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zu vermuthen. Dann erklärt es sich auch, warum die christliche Sage diesen Gaukler als den Rivalen und Affen des Meffias geschildert hat, denn es war in der That eine Nachäffung der messianischen Bewegung des Jordanthals, mit der er sich zuerst eingeführt hat. Wie er aber auch später noch in Samarien sein Wesen trieb und seine Hände in allerlei, nicht immer reinlichen, Geschäften hatte, wird später zu erzählen sein, da die christlichen Quellen ihn nicht sowohl Jesu als vielmehr den Aposteln als Rivalen gegenüberstellen. Noch ehe aber die Bewegungen in Samarien zu dieser blutigen Katastrophe geführt hatten, war es in Galiläa einer stärkeren und reineren Hand gelungen, der religiösen Strömung der Gemüther ein Bette zu graben, durch das dieselbe in die Zukunft mündete, während die Hochfluth jüdischer und samaritischer Begeisterung nur all zu rasch wieder versank.

6. Jesu Auftreten in Kapernaum.

Wie groß der Eindruck war, den der Täufer auf sein Volk und seine Zeit gemacht hat, das bezeugt besser als die Nachahmung seiner Thätigkeit in Samarien die Thatsache, daß die Predigt des Reichs sich von nun an durch dieß ganze Jahrhundert hindurch in den Umrissen bewegt, die Johannes ihr gegeben. Fragen wir die Thessalonicherbriefe oder die Apokalypse, welcher Art die Predigt war, die die Apostel der Heiden oder Judenchristen ihren Gemeinden verkündeten, so vernehmen wir die alte Johannespredigt von der Art, die den Bäumen an die Wurzel gelegt ist, von dem Herrn, der vor der Thüre steht und anklopft, mit dem einzigen Unterschied, daß an die Stelle des kommenden Starken der wiederkehrende Messias getreten ist. So kam das ein Mal ausgesprochene Wort so bald nicht wieder zur Ruhe und zunächst sollte es im Norden des heiligen Landes auf's Neue Wurzel schlagen. Die Kunde, die das Jordanthal durcheilte, die im Thale zwischen Ebal und Garizim ihr Echo gefunden, hallte bald auch in den Thälern Galiläa's nach.

Die Verfassung dieser Landschaft haben wir uns im Jahr 34 als eine sehr erregte zu denken. Beweis dafür ist, daß es im

Herbste des Jahres 34, wahrscheinlich beim Laubhüttenfeft, fogar in Jerusalem selbst zwischen den galiläischen Festpilgern und den Römern zu einem blutigen Zusammenstoß kam, bei dem die Garnison der Antonia bis in den innern Vorhof des Heiligthums vordrang und am Brandopferaltar die Galiläer über ihren Opfern niederhieb, so daß ihr Blut mit dem der geschlachteten Thiere zum Graufen der Zuschauer sich mischte. Um so mehr kochte und gährte es unter den Patrioten des Nordens. Neben Jesu waren die Söhne Judas, des Galiläers, aufgewachsen, die bald nach ihm auch am Kreuze endigten, weil sie in ihrer Weise Israel zu retten gedachten. Wenn bei all diesen beklemmenden Aussichten, erschütternden Ereignissen und entrüstenden Zuständen dennoch das Volk nur einen Gedanken hatte, den der Klage um den gefangenen Täufer, so ist das ein Beweis, wie gewaltig der Prophet der Wüste Juda gewesen war und wie tief der religiöse Zug der Zeit ging.

Bis in die fernsten Thäler drang die Schreckenskunde, daß der Täufer gefangen sei. Man baute erst darauf, der gewaltige Prediger werde auch Antipas Herz erschüttern, der feige Tetrarch werde es nicht wagen, sich am Leben des vom Volk geliebten Propheten zu vergreifen.5 Bereits wollte das leichtgläubige Volk die eine und andere Maßregel des Antipas dem Einfluß des Täufers zuschreiben, da kam die Nachricht, das Unglaubliche sei geschehen, Herodias habe erreicht, was Antipas für sich nie gewagt hätte. Als die neue Jesabel, die Prophetenmörderin, ging Herodias im Munde des Volkes um und man erwartete jetzt vom Hofe des Antipas ein weiteres Vorgehen gegen die Hoffnung Israels und ihre Propheten. Sie haben an ihm gethan, was sie wollten“, flagte man in Galiläa über den gemordeten Täufer. Aber sein Untergang hatte den Glauben an ihn nicht erschüttert. Wer von seiner Taufe anders als von einer Gnadengabe des Himmels redete, der mochte sich vor der Rache der Menge vorsehen. „Sagen wir, sie sei von Menschen gewesen, so haben wir das Volk zu fürchten", so überlegten sich noch am Passah 35 die Pharifäer. Nicht einmal,

