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Zweiter Teil.

Die Verehrung der Götter.

Wenn das Sprichwort „Wie der Hirte, so die Herde" wahr ist, dann find die Babylonier und Assyrer ein sehr religiöses Volk gewesen, wie auch Tiele urteilt; denn die Könige beider Reiche verwandten viel Zeit, Mühe und große Mittel auf die Erbauung und Erhaltung, Ausschmückung und Wiederherstellung der asrati, d. i. der gottesdienstlichen Gebäude 1). Ebenso lag den Königen, die in Assyrien noch nach der Zeit der Patesi Oberpriester blieben, am Herzen, eine zahlreiche und gelehrte Priesterschaft zu unterhalten, die als Propheten den Ratschluß der Götter zu verkündigen hatten, während sie als Unterpriester die mannigfaltigen Opfer brachten, Beschwörungen und Reinigungen u. a. vornahmen.

Von jedem Feldzug und seiner Beute erhielten die Götter, d. h. die Priester, ihr Teil, und mit der Zeit wurden besonders in Babel große Schäße in den Tempeln aufgespeichert. So bestand das Parakku, das Allerheiligste, darin die großen Götter wohnen“ 2), das nämlich ihre Bildsäulen enthielt, oft aus massivem Silber. Ein andrer besonders heiliger Ort eines Tempels war der papaha, deffen Bedeutung und Gebrauch noch nicht aufgeklärt ist; während die Ziggurats, die stets in der Nähe der Tempel standen, in ihrem obersten Stockwerk auch ein besonderes Heiligtum enthielten, über dessen Benutzung wir so gut wie nichts wissen. Vermutlich dienten die hochgelegenen Gemache der Beobachtung des nächtlichen Himmels, ohne die kein Orakelgeben möglich war, wie später darzulegen ist.

In den Tempeln befanden sich außer den erwähnten parakkus und papahas kostbare Teppiche, Zelte, Boote und Bilder, vor allem die Bilder der Götter selbst, meist aus Silber oder Gold gegossen und mit edeln Steinen geschmückt. Diese Bildsäulen wurden auch mit kostbaren Gewänder zu ihren oder andrer Götter Festtagen angetan, zu welchem Dienst besondere Priester und Priesterinnen angestellt waren.

1) Dergl. die Namen der Anatu-Iftar.

2) Jensen, Kosmol., S. 189.

Zum Teil hatten die babylonisch-assyrischen Götterbilder eine aus Menschen- und Tierleibern gemischte Gestalt. Das eine zeigte etwa einen Menschenleib mit dem Kopf eines Vogels oder den Füßen eines Vogels oder mit dem Schwanz eines Fisches; oder man setzte auf die Leiber von Stieren und Löwen ein Menschenhaupt. Die höchsten Götter aber wurden meist unter Menschenbild als Könige dargestellt, vielfach be waffnet, reitend oder fahrend, wie es sich für die Kinder dieser Erde schicken will 1).

Ein Symbol der Gottheit haben die alten Sumero-Akkadier vielleicht aus Aegypten mitgebracht. Das ist die mit flügeln versehene Sonnenscheibe, in der bei den Assyrern eine menschliche Gestalt steht, deren unterer Teil in ein Federkleid gehüllt ist. Häufig zeigen die Hüte der Götter Hörner, ja diese gelten geradezu als ein Götterzeichen. In ihrer Hand halten sie eine Wasserkanne oder einen Fichtenzapfen, was eine Mahnung an die Unsterblichkeit und an den Blitz sein soll. Aber wie ist das zu verstehn?

Wer einen Tempel erbaute oder beschenkte, der erwarb für sich und sein Haus die Gunst der Gottheit, die ihm zum Dank und Lohn Leben und Glück bescherte. Aberglauben jeder Art und das Vertrauen auf eigne Kraft und eignes Verdienst und Würdigkeit gingen schon in dieser alten Zeit ruhig nebeneinander her.

Am meisten und unmittelbarsten wurden die Könige selbst von der Religion und ihren Dienern beeinflußt. Alle ihre Häuser und Hausgeräte, Decken und Wände ihrer Paläste, ihr Essen und Trinken, ihr Wachen und Schlafen, ihre Handlungen in Krieg und Frieden waren unter das religiöse Gesetz gestellt. Doch wäre die Annahme gänzlich ver fehlt, als handelte es sich hierbei um die sittliche Haltung des Volks oberhauptes. Da von sittlicher Haltung die Götter selbst nichts wissen, können sie so etwas auch nicht von den Menschen verlangen. Vielmehr wurde die Religion mit all ihrem Zeremoniell und Aberglauben besonders dazu benut, den König mit all seinen Untertanen in unsichtbaren Fesseln, aber in voller Abhängigkeit zu halten -- von den Priestern.

Der König von Affyrien hatte als Oberpriester den Göttern tägliche Opfer darzubringen, aber im Monat Ululu fünfzehnmal am Tage und einmal am frühen Morgen.

Nach dem allgemeinen Glauben der Babylonier und Assyrer kommt alles, was auf Erden geschieht, aus Einwirkung der Götter, von denen die guten Menschen mit Glück belohnt, die bösen mit Unglück gestraft werden. Dieser Mißverstand höherer fügungen führte im Privatleben zu falschem Selbstgefühl und Eitelkeit, im öffentlichen Leben aber zu Verwirrung und politischen Fehlern und mußte dahin führen, wie wir in der Geschichte einige Male beobachteten. Die Könige, die schon im

1) Jensen, Kosmol., S. 189.

Mutterleib von den Göttern berufen sind, müssen sehr gut sein, wenn fie einen Sieg nach dem andern aus der Hand der Götter empfangen, was sie wohl rühmend anerkennen, während sie in ihren Lastern um so fester verharren. Auch fehlt es nicht an Erklärungen, daß die Götter solche Hilfe für empfangene Wohltaten von Seiten des Königs schuldig

waren!

Wurde dann einmal ein Götterbild geraubt oder zerstört, so war damit der betroffenen Stadt der größte Schaden und die schwerste Beleidigung zugefügt. Der entführte Gott erklärte nachträglich durch seine Priester, er müsse die Stadt verlassen. Kein Krieg wurde gescheut, den Schaden wieder gut zu machen, den Gott wieder hereinzuholen; aber niemals kamen diese frommen Leute auf den naheliegenden Gedanken, daß diese Bilder keine wahren Götter sein könnten, schon darum, weil sie unvermögend waren sich selbst zu schützen; und daß die sich selbst nicht schühen konnten, noch weniger imstande sein würden, andern in Not und Gefahr zu helfen.

Aber Könige und Priester und Untertanen hielten an dem Glauben steif und fest, daß die Ratschlüsse der Götter für die Menschen zugänglich seien, und die Priester, die den Vorteil davon hatten, taten das ihre, solchen Aberglauben zu nähren und zu befestigen. Im übrigen standen fie auf dem Standpunkt des Rational smus, der eine unmittelbare Offenbarung der Gottheit zu den unmöglichen Dingen rechnet. Aber der Himmel, in dem die Gottheit bisweilen wohnt, gibt nach ihrer Meinung durch Wind und Wetter, durch Blitz und Donner, durch den Lauf der Sonne und des Mondes, sowie durch den Stand der Gestirne, insbeson dere der Planeten und einige andre Wege den Willen der Götter kund, soweit sich dieser auf die Zukunft der einzelnen Menschen und auf das Geschick der Könige und Völker bezieht. Hiervon werden wir noch mehr bei der Darstellung der babylonisch-assyrischen Astrologie hören.

Das

Der Dienst dieser Götter erforderte von den Gläubigen mannigfache Opfer von Räucherwerk kutrinnu hebr. ketoreth, auch rikke, d. i. Kräuter genannt, von Speise und Trank, von Tier- und Menschenblut. Das Opfer im allgemeinen heißt niku, ursprünglich wohl eine Ausgießung oder Libation. ibu bedeutet dem Wort nach das Schlachtopfer, kutrinnu und surkinu das Räucheropfer, massaku das Gießopfer, kistu ein Geschenk, sattukku und ginu die feststehenden Darbringungen. Blut wird seltener als man denken sollte als Gegenstand des Opfers genannt), während es bei den Hebräern als Sh der Seele von der größten Wichtigkeit war. Alles Blut gehörte und gebührte gesetzlich Gott allein, der die Seele, die im Blut ist, gegeben hatte, daher der Genuß des Blutes den Hebräern untersagt war; mit Blut wurde dort, aber nicht in Babylonien alles Sündige geheiligt und gereinigt.

1) H. Zimmern in K. A. T., S. 599.

Die Opfer waren vornehmlich Sühnopfer, wo das geschlachtete Tier des sündigen Menschen Stelle einnimmt, der durch seine Vergehungen den Tod verdient hat. So sagt eine Inschrift:

„Das Lamm, den Ersatz für den Menschen, das Lamm gibt er für dessen Leben. Den Kopf des Lammes gibt er für den Kopf des Menschen, den Nacken des Lammes gibt er für den Nacken des Menschen, die Brust des Lammes gibt er für die Brust des Menschen."

Eine andre Inschrift besagt dasselbe:

„Ein ferkel gib als Ersatz für den kranken Menschen, das Fleisch anstatt seines Fleisches, das Blut anstatt seines Blutes gib hin, und die Götter mögen es annehmen 1)."

Der später mitzuteilende Vertrag des Matiilu bestätigt dieselbe Anschauung.

Die Gegenstände des Opfers waren sehr mannigfaltig: Wein oder Rauschtrank, der aus Weizen und Datteln oder aus Honig und Datteln gebraut war, Honig, Butter, Oel, Datteln, Salz, Brote, Lämmer, Schafe, Ziegen, Stiere, Gazellen, Tauben, Hühner, auch ein oder ein paar Duhend süße oder ungesäuerte Brote (ekal mutki) für Gula oder Anu, Bel und Ea, Labartu und Iftar - alles konnten die Götter oder ihre Priester brauchen. Solche Opfer wurden bald zu bestimmten Zeiten, bald bei öffentlichen Festen, im Gottesdienst, bei Vertragsschließung, bei Familienereignissen, vor Unternehmungen jeder Art dargebracht und zwar häufig auf dem Dach der Tempel und bei Nachtzeit, weil da die Sterngötter sichtbar am Opfer teilnehmen konnten. In Babel war das Opfern allein Sache der Priester wie auch in den übrigen babylonischen Städten, anders in Assyrien, insbesondere in dessen Hauptstadt; denn der König von Assyrien konnte als Opferer und Öberpriester doch schwerlich von einer Stadt zur andern ziehn.

Die Gottheit, das ist die Meinung des Opfernden, soll durch seine Gabe zugunsten des Opfernden, der durch den Priester vertreten wird, bestimmt werden, sei es zur Vergebung einer Schuld, nachdem der gerechte Zorn der Gottheit versöhnt ist, sei es zur Spendung irgend einer andern Wohltat. Der Priester steht aber auch als Stellvertreter seines Gottes da und kann nach seinem Ermessen die Sache des zürnenden Gottes oder die des büßenden und bittenden Menschen steigen oder fallen lassen. Bald redet er zu Gott: „Dein Herz erheitere sich wie das einer Mutter, die geboren hat, wie ein Vater, der ein Kind gezeugt hat.' Bald kann er den Büßer beruhigen und in Frieden ziehn lassen. Demnach muß für den Laien der Grundsak gelten: „für sein Herz begehrt großes, wer Bescheid sich selbst bescheiden will." Das will sagen: Es kann ihm niemand verwehren, sich unmittelbar an die Gottheit zu wenden; aber wer die Priester übergeht, ihre Dienste nicht in Anspruch

1) für beide Inschriften vergl. U. Jeremias, U. T. O., S. 230 2c.

nimmt, der hat es mit ihnen verdorben. Und was soll es dem Laien auch helfen, sich ohne Vermittlung des Priesters an die Gottheit selbst zu wenden, die er doch nicht anders kennt als nur durch den Priester ? So ist es in der Tat eine dogmatische Notwendigkeit, wie Jastrow sagt, daß der Priester den Vermittler spielt. Im übrigen ist die Gottheit oder der Gott stets der Herr (belu), der Mensch sein Knecht (ardu), sein rechtloser Sklave, der ein persönliches Verhältnis zu seinem Gott weder sucht noch versteht. Es handelt sich bei einem Verkehr zwischen Herr und Knecht stets um Sachen, um Schulden, die der Knecht seinem Herrn gegenüber auf sich geladen hat, oder um Güter des zeitlichen Lebens, die der Knecht bei seinem Herrn sucht.

„Davon, daß dem Menschen die Gemeinschaft mit seinem Gott das höchste und seligste ist, was ihn auch im Unglück tröstet, kann hier keine Rede sein, wo vielmehr langes Leben, Befreiung von nationalem und persönlichem Unglück und Leiden das einzige Ziel der inständigsten Bitten bilden, das Göttliche also keinen den Menschen voll befriedigenden Selbstwert hat, sondern nur als Mittel zum Zweck vom Betenden begehrt wird 1)."

Eine sakrale Gemeinschaft kennt man in Babylonien nicht. Reinigende Kraft hat nicht, wie in Israel, das Blut der Opfertiere, sondern das Wasser, der Wein, Honig, Butter, Salz, Holz von Zedern, Zypressen, Palmen und Räucherwerk. Wie für das Opfer gilt auch für die Speisen der Menschen der Gegensatz von rein und unrein; und für gewisse Tage ist Fleisch vom Schwein oder Fisch verboten. Das Reinigen (kuppuru) nimmt der Beschwörungs- oder Sühnepriester vor, ebenso das paraku und salahu oder Besprengen; und hier trifft H. Zimmern das Richtige, indem er an die Ur verwandtschaft der beiden Völker erinnert 2), nämlich der Hebräer und der Babylonier.

Von Menschenopfern hat man bis jetzt nur Spuren gefunden, wie die Bestimmung, daß bei dem Bruch eines Vertrages die Verbrennung des ältesten Sohnes oder der ältesten Tochter auf dem Altar des Sin oder der Belitseri, d. i. der Herrin der Wüste oder der Hölle, gedroht und ausbedungen wird. Der betr. Vertrag wird später mitgeteilt werden. Aber bei Kriegsgefangenen kommt wie im A. T. 3), so auch in Affyrien das Hinschlachten derselben als Totenopfer inschriftlich vor, wie Asurbanipal berichten läßt: „Ihre Knaben und Mädchen verbrannte ich in der Glut", nachdem Afarhaddon babylonische Kriegsgefangene an dem Stierkoloß hatte hinschlachten lassen, in deffen Nähe sein Vater Sanherib ermordet worden war, wie er in einer Inschrift berichtet:

1) Orelli bei Kaspari a. a. O. S. 74.

2) K. A. C., S. 602.

3) 1. Sam. 15, 33.

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