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geweiht, aber zurückbehalten; etwas geschenkt, aber es gegessen? Gelöst werde, wodurch er auch immer gebannt ist. Ob er solches, das für seine Stadt ein Greuel, gegessen; ein Gerede über seine Stadt ausgesprengt, den Ruf seiner Stadt schlecht gemacht; ob er mit einem Gebannten Gemeinschaft gehabt, in seinem Bett ge schlafen, auf seinem Stuhl gesessen, aus seinem Becher getrunken?"

Das ist ein Beichtspiegel, der denen der römischen Priester würdig zur Seite stehen kann. Kaspari 1) nennt ihn einen Lasterkatalog" und macht die treffende Bemerkung, daß bei den Babyloniern und Assyrern das Verhältnis zwischen Göttern und Menschen als ein Rechtsverhältnis gedacht worden sei. Damit aber wird auf eine ethische Betrachtung der Sünde verzichtet.

Wenn die Beschwörung dazu dient, daß der Mensch Frieden erlange, so ist wohl ein Zusammenhang zwischen den sog. Bußpsalmen und den Beschwörungstafeln zu erkennen. Während diese Tafeln die normierende Vorschrift für den handelnden Priester darstellen, so bestimmen jene Lieder die Rede des Sünders vor seinem Gott. Jene enthalten das Mittel, einen Gott zu versöhnen; die Klage sucht, fordert die Vecföhnung. Die Schwierigkeit aber der Lage des fündigen Menschen bleibt immer dieselbe: Welchen Gott hat er beleidigt? Welche Sünde hat ihn in das Unglück gestürzt? für beide Fragen ist in Babylonien und Affyrien der Mensch lediglich auf den Priester angewiesen, ja gänzlich in des Priesters Hand gegeben. Der Priester sucht und findet den Dämon, der die Krankheit in den Leib gebracht hat, und gibt das Mittel an, ihn wieder zu verdrängen, alles auf gut Glück. Wollen Gebet und alle symbolische Handlungen, die wir noch kennen lernen werden, nicht helfen, so hat der Priester immer noch den Ausweg oder die Ausrede, die Ursache des Mißlingens in besonders schweren Vergehungen des Gebannten oder einem Ungehorsam des Sünders gegen die priesterlichen Vorschriften zu entdecken.

Doch enthält die Surpuserie, aus der vorhin eine Art Beichtzettel mitgeteilt wurde, auch mehrere treffende Verbote, wie diese: falsches Geld (?) oder Gewicht zu gebrauchen, des Nächsten Weib zu beleidigen, Pflanzen aus dem Feld auszureißen, des Nächsten Kanal zu verstopfen oder zu beschmutzen. Aber schon diese Zusammenstellung von ethischen Geboten mit Polizeibestimmungen zeigt deutlich, daß die Sittlichkeit des Babyloniers oder Assyriers ihre besondre Art hat. Es kommt aber diese Zusammenstellung häufig vor; denn es ruhet der Bann (mamitu) auf einem Menschen, der jemandem durch Bestechung zu seinem Recht verholfen hat, der Pflanzen aus einem Feld ausgerissen, Rohr im Dickicht abgeschnitten hat; der für einen Tag um eine Rinne gebeten wurde und die Bitte abgeschlagen hat; der für einen Tag um einen Wasserbehälter gebeten wurde und es abgeschlagen hat; der des Nächsten Kanal verstopft hat, statt den Gegnern oder Anliegern zu willfahrn und ihnen

1) U. a. M. S. 25.

Vorflut zu schaffen; der ihnen feind geblieben, der einen Fluß verunreinigt oder in einen Fluß gespieen hat 1).

