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nicht diese Berührung und vergaß nie den Doktor Börne, welcher gegen die Komödianten schrieb.

Ja, er war damals Theaterkritiker und übte sich an den Helden der Bretterwelt. Wie mein Universitätsfreund Dieffenbach, als wir in Bonn studierten, überall, wo er einen Hund oder eine Kaße erwischte, ihnen gleich die Schwänze abschnitt, aus purer Schneidelust, was wir ihm damals, als die armen Bestien gar entseßlich heulten, so sehr verargten, später aber ihm gern verziehen, da ihn diese Schneidelust zu dem größten Operateur Deutschlands machte, so hat sich auch Börne zuerst an Komödianten versucht, und manchen jugendlichen Übermuth, den er damals beging an den Heigeln, Weidnern, Ursprüngen und dergleichen unschuldigen Thieren, die seitdem ohne Schwänze herumlaufen, muss man ihm zu Gute halten für die besseren Dienste, die er später als großer politischer Ope= rateur mit seiner gewetten Kritik zu leisten verstand.

Es war Varnhagen von Ense, welcher etwa zehn Jahre nach dem erwähnten Begegnisse den Namen Börne wieder in meiner Erinnerung heraufrief, und mir Auffäße dieses Mannes, namentlich in der Wage" und in den „Zeitschwingen," zu lesen gab. Der Ton, womit er mir diese Lektüre empfahl, war bedeutsam dringend, und das

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Lächeln, welches um die Lippen der anwesenden Rahel schwebte, jenes wohlbekannte, räthselhaft wehmüthige, vernunftvoll mystische Lächeln, gab der Empfehlung ein noch größeres Gewicht. Rahel schien nicht bloß auf literarischem Wege über Börne unterrichtet zu sein, und, wie ich mich erinnere, versicherte sie bei dieser Gelegenheit, es existierten Briefe, die Börne einst an eine geliebte Person gerichtet habe, und worin sein leidenschaftlicher hoher Geist sich noch glänzender als in seinen gedruckten Auffäßen ausspräche *). Auch über seinen Stil äußerte sich Rahel, und zwar mit Worten, die Seder, der mit ihrer Sprache nicht vertraut ist, sehr missver= stehen möchte; sie sagte: „Börne kann nicht schreiben, eben so wenig wie ich oder Sean Paul." Unter Schreiben verstand sie nämlich die ruhige Anordnung, so zu sagen die Redaktion der Gedanken, die logische Zusammenseßung der Redetheile, kurz jene Kunst des Periodenbaues, den sie sowohl bei Goethe, wie bei ihrem Gemahl so enthusiastisch bewunderte, und worüber wir damals fast täglich die frucht

*) Die erwähnte Korrespondenz „Briefe des jungen Börne an Henriette Herz“ - ist aus Varnhagen's Nachlass (Leipzig, F. A. Brockhaus, 1861) veröffentlicht worden.

Der Herausgeber.

barsten Debatten führten. Die heutige Prosa, was ich hier beiläufig bemerken will, ist nicht ohne viel Versuch, Berathung, Widerspruch und Mühe ge= schaffen worden. Rahel liebte vielleicht Börne um so mehr, da sie ebenfalls zu jenen Autoren gehörte, die, wenn sie gut schreiben sollen, sich immer in einer leidenschaftlichen Anregung, in einem gewissen Geistesrausch befinden müssen, -Bacchanten des Gedankens, die dem Gotte mit heiliger Trunkenheit nachtaumeln. Aber bei ihrer Vorliebe für wahlverwandte Naturen hegte sie dennoch die größte Bewunderung für jene besonnenen Bildner des Wortes, die all ihr Denken, Fühlen und Anschauen, abgelöst von der gebärenden Seele, wie einen gegebenen Stoff zu handhaben und gleichsam plastisch darzustellen wissen. Ungleich jener großen Frau, hegte Börne den engsten Widerwillen gegen dergleichen Darstellungsart; in seiner subjektiven Befangenheit begriff er nicht die objektive Freiheit, die Goethe'sche Weise, und die künstlerische Form hielt er für Gemüthlosigkeit; er glich dem Kinde, welches, ohne den glühenden Sinn einer griechischen Statue zu ahnen, nur die marmornen Formen betastet und über Kälte klagt.

Indem ich hier antecipierend von dem Widerwillen rede, welchen die Goethe'sche Darstellungs

art in Börne aufregte, lasse ich zugleich errathen, dass die Schreibart des Lehtern schon damals kein unbedingtes Wohlgefallen bei mir hervorrief. Es ist nicht meines Amtes, die Mängel dieser Schreibweise aufzudecken, auch würde jede Andeutung über Das, was mir an diesem Stile am meisten missfiel, nur von den Wenigsten verstanden werden. Nur so Viel will ich bemerken, dass, um vollendete Profa zu schreiben, unter Anderm auch eine große Meisterschaft in metrischen Formen erforderlich ist. Ohne eine solche Meisterschaft fehlt dem Prosaiker ein gewisser Takt, es entschlüpfen ihm Wortfügungen, Ausdrücke, Cäsuren und Wendungen, die nur in gebundener Rede statthaft sind, und es entsteht ein geheimer Misslaut, der nur wenige, aber sehr feine Ohren verlegt.

Wie sehr ich aber auch geneigt war, an der Außenschale, an dem Stile Börne's zu mäkeln, und namentlich, wo er nicht beschreibt, sondern räsonniert, die kurzen Sätze seiner Prosa als eine findische Unbeholfenheit zu betrachten, so ließ ich doch dem Inhalt, dem Kern seiner Schriften die reichlichste Gerechtigkeit widerfahren, ich verehrte die Originalität, die Wahrheitsliebe, überhaupt den edlen Charakter, der sich durchgängig darin aussprach, und seitdem verlor ich den Verfasser nicht

mehr aus dem Gedächtnis. Man hatte mir gesagt, dass er noch immer zu Frankfurt lebe, und als ich mehre Jahre später, Anno 1827, durch diese Stadt reisen musste, um mich nach München zu begeben, hatte ich mir bestimmt vorgenommen, dem Doktor Börne in seiner Behausung meinen Besuch abzustatten. Dieses gelang mir, aber nicht ohne vieles Umherfragen und Fehlsuchen; überall wo ich mich nach ihm erkundigte, sah man mich ganz befremdlich an, und man schien in seinem Wohnorte ihn entweder wenig zu kennen, oder sich noch weniger um ihn zu bekümmern. Sonderbar! Hören wir in der Ferne von einer Stadt, wo dieser oder jener große Mann lebt, unwillkürlich denken wir uns ihn als den Mittelpunkt der Stadt, deren Dächer sogar von seinem Ruhme bestrahlt würden. Wie wundern wir uns nun, wenn wir in der Stadt selbst anlangen und den großen Mann wirklich darin aufsuchen wollen und ihn erst lange erfragen müssen, bis wir ihn unter der großen Menge herausfinden! So sieht der Reisende schon in weitester Ferne den hohen Dom einer Stadt; gelangt er aber in ihr Weichbild selbst, so verschwindet derselbe wieder seinen Blicken, und erst hin und herwandernd durch viele frumme und enge Sträßchen kommt der große Thurmbau wieder zum Vorschein, in der Nähe von

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