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daß er wirklich todt sei, glaubten Alle. Etliche sagen, Du seist der Täufer", berichten die Jünger Jesu ihrem Meister, und selbst im neugebauten Palast zu Tiberias, bei den gepriesenen Tischen und Kandelabern von korinthischem Erz wurde die Frage aufge= worfen, ob der Prophet von Kapernaum nicht der wiedererstandene Johannes sei, da seine Kräfte in ihm wirkten?1

In die Zeit der Festnehmung des Täufers, nach unserer Chronologie also in den Frühling des Jahres 34, sezen die beiden ersten Evangelien das Auftreten Jesu in den Synagogen Galiläa's. Jesus stammte aus einer religiös angeregten Familie des Städtchens Nazareth, deren strenge Richtung noch in dem essäisch gefärbten Asketenleben seines Bruders Jakobus erkenntlich ist. Er selbst war unter denen gewesen, die am Jordan die Taufe des Johannes empfangen hatten.2 Als er in seiner Vaterstadt Nazareth die Kunde erhielt, der Täufer sei nach Machärus geschleppt worden, verließ er seine Heimath und begab sich in die Gegend des See's, um die Predigt vom Kommen des Gottesreichs, die der Tyrann in Peräa zum Schweigen gebracht hatte, auf diesem Forum Galiläa's nachdrücklicher zu wiederholen.3 Jesaja, den Sohn des Amoz, hatte dereinst die Hand des Herrn erfaßt, als im Tempel die Chöre der Leviten auf ihn einstürmten und die Wolken des Weihrauchs nach oben wirbelten, und ihm vom Schall der heiligen Posaunen der Boden zu erzittern schien. Amos, den Hirten, ergriff der Geist, als er auf seiner einsamen Halde, bei seinen Maulbeerfeigen vernahm, wie die Syrer mit eisernem Schlitten Gilead gedroschen und wie die Tyrer Israels Söhne an Edom verkauft, da hörte er Jehova brüllen aus Zion und donnern aus Jerusalem und wandte seinen Rindern den Rücken, um Israel ein Hirte zu sein. So ward es Jesu das Zeichen zum Aufbruch, daß allenthalben die Klage über den Täufer ertönte. Als er Israel hirtenlos fah, kam sein Hirtensinn zum Durchbruch.6

Der Ruf, den er erhob, war der des Johannes: „Die Zeit ist erfüllet, und das Reich Gottes ist herbeigekommen; bekehret euch, und glaubet an die frohe Botschaft!“7

2 Mr. 1, 9.

1 Mr. 6, 14; 8, 28. Vita 13. 3 Nach Mth. 4, 12. Nach Marcus würde er schon aus der Wüste nach Kapernaum gekommen sein, nach Lucas erst in Folge des ungläubigen Verhaltens seiner Vaterstadt. 4 Jes. 6, 1 f. 5 Amos 1, 2. 7, 14. 6 Mth. 9, 36. 11, 9. 7 Mr. 1, 15.

Nach Marcus war Jesus in Nazareth seines Handwerks ein Zimmermann gewesen, und daß er in der That aus der arbeitenden Classe der Bevölkerung hervorgegangen, das bestätigt die Sprache seiner Vorträge und Gleichnisse, die sich überall auf Vorgänge und Verhältnisse des gewöhnlichen bürgerlichen Lebens zurückbezieht und eine Kenntniß desselben verräth, wie sie sich Niemand durch bloße Beobachtung aneignet. Er ist zu Hause in jenen ärmlichen, fensterlosen syrischen Hütten, in denen die Hausfrau bei Tag ihr Licht anzünden muß, um den verlorenen Groschen zu suchen, er kennt die Geheimnisse der Backstube,3 des Gärtners 4 und des Bauführers,5 und Dinge, die der vornehm Erzogene nie gesehen, wie „das volle, eingedrückte, gerüttelte und überfließende Maaß“ des Mehlhändlers," den mürben, sickernden Schlauch des Kellermeisters, die Flickarbeit der Bauernfrau, die brutalen Sitten des Oberknechts gegen das Gesinde,9 und hundert andere Züge ähnlicher Art verwebt er in seine Gleichnisse. Selbst Erinnerungen seines specielleren Handwerks hat man in seinen Reden finden wollen. Das Gleichniß vom Splitter und Balken soll an den Zimmerplah erinnern, 10 die ungleichen Fundamente der Häuser an den Bauplay, 11 die Spanne, die man zusetzt, an die Werkstätte, 12 die Unterscheidung der Erscheinungen am grünen und am dürren Holz an das Trockenlager, 13 allein bei der Prägnanz des Ausdrucks, die ihm eignet, ließe sich jedes andere Handwerk mit ähnlichen Belegen erweisen. Immerhin hat der Umstand, daß seine Reden sich überall in diesem Bereich der Thätigkeit des gemeinen Mannes bewegen, ihre unerreichte Popularität mit begründet.

