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Ist aber in unserem Sinne kein großer Unterschied zwischen Suden und Christen, so existiert Dergleichen desto herber in der Weltbetrachtung Frankfurter Philister; über die Missstände, die sich daraus ergeben, sprach Börne sehr viel und sehr oft während den drei Tagen, die ich ihm zu Liebe in der freien Reichs- und Handelsstadt Frankfurt am Main verweilte.

Ja, mit drolliger Güte drang er mir das Versprechen ab, ihm drei Tage meines Lebens zu schenken, er ließ mich nicht mehr von sich, und ich musste mit ihm in der Stadt herumlaufen, allerlei Freunde besuchen, auch Freundinnen

Mich interessiert bei ausgezeichneten Leuten der Gegenstand ihrer Liebesgefühle immer weniger, als das Gefühl der Liebe selbst. Letzteres aber Das weiß ich muss bei Börne sehr stark gewesen sein. Wie später bei der Lektüre seiner gesammelten Schriften, so schon in Frankfurt durch manche hingeworfene Äußerung, merkte ich, dass Börne zu verschiedenen. Jahrzeiten seines Lebens von den Tücken des kleinen Gottes weidlich geplagt worden. Namentlich von den Qualen der Eifersucht weiß er Viel zu sagen, wie denn überhaupt die Eifersucht in seinem Charakter lag und ihn, im Leben wie in der Politik, alle Erscheinungen durch die gelbe Lupe des Miss

trauens betrachten ließ. Ich erwähnte, dass Börne zu verschiedenen Zeiten seines Lebens von Liebesleiden heimgesucht worden.

„Ach," seufzte er einmal wie aus der Tiefe schmerzlicher Erinnerungen, „in spätern Jahren ist diese Leidenschaft noch weit gefährlicher, als in der Jugend. Man sollte es kaum glauben, da sich doch mit dem Alter auch unsere Vernunft entwickelt hat und diese uns unterstüßen könnte im Kampfe mit der Leidenschaft. Saubere Unterstützung! Merken Sie sich Das: die Vernunft hilft uns nur, jene kleinen Kapricen zu bekämpfen, die wir auch ohne ihre Intervention bald überwinden würden. Aber sobald sich eine große, wahre Leidenschaft unseres Herzens bemächtigt hat und unterdrückt werden soll, wegen des positiven Schadens, der uns dadurch bedroht, alsdann gewährt uns die Vernunft wenig Hilfe, ja, die Kanaille, sie wird alsdann sogar eine Bundesgenossin des Feindes, und anstatt unsere materiellen oder moralischen Interessen zu vertreten, leiht sie dem Feinde der Leidenschaft alle ihre Logik, alle ihre Syllogismen, alle ihre Sophismen, und dem stummen Wahnsinn liefert sie die Waffe des Wortes. Vernünftig, wie sie ist, schlägt sich die Vernunft immer zur Partei des Stärkern, zur Partei der Leidenschaft, und verlässt sie wieder, sobald die

Force derselben durch die Gewalt der Zeit oder durch das Gesetz der Reaktion gebrochen wird. Wie verhöhnt sie alsdann die Gefühle, die sie kurz vorher so eifrig rechtfertigte! Misstrauen Sie, lieber Freund, in der Leidenschaft immer der Sprache der Vernunft, und ist die Leidenschaft erloschen, so misstrauen Sie ihr ebenfalls, und sein Sie nicht ungerecht gegen Ihr Herz!"

Börne wollte mich die Merkwürdigkeiten Frankfurt's sehen lassen, und vergnügt, im gemüthlichsten Hundetrab, lief er mir zur Seite, als wir durch die Straßen wanderten. Ein wunderliches Ansehen gab ihm sein kurzes Mäntelchen und sein weißes Hütchen, welches zur Hälfte mit einem schwarzen Flor umwickelt war. Der schwarze Flor bedeutete den Tod seines Vaters, welcher ihn bei Lebzeiten sehr knapp gehalten, ihm jezt aber auf einmal viel Geld hinterließ. Börne schien damals die angenehmen Empfindungen solcher Glücksveränderungen noch in sich zu tragen und überhaupt im Zenith des Wohlbehagens zu stehen. Er klagte sogar über seine Gesundheit, d. h. er klagte, er werde täglich gesünder und mit der zunehmenden Gesundheit schwänden seine geistigen Fähigkeiten. „Ich bin zu gesund und kann Nichts mehr schreiben, klagte er im Scherz, vielleicht auch im Ernst, denn bei solchen

Naturen ist das Talent abhängig von gewissen krankhaften Zuständen, von einer gewissen Reizbarkeit, die ihre Empfindungs- und Ausdrucksweise steigert, und die mit der eintretenden Gesundheit wieder verschwindet. „Er hat mich bis zur Dummheit turiert," sagte Börne von seinem Arzte, zu welchem er ́mich führte, und in dessen Haus ich auch mit ihm speiste.

Die Gegenstände, womit Börne in zufällige Berührung kam, gaben seinem Geiste nicht bloß die nächste Beschäftigung, sondern wirkten auch unmittelbar auf die Stimmung seines Geistes, und mit ihrem Wechsel stand seine gute oder böse Laune in unmittelbarer Verbindung. Wie das Meer von den vorüberziehenden Wolken, so empfing Börne's Seele die jedesmalige Färbung von den Gegenständen, denen er auf seinem Weg begegnete. Der Anblick schöner Gartenanlagen oder einer Gruppe schäkernder Mägde, die uns entgegenlachte, warfen gleichsam Rosenlichter über Börne's Seele, und der Wiederschein derselben gab sich kund in sprühenden Wigen. Als wir aber durch das Judenquartier gingen, schienen die schwarzen Häuser ihre finstern Schatten in sein Gemüth zu gießen.

„Betrachten Sie diese Gasse," sprach er seufzend, „und rühmen Sie mir alsdann das Mittel

alter! Die Menschen sind todt, die hier gelebt und geweint haben, und können nicht widersprechen, wenn unsere verrückten Poeten und noch verrücktern Historiker, wenn Narren und Schälke von der alten Herrlichkeit ihre Entzückungen drucken lassen; aber wo die todten Menschen schweigen, da sprechen desto lauter die lebendigen Steine.“

In der That, die Häuser jener Straße fahen mich an, als wollten sie mir betrübsame Geschichten erzählen, Geschichten, die man wohl weiß, aber nicht wissen will oder lieber vergäße, als dass man sie ins Gedächtnis zurückriefe. So erinnere ich mich noch eines giebelhohen Hauses, dessen Kohlenschwärze um so greller hervorstach, da unter den Fenstern eine Reihe kreideweißer Talglichter hingen; der Eingang, zur Hälfte mit rostigen Eisenstangen vergittert, führte in eine dunkle Höhle, wo die Feuchtigkeit von den Wänden herabzurieseln schien, und aus dem Innern tönte ein höchst sonderbarer, näselnder Gesang. Die gebrochene Stimme schien die eines alten Mannes, und die Melodie wiegte sich in den sanftesten Klagelauten, die allmählich bis zum entsetzlichsten Zorne anschwollen. Was ist Das für ein Lied? frug ich meinen Begleiter. „Es ist ein gutes Lied," antwortete Dieser mit einem mürrischen Lachen, „ein lyrisches Meisterstück, das im

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