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Das Recht der Ueberseßung in fremde Sprachen wird vorbehalten.

Motto.

Rede und du bist! Allein selten trauen wir der Rede, wenn wir Temperament und Gemüths - Charakter kennen lernen wollen. Man will in den Augen sehen, wie dem Menschen um's Herz ist.

(v. Hippel, Lebensläufe. Bd. 2. 19.)

Alzemein versteht man unter Physiognomik die Fähigkeit, aus

den äußeren Formen eines Menschen seinen Charakter, seine zeitige Begabung und seine augenblickliche Gemüthsstimmung zu erkennen. Wenn diese Fähigkeit eine eigene Wissenschaft it, d. h. fich auf allgemein giltige Gesetze zurückführen läßt, so erfreut sie sich, wie kaum eine andere der allseitigsten, alltägfichten Verwendung.

Welchen Werth legen wir nicht auf den Gesichtsausdruck unirer Umgebung, wie sorgfältig mühen wir uns nicht Gedanken and Gemüthsstimmung uns bekannter, den Charakter, die geistige Befibigung solcher Menschen aus den Mienen zu entziffern, die

zum ersten Mal im Leben begegnen. Eine leichte Aehnlichfeit, ein gleicher Zug und Blick in dem Antlihe eines Fremden, er uns mit voller Lebhaftigkeit an uns bekannte Persönlichkeiten erinnert, verleitet uns nur zu oft, auch alle uns liebe oder widermärtigen Eigenschaften, die wir an lezteren kennen, bei jenem zerauszusetzen. Wie schwer wird es uns nicht oft, uns von tiefem Einfluß des ersten Eindrucks frei zu machen, selbst wenn

wir uns immer von Neuem vergegenwärtigen, daß unserer vorgefaßten Meinung nichts Anderes zur Begründung diente, als diese oder jene Form- des Gesichts, dieser oder jener Zug. Wer hätte nicht einmal eine müßige Stunde an fremdem Orte, an der Wirthsṭafel; im Wartesaal einer Eisenbahn durch das Studium seiner, ihm durchaus fremden Umgebung ausgefüllt? und aus den Gesichtszügen, der Haltung und Bewegung des ganzen Körpers nicht nur Stand und Beschäftigung nein auch die Gemüthsstimmung zu errathen versucht? Wie oft ist nicht der Klang der Stimme, die Rauhigkeit, oder das Melodische derselben das alleinige Zeichen, dessen wir uns bedienen, um uns über Gestalt, Charakter und Geist dessen ein Urtheil zu schaffen, aus dessen Munde wir sie vernahmen. Ja wir sind so geneigt in Allem, was wir von einem Menschen sehen und hören, aus seinen Mienen, seiner Geberde, seiner Haltung und Stimme alles das herauszulesen, was er uns geistig bietet und überhaupt zu bieten vermag; jene so ganz als den nothwendigen und natürlichen Ausdruck seines Empfindens und Wollens hinzunehmen, daß uns der Gefühlsausdruck, seine Uebereinstimmung mit dem gesprochenen Worte gar oft als Kontrole für jenes dienen muß. Nichts erscheint uns lächerlicher und abgeschmackter als das hohle Pathos eines ungeschickten Schauspielers, dessen Miene und Geste nicht zu dem gehören, was er sagt. Nichts läßt uns so unbefriedigt als eine Persönlichkeit, deren Glätte und Unbeweglichkeit des Gesichts, deren regelmäßige aber ausdruckslose Haltung und Bewegung uns auch nicht den leisesten Einblick in den geistigen Menschen gestatten. Ein Puppengesicht heißt uns wohl jenes tadellos regelmäßig geformte schöne Gesicht, in dem kein Zug, kein Blick verräth, ob es auch menschlich fühlt

und denkt.

