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auf das Sprachgebiet, ersieht man aus der Behauptung H. Windlers 1), das Wort erkennen", das in der hl. Schrift einen besondern Sinn hat, sei aus der babylonischen Sprache entlehnt. Doch kommt dasselbe Wort mit derselben Bedeutung auch in der Sprache der Araber, der Griechen und Römer vor, ehe diese Völker noch mit Babylonien in Verbindung getreten waren 2). Dies Wort soll nicht nur eine Handlung verdecken, die auch bei heidnischen Völkern nicht leicht mit ihrem einfachen Namen genannt wird, sondern es besteht nach Vilmar auch eine innere geheime Verwandtschaft zwischen dem geistigen Erkennen und dem leiblichen Erzeugen.

Geht es aber nicht an, einen unmittelbaren Einfluß Babyloniens auf Israel zu beweisen, so wird ein mittelbarer behauptet. Syrien und Palästina standen zwar zu Mosehs und Josuas Zeiten unter ägyptischer Herrschaft, aber die Statthalter des Pharao sprachen babylonisch und schrieben weder mit Hieroglyphen noch mit hieratischen oder demotischen Schriftzeichen, sondern mit babylonischer Keilschrift, die weder der Ueberbringer noch der Empfänger der Steinbriefe lesen konnte. Der Fürst von Mitanni, einem Land der Hethiter, westlich von Assyrien zelegen, gab seinem Briefträger einen targumaanu oder Dolmetsch mit, der dem Aegypterkönig den Inhalt des Briefes übertragen mußte. Nach H. Winckler ist Mitanni gleich Naharina, d. i. Naharaim Aram oder Mesopotamien 3). Ob mit diesen Briefen der überwiegende Einfluß grade von Babylonien bewiesen wird, kann dem recht zweifelhaft werden, der mit andern erwägt, daß der Dolmetsch aramäisch und nicht bel lisani genannt wird.

Wieder ein andrer Gelehrter ) hält zwar daran fest, daß der Vorzug Israels vor andern Völkern nicht zu leugnen sei; er weiß auch, daß derselbe nicht auf dem Gebiet menschlicher Kraft und Bildung, sondern auf dem Gebiet der Religion liegt. Aber er gibt zu, daß viele babylonische Elemente in die israelitische Religion eingedrungen seien, und meint, diese Vermischung habe in der Zeit der Besißnahme des Landes Kanaan stattgefunden, das damals mit babylonischer Kultur und Religion durchsetzt gewesen sei. Israel habe mitten in der Entwickelung der Völker des westlichen Asiens gestanden und von den um Jahrtausende älteren Kulturvölkern, den Aegyptern, Phönikiern und Babyloniern kulturelle, literarische und religiöse Elemente in sich aufgenommen, aber sie im Glauben an den Einen heiligen und gnädigen Gott Himmels und der Erde umgeprägt" und durch das Feuer des göttlichen Geistes „geläutert"; aber dieser Glaube habe sich auch in Israel erst in allmählicher Entwickelung unter viel Kampf mit animistischen, polytheistischen und

1) H. G. S. 26, Anm. 1.

2) Vergl. Vilmar, Erkl. der Gen. S. 61 u. 62.
3) Vergl. E. Schrader, A. d. W. 1888, S. 588.

Sellin in d. evang. Kzeitung für Oesterreich 1903.

naturalistischen Elementen aus vorigen Zeiten durchgesett. Aber in dieser Auslaffung zerstört eine Hand, was die andere gebaut hat. Hier wird den Leugnern jeder göttlichen Offenbarung der erste Grundsay preisgegeben, der unbedingt festzuhalten ist, daß zu keiner Zeit und an keinem Ort, so lange Menschen auf dieser Erde leben, der Monotheismus sich aus dem Polytheismus entwickeln konnte 1). Und wie will ein Gelehrter, der einer selbst auf naturwissenschaftlichem Gebiet unerwiesenen Entwickelungslehre huldigen zu müssen glaubt, das eine erklären, woher mit einemmale der göttliche Geist kam, der die bis dahin heidnischen Anschauungen läuterte und umprägte? Ist denn läutern und umprägen des Heidnischen genügend, um nur eine einzige göttliche Offenbarung zu ersetzen, wie daß der lebendige und allmächtige Gott durch sein Wort das Weltall ins Dasein gerufen hat?