Indem Jesus von Nazareth nach Kapernaum übersiedelte, wurde die Predigt vom Gottesreich aus der Wüste Juda in das belebteste Gebiet des dichtbevölkerten und geistig regsamen Galiläa übertragen.

Betrachten wir diese weltgeschichtliche Bühne etwas näher, auf der ein der Menschheit so theueres Idyll sich nun abspielte.14

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2 Luc. 15, 8.

3 Mth. 13, 33. 16, 6. Luc. 13, 21.

5 Luc. 6, 49; 14, 28. 6 Luc. 6, 38. 7 Mth. 9, 17.

8 Mth. 9, 16. 9 Luc. 12, 45. 6, 27.

13 Luc. 23, 31.

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10 Mth. 7, 3. 11 Mth. 7, 24.

12 Mth.

14 Vergl. Bell. jud. III; 10, 7. Robinson, Pa

Das westliche Küstengelände des See's Genezareth ist etwa sechs Stunden lang, und zerfällt in eine schmale südliche und eine breitere nördliche Hälfte. Die ganze südliche Hälfte, vom Ausfluß des Jordans vier Stunden lang, ist ein schmaler Saum Landes zwischen dem See und den hart an den See sich herandrängenden Abhängen des Kalkplateaus. Nur in der Mitte dieses Küstenfaums blieb zwischen den Bergen und dem Wasserspiegel Raum für eine größere Stadt, das neue Tiberias, das eine halbe Stunde nördlich von den warmen Quellen von Emmaus gebaut war.1 Die Gebirgswände laufen dann noch eine starke Stunde gegen Norden fort am See hin, dann treten sie bei Magdala (el Mejdel) plötzlich weit zurück und geben einer frischgrünen, eine Stunde langen, eine halbe Stunde breiten Ebene Raum. Dieses eine Stunde lang am See hinziehende Wiesengelände ist die berühmte Ebene Genezareth.2 Bei dem heutigen Khân Minîyeh (das die Einen mit Dalmanutha, die Andern mit Kapernaum identificiren), schieben die Kalkberge sich wieder zum See vor3 und begleiten dessen nordwestliche Uferkrümmung bis zur Ebene von Julias, durch deren Moorgrund der Jordan in den See eintritt.

Auf diesem nördlichen, schmäleren Ufersaum lag Kapernaum, nach den Evangelien hart am See und an der großen Karavanenstraße. Ist diese identisch mit der noch jetzt sichtbaren Römerstraße, die von der Jakobsbrücke auf dem kürzesten Weg durch die Berge nach dem See herüberführt, so würde Khân Miniyeh dic Stelle von Kapernaum bezeichnen, da diese Straße erst dort den See berührt. Da aber der kürzere Weg zumeist der jüngere zu sein pflegt, könnte zur Zeit Jefu die Straße auch das bequemerc Jordanthal hinab über Julias nach Kapernaum geführt haben, und nur unter dieser Annahme erklärt sich die zahlreiche Schaar

lästina. Halle 1842. S. 500 f. Van de Velde, Reise nach Syrien und Palästina. II; 336 f. Furrer, Wanderg. durch Pal. 06 f. Ebrard, die Lage von Kapernaum. Stud. u. Krit. 1867, 4. 1 Ant. XVIII; 2, 3. 2 Bell. III; 10, 8. Mth. 14, 34. Mr. 6, 53. 3 Die Gegend, die Mth. 15, 39 die Grenze von Magdala heißt, wird in der Parallelstelle Mr. 8, 10 die Grenze von Dalmanutha genannt. Die Gemarkungen stießen demnach aneinander, und wir haben Dalmanutha jedenfalls zwischen Kapernaum und Magdala zu suchen.

4 Mth. 4, 13. 15; 9, 1. Die Karavanenstraße auch noch bewiesen durch Mth. 9, 9-11.

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