Aus alledem dürfen wir erkennen, daß der Mann aus Tarsus den Standpunkt der Heiden nicht nur wohl versteht, sondern auch gerecht abwägt und treffend beschreibt, wenn er sagt, die Werke des Gesetzes seien in ihren Herzen geschrieben, daneben aber zeuge ihr Gewissen mit den Gedanken, die sich unter einander verklagen oder entschuldigen 2). Sie bitten wohl, „es werde zerbrochen die Tafel meiner Sünden"; und bei der Lösung des Bannes erklärt der Priester, „die Tafeln seiner Sünden, seiner Uebertretungen, seiner Missetaten, der Bannsprüche und Verwünschungen werden in's Wasser geworfen". Wenn aber das Zerbrechen einer Schuldurkunde gleich einer Quittung war, so müssen wir die obige Bitte und des Priesters Erklärung auf di e Vergebung der Sünden beziehen, wie sie in Babylonien begehrt und erteilt wurde, nicht aber, wie sie von Christen begehrt wird. Dabei aber wollen wir nicht vergessen, daß der Bann gleicherweise auf dem Menschen ruht, der seines Bruders Blut vergossen hat, wie auf dem, der in den Fluß gespieen hat, damit wir nicht etwa mit E. Schrader ") überschätzen das tief empfundene Sündenbewußtsein und die Innigkeit der Religiosität" oder gar zugeben eine enge Verwandtschaft" der sog. affyrischen Bußpsalmen mit den Ge fängen des biblischen Psalmbuches; denn diese Ueberschätzungen beruhen auf der falschen Voraussetzung, als ob jede Religiosität gleichwertig sei, einerlei ob sie gegenüber dem Einen lebendigen Gott oder gegenüber den toten erdichteten Götzen zur Erweisung kommt, ob sie echt und wahrhaftig oder innerlich hohl und leer ist.

Die häufigsten Verfehlungen bleiben die Uebertretungen der Vorschriften, die den Gottesdienst betreffen, Ungehorsam gegen priesterliche Gebote, Unterlassung von Geboten, von Opfern an den Tempel, von Gaben an den Priester. Doch vermeint man einen tiefer denkenden und fühlenden Geist aus den Vorschriften zu vernehmen, die A. Jeremias mitteilt *):

Zu deinem Gott sollst du ein Herz der (Ehrfurcht) haben Das ist es, was der Gottheit zukommt. Beten, flehen, Niederwerfung des Angesichts sollst du ihm frühmorgens darbringen und überschüssig sollst du es (über Tag) machen. Bei deinem Lernen sich auf die Tafel. Gottesfurcht gebiert Gnade, Opfer verwahrt das Leben, und Gebet (tilgt) die Sünde. Dem, der die Götter fürchtet, entgeht nicht (der Lohn). Wer die Anunaki fürchtet, verlängert (sein Leben). Gegen Freund und Genossen rede nichts (schlechtes). Niedriges rede nicht, freundlichkeit (verweise). Wenn du versprichst, so gib (auch, was du du versprochen hast)."

Daß hier die Erwähnung einer Tafel, von der man lernen soll, besonders wichtig sei, kann ich trotz der bez. Behauptung von A. Jere

1) Vergl. A. Jeremias, A. T. O., S. 110.

2) Röm. 2, 15.

3) Bei Kaspari a. a. O., S. 95.

4) U. T. Ö., S. 107.

mias nicht finden, es sei denn, daß diese Tafel eine Art Beichtspiegel enthalten habe. Daneben ist daran zu erinnern, daß alle Schüler von Tafeln lernen mußten, auf die sie selbst oder ihre Lehrer die Lektion aufgezeichnet hatten. Man schrieb auf Tafeln in Schulen und im täglichen Verkehr. Lieber hätte uns A. Jeremias etwas von dem Bann sagen sollen: wen er traf, wer ihn aussprach, was für folgen er hatte, wie er gelöst werden konnte 1)?

Am meisten Aufschluß über das innere Leben des Babyloniers sollte man billig von den Gebeten oder Klagliedern erwarten, denen man mit unrecht den Namen „Bußpsalm" beigelegt hat, um auch hier eine Parallele mit der hl. Schrift zu gewinnen. Man sollte diesen Vergleich nicht allein wegen des gänzlich verschiedenen Inhalts, sondern auch wegen des Namens aufgeben. Diese babylonisch-assyrischen Lieder sind und heißen gar nicht Bußpsalmen, sondern sigu d. i. Heulen, ersebkumal oder Klaglied, takkaltu oder Trauergesang. Von Reu und Leid über die gegen Gott und seine heiligen Gebote begangene Sünde ist nirgends in ihnen die Rede, und dieses verstehn wir heute doch unter Buße.

Cénormant hält dafür, daß diese Klaglieder erst nach der Zeit entstanden seien, als die Nordsemiten bereits in Babylonien eingewandert waren. Andre Gelehrte halten sie für älter. Es leiden aber diese Klaglieder außer andern Gebrechen an dem Hauptfehler aller heidnischen Gebete, den der Herr seinen Jüngern zur Warnung vorhält 2): „Sie meinen, sie werden erhört, wenn sie viele Worte machen." Dies Urteil zu begründen, möge eine Anzahl von solchen Gebeten oder Liedern hier folgen.

