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dächten sie nichts Arges. Rotte Gott aus, die in Heuchelei leben zusammen mit den Frommen! in Verderben gerathe ihr Leib, in Armuth ihr Leben! Decke Gott auf die Werke der Menschendiener, zu Gelächter und Spott mögen ihre Thaten werden . . . die Menschendiener, die trügerisch Recht sprechen“. Nicht weniger leidenschaftlich als diese Anklagen gegen die Aristokratie Jerusalems zu Anfang unserer Periode sind zu Ende derselben jene Weherufe eines Volksmanns über die hohenpriesterlichen Familien des Hannas, Boethos, Ismael ben Phabi u. f. f.,1 deren wir oben ge= dachten. Der Glaube an ein kommendes Gericht hatte mithin bei den Pharisäern den Werkdienst, der Unglaube an eine kommende Welt bei den Sadducäern die sittliche Frechheit großgezogen. In so fern also ist der Eindruck nicht unrichtig, den man aus den Reden des Evangeliums gewinnt, daß bei den Einen die Heuchelei, bei den Andern der Libertinismus zu Hause war.

So läßt sich denn die gegenseitige Stellung der beiden Parteien folgendermaßen zusammenfassen. Der Gegensatz zwischen Beiden ist wesentlich der eines herrschenden Priester- und Richterkreises, gegenüber einer fromm aufgeregten und aufregenden demokratischen Partei. Je mehr die Pharisäer sich in Uebertreibungen der religiösen Vorschriften, in bizarren Verzerrungen des mosaischen Wesens ge= fielen; je mehr ihrer die Sabbathsgesehe in's Lächerliche utrirten, die Reinheitsangst zur Carricatur weiterbildeten; je überschwänglicher sie sich auf göttliche Eingebungen und unmittelbaren Verkehr mit höheren Geistern beriefen, je heißblütigere Erwartungen sie von dem eintretenden messianischen Reiche hegten, zu dem David und die Propheten wiederkehren sollten; in je wahnsinnigerer Politik sie sich dem idumäischen Hause und der römischen Uebermacht zu= gleich entgegenseßten, am Volke hezten, schoben, vorwärts drängten - um so kühler, hochmüthiger, vornehmer schloß sich der befizende

1 Pesachim 57. a. Derenbourg Pal. 232. 2 Die Bezeichnung demokratisch ist für eine Partei, die die Herrschaft der Geburtsaristokratie ersetzen will durch die Herrschaft der Frommen, immer noch die passendste, obwohl die „Abgesonderten“ das geseglose Volk" verachteten. Wir würden sie die puritanische Partei nennen, aber die Pharisäer vertreten nicht die reine Schrift, sondern die Tradition, Man kann sie die Lehrer heißen, aber Leviten, Weiber, Höflinge und Eunuchen gehören auch dazu. In summa: fie arbeiten mit dem Volk gegen den Adel und darum heißen wir fie demokratisch.

Stand, schloß sich die Aristokratie von allen diesen Bewegungen ab, um so zäher leistete sie allen diesen Neuerungen Widerstand; um so entschiedener zog sie sich auf das geschriebene Gesetz zurück, das von all den apokalyptischen Phantastereien nichts wisse und weder Engel noch Auferstehung lehre. Diese Welt wollten sie in Ordnung halten nach den Gesezen der Väter und sie genießen; die Pharisäer mochten um jene Welt dienen und sich quälen und so diesseits und jenseits die Betrogenen sein.

Der Verlauf dieses Kampfes zwischen Pharisäern und Sadducäern war endlich kein anderer als bei allen andern Nationen. Noch nirgends im Kampf zwischen Demokratie und Aristokratie hat zuletzt die Aristokratie das Schlachtfeld behauptet. So sehen wir auch im Verlauf unserer Periode die Volkspartei immer weiter vordringen. Die Pharisäer herrschen im Volk, fie leiten das Synedrium; in den Kreis der herodäischen Familie selbst reicht ihr Einfluß, und schließlich erleben sie den Triumph, daß alle thatenluftigen jüngeren Glieder der Aristokratie zu ihnen übergehen.1 Während sie zu Herodes Zeit noch beiläufig sechstausend Mitglieder zählten, konnte man zu Ausgang der jüdischen Geschichte schließlich alle Schriftgelehrten unter fie rechnen.

