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Ägyptischer Totemismus?

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liche Kuhkopf habe zu dem späteren" Charakter nicht mehr gepakt, darum habe man sich bei der Darstellung mit Kuhohren begnügt, wobei aber das breite freundliche Frauengesicht in seinem Ausdruck das Tier nicht ganz verleugne1! An anderer Stelle ist von der Wolken-" und Gewitterschlange Apophis" die Rede. Es wird dabei eine Theorie eingetragen, die offenbar unbewußt von der innerhalb der germanischen Mythologie üb. lichen, aber eigentlich auch hier bereits überwundenen Betrachtungsweise entlehnt ist. In Wirklichkeit ist diese Schlange nichts anderes als die in der Mythologie der gesamten Welt als Schlange oder Drache verkörperte Unterweltsmacht, die z. B. bei den Babyloniern Tiâmat heißt.

Die Frosch gestalten etc. S. 29 dürften nicht mit den Worten abgetan werden: „wie es sich für Wasserbewohner schickt". In der altorientalischen Lehre sind Frosch und Kröte Repräsentant der männlichen und weiblichen Zeugungskraft, s. Winckler, MVAG 1901, 272, Forschungen III, 295 ff.

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Der Frosch ist der Bringer des Frühlings und damit die Errettung im Kreislauf, also Kundgebung Marduks, babylonisch geredet; des Osiris, ägyptisch geredet. Man lese das erste der Grimmschen Märchen vom Froschkönig, der die goldene Kugel aus dem Brunnen holt (Brunnen Unterwelt, goldene Kugel Sonne) und sich dann als Königssohn offenbart. Hier ist in dem aus dem Orient kommenden Märchenstoff die alte Kalendermythologie deutlich erhalten. Übrigens hat Brugsch, Religion und Mythologie der Ägypter 158 hier schon im wesentlichen das Richtige gesehen und mit Recht auf Chairemon hingewiesen, nach dem der Frosch bei den Ägyptern die Anabiosis, die Wiederbelebung, bedeutet.

Also wir sind einverstanden damit, daß man das Eintragen der Theorie vermeidet. Wie aber, wenn eine religiöse Grundauffassung nachgewiesen werden könnte, die wirklich in der ägyptischen Religion steckt? Dann würde doch wohl die Heranziehung dieser Grundauffassung keine Eintragung bedeuten, man würde durch Ignorierung derselben sich das Verständnis der ägyptischen Religion versperren. Denn man muß doch wohl anerkennen, daß die verschiedenen Religionen sich unter ihren Göttergestalten etwas gedacht haben, und es ist dann doch Aufgabe der wissenschaftlichen Beschäftigung, diesen Ge

1) Auch die Kuhhörner beweisen nicht Totemismus, sondern astralen Charakter. Es gibt zwar zwei verschiedene Darstellungen der Hörner, die eine erinnert direkt an die Gestalt der Mondhörner, die andere stellt wirkliche Kuhhörner dar. Aber die Stilisierung entscheidet nicht über den Sinn; die realistische Stilisierung darf nicht für Totemismus geltend gemacht werden.

Der astrale Charakter der ägyptischen Texte.

