Geheimnisse vor einander, sie leben in Haßz, Neid und Streit gegen einander. Sie sind nichts weniger als heilig, sondern voller Schande und Laster; und grade diese ethische" Seite ist ein vollgiltiger Beweis dafür, daß diese Götter aus menschlichen Vorstellungen und Begriffen geboren sind. Die Göttermutter Istar läßt ihre Kedeschen oder Tempeldirnen mit ihrer Unzucht männliche Besucher für das Heiligtum anlocken, sie selbst ist der Unzucht ergeben und verläßt in ihrer Untreue einen ihrer Buhlen nach dem andern, nämlich göttliche und menschliche Buhler. Wo bleibt da der „ethische" Monotheismus der Babylonier?

1) Fr. Hommel A. u. A., S. 399.

2) Kosmol. S. 141.

3) Reichsbote v. 1902.

4) Gegen Ciele a. a. O., S. 538.

Die ursprünglich hohen Gedanken von der Gottheit und die letzten Reste des alten kindlichen und köstlichen Glaubens werden bei der fortbildung der Vielgötterei unter den Menschen mehr und mehr aufgegeben. Das Göttliche wird in die dunkle Tiefe der menschlichen Sündenkreise herabgezogen, bis alle Schandtaten der Menschen, auch die unmenschlichste Grausamkeit mit dem Beispiel_gleichgestimmter Götter zugedeckt werden kann. So sind der Götter Namen gut zum fluchen und Beschwören, zum Erschrecken und Verderben der Menschen, zum Morden durch Gift oder Dolch, und was die babylonischen Priester sonst noch fertig_brachten 1).

Damit sich aber diese Götter und Göttinnen in keiner Hinsicht von den Menschen, die sie verehren, unterscheiden, werden ihnen Boten und Sklaven und Sklavinnen und Hunde zugesellt. Sie tragen und brauchen menschliche Waffen, wohnen bald im Götterberg Arallu, der im Norden liegt, bald in ihren Tempeln. Jener heißt auch Harsagkurkura oder sad matate der Länderberg". Daselbst ist auch der Höllenberg" mit seinem Klagegeschrei 2).

Wenn oben darauf hingewiesen wurde, daß die Semiten, die in Babylonien einwanderten, zum Teil dem Sterndienst ergeben waren, so soll damit nicht gesagt sein, daß sie diesen Dienst nach Babylonien gebracht hätten. Daß dieser Dienst vielmehr den alten Sumero-Akkadiern bereits zu der Zeit, da die Semiten einwanderten, wohl bekannt und von ihnen geübt war, zeigen nicht nur, wie schon oben bemerkt, die Namen der Götter und ihre Beziehungen zu Firsternen und Planeten an, sondern auch die sehr alte Keilschrift, die für Dingir, d. i. Gott oder Himmel, den achtstrahligen Stern als Zeichen hat 3). Demnach ist Gott und Stern für die Sumero-Akkadier so zusammengehörig, als wären sie ein und dasselbe.

Daneben hat jede Stadt ihre eigne Gottheit, Patron oder Schutzgott, eine Tatsache, die darauf schließen läßt, daß die Vielgötterei zugleicher Zeit an verschiedenen Orten entstanden sein muß; und dieser Umstand, daß dieselben Götter und Göttinnen, die alle in der Unterwelt Eharsagkurkura geboren sein sollen, an verschiedenen Orten unter verschiedenen Namen verehrt werden, erschwert sehr eine durchsichtige Darstellung, aber er spricht auch gegen die beliebte Annahme, als liege den Göttergeschichten ein System zu Grunde. Alle Mühe, die bei den Beweisversuchen für diese Behauptung angewendet wird, muß verlorene Mühe sein. Ueberall sehen wir die freie Dichtung walten und wenig Wahrheit in den wechselnden Gestalten. Denn neben den Schuhgöttern gab es auch Hausgötter, die ihr beson

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herauskommt. Auch haben andre Gelehrte nicht Nergal, Nebo, Ramman und Marduk als zusammengehörig angesehn, sondern Ea, Marduk und Gibil oder Anu, Bel und Ea, wie schon Damaskius, der lette Neuplatoniker, um 500 n. Chr. Anos, Jllinos und Aos, d. i. Anu, Jlu und Ea als die Götter der Babylonier nennt; und „diese drei find eins in Sin" könnte man mit besserem Recht behaupten, wie oben von Marduk gesagt war. Denn vom 1. bis 5. Tage heißt der Mond Anu, vom 6. bis 10. Ea, vom 11. bis 15. Bel, sonst aber Sin 1). Oder es treten ihm Marduk und Erua zur Seite. Den Titel Vater der Götter" tragen Ea, Asur und Bel, wie denn bei den Assyrern Marduk keiner großen Ehre genießt, sondern Asur, Sin und Samas als die höchsten Götter angesehn werden.