Auch A. Jeremias 2) und Fr. Hommel 3) stehen ähnlich wie Sellin. Wenn dem alten Israel ein henotheistischer Sterndienst aufgezwungen wird, so übersehen solche Gelehrten, daß in Israel zu keiner Zeit Einigkeit in Sachen der Religion vorhanden war. Während Jakob dem lebendigen Gott diente, stahl Rahel) ihres Vaters Götzen. Mit demselben Eifer, mit dem Israel des ursprünglichen Polytheismus verdächtigt wird, streitet ein andrer für den latenten Monotheismus der Babylonier. Mit meisterhafter Logik und Ironie zerstört J. Oppert ") die Träume eines berühmten Gelehrten: „Wenn Jauumal ein Verehrer Jahves ist, warum ruft er denn Samas und Marduk an?"

Wenn aber H. Winckler) Polytheismus und Monotheismus gleicherweise als aus Menschengedanken geboren faßt, so bezeugt er nur, daß es für den Geschichtsforscher, wie er ihn versteht oder haben will, überhaupt keine göttliche Offenbarung gibt. Auf dem Gebiete der Religion achte ich, darf viel weniger als auf andern Gebieten menschlicher Erkenntnis halbheit oder Unentschiedenheit geduldet oder gar ein friedensbund mit dem Unglauben geschlossen werden; denn dabei wird nicht nur jede göttliche Offenbarung geleugnet, sondern auch gewisse religionsgeschichtliche Tatsachen, die der vielgeliebten Entwickelungstheorie im Wege stehn, werden bei Seite geschoben und einfach tot geschwiegen.

Wußten doch noch die Priester im ägyptischen Theben, wie Herodot und ein Denkmal bezeugen 7), daß ein einiger Gott sei, der keinen Anfang gehabt habe und kein Ende haben werde. Diesen Gott bekennen ganz alte ägyptische Terte als den einzigen Erzeuger im Himmel und auf

1) Vergl. S. 8.

) A. T. O. S. 84 u. 338.
3) Grundriß 2c. S. 174 20.
4) Gen. 31, 19.

5) 3. f. A. 1903, S. 241, 303 20.

6) Abraham a. B. S. 31_2c.

7) M. Duncker a. a. C. I, 38.

Erden, der selbst nicht erzeugt sei; als den einen wahren und lebendigen Gott, der von Anfang war, der alle Dinge machte und selbst nicht ge macht wurde. So lehrten die thebaischen Priester noch zu einer Zeit, wo das ägyptische Volk bereits im Aberglauben und Gößendienst gefangen lag. Woher hatten die ägyptischen Priester ihre Erkenntnis des Einen wahren Gottes? Doch nicht aus sich selbst, am wenigsten aus dem Aberglauben des sie umgebenden Volkes. Vielmehr hatten sie einen Rest der ursprünglich allen Menschen gemeinsamen Gotteserkenntnis in treuer Ueberlieferung bewahrt. Wenn auch dieser Rest später verloren wurde, so wird es den ägyptischen Priestern ähnlich wie Aaron gegangen sein, zu dem das Volk sprach 1): „Auf, mache uns Götter, die vor uns her gehn." Das Volk verlangt nicht nur in Israel, sondern auch in Aegypten und Babylonien für seinen Gottesdienst etwas Sichtbares und Greifbares. Wo dann die Priester wider besseres Wissen solchem Verlangen nachgeben und irgend welche Geschöpfe zur Ehre der Anbetung erheben und an die Stelle des unsichtbaren Schöpfers setzen, da werden sie selbst mit der Zeit in die Finsternis des Aberglaubens gezogen, die sie begünstigt haben.

