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Helgoland, den 6. August.

Während sein Heer mit den Longobarden kämpfte, saß der König der Heruler ruhig in seinem Zelte und spielte Schach. Er bedrohte mit dem Tode Denjenigen, der ihm eine Niederlage melden würde. Der Späher, der, auf einem Baume sigend, dem Kampfe zuschaute, rief immer: „Wir siegen! wir siegen!" bis er endlich laut auffeufzte: „Unglücklicher König! Unglückliches Volk der Heruler!" Da merkte der König, dass die Schlacht verloren, aber zu spät! Denn die Longobarden drangen zu gleicher Zeit in sein Zelt und erstachen ihn

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Eben diese Geschichte las ich in Paul Warnefried, als das dicke Zeitungspacket mit den warmen, glühend heißen Neuigkeiten vom festen Lande ankam. Es waren Sonnenstrahlen, eingewickelt in Druckpapier, und sie entflammten meine Seele bis zum wildesten Brand. Mir war, als könnte ich den ganzen Ocean bis zum Nordpol anzünden mit den Gluthen der Begeisterung und der tollen Freude, die in mir loderten. Seht weiß ich auch, warum die ganze See nach Kuchen roch. Der Seine-Fluss hatte die gute Nachricht unmittelbar ins Meer verbreitet, und in ihren Krystallpallästen haben die schönen Wasserfrauen, die von jeher allem Heldenthum hold,

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gleich einen Thé-dansant gegeben, zur Feier der großen Begebenheiten, und desshalb roch das ganze Meer nach Kuchen. Ich lief wie wahnsinnig im Hause herum, und küsste zuerst die dicke Wirthin, und dann ihren freundlichen