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die Marseillaise, sogar die Damen erscheinen im Theater mit dreifarbigen Bandschleifen auf der Brust *), und sie lächeln mit ihren blauen Augen, rothen Mündlein und weißen Näschen ... Sogar die reichen Bankiers, welche in Folge der revolutionären Bewegung an ihren Staatspapieren sehr viel Geld verlieren, theilen großmüthig die allgemeine Freude, und jedesmal, wenn ihnen der Makler meldet, dass die Kourse noch tiefer gefallen, schauen sie desto vergnügter und antworten: „E8 ist schon gut, es thut Nichts, es thut Nichts!"

Ja, überall, in allen Landen, werden die Menschen die Bedeutung dieser drei Julitage sehr leicht begreifen und darin einen Triumph der eigenen Interessen erkennen und feiern. Die große That der Franzosen spricht so deutlich zu allen Völkern und allen Intelligenzen, den höchsten und den niedrigsten, und in den Steppen der Baschkiren werden die Gemüther eben so tief erschüttert werden, wie auf den Höhen Andalusiens . . . Ich sehe schon, wie dem Neapolitaner der Makkaroni und dem Irländer seine Kartoffel im Munde stecken bleibt, wenn die Nachricht bei ihnen anlangt . . . .. Pultschinell

*) Der Schluss dieses Sages fehlt in der französischen Ausgabe.

Der Herausgeber.

ist kapabel, zum Schwert zu greifen, und Paddy wird vielleicht einen Bull machen, worüber den Engländern das Lachen vergeht.

Und Deutschland? Ich weiß nicht. Werden wir endlich von unseren Eichenwäldern den rechten Gebrauch machen, nämlich zu Barrikaden für die Befreiung der Welt? Werden wir, denen die Natur so viel Tiefsinn, so viel Kraft, so viel Muth ertheilt hat, endlich unsere Gottesgaben benußen und das Wort des großen Meisters, die Lehre von den Rechten der Menschheit, begreifen, proklamieren und in Erfüllung bringen?

Es sind jezt sechs Jahre, dass ich, zu Fuß das Vaterland durchwandernd, auf der Wartburg ankam und die Zelle besuchte, wo Doktor Luther gehaust. Ein braver Mann, auf den ich keinen Tadel kommen lasse; er vollbrachte ein Riesenwerk, und wir wollen ihm immer dankbar die Hand küssen für Das, was er that. Wir wollen nicht mit ihm schmollen, dass er unsere Freunde allzu unhöflich anließ, als sie in der Exegese des göttlichen Wortes etwas weiter gehen wollten als er selber, als sie auch die irdische Gleichheit der Menschen in Vorschlag brachten... Ein solcher Vorschlag war freilich damals noch unzeitgemäß, und Meister Hem= ling, der dir dein Haupt abschlug, armer Thomas

Münzer, er war in gewisser Hinsicht wohl berechtigt zu solchem Verfahren; denn er hatte das Schwert in Händen, und sein Arm war stark!

Auf der Wartburg besuchte ich auch die Rüstkammer, wo die alten Harnische hängen, die alten Pickelhauben, Tartschen, Hellebarden, Flamberge, die eiserne Garderobe des Mittelalters. Ich wandelte nachsinnend im Saale herum mit einem Universitätsfreunde, einem jungen Herrn vom Adel, dessen Vater damals einer der mächtigsten Viertelfürsten in unserer Heimat war und das ganze zitternde Ländchen beherrschte. Auch seine Vorfahren find mächtige Barone gewesen, und der junge Mann schwelgte in heraldischen Erinnerungen bei Anblick der Rüstungen und der Waffen, die, wie ein angehefteter Zettel meldete, irgend einem Ritter seiner Sippschaft angehört hatten. Als er das lange Schwert des Ahnherrn von dem Haken herablangte und aus Neugier versuchte, ob er es wohl handhaben könnte, gestand er, dass es ihm doch etwas zu schwer sei, und er ließ entmuthigt den Arm sinken. Als ich Dieses sah, als ich sah, wie der Arm des Enkels zu schwach für das Schwert seiner Väter, da dachte ich heimlich in meinem Sinn: Deutschland könnte frei sein.

(Neun Jahre später *)).

[überall herrschte eine dumpfe Ruhe. Die Sonne warf elegische Strahlen auf den breiten Rücken der deutschen Geduld. Kein Windhauch bewegte den friedlichen Wetterhahn auf unseren frommen Kirchthürmen. Hoch oben auf einem einsamen Felsen saß ein Sturmvogel; aber er ließ schläfrig sein Gefieder hängen und schien selbst zu glauben, dass er sich getäuscht habe, und dass so bald kein Orkan losbrechen werde. Er war recht traurig und fast muthlos geworden, er, welcher kurz vorher so mächtig und geräuschvoll die Lüfte durchflogen und dem guten Deutschland alle möglichen Stürme verkündet. Plöglich zuckte im Westen ein Blitz über den Himmel, ein Donnerschlag folgte und ein schreckliches Krachen, als wäre das Ende der Welt erschienen. Bald kamen in der That die Berichte von der großen Katastrophe, von den drei Tagen zu Paris, wo abermals die Sturmglocke des Volkszornes erscholl. Man glaubte schon in der Ferne die Trompete des jüngsten Gerichts zu vernehmen.

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*) Die beiden eingeklammerten Stellen sind der (1855 geschriebenen) Vorrede zur französischen Ausgabe der Helgolander Briefe entnommen. Der Herausgeber.

Alles schien das Hereinbrechen jenes Weltunterganges zu weissagen, wovon die nordischen Skalden einst mit Zittern und Zähnklappern gesungen; ja, man hätte glauben können, schon den riesigen Fenriswolf seinen greulichen Rachen öffnen zu sehn, um auf einmal den Mond zu verschlingen, wie es die furchtbaren alliterierenden Verse der Edda uns verkündigt. Er verschlang ihn aber doch nicht, und der gute deutsche Mond leuchtet noch bis auf diese Stunde so still und so'zärtlich, wie in den Tagen Werther's und Lottens, empfindsamen Angedenkens.]

Zwischen meinem ersten und meinem zweiten Begegnis mit Ludwig Börne liegt jene Juliusrevolution, welche unsere Zeit gleichsam in, zwei Hälften auseinander sprengte. Die vorstehenden Briefe mögen Kunde geben von der Stimmung, in welcher mich die große Begebenheit antraf, und in gegenwärtiger Denkschrift sollen sie als vermittelnde Brücke dienen, zwischen dem ersten und dritten Buche. Der Übergang wäre sonst zu schroff *). [Außerdem

*) Statt obiger drei Säße, finden sich in der französischen Ausgabe zu Anfang dieses Absatzes die Zeilen: „Die nachstehenden Blätter wurden einige Tage vor und einige Tage nach der Juliusrevolution geschrieben. Ich schalte sie hier ein als ein geeignetes Dokument, das von der

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