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des Erkennens, sondern auch in der Weise des Fühlens. Denn es muß sich ja nothwendig mit der andern Anschauung von der Stellung des Menschen der Gottheit gegenüber, auch ein ganz anderes Gefühlsleben entwickeln. Und durch Erkenntniß und Gefühl werden die Mittel bestimmt, durch welche der Mensch zur religiösen Seligkeit erhoben werden kann.

Wenn nun dies Religion ist, was hat der Mythos mit ihr zu schaffen? An sich, ihrem Begriffe und ihrer Idee nach, gar nichts. Betrachten wir sie aber historisch, in ihrem Zusammenleben mit allen Bethätigungen des menschlichen Geistes, so stellt fich die Sache ganz anders heraus.

Die Religion ist eine Erkenntniß- und Gefühlsart, welche mit der menschlichen Natur unzertrennlich verbunden ist, so unzertrennlich wie Sprache und eine gewisse gesellschaftliche Einrichtung und der Gebrauch und die Anfertigung gewisser Handwerkszeuge und wie der Anwendung des Feuers. Noch ist kein Volk gefunden, dem diese Elemente des menschlichen Lebens gefehlt hätten. Wenn Reisende versichern, daß irgend ein noch so elend lebender Volksstamm, den sie besucht hatten, ohne Religion sei, so beweisen sie mit solcher Aeußerung nur ihre Unfähigkeit, das menschliche Leben in seinen niedrigen Formen zu beobachten, und Eilfertigkeit des Urtheils.

Wenn nun also jedes Volk, auch das ungebildetste, Religion hat, und auch die ältesten Geschlechter der Menschheit schon Religion haben mußten; und wenn die Erkenntniß dieser Menschen fich nothwendig in Mythen bewegen mußte: so kann natürlich ihre Religion, welche ja auch eine Erkenntniß ist, nicht anders als in mythischer Form sich kundgeben. So lange der menschliche Geist aus jeder Erscheinung einen Mythos bildet, so lange er keinen Gegenstand anders als im Mythos erfaßt: so lange muß nothwendig die religiöse Werthschätzung der Dinge, das Messen

am Unendlichen sich um Mythen bewegen und sich mythisch ausdrücken. Nicht nur jedes einzelne Ding, sondern zu allermeist das, was als das Unendliche, als Gottheit gilt, und das Verbältniß, in welchem alles Endliche und namentlich der Mensch fich zur Gottheit befindet, wird mythisch gestaltet. So lange also der Mensch von den Naturerscheinungen noch so ergriffen ist, daß seine Sinne in hohem Grade davon geblendet sind, und daß er folglich die unvollkommensten Wahrnehmungen ganz phantastisch combinirt und ergänzend ausgestaltet: so lange wird er in den erschütterndsten Erscheinungen das Unendliche am sichersten zu erfassen meinen, und in den Gestalten, welche er im Gewitter und im Uebergange von der Nacht zum Tage so eindringlich kennen lernt, seine Gottheiten sehen. Wir haben uns schon die Lage und die Stimmung des Urmenschen vergegenwärtigt, aus welcher Mythos und Religion als ein Zwillingspaar entspringt. Er wird also in jenen mythischen Thieren, dem Drachen, dem Widder, dem Vogel u. s. w. seine Götter und Göttinnen sehen sehen und verehren. Wie könnte er sie nicht verehren? Sie überragen mit ihrer Kraft die seinige in so hohem Maße, daß seine Vorstellungen sie nicht erreichen; und sie nützen ihm and schrecken ihn, schaden auch oft genug, um ihm zu erkennen zu geben, wie völlig er von ihrer Macht abhängig ist.

Vorstellungen von Göttern schafft der Mensch in erster Linie aus dem Sinne für das Unendliche, in zweiter Linie aus Furcht und Dankbarkeit, und zwar mit mythischen Elementen, weil er irrünglich keine andern hat.

Nicht aus innerer Nothwendigkeit also ist Religion mit Mythos von ihrem Ursprung an verbunden, nicht weil ihr Weien zu solcher Vereinigung triebe, sondern weil es unter den in ter Urzeit gegebenen Umständen nicht anders sein kann. Zu Methen gesellt ist die Religion der Kindheit des Menschen

