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gewöhnlichen Häusern und Boutiken, die ihn schier verborgen halten . .

Ich hatte Mühe, den Mann wieder zu erkennen, dessen früheres Aussehen mir noch lebhaft im Gedächtnisse schwebte. Keine Spur mehr von vornehmer unzufriedenheit und stolzer Verdüsterung. Ich sah jezt ein zufriedenes Männchen, sehr schmächtig, aber nicht krank, ein kleines Köpfchen mit schwarzen glatten Härchen, auf den Wangen sogar ein Stück Röthe, die lichtbraunen Augen sehr munter, Gemüthlichkeit in jedem Blick, in jeder Bewegung, auch im Tone. Dabei trug er ein gestricktes Kamisölchen von grauer Wolle, welches eng anliegend wie ein Ringpanzer, ihm ein drollig märchenhaftes Ansehen gab. Er empfing mich mit Herzlichkeit und Liebe; es vergingen keine drei Minuten, und wir geriethen ins vertraulichste Gespräch. Wovon wir zuerst redeten? Wenn Köchinnen zusammen kommen, sprechen sie von ihrer Herrschaft, und wenn deutsche Schriftsteller zu= sammen kommen, sprechen sie von ihren Verlegern. Unsere Konversation begann daher mit Cotta und Campe, und als ich, nach einigen gebräuchlichen Klagen, die guten Eigenschaften des Letteren eingestand, vertraute mir Börne, dass er mit einer Herausgabe seiner sämmtlichen Schriften schwanger

gehe, und für dieses Unternehmen sich den Campe merken wolle. Ich konnte nämlich von Julius Campe versichern, dass er kein gewöhnlicher Buchhändler sei, der mit dem Edlen, Schönen, Großen nur Geschäfte machen und eine gute Konjunktur benutzen will, sondern dass er manchmal das Große, Schöne, Edle unter sehr ungünstigen Konjunkturen druckt und wirklich sehr schlechte Geschäfte damit macht. Auf solche Worte horchte Börne mit beiden Ohren, und sie haben ihn späterhin veranlasst, nach Hamburg zu reisen und sich mit dem Verleger der „Reisebilder“ über eine Herausgabe seiner sämmtlichen Schriften zu verständigen.

Sobald die Verleger abgethan sind, beginnen die wechselseitigen Komplimente zwischen zwei Schriftstellern, die sich zum ersten Male sprechen. Ich übergehe, was Börne über meine Vorzüglichkeit äußerte, und erwähne nur den leisen Tadel, den er bisweilen in den schäumenden Kelch des Lobes eintröpfeln ließ. Er hatte nämlich kurz vorher den zweiten Theil der „Reisebilder" gelesen, und vermeinte, dass ich von Gott, welcher doch Himmel und Erde erschaffen und so weise die Welt regiere, mit zu wenig Reverenz, hingegen von dem Napoleon, welcher doch nur ein sterblicher Despot gewesen, mit übertriebener Ehrfurcht gesprochen habe. Der Deist und Liberale

trat mir also schon merkbar entgegen. Er schien den Napoleon wenig zu lieben, obgleich er doch unbewusst den größten Respekt vor ihm in der Seele trug. Es verdross ihn, dass die Fürsten sein Standbild von der Vendomesäule so ungroßmüthig herabgerissen.

„Ach!" rief er mit einem bittern Seufzer, „ihr konntet dort seine Statue getrost stehen lassen; ihr brauchtet nur ein Plakat mit der Inschrift: „Achtzehnter Brumaire" daran zu befestigen, und die Vendomesäule wäre seine verdiente Schandsäule geworden! Wie liebte ich diesen Mann bis zum achtzehnten Brumaire; noch bis zum Frieden von Campo Formio bin ich ihm zugethan; als er aber die Stufen des Thrones erstieg, sank er immer tiefer im Werthe; man konnte von ihm sagen: er ist die rothe Treppe hinaufgefallen!"

"Ich habe noch diesen Morgen," sezte Börne hinzu, ihn bewundert, als ich in diesem Buche, das hier auf meinem Tische liegt

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er zeigte auf Thiers' Revolutionsgeschichte die vortreffliche Anekdote las, wie Napoleon zu Udine eine Entrevue. mit Kobenzel hat und im Eifer des Gesprächs das Porzellan zerschlägt, das Kobengel einst von der Kaiserin Katharina erhalten und gewiss sehr liebte. Dieses zerschlagene Porzellan hat vielleicht

den Frieden von Campo Formio herbeigeführt. Der Kobengel dachte gewiß: „Mein Kaiser hat so viel Porzellan, und Das giebt ein Unglück, wenn der Kerl nach Wien käme und gar zu feurig in. Eifer geriethe- das Beste ist, wir machen mit ihm Friede." Wahrscheinlich in jener Stunde, als zu Udine das Porzellanservice von Kobenzel zu Boden purzelte und in lauter Scherben zerbrach, zitterte zu Wien alles Porzellan, und nicht bloß die Kaffekannen und Tassen, sondern auch die chinesischen Pagoden, sie nichten mit den Köpfen vielleicht hastiger als je, und der Friede wurde ratificiert. In Bilderläden sieht man den Napoleon gewöhnlich, wie er auf bäumendem Ross den Simplon besteigt, wie er mit hochgeschwungener Fahne über die Brücke von Lodi stürmt u. f. w. Wenn ich aber ein Maler wäre, so würde ich ihn darstellen, wie er das Service von Kobengel zerschlägt. Das war seine erfolg= reichste That. Jeder König fürchtete seitdem für sein Porzellan, und gar besondere Angst überkam die Berliner wegen ihrer großen Porzellanfabrik. Sie haben keinen Begriff davon, liebster Heine, wie man durch den Besitz von schönem Porzellan im Zaum gehalten wird. Sehen Sie z. B. mich, der ich einst so wild war, als ich wenig Gepäck hatte und gar kein Porzellan. Mit dem Besißthum,

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und gar mit gebrechlichem Besißthum kommt die Furcht und die Knechtschaft. Ich habe mir leider vor Kurzem ein schönes Theeservice angeschafft die Kanne war so lockend prächtig vergoldet auf der Zuckerdose war das eheliche Glück abgemalt, zwei Liebende, die sich schnäbeln auf der einen Tasse der Katharinenthurm, auf einer andern die Konstablerwache, lauter vaterländische Gegenden auf den übrigen Tassen. Ich habe wahrhaftig jezt meine liebe Sorge, dass ich in meiner Dummheit nicht zu frei schreibe und plöglich flüchten müsste.

Wie könnte ich in der Geschwindigkeit all' diese Tassen und gar die große Kanne einpacken? In der Eile könnten sie zerbrochen werden, und zurücklassen möchte ich sie in keinem Falle. Sa, wir Menschen sind sonderbare Käuze! Derselbe Mensch, der vielleicht Ruhe und Freude seines Lebens, ja das Leben selbst aufs Spiel sehen würde, um seine Meinungsfreiheit zu behaupten, der will doch nicht gern ein paar Tassen verlieren, und wird ein schweigender Sklave, um seine Theekanne zu konservieren. Wahrhaftig, ich fühle, wie das verdammte Porzellan mich im Schreiben hemmt, ich werde so milde, so vorsichtig, so ängstlich ... Am Ende glaub' ich gar, der Porzellanhändler war ein östreichischer Polizeiagent und Metternich hat mir das

Heine's Werke. Bd. XII.

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