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danken nachzuspüren. Die bloße Beschreibung der Göttergestalten und der kultischen Handlungen ist die Voraussetzung dieses Zweckes, bleibt aber, wenn sie nicht unter diesen Gesichtspunkt tritt, völlig unzulänglich und unbrauchbar. Wir werden zu zeigen versuchen, daß in Ägypten wie überall die Grundauffassung in der Lehre zu suchen ist, die das Wirken der Gottheit in Beziehung zu dem gestirnten Himmel und zu den dem Laufe der großen Gestirne parallel laufenden Naturerscheinungen (Sommer und Winter, Samen und Ernte, Frost und Hitze, Tag und Nacht) setzte1. Diese Götterlehre begegnet uns in allen orientalischen Religionen. Wir nennen sie „baby. lonisch", weil sie im alten Babylon in verhältnismäßig ältester Zeit am klarsten entwickelt ist und allerdings auch deshalb, weil Babylon die Heimat der Astronomie ist. Sie liegt überall fertig vor, wo die ältesten Urkunden zu uns reden, und zwar in einer Weise, die nach den oben S. 18ff. entwickelten Grundsätzen es ausschließt, daß dieselbe Idee unabhängig an zwei Punkten der Erde (Völkeridee) entstanden sein könnte. Das letztere wäre ja zum Überfluß für zwei so benachbarte Kulturländer wie Ägypten und Babylonien von vornherein unwahrscheinlich. Diese astrale Lehre hat in den verschiedenen Zeiten und Völkern verschiedene Ausprägung gefunden, ihre Grundsätze sind in ungezählten Variationen praktisch ange. wendet worden. Die Variationen und Anwendungen ergeben für die oberflächliche Betrachtung scheinbar tiefgehende Unterschiede. So wird die in dem Totenkult der Ägypter liegende originelle Ausprägung der ägyptischen Religion ihren Grund in der Betonung einer bestimmten Grundidee haben (Ägypten ist für das System Unterweltsland, s. das nähere hierüber S. 42 ff.), die die ägyptische Welt in einen stark ausgeprägten Gegensatz zu Babylonien stellt.

Daß die ägyptische Götterlehre und speziell die Pyramidentexte astralen Charakter zeigen', hat in der neueren Mythen

1) Vgl. jetzt Ed. Stuckens Formulierung, Astralmythen S. 165: „Der Astralmythus stimmt mit dem Vegetationsmythus überein. Saat und Ernte, Blühen und Welken, werden durch Feste gefeiert, doch ohne Kalender keine Feste, und ohne Sterne kein Kalender."

2) Man darf nicht ohne weiteres, wie es oft geschieht, von Glauben an Astralgötter reden. Die Astrallehre bedeutet lediglich die Darstellung der Götterlehre in astraler Form. Es ist von unsrer Seite stets Im Kampfe, 1. 2. Aufl.

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Der astrale Charakter der ägyptischen Texte.

forschung meines Wissens zuerst Ed. Stucken in seinen Astralmythen betont'. Aber damit wurde nur von neuem aufgenommen, was eine vergessene Mythenforschung längst behauptet hatte: daß die Religionen des Orients samt und sonders auf der Sternkunde beruhen. Von der ägyptischen Religion wußte das überdies die Tradition des Altertums selbst. Eusebius sagt praep. ev. III: „Chaeremon und viele andere sahen bei den Ägyptern keine andern Götter als die sichtbare Welt, die Planeten und Zodiakalzeichen, die Sterne und das scheinbare Bild derselben. Diese wurden die Häupter und Wächter genannt, ihre Namen und Verrichtungen, ihr Auf- und Untergang wurde in Almanachen angezeigt." Und wenn die Alten sagten, daß Hermes (ägyptisch Thot), der zuerst die Bilder der Götter malte, mit der Schrift zugleich die Sternkunde erfunden habe, so verrät dies ein klares Wissen über den astrotheologischen Sinn der ägyptischen Mythologie.

Die Erkenntnis vom astralen Charakter der ägyptischen Religion hat sich neuerdings Bahn gebrochen. Die Arbeiten Hommels sind auch hier in erster Linie zu nennen, sofern sie unter den Gesichtspunkt unsrer Betrachtungsweise fallen'. Leb

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betont worden, daß die altorientalische Lehre die Gestirne nicht als Götter ansieht; das ist nur die populäre Auffassung, die ähnlich wie volkstümlicher Heiligenkult zu verstehen ist, sondern als die vornehmlichste Offenbarungsform (Materialisierung, Manifestation) des göttlichen Gedankens.

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1) Innerhalb der älteren Ägyptologie hat vor allem Brugsch den astralen Charakter der Religion durchschaut. Die Schrift von Ullmann, „Grundzüge der Astronomie und Astrologie der Alten, besonders der Ägypter“, beurteilt das System der ägyptischen Weltanschauung im allgemeinen richtig in einer Zeit, die den „babylonischen" Charakter noch nicht erkennen konnte.