Schon dieses mannigfaltige Schwanken mahnt daran, daß wir es in der gesamten Götterlehre der Babylonier und Assyrer nicht mit einem wohldurchdachten und folgerichtig ausgebildeten System zu tun haben, sondern allermeist mit menschlichem Machwerk, mit willkürlicher Dich tung, ja auch mit Narrenwerk, wie Jensen treffend ausgeführt hat 2). Mit Recht sagt Homburg 3): „Die Götter Babels find nicht von Ewigkeit her wie der Gott Israels und der Christen.“ Von Anfang an ist bei den Babyloniern wie bei andern heidnischen Völkern nichts als das unbestimmte und unbestimmbare Chaos, dichte Finsternis und das dumpfe Brausen der Wasser. Alle ihre Götter sind in der Zeit entstanden. Sie leben in und vom Wechsel des Lichts und der Finsternis. Schon hierin scheinen sie ein Abbild einiger himmlischen Gestirne, die im warmen Süden mit seinen hellen Nächten dem Menschen näher stehn als im Norden, auch weil der Südländer mit Vorliebe der kühleren Nacht sich freut. Die Götter aber sind tatsächlich ein Abbild der Menschen, die sie erdacht haben; und damit tragen sie die Urkunde über die Art ihrer Entstehung offen vor sich her. Sie stehn in all ihrem Tun und Laffen weder über dem Menschen noch über der Natur *). Sie haben wie Menschen Geheimnisse vor einander, sie leben in Haß, Neid und Streit gegen einander. Sie sind nichts weniger als heilig, sondern voller Schande und Laster; und grade diese „ethische“ Seite ist ein vollgiltiger Beweis dafür, daß diese Götter aus menschlichen Vorstellungen und Begriffen geboren sind. Die Göttermutter Istar läßt ihre Kedeschen oder Tempeldirnen mit ihrer Unzucht männliche Besucher für das Heiligtum anlocken, sie selbst ist der Unzucht ergeben und verläßt in ihrer Untreue einen ihrer Buhlen nach dem andern, nämlich göttliche und menschliche Buhler. Wo bleibt da der „ethische“ Monotheismus der Babylonier ?

1) Fr. Hommel A. u. A., S. 399.

2) Kosmol. S. 141.

3) Reichsbote v. 1902.

4) Gegen Tiele a. a. O., S. 538.

Die ursprünglich hohen Gedanken von der Gottheit und die lesten Refte des alten kindlichen und köstlichen Glaubens werden bei der fortbildung der Vielgötterei unter den Menschen mehr und mehr aufgegeben. Das Göttliche wird in die dunkle Tiefe der menschlichen Sündenkreise herabgezogen, bis alle Schandtaten der Menschen, auch die unmenschlichste Grausamkeit mit dem Beispiel gleichgestimmter Götter zugedeckt werden kann. So sind der Götter Namen gut zum fluchen und Beschwören, zum Erschrecken und Verderben der Menschen, zum Morden durch Gift oder Dolch, und was die babylonischen Priester sonst noch fertig brachten 1).

Damit sich aber diese Götter und Göttinnen in keiner Hinsicht von den Menschen, die sie verehren, unterscheiden, werden ihnen Boten und Sklaven und Sklavinnen und Hunde zugesellt. Sie tragen und brauchen menschliche Waffen, wohnen bald im Götterberg Arallu, der im Norden liegt, bald in ihren Tempeln. Jener heißt auch Harsagkurkura oder sad matate der Länderberg". Daselbst ist auch der Höllenberg" mit seinem Klagegeschrei 2).