Was meinem Gott ein Greuel, das habe ich unwissentlich gegessen. Was meiner Göttin ein Abscheu, darauf habe ich unwissentlich getreten. H Herr, meiner Sünden sind viel, groß sind meine Missetaten. O mein Gott, meiner Sünden find viel, groß sind meine Missetaten. Bekannter unbekannter Gott, meiner Sünden sind viel, groß sind meine Missetaten. Bekannte unbekannte Göttin, meiner Sünden find viel, groß find meine Missetaten. Die Sünde, die ich begangen, kenne ich nicht. Das Vergehn, das ich verübt, kenne ich nicht. Den Greuel (tabu), den ich gegessen, kenne ich nicht. Das Ubscheuliche, darauf ich getreten, kenne ich nicht. Der Herr hat im Zorn seines Herzens mich feindlich getroffen. Die Göttin hat wider mich gezürnt, mich einem Kranken gleich gemacht. Der bekannte unbekannte Gott hat mich bedrängt, die bekannte unbekannte Göttin hat mir Schmerz angetan. Ich suchte nach Hilfe, aber niemand faßte mich bei der Hand. Ich weinte, aber niemand kam an meine Seite. Ich stoße Schreie aus, aber niemand hört auf mich. Ich bin voll Schmerz, überwältigt blicke ich nicht auf. Zu meinem barmherzigen Gott wende ich mich und flehe laut. Die Füße meiner Göttin küsse ich, rühre sie an3).“

Wenn je die Finsternis und Troftlosigkeit des Heidentums, auch des gebildeten, einen beredten Ausdruck gefunden hat, so ist er in diesem Klagelied enthalten. Die Sünde ist bekannt und unbekannt, der Gott und

1) Wer einen Gebannten nur berührte, galt für unrein.

2) Matth. 6, 7.

3) Nach Urquhart und U. Jeremias, U. T. O., S. 107.

die Göttin sind bekannt und unbekannt; aber ihr Zorn und Feindschaft brennen im Herzen des Menschen, und doch ist niemand da, der Trost und Rettung bringt, der die drückenden folgen der Sünde aufhebt. Denn diese Folgen der Sünde, die zeitlichen Strafen, treiben den sündigen Menschen in's Gebet. Ein andres Gebet lautet:

Herr, stürze nicht deinen Knecht. In das Wasser des Schlammes geworfen, faffe ihn bei der Hand. Die Sünde, die ich begangen, wandle in gutes. Den frevel, den ich verübt, führe der Wind fort. Meine vielen Schlechtigkeiten zerreiße wie ein Kleid. Mein Gott, sind meiner Sünden auch sieben mal sieben, so löse meine Sünden. Bekannter unbekannter Gott, sind meine Sünden auch sieben mal sieben, so löse meine Sünden. Bekannte unbekannte Göttin, find meiner Sün den auch sieben mal sieben, so löse meine Sünde 1).“

Dies Gebet muß doch gewiß aus der Tiefe kommen? Aber neben dem lebhaften Sündenschmerz und dem innigen Verlangen nach Vergebung steht immer das bedauernswerte Bild des törichten Menschen, dem es weh tut, daß er etwas verbotenes gegessen oder auf einen Greuel getreten hat, auch seine Götter bald als bekannt bald als unbekannt behandelt. Beachtenswert ist noch, daß hier gar nicht der sühnenden Kraft des Opfers gedacht wird. Wir sehen wieder, daß keine Mythologie die Götter dem Menschen nahe bringen oder vertraut machen kann. Das muß die bedrängte Seele zu ihrem Schaden erfahren. Sie wird in ihrer Not nicht getröstet, sondern im stich gelassen. Sie ruft „Baal, erhöre uns", aber da ist keine Stimme noch Antwort 2). Welch eine Anklage gegen die trügerischen Priester.