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') Vgl. S. 30, Anm. 1. Der Nachweis vom Zusammenhang von Göttergenealogien etc. ruht bei Hommel vielfach auf philologischen Identifizierungen, denen wir uns nicht anschließen können (vgl. z. B. äg. Nun, bab. Anu, voller Anun; äg. Tum entsprechend bab. An-Tum, wobei An Gottesdeterminativ sein soll; äg. Wšt-Isis, vielleicht entlehnt von einer älteren Form für Istar etc.). Wir können deshalb auch nicht zugeben, daß in diesem philologischen Sinne „von der Erkenntnis der ursprünglichen Identität der ältesten babylonischen und ägyptischen Göttergenealogie der Anfang einer wirklichen vergleichenden Religionswissenschaft des alten Orients datiert“ (Grundriß S. 117). Dieser Anfang datiert vielmehr von der Erkenntnis des „babylonischen Weltsystems.

Hommels und Hüsings Deutungen.

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haft wurde die Frage auf dem Internationalen Kongreß für Religionsgeschichte in Basel (Oktober 1905) erörtert. Einer der jungen Ägyptologen (Dr. B. Poertner) sprach über den „Sternkult und Tierkult bei den alten Ägyptern". Der Referent führte auf Grund des Befundes besonders der Pyramidentexte aus, daß der Sternkult Ägyptens als Urerbe der eingewanderten Asiaten anzusehen sei, und wies auf den deutlichen Zusammenhang der Sonnenmythen Babylons und Ägyptens hin. Der Tierkult entspreche einer niederen Kulturstufe und sei später künstlich mit dem Astralkult verbunden worden1. In der gleichen Sektion des Religionsgeschichtskongresses zeigte der Astronom Eduard Mahler, wie kosmologische Anschauungen der Religion der alten Ägypter zugrunde liegen, und wies hin auf die Trias des Sonne-, Mond- und Sothis. (Ištar-) Kults, der auch dem ägyptischen Kalender wissenschaftlich zugrunde liegt. Ferner versuchte er an der Hand von Darstellungen, die der 19. und 20. Dynastie (1320-1100 v. Chr.) angehören, nachzuweisen, daß die Ägypter schon im 14. Jahrhundert v. Chr. und dann natürlich auch früher den Tierkreis gekannt haben'.

Auch G. Hüsing hat in seiner Neubearbeitung der 5. Auflage des populären Buches von Oppel, Das alte Wunderland der Pyramiden seine wissenschaftliche Ansicht über das Wesen der ägyptischen Religion geäußert. Er stimmt mit uns darin überein, daß es sich um einen Kalenderkult handelt, daß also das Wesen der ägyptischen Religion durchaus astral ist. Aber auch hier ist seine Darstellung von der S. 14 erwähnten Mondtheorie beherrscht. Hüsing sagt ib. S. 190: „Der ägyptische Kult ist alter Mondkalenderkult, der die afrikanischen Formen des Kalenderkults aufsaugt und mit dem Kalenderwechsel teils in Sonnenkult, teils in philosophisch-verdeuteten und darum unkenntlich gewordenen Geheimkult

1) Das kann bis zu einem gewissen Grade richtig sein in dem S. 25 u. 401 erörterten Sinne. Aber der größte Teil des sog. ägyptischen Tierkultes hat mit Totemismus nichts zu schaffen, sondern erledigt sich dadurch, daß die Tiere in den Sternbildern zu suchen sind. In Babylonien stehen die Astralgötter auf den Tieren; die Ägypter benutzen die Tiergestalten zur Verkörperung ihrer Götterlehre.

2) Ein ägyptisches Verzeichnis der Planeten und Tierkreisbilder aus der ersten römischen Kaiserzeit findet sich auf einem Scherben der großen Ostraka-Sammlung, die L. Borchardt kürzlich für die Straßburger Bibliothek erworben hat, s. Spiegelberg OLZ 1903, Sp. 6 ff.; die 36 Dekane des Zodiakus sind für das mittlere Reich bezeugt, s. Hommel, Grundriß S. 128. Die späteren Tierkreisdarstellungen s. bei Boll, Sphaera (Leipzig, Teubner 1904). Zum Alter des babylonischen Tierkreises 8. S. 51, Anm. 2.

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Mond- und Sonnenkalender.

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übergeht." Hüsing behauptet nur, daß seine Auffassung möglich ist; eine andre mögliche Deutung sei bisher nicht gefunden. Wir finden auch in dem speziellen Beispiel der Hüsingschen Theorie einen durchaus richtigen Gedanken; aber die Mondlehre (z. B. unter gewissen Kultvoraussetzungen die Scheibe des Re Vollmond, Apophis Schwarzmond, der den leuchtenden Mond bekämpft) kann immer nur eine Anwendung der astralen Kreislauflehre darstellen. Bei Betonung der Monderscheinungen konnte doch nie die Frage unterdrückt werden: was sagen die übrigen Himmelserscheinungen, insbesondere die der Sonne, und was geschieht auf Erden? Sobald der Kalender die Naturerscheinungen (Jahreszeiten, Nilüberschwemmungen, Saat und Ernte) in Betracht zieht - und das ist doch schließlich das praktisch Wesentliche — mußte er den Ausgleich von Sonnen- und Mondlauf in Betracht ziehen; bei einseitiger Betonung des Mondlaufs würden ja die Naturfeste im Naturjahr weiterrollen (vgl. meine Ausführungen ThLZtg. 1906, Sp. 292). Daß von der Sonne nie und nimmer abgesehen wurde, auch bei kultischer Betonung der Monderscheinungen, und daß die Sonnenkreislauflehre auch hinter Hüsings Mondkalenderkult steckt, beweist Hüsing selbst durch seine oft wiederholte Theorie von drei Mondphasen. Die drei Phasen sind die S. 48ff. besprochenen: Neumond, der aus der Sonne heraustritt, Vollmond, der sich mit der Sonne „vermählt“ und sterbender Mond, der in der Sonne versinkt. Es kommt eben darauf hinaus, daß die hinter den Mythen stehende Lehre weiß, daß der Schwarzmond, die Verdunkelung des Mondes, mit der Sonne zusammenhängt, was für Babylonien inschriftlich bezeugt ist (8. ATAO2 S. 102). Wertvoll für eine künftige Verständigung mit Hüsings Gruppe ist das Zugeständnis, daß die Ansätze zu einer höheren Kultur aus Asien kamen, daß insbesondere die ägyptische Kosmologie und Kosmogonie aus Asien und zwar aus der „sumerischen Kultur" herzuleiten sei (ib. S. 191 f.). Also auch hier „pan babylonische" Strömung in bestimmter geschichtlicher Zeit! Wie es in prähistorischer Zeit aussah, darüber stellen auch wir unser Urteil zurück. Nur möchten wir nicht zugeben, daß die Tiergestalten auf einen „afrikanischen Tierkult zurückgehen, der wohl ein Zugeständnis der siegreichen Einwanderer an die unterworfene Bevölkerung darstellt" (Oppel ib. S. 191). Wenn Hüsing im weiteren Verlauf bei bestimmten Tiergestalten an die christlichen Symbole der Taube und des Lammes mit der Fahne erinnert, so trifft das vielmehr unsre S. 35, Anm. 1 angedeutete Auffassung von den Tiergestalten. Ein wichtiges Spezimen für ägyptische Astralreligion bietet uns ein kurzer Aufsatz W. Spiegelbergs über einen bei drei verschiedenen Königen vorkommenden (also liturgischen Charakter tragenden!) Pyramidentext 1. Es heißt dort vom toten König:

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1) Es handelt sich in Spiegelbergs Aufsatz OLZ 1904, Sp. 45 f. um eine chronologische Frage, nicht um die Frage nach dem astralen Charakter.

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