Auch A. Jeremias sprach auf der zweiten internationalen Vereinigung für allgemeine Religionsgeschichte zu Basel von einer „monotheistischen Unterströmung in Babylon“; also etwas ähnliches vielleicht wie in Aegypten? Er meinte: „Die babylonische Religion war ursprünglich Anbetung der Sterne. Die Sterne sagten den Eingeweihten von göttlichen Dingen." Woher weiß das A. Jeremias? Hat er davon in den tausenden von Aufzeichnungen der babylonischen Sternseher gefunden? Ich nicht, und ich bin des ganz sicher, daß die babylonischen Sternseher auch gar nichts von göttlichen Dingen, sondern ganz allein die Antworten auf Fragen über weltliche Dinge in den Sternen suchten, vielleicht in gutem Glauben, daß sie finden würden, was sie suchten. Aber A. Jeremias fährt fort: „Die Sterne offenbarten ihnen den göttlichen Willen, und die Wissenden bildeten die religiöse Vorstellung in der Richtung des Monotheismus aus, indem sie entweder die zahlreichen Götter einem höchsten Gott streng unterordneten oder gar eine große göttliche Macht annahmen, von der die einzelnen Götter Ausstrahlungen sind." Hier begibt sich auch A. Jeremias auf das Gebiet der freien Dichtung; denn der Babylonier fah in der Wirklichkeit die verlorene Mühe, alle Götter einem unterzuordnen und sang in seinen Göttermythen nur vom Streit der Götter unter einander. Oder wenn er einmal einen höchsten Gott annahm, so gab er diese Ehre bald diesem, bald jenem Gott. Wo bleibt da der Monotheismus? Hernach wendet sich A. Jeremias wieder der Wirklichkeit zu: „Der Polytheismus des babylonischen Volkes ist nur eine Popularisierung des Astralsystems, und

1) Ex. 32, 2c.

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auch hier herrschte der Stadtgott oder der Bezirksgott als der summus deus, als oberster Gott; doch zeigt sich nirgends jener wirkliche Monotheismus, der durchweg der Grundzug der alttestamentlichen Religion ist; sondern immer wird zur Seite des höchsten Gottes auch die höchste Göttin gedacht und angerufen, selbst in den erhabenen vermutlich ein unbeabsichtigtes Cob - babylonischen Bußpsalmen. Der höchste heidnische Gottesbegriff kommt nicht über die Zweigötterei hinaus." Wo bleibt da der oben gerühmte Monotheismus? Weiter sagt A. Jeremias: Und noch ein anderes muß sehr beachtet werden. Mit jener monotheistischen Richtung in Babylon ist nur etwas über die Quantität Gottes nicht einmal dieses — ausgesagt, nichts jedoch über die Qualität Gottes. Die Erkenntnis der Qualität Gottes, der Blick in das Herz Gottes beruht auf einer großartigen geschichtlichen Führung, die in Israel sich angebahnt hat und im Christentum zur Vollendung gekommen ist." Hier sollte sich A. Jeremias anstatt zu „geschichtlicher führung" einfach und ehrlich zu der Offenbarung des lebendigen Gottes bekannt haben, wie sie nach der Schrift bereits dem ersten Menschen, dem Ebenbild und Sohn Gottes, zu teil wurde. Das ist der Anfang seiner „geschichtlichen Führung"; oder diejenigen Naturwissenschaftler behalten Recht, die die ersten Menschen in einem tierähnlichen Zustand der Unwissenheit und Roheit ihren Anfang nehmen lassen. Wenn A. Jeremias also weniger Redekunst geübt und auch als Gelehrter das Kreuz Christi auf sich genommen hätte, so wäre er nicht auf die Dichtung gefallen, den „erleuchteten Geistern_einen latenten Monotheismus“ zuzuschreiben, während grade diese Geister wenigstens in Babylonien die Erfinder der Götter und Göttersagen gewesen sind.