Wenn oben darauf hingewiesen wurde, daß die Semiten, die in Babylonien einwanderten, zum Teil dem Sterndienst ergeben waren, so soll damit nicht gesagt sein, daß sie diesen Dienst nach Babylonien gebracht hätten. Daß dieser Dienst vielmehr den alten Sumero-Akkadiern bereits zu der Zeit, da die Semiten einwanderten, wohl bekannt und von ihnen geübt war, zeigen nicht nur, wie schon oben bemerkt, die Namen der Götter und ihre Beziehungen zu Firsternen und Planeten an, sondern auch die sehr alte Keilschrift, die für Dingir, d. i. Gott oder Himmel, den achtstrahligen Stern als Zeichen hat 3). Demnach ist Gott und Stern für die Sumero-Akkadier so zusammengehörig, als wären sie ein und dasselbe.

Daneben hat jede Stadt ihre eigne Gottheit, Patron oder Schuhgott, eine Tatsache, die darauf schließen läßt, daß die Vielgötterei zugleicher Zeit an verschiedenen Örten entstanden sein muß; und dieser Umstand, daß dieselben Götter und Göttinnen, die alle in der Unterwelt Eharsagkurkura geboren sein sollen, an verschiedenen Orten unter verschiedenen Namen verehrt werden, erschwert sehr eine durchsichtige Darstellung, aber er spricht auch gegen die beliebte Annahme, als liege den Göttergeschichten ein System zu Grunde. Alle Mühe, die bei den Beweisversuchen für diese Behauptung angewendet wird, muß verlorene Mühe sein. Ueberall sehen wir die freie Dichtung walten und wenig Wahrheit in den wechselnden Gestalten. Denn neben den Schuhgöttern gab es auch Hausgötter, die ihr beson

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deres afirtu oder Göttergemach im babylonischen Hause hatten, und Straßen- und Totengötter, wie auf dem Felsen von Maaltaja sieben oder acht Götter und Göttinnen abgebildet sind, die die Pflicht haben, die Toten im Innern des Felsens zu schützen. Da sieht man Asur neben einer Istar, Marduk steht auf einem Stier, Ninib, Samas und die Göttin der Unterwelt reiten auf Pferden, Ramman wieder steht wie Marduk auf einem Stier, und eine zweite Iftar bildet den Schluß.

Eine assyrische Tafel zählt sieben höchste Götter auf, fünfzig niedere und dreihundert himmlische Geister. Ihre Summe ergibt dreihundertfiebenundfünfzig, eine Gottheit für jeden Tag des Jahres 1), einen höchsten Gott für jeden Tag der Woche. Da ist etwas System, aber nachträglich erfunden; denn der Erfinder konnte ebenso gut zehn höchste Götter oder zwölf aufstellen. Und wo bleiben die ersten, die alten Götter Lachmu und Lachamu, Kisar und Sar oder Sir 2), die noch Damaskius als Lachos und Lache, Afforos und Kissara kennt? Sie sind tro System hernach gänzlich abgetan, kein Tempel wird ihnen gebaut, kein Opfer gebracht. Nur in den alten Liedern werden ihre Namen genannt, als die „Feinde“ der neuen Götter müssen sie zu Schreckgestalten werden. Das ist begreiflich. Die Priester, die die ersten Götter nach ihrer Willkür gemacht haben, besitzen die Macht, dieselben aus ihrer Gottheit zu entlassen und ihren Dienst abzuschaffen. Dasselbe Schicksal teilen Tiamat und Kingu, deren abschreckendes Grabdenkmal in dem Götterepos enuma elis aufgerichtet ist, sowie die alte Göttin Nisaba oder Nidaba, die später als Jungfrau im Tierkreis wieder auftaucht 3). Sie alle können sich nur damit trösten, Schicksalsgefährten zu haben, wenn nicht Tiamat der Drache ist, der heute bei den Chinesen eine Rolle ohne gleichen spielt, wie bereits oben angedeutet wurde.

Die nach ihnen erdichteten Götter und Göttinnen sollen hier in Syzygien aufgeführt werden, wie sie bei den Astronomen und aus den fosmogonischen Dichtungen der Gnostiker bekannt sind; denn hier von Gatte und Gattin oder von einem Ehestand zu reden, wird jedesmal lächerlich, sobald man vergißt, daß man es nur mit Dichtungen zu tun hat.

1) M. Duncker a. a. O. I, S. 275.
2) K. B. II, b, S. 81.

3) Fr. Hommel, Grundriß, S. 130.

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