Aber dieses Klagelied, sagt ein Gelehrter, enthält etwas Babylonisches im N. T." Wie Petrus ) fragt, ob siebenmal vergeben genug sei, antwortet der Herr doch nicht ganz babylonisch, sieben mal sieben, sondern verstärkt den Ausdruck, der bei den Hebräern vermutlich e ben so altist wie bei den Babyloniern, zu „siebzig mal sieben mal". Ein drittes Gebet:

„Daß meines Herrn Herzenszorn sich besänftige, daß der mir unbekannte Gott sich besänftige. Daß die mir unbekannte Göttin sich besänftige. Bekannter und unbekannter Gott sich besänftige. Daß meines Gottes Herz sich besänftige. Daß meiner Göttin Herz sich besänftige. Bekannter und unbekannter Gott und Göttin sich besänftige. Der Gott, der mir zürnte, möge sich besänftigen. Die Göttin, die mir zürnte, möge sich besänftigen. Die Sünde, die ich begangen, kenne ich nicht. Die Miffetat die ich begangen, kenne ich nicht. Den Groll, den ich hinuntergewürgt, kenne ich nicht. Den Fehltritt, den ich getreten, weiß ich nicht."

Dieselbe Finsternis und Trostlosigkeit, wie in den vorigen Liedern, derselbe abergläubische Dienst des Buchstabens, wie Kaspari) richtig sagt; denn es sind nur Buchstaben, aber keine sinnreichen Worte, die Gebete dieser Art.

1) Wie bei 3 auf S. 262.

2) 1. Kön. 18, 26.

3) Matth. 18, 21.

4) U. a. O., S. 24/430.

Wie einer, der seines Herrn vergaß, der den hohen Namen seines Gottes leichtsinig aussprach, erschien ich. Ich selbst aber dachte nur an Gebet und flehen. Gebet war meine Regel, Opfer meine Ordnung. Der Tag der Verehrung meines Gottes war meine Herzenslust. Der Tag der Nachfolge meiner Göttin war mir Gewinn und Reichtum. Gebet eines Königs, das war meine freude, und Gesang eines solchen, das war mir angenehm. Ich lehrte mein Land den Namen Gottes bewahren, den Namen der Göttin zu verherrlichen unterwies ich mein Volk 1).“

Dies nur ein Teil des Gebetes, das später vollständig mitgeteilt wird. Hier haben wir kein Klagelied vor uns, sondern wahrscheinlich das Gebet eines babylonischen Königs der ältesten Zeit, wo noch eine Erinnerung an die heiligen Gebote Gottes vorhanden war. Darauf weist sogleich der Anfang hin. Dann freilich folgt ein Selbstlob auf das andere; doch will der hochgestellte Herr seinem Volk die Religion erhalten, und das ist bis heute etwas Großes.

„Der Herr, deffen Herz droben nicht beruhigt ist, dessen Herz drunten sich nicht besänftigt, droben und drunten keine Ruhe findet, der mich gebeugt, der mich vernichtet hat, der in meine Hand einen fluch gelegt, der in meinen Leib furcht gelegt, der die Lider meiner Augen mit Tränen erfüllt hat, der mein Herz mit Jammer erfüllt hat, ein reines Herz will ich zu beruhigen suchen, sein Herz möge besänftigt wieder ruhen.“

Es ist den heidnischen Vorstellungen ganz angemessen, daß alle Gemütsbewegungen des leidenden Menschen in seinen Gott hineingelegt werden, der keine Ruhe hat, bis er den Menschen mit fluch, furcht, Jammer, Not und allem Elend belegt und in den Staub gedrückt hat.

„Der Herr, das erhabene Oberhaupt des Gottes Atar, möge mein Flehen dir verkünden. Die Verkünderin, die Herrin von Nippur 2), möge mein flehen dir verkünden. Der Gott, der Herr Himmels und der Erde, der Herr von Uruzibba"), möge mein flehen dir verkünden. Die Mutter des großen Heeres, die Damgalnuna 5, möge mein flehen dir verkünden. Der Gott Marduk, der Herr von Tintir), möge mein Flehen dir verkünden. Egia, der Erstgeborene des Gottes Jb), möge mein flehen dir verkünden. Der Gott Martu), der Herr von Charsavva, möge mein flehen dir verkünden. Die Göttin Gubara 1), die Herrin von Gueddina, möge mein Flehen dir verkünden )“ u. s. w.

Ein ganzes Heer von Fürbittern wird aufgeboten, aber wir erfahren nicht, bei wem sie Fürbitte einlegen sollen, und was der eifrige Beter be gehrt. Das ist nach Caspari ) ein Versuch, aus dem Polytheismus einen praktischen Nutzen zu ziehen, wie in den Beschwörungen die Götter gegen die Dämonen ausgespielt werden. Bei der einen Instanz hat sich der Beter die Sünde zugezogen, die andre ruft er gegen die folgen auf.

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