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Vorwort zur 2. Auflage.

Der rasche Absatz des ersten Heftes der Wehr- und Streitschriften entspricht dem tiefgehenden Interesse, das der modernen Orientalistik auf allen Gebieten der historischen Wissenschaften entgegengebracht wird. Außerordentlich wertvoll war mir eine briefliche und mündliche Auseinandersetzung mit dem Meister der Völkerpsychologie, Professor Wilhelm Wundt, im Anschluß an die Bemerkungen S. 14 ff. der ersten Auflage. Auf S. 21 ff. dieser vorliegenden 2. Auflage habe ich die Formulierung der entgegenstehenden Meinungen wiedergeben dürfen. Gelegentlich dieser Debatte kam mir recht zum Bewußtsein, wie irreführend der von den Gegnern stammende und von uns als Trutzwort übernommene Name „Panbabylonismus“ sein kann. Er wird im Laufe der Zeit verschwinden müssen. Vorläufig sei auch hier nochmals darauf hingewiesen, daß er nicht etwas Urzeitliches aussagen soll (von der Urzeit wissen wir nichts), sondern daß er zunächst wenigstens nur einen geistigen Kontakt bezeichnen soll, der in astronomisch feststellbarer Zeit von Babylon ausgegangen ist.

Der zweite Teil der Broschüre sollte ein Exemplum für die Einheitlichkeit der altorientalischen Geisteswelt geben. Wir hätten statt Ägypten auch Indien oder China wählen können. Aber auf ägyptischem Gebiete war zurzeit das Material verhältnismäßig am übersichtlichsten zur Hand. Die Hoffnung, etwaige Einwendungen von ägyptologischer Seite in dieser zweiten Auflage abdrucken und besprechen zu können, ist unerfüllt geblieben. Für den Fall, daß sie noch erfolgen sollten, würden sie um so freudiger begrüßt werden, wenn sie im Interesse leichterer Verständigung das Gewicht auf die von uns zur Erörterung gestellten Probleme legen und nicht ägyptologische Irrtümer des Nichtfachmannes feststellen würden. Ich habe mich meinem bescheidenen Wissen in ägyptologischen Dingen gemäß darauf beschränken müssen, das zu verwerten, was ein

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Vorwort zur 2. Auflage - Abkürzungen.

berufener Fachmann über den Gegenstand sagte und will nur von seinen Ausführungen den Gebrauch machen, zu dem sie doch wohl bestimmt waren: den der Belehrung über ägyptische Dinge. Die Erörterung unsrer Frage kann nicht gefördert werden durch den Nachweis, daß ich in Einzelpunkten eine ungenügende Kenntnis der bezüglichen Tatsachen habe, sondern nur durch bessere Erklärung dieser Tatsachen im ganzen großen Zu. sammenhang. Allein auf Nachweis oder Widerlegung des von uns behaupteten geistigen Zusammenhanges innerhalb der altorientalischen Welt kommt es an.

Leipzig, November 1907.

Alfred Jeremias.

AO

Abkürzungen.

Der alte Orient. Gemeinverständliche Darstellungen, hrsg. von der VAG. [Redd. A. Jeremias und H. Winckler.] Seit 1899, jährlich 4 Hefte. Leipzig, Hinrichs.

ATAO2 = A. Jeremias, Das Alte Testament im Lichte des Alten Orients 2. Aufl. 1906. Leipzig, Hinrichs.

BB

BNT

F

=A. Jeremias, Im Kampfe um Babel und Bibel. Ein Wort zur Verständigung und Abwehr, 4. Aufl. 1904. Leipzig, Hinrichs. =A. Jeremias, Babylonisches im Neuen Testament. Leipzig, Hinrichs 1905.

= H. Winckler, Altorientalische Forschungen (Reihe I-III) Leipzig, Pfeiffer 1893 ff.

KAT' = Die Keilinschriften und das Alte Testament von Eb. Schrader. 3. Aufl. Teil 1 von H. Winckler, Teil 2 von H. Zimmern, Berlin, Reuther & Reichard 1902.

Monoth. Str. A. Jeremias, Monotheistische Strömungen innerhalb der babylonischen Religion. Leipzig, Hinrichs 1904.

OLZ

= Orientalistische Literaturzeitung, hrsg. v. F. E. Peiser.

s ist beabsichtigt, in einer Reihe von Wehr- und Streit

E schriften den Einwänden zu begegnen, die gegen die als

„Panbabylonismus" gekennzeichnete Auffassung von der antiken Kulturwelt geltend gemacht worden sind. Je nachdem es der einzelne Fall nötig macht, wird aggressive oder defensive Form gewählt werden.

Daß es sich um eine wissenschaftliche Angelegenheit von tiefgehender und weittragender Wichtigkeit handelt, erkennen auch die Gegner an. Nur haben wir zu beklagen, daß die Kritik die Erklärung der altorientalischen Welt mit Gründen occidentalisch-moderner Denkart ablehnt, ohne sich in die zunächst fremdartige orientalische Gedankenwelt, die jetzt aus heimischen Urkunden zu uns redet, versenkt zu haben.

Die altorientalische Weltauffassung entwirft in ihrer Kosmogonie und Kalenderlehre ein Bild von Raum und Zeit, das vom gestirnten Himmel abgelesen wird. Die Kosmogonie, d. h. die Lehre vom Nacheinander verschiedener Welten, und die Kalenderlehre, d. h. die Lehre vom Nacheinander verschiedener Zeitalter, sind Spiegelbilder der Einteilung, wie sie gegeben ist durch die Bewegung der großen Gestirne im Himmelsraum, insbesondere durch den großen und kleinen Zeiger (Mond und Sonne) am himmlischen Zifferblatt, dem Tierkreis1. Der „Panbabylonismus" will den Nachweis führen, daß diese astrale Weltauffassung allen Kulturen und Religionen der Welt ihr Gepräge gegeben hat, daß insbesondere auch die biblische Religion ihr Begriffsalphabet aus dieser Weltanschauung nimmt.

Die Abneigung gegen die Anschauung vom astralen Grundcharakter des antiken Weltbildes beruht zum großen Teile auf Unkenntnis der Erscheinungen des Sternhimmels. Man muß

1) Als dritter Zeiger kommt die Venus in Betracht (Sonne, Mond, Venus, die Regenten des Tierkreises), sodann der Lauf der vier Planeten Jupiter (zwölfjähriger Zyklus), Saturn (dreißigjährig), Merkur, Mars; ferner Siriusaufgang (S. 37, Anm. 4), Orionaufgang (S. 38).

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Anhänger der astralen Weltauffassung.

die Einteilung der großen Weltenuhr und ihr Bild klar gegenwärtig haben, wenn man die antike Weltauffassung verstehen will. Mancher Kritiker gibt in dieser Beziehung ganz unbefangen sein mangelndes Wissen zu, ohne daraus die Folgerung zu ziehen, auf Grund deren er sein Urteil zurückstellen müßte, bis die Vorbedingungen für eine wissenschaftliche Urteilsabgabe erfüllt sind. Es muß aber doch schließlich als unstatthaft gelten, wenn ernste Arbeiten der Männer, die ihre Kraft an die Erforschung dieser Dinge gesetzt haben, von denjenigen als „Spielerei" hingestellt werden, welche es nicht für nötig erachtet haben, sich mit den Tatsachen vertraut zu machen.

Gewiß ist es nicht unsere Auffassung, daß eine wissenschaftliche Frage dadurch erledigt wird, daß ihre bestimmte Beantwortung eine wachsende Zahl von Anhängern aufweist, und unsre innere Stellung zur Sache wird dadurch keineswegs beeinflußt. Aber die Ungerechtigkeit des geschilderten kritischen Verfahrens dürfte doch vielleicht eine uns willkommene Beleuchtung erfahren, wenn einmal eine Übersicht aller derer gegeben wird, die sich über die Grundsätze der astralen oder altorientalischen Weltauffassung einig sind und deren wissenschaftliche Arbeiten „Phantastereien" im gedachten Sinne darstellen würden. Vielleicht ist sich doch mancher, der leicht über die Dinge weggehen zu können glaubt, nicht bewußt, wie weit der Kreis derer ist, die die Schlüssigkeit und Richtigkeit der umstrittenen Geschichtsauffassung erkannt haben.

Die „Astralmythen" Eduard Stuckens' haben die Betrachtung der orientalischen Mythen aus den Banden der bis dahin herrschenden rein philologischen, sprachwissenschaftlichen Betrachtung befreit. Es wurde hier auf die orientalische und biblische Gedankenwelt die vergleichende mythologische Methode angewendet, welche keine Schranken von Zeit und Landesgrenze oder Sprache kennt. In bezug auf die Erforschung der altorientalischen Weltauffassung beruht Stuckens Verdienst in der Erkenntnis von dem astralen Charakter aller Mythen und in der Erkenntnis von der Wichtigkeit der Vorstellungen vom Himmel für die Beurteilung des Erdenbildes 2.

1) Leipzig, Ed. Pfeiffer, 1906 ff. Ferner: Beiträge zur orientalischen Mythologie in MVAG 1902, 121 ff.

2) Es ist durch den Zweck dieser Schriften ausgeschlossen, auf theologische Fragen einzugehen. Der Schreiber dieser Zeilen hat in seinen

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