Geschichte und Logik stemmen sich gegen die Entwickelungstheorie auf allen Lebensgebieten, vor allem aber auf dem Gebiete der Religion. Nie und nirgends ist, wie schon oben betont, aus der Vielgötterei die Anbetung des Einen lebendigen Gottes hervorgewachsen; aber der umgekehrte Weg wird in der Geschichte Israels und anderwärts bis in die Gegenwart beobachtet. Trok der fortlaufenden Offenbarung des wahren unsichtbaren Gottes wandte sich Israel immer wieder den sichtbaren Göttern zu, und heute geht es nicht anders. War Abraham vor der Nachfolge in dem Abfall seines Vaters Tharah 1) bewahrt worden, so fielen doch hernach nicht nur einzelne seiner Nachkommen von dem Glauben des Stammvaters ab, sondern fast das ganze Volk diente in der Wüste dem goldnen Kalb 2) oder betete den Moloch und Remphan 3) an und fuhr fort in seinem Abfall, bis die Drohung Gottes, die durch die Propheten ergangen war, sich erfüllte und das Volk lange Jahre unter den Heiden zu Babylon leben mußte. Dieses bittere Widerfahrnis beugte

1) Jos. 24, 2

2) Exod. 32.

3)Amos 5, 25-27. Apostelgesch. 7, 43.

endlich den Nacken des halsstarrigen und verkehrten Volkes. És bekehrte sich endlich von aller Abgötterei und folgte seinem Vater Abraham `im Dienst des wahren Gottes nach, der ihm keine Macht, Ehre und zeitliches Wohlergehn einbringen sollte, vielmehr mit viel zeitlicher Not, Spott, Verfolgung und Verachtung verknüpft war.

Aber konnten denn die Priester in Theben und die Wissenden in Babel ihre Volksgenossen nicht zu der Höhe ihres eigenen Erkennens erheben? Wir wissen weder von Zeit noch Ort, wo ein Versuch dazu gemacht wäre. Im Gegenteil werden die Wissenden bald in Erfahrung gebracht haben, daß ein im Aberglauben befangenes Volk viel leichter zu lenken und auszubeuten ist als ein durch die Erkenntnis der Wahrheit befreites Volk; und zum Regieren fühlten sich die Priester der alten Zeit an erster Stelle berufen.

Auch die Geschichte des Reiches Gottes im neuen Bunde liefert uns leider genug Beispiele, daß der Abfall vom Monotheismus zum Polytheismus vielfach stattgefunden hat und in der Weise des Abfalls vom Glauben zum krassen Aberglauben noch heute stattfindet. Über nicht ein einziges Volk der Heiden, auch nicht die gebildeten Inder und Chinesen oder Japaner, hat bis heute den Weg aus der Vielgötterei zu dem Einen Gott aus sich selbst gefunden und beschritten.

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Daher führt ein andrer Gelehrter 1) mit Recht aus, daß es psychologisch undenkbar ist, wie die niederen Religionsformen, die man gern für die ursprünglichen hält, Fetischismus, Totismus, Animismus u. a. hätten entstehen können, ohne daß die Vorstellung von einer jenseitigen höheren Macht, d. i. die Gottesvorstellung, schon vorhanden war. sagt: Die Vorstellung, ein Stein oder Holz sei Gott oder ein Tier sei Gott, kann nicht die erste sein, sondern ist eine sekundäre. Sicher ist dem Urmenschen Stein gleich Stein, Holz gleich Holz, Tier gleich Tier; und daß sie von sich aus nicht lebendig machen, töten, Wachstum schaffen, sieht der Mensch vor Augen. Wohl kann er, wenn die Vorstellung von Gott da ist, sie dahin entarten lassen, daß jene Macht, weil sie unsichtbar ist, an sichtbare Dinge wie Baum, Stein, Tier gebunden gedacht wird. Jene Vorstellung aber wird, auch wenn sie an mehreren Erscheinungsformen des Naturlebens sich bildet, zuletzt eine einheitliche sein, die der jenseitigen Macht. Auf diese Weise erklären sich die niedern Religionsformen als Produkt eines Entartungsprozesses, während sie als originelle Erscheinungen nur gedrungene Erklärungen zulassen" oder gar nicht erklärt werden können, weil sie aus der Finsternis geboren, aber nie und nirgends aus der vernünftigen Erwägung des Menschengeistes ent sprungen sind. Vielmehr verdanken sie ihre Entstehung dem törichten Aberglauben oder den verkehrten Furchtvorstellungen auf seiten der Unwissenden oder dem absichtlichen Betrug auf seiten der Wissenden.

1) Kittel a. a. . S. 30.

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