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„Die Pharisäer, so berichtet der Schriftsteller, der die lezten Kämpfe des jüdischen Staatslebens mit durchgekämpft hat, besigen im Volke einen solchen Einfluß, daß sämmtliche gottesdienstlichen Verrichtungen, Opfer und Gebete nur nach ihrem Gutdünken dargebracht werden; ein so rühmliches Zeugniß gaben ihnen die Gemeinden, weil man überzeugt war, daß sie in Wort und That nur das Edelste suchten. Die Sadducäer find nur wenige Männer; diese gehören freilich zu den vornehmsten Ständen, sie richten aber nichts Bedeutendes aus. So oft sie zu Aemtern gelangen, so stimmen sie, wenn auch unwillig und gezwungen, den Pharisäern bei, indem das Volk sie sonst nicht dulden würde".3

So waren die Männer des Amts den Führern der Partei zum Opfer gefallen. Die Beredtsamkeit der Synagoge hatte den Sieg davongetragen über den Glanz des Tempels, aber freilich nur, um dem Staat einen Abgrund zu graben, in dem Tempel und Schule zumal versank.

1 Vita 2. 38 a. D.

2 Ant. XVII; 2, 4.

3 Ant. XVIII; 1, 3. 4.

2. Die Essäer.

Die gleiche Sehnsucht nach Verwirklichung des Gesezes, die den Pharifäer so rastlos im öffentlichen Leben umhertrieb, um das Volk zu fördern, anzuspornen und weiter zu treiben, diese selbe Sehnsucht hat den Essäer in die Einsamkeit geführt, um da an sich wenigstens das Ideal jüdischer Reinheit zu schaffen, für das das Volk im Ganzen noch unreif schien. Wie Einzelne als Nafiräer die Blüthe der theokratischen Reinheit sich zu erringen dachten, und in dieser Zeit das Nafiräat fast eine alltägliche Erscheinung ward, so finden wir in den Effäern ganze Vereine, die wesentlich die Vorschriften des alttestamentlichen Nafiräats einhalten. Auch sie sind, wie die Pharisäer, ein Nachtrieb des chasidäischen Geseßeseifers und der Name Essäer ist wohl nichts Anderes als das aramäische hase', der Fromme. Aber um die Weihe ihrer Reinigungen sich zu bewahren, zogen sich diese Spätlinge des Chafidäerthums aus dem öffentlichen Leben ganz zurück. Ihnen waren die Pharifäer noch längst nicht vorsichtig genug, wie denn im Talmud der Asket gelegentlich den Pharifäer des Leichtsinns beschuldigt. Die Forderung gesetzlicher Reinheit hat nämlich das Eigene, daß sie kein Einzelner für sich durchführen kann, so lang er der befleckenden Berührung der Andern unterliegt, sondern daß sie nur in gemeinsamer Arbeit oder in absoluter Einsamkeit sich erringen läßt. Von Haus aus muß solche Absonderung auch Gedanke der Pharisäer gewesen sein, allein im Laufe der Entwicklung verdienten sie ihren Namen der Abgesonderten“ immer weniger, da sie ja gefliffentlich die Menge suchten, um auf sie zu wirken, da sie Wasser und Land umzogen, um einen Judengenoffen zu machen und an allen Ecken und auf allen öffentlichen Plähen ihre Frömmigkeit zur Schau stellten. Damit hatte man aber auf jenes Ideal der Reinheit verzichtet, das ursprünglich erreicht werden wollte. So erklärt es sich, daß strengere Kreise aus dem Zusammenhang des nationalen Lebens überhaupt ausschieden, um in eigenen Colonien es mit jenem höchsten Ideal der Zeit zu versuchen,

1 So hat auch Philo (in Euseb. Praep. Evang. VIII, 11) den Namen fäer παρὰ τὴν ὁσιότητα erklärt. 2 Vgl. Grätz 3, 468.

deffen Verwirklichung im Getümmel der Städte unmöglich war,1 während andere als Wüsteneinsiedler auf eigene Faust dem gleichen Ziele nachstrebten. Sie waren wirklich die „Abgesonderten“, was die Peruschim nur dem Namen nach sind.

Die ersten Anfänge dieser Siedeleien entziehen sich der ge= schichtlichen Kunde, aber wer die Gegend zwischen Jerusalem und dem todten Meer, jene steinige Hochebene durchwanderte, die von schmalen, zum Theil schattigen und wiesengrünen Schluchten durchriffen, zum Salzsee abstürzt, der traf eine Reihe solcher effäischen Colonien. Ihre nach dem Gesez abgemessene, melancholische Haltung und das durch den Zwang umfassender Ordnungen streng geregelte Leben machte leicht dem Fremden den Eindruck, als ob hier eine Reihe von Lebensmüden nicht zum Gottesreich, sondern zum Tode sich vorbereite.