Und glauben wir nicht umgekehrt die Helden unsrer Lektüre,

jelbst wenn der Dichter uns wenig oder gar nichts von ihrer interen Erscheinung verrieth, um so lebhafter vor uns zu sehen, je ichärfer in Worten und Thaten die Eigenartigkeit ihrer Perjen hervortritt? Der Autor selbst, dessen geistiges Wirken und Schaffen uns lange beschäftigte, gewinnt nicht auch er in unsrer Phantafie eine ganz bestimmte Gestalt? Oft werden wir uns ihrer erst bewußt, wenn der Zufall uns die Person des Dichters oder ein treues Bildniß zuführt und wohl gar ein langgedehntes, Ueberraschen bedeutendes: wie ganz anders habe ich mir ihn gedacht!" unsern Lippen entflieht. Wie wir dort aus der förrerlichen Erscheinung den innern Menschen zu entziffern suchen, io nimmt hier geistiges Thun und Schaffen eine ganz bestimmte Körperlichkeit an. Wie dort das Gesicht zum Worte, so wird bier das Wort zum Gesichte. Doch nicht nur die populärste, auch die älteste Wissenschaft wäre die Physiognomik, wenn zu ihrer wissenschaftlichen Begründung nichts weiter gehörte, als ihre allgemeine Verwendung, welche sie wohl seit der Eristenz des Menschengeschlechts überall fand. Die physiognomischen EnthuRasten haben denn auch ihrer Zeit nicht verfehlt, ihre unmittelbare geistige Abstammung von Adam zu betonen, das mysteriöse Kainszeichen als den ersten physiognomischen Kunstausdruck zu bean= ipruchen und zu zeigen, daß die Bücher des alten und neuen Testaments, nicht minder die klassischen Schriftsteller alter und neuerer Zeit die trefflichsten physiognomischen Wahrheiten bergen. Doch was folgt daraus weiter, als daß, wie die Menschen schon rühzeitig sich durch gewisse Laute und deren Verbindung vertändlich zu machen wußten, durch sie einander ihre Gedanken md Empfindungen mittheilen lernten, fie auch in den Bewegungen ihres Gesichts, ihrer Arme, kurz ihres ganzen Körpers eme Zeichensprache fanden, die um so lebhafter wird, je unzureichender das gesprochene Wort erscheint, je tiefer, je leidenschaft

licher sie bei dem, was sie sprechen, empfinden; eine Zeichensprache, die dem Stummen das alleinige Verständigungsmittel ist, die das Kind lernt, wie es die Lautsprache lernt. Talleyrand wird der Ausspruch zugeschrieben, welcher jene alte Sentenz: „das Wort ist der Spiegel der Gedanken" umgekehrt: „das Wort ward dem Menschen zur Hülle seiner Gedanken." So widersprechend beide Säße erscheinen, so liegt doch in beiden die Wahrheit. Denn nicht immer spiegelt sich in dem, was wir sagen, unsere eigentliche Meinung; oft soll uns das Wort dazu dienen, andre auf eine andre Fährte zu leiten. Dem Diplomaten mag diese Bestimmung unsrer Sprache die werthvollere erscheinen, und dem entspricht auch der typische Ausdruck seines Gesichts. Der wäre kein guter Diplomat, dem die Gesichtsmuskeln zu Verräthern seines Denkens werden könnten! Wie der Klang der Stimme, die Geläufigkeit ihrer Verwendung zur Sprache wesentlich bedingt ist von der rein körperlichen Organisation, wie in der Redeweise der größere oder geringere Reichthum der Gedanken, ihre Klarheit und Verständlichkeit, die Tiefe der Empfindung, so fühlen wir, und so fühlte man vor uns, prägt sich auch die ganze geistige Individualität in der Art der Empfindungsäußerung, d. h. durch die Art unsrer Körperbewegungen aus. Zu einer wissenschaftlichen Begründung einer Wahrheit gehört jedoch mehr als ihre allseitige Anerkennung und Verwendung; so lange diese auf wohl richtig gefühlte, wenn auch nicht klar bewußte Urtheile fich stützt, mögen wir sie wohl als eine Kunstfertigkeit betrachten, eine Wissenschaft wird sie erst, wenn wir aus der Mannigfaltigkeit der Erscheinungen das allgemein Giltige herauszufinden vermögen, dieses auf seine Gesetzmäßigkeit zurückführen, als in der Organisation begründet herleiten können. Auch die Lautsprache wird nicht dadurch zur Wissenschaft, daß wir sie in jedem Augenblick ausüben - fie wird es, wenn wir in ihren

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