geschlechts. Diese Gesellung aber wird verhängnißvoll für sie. Zwar wird ihr dadurch nicht jede Entwicklung abgeschnitten; der religiöse Sinn ist mächtig genug, und der Mythos biegiam genug, um die Religion in mythischer Erkenntnißform hohe Stufen erreichen zu lassen; ja bis zum Monotheismus kann sie gelangen. Denn Mythen veranlassen zwar ursprünglich mit Nothwendigkeit Vielgötterei; aber obwohl der Eine Gott nur im schärfsten Widerspruch gegen Gößendienst hervortreten kann, so verträgt sich doch auch er mit dem Mythos; und wenn er im findlichen Gemüthe entsprungen ist und kindlichen Geistern gepredigt wird, so uimmt auch er nach Lage der Umstände mythische Form an. Wie hoch und rein auch ihrem Inhalte nach die Religiosität des alten hebräischen Propheten ist, so ist er doch an Bildung des Verstandes noch völlig Kind. Das eigentliche Wesen des mythischen Denkens, daß es den Gegenstand nicht im Begriff und in Abstractionen erfaßt, sondern in Anschauungen aus dem Kreise der irdischen Natur und dem Leben und Verkehr der Menschen: das bleibt beim Aufgange und selbst noch während der Entwicklung des Monotheismus bestehn. Man merkt es dem Propheten klar genug an, wie sehr er ringt, für die Darstellung seines unendlichen Gottes alle Banden und Schranken der finnlichen Natur zu durchbrechen, und dieses Streben macht ihn zum größten, zum erhabensten Dichter; aber er ist Dichter geblieben; er war noch nicht logisch gebildet. Besonders aber das Verhältniß des Endlichen und des Menschen zu Gott, obwohl im Monotheismus in keinem Vergleich tiefer erfaßt als im Polytheismus, wird doch auch hier ganz mythiich gedacht: Schöpfung, Offenbarung, Bündniß oder Verlobung mit dem auserwählten Volke, jüngster Tag, Messias, Sohn Gottes, Opfer: das alles ist Mythos.

Wir begreifen heute die Verbindung von Mythos und Re

ligion vollständig. Der Mythos ist eine Denk- und Darstellungsform; er schafft Bilder, Anschauungen, Erzählungen; die Religion dagegen ist ein Inhalt, und wenn dieser erhabene Inbalt zuerst geschaffen wird, vermählt er sich mit jenen mythischen Fermen, legt sich in jene Bilder und jene Erzählungen von Thatsachen hinein. Der unter dem Banne des Mythos stehende Geit weiß das natürlich nicht. Er hat seinen Inhalt nur in felder Form, und kann beides nicht von einander scheiden. Für ibn ist diese Form wesentlich; und je höher sein Inhalt ist, je mehr er von der Wahrheit desselben durchdrungen ist, um so mehr ist er überzeugt, daß jene Erzählungen, in welchen er jo hche Wahrheit besigt, auch wirklich und gerade so, wie erzählt wire, vor sich gegangen seien.

Das ist nun das Verhängnißvolle für die Religion: während wir freilich den Mythos hochschätzen können, weil wir die darin enthaltene Wahrheit auszulösen vermögen, legt der find= lide Mensch alles Gewicht auf die Erzählung und glaubt die erzählte Thatsache als solche und fordert Glauben für dieselbe. Echreitet nun die geistige Entwicklung vor, so wird, was ele mals findlich war, findisch; man steift sich auf die Form bis zur vollen Verkennung und Verleugnung des Inhalts. Was einst Segen war, wird nun zum Fluche. Dies ist die Folge davon, daß die Religion, die ewig ist, an eine vergängliche Form ge

fettet war.

Aber nicht nur für den Gläubigen ist diese Verfettung so verbängnißvoll, sondern auch für den Ungläubigen, für den Mann der Wissenschaft. Es giebt Philologen, welchen Religion und Metbes so identisch geworden sind, daß auch sie an der Masse der mythischen Gestalten eines Volkes die Kraft der Religiosität desselben messen oder die Macht der Religion in der Schöpfung von Mythen erkennen. Und weit verbreitet ist der Irrthum,

als wenn die Schläge gegen den Glauben an Mythen auch die Religion träfen. - Noch verderblicher ist der Wahn, der sich ebenfalls bei Gebildeten wie bei Ungebildeten findet, der Wahn, welcher die Kraft und Tiefe der Religiosität an der Masse der ceremoniellen Uebungen mißt. Mancher Philologe hat behauptet, der alte Römer sei religiöser gewesen als der alte Hellene, ohne andern Grund, als weil jener mehr Ceremonien geübt hat. Daraus folgt aber nur, daß der Römer abergläubischer war als der Grieche.

Zur Verkettung der Religion mit mythischem Aberglauben liegt indessen, zwar nicht in der Religion selbst, aber doch dicht neben ihr, noch ein besonderes Motiv. Sie hat, wie wir sagten, zwei Seiten oder Grundtriebe: von der einen Seite ist fie Erhebung zur Gottheit, ist sie Seligkeit; von der andern ist sie Streben aus der Gedrücktheit zur beseligenden Höhe. Wer nun verkennt oder außer Acht läßt, daß der Mensch nur durch klare Erkenntniß und sittliche Arbeit und Cultus des wahrhaft Schönen die gesuchte Beseligung erlangen kann, wer davon absehend ausruft: wie komme ich zu Gott? der ist schon in Blindheit und Wüste. Wer Gott nicht in sich fühlt, wird ihn nicht erjagen; an ihn drängen sich die mythischen Gedanken von Hölle und Teufel wie wüthende Hunde und hehen ihn in wilder Jagd zu jeder Grenze des Wahnsinns und des Lasters. Das aber ist nicht Religion, sondern Abirrung von ihr. Wer auf solche Erscheinungen hinweisend, die Religion von sich thun zu müssen glaubt, der begeht einen theoretischen Fehler, der ihm auch praktisch schaden wird.

Nein, noch einmal: die Religion ist ewig, sie ist das Allermenschlichste, des Menschen Heiligthum; der Mythos dagegen ist eine endliche Form, und die Form zerstören, damit der In

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