In solcher Weise hat Plinius von ihnen geredet, allein die „vitae poenitentia", von der er spricht, war der Beweggrund dieser Absonderung nicht, sondern eine Reinheitsangst, die freilich in diesem Umfang sich in keiner Weise aus dem alten Mosaismus selbst erklären läßt, sondern aus jener Vorstellung abgeleitet werden muß, mit der die Juden seit dem Exil sich vertraut gemacht hatten, daß die Materie an sich unrein und fündig sei, ein Reich der bösen Geister, während alles Licht und alle Klarheit drüben im Reiche der Gottheit liege. Daher denn die krankhafte Askese und die manchfaltigen Mittel der Entkörperung, die Enthaltsamkeit und die strengen lebungen, die Daniel, Henoch IV., Esra und andere Bücher dieser lezten Zeit empfehlen und die sich nicht wie bei den Pharisäern ausschließlich auf bestimmte mosaische Gebote gründen, jondern hervorgehen aus dem Grauen vor der Materie und ihren Dämonen, die alle diese Genüsse, Reize, Lockungen dem armen Sterblichen anbieten, nur um ihn immer tiefer in die Schlingen der finnlichen Welt zu verstricken. Die Seele zu lösen aus diesem Zusammenhang mit dem sinnlichen Leben und ein Band nach dem andern zu lockern, durch das sie an den Körper gefesselt ist, mit

1 κωμηδὸν οἰκοῦσι, τὰς πόλεις ἐκτρεπόμενοι διὰ τὰς τῶν πολιτευομέ vor zeigen, deis arouias. Philo, Quod. omn. pr. 1. Frankf. Ausg. 876. Bell. II; 8, 4 scheint zwar eigene Ordensstädte auszuschließen, allein Philo und Plinius stehen dagegen, sowie die Beschreibung des Josephus selbst. § 7-9.

allen Mitteln körperlicher und geistiger Diät die Energie des finnlichen Lebens zu brechen, damit der Geist frei sei, das ist eine Aufgabe, die das ganze Leben in Anspruch nimmt und der der Essäer jeden Tag seines Daseins nachlebt. In diesem Bestreben hat der Esfäismus allerdings spätere Erscheinungen der christlichen Askese nahezu vollständig anticipirt, wie er anderseits mit den dualistischen Religionssystemen sowohl des Parfismus wie der alerandrinischen Religionsphilosophie Berührungspunkte zeigt. Jene Weltanschauung, der wir als der neupythagoräischen im Abendland begegnen, dämmert hier in ihren allgemeinen Umrissen. Der Gegensah eines Rechten und Linken, ein Reich des guten Gotts und der bösen Geister, eine Schicksalsmacht, die Alles beherrscht, eine Seele gewoben aus dem reinsten Aether der obern Welt und heruntergesunken in den Schlamm der untern,1 das Licht Princip des Guten und täglich ehrfürchtig begrüßt mit Morgenhymnen beim Sonnenaufgang, die strenge Vorkehr, daß die heiligen Strahlen nicht auf Unsauberes fallen – das Alles find Momente, die sich der damals die Welt beherrschenden dualistischen Weltanschauung auch der Nachbarvölker eingliedern, wenngleich Philo und Josephus Unrecht haben, die orientalischen Vorstellungen geradezu mit Namen der griechischen Philosophie ihrer Zeit zu beziffern.2 Die Hellenen haben die dualistischen Anschauungen aus dem Orient empfangen3 und man stellt die Dinge auf den Kopf, wenn man den Dualis

1 Bell. II; 8, 11. 2 Philo und Josephus (Ant. XV; 10, 4) heben geflissentlich die Berührungspunkte der Essäer mit den Sitten der Neupythagoräer heraus. Aber ein derartiges Hellenisiren ist bei Philo naiv, bei Josephus Berechnung. Er läßt auch die Pharisäer und Sadducäer sich über die Lehre vom fatum streiten, weil die eigentlichen Streitobjecte der beiden Parteien nur die Heiterkeit seiner römischen Lejer erwecken würden. Ebenso vergleicht er Vita 2 die Pharisäer der Stoa und statuirt Apion 2, 16 die Identität der mosaischen Gotteslehre mit Pythagoras, Anaxagoras und Plato, gerade so, wie heutige Rabbinen uns aufreden möchten, der Talmud löse die tiefsten Probleme der philosophischen Speculation (vgl. Deutsch, Talmud). Einzelnes mag ja in beiden Gemeinschaften sich entsprochen haben, aber zur Erklärung der dualistischen Weltanschauung, aus der die Askese der Essäer entsprang, brauchen wir direkte neupythagoräische Einflüsse so wenig anzunehmen als für den Dualismus in der paulinischen Theologie oder zur Erklä» rung der rabbinischen Reinheitsangst. Der gemeine Mann dachte eben in der ganzen syrischen Provinz dualistisch, wie der später auftauchende syrische Gnosticismus deutlich genug zeigt. 3 Vgl. Lipsius, Bibellexicon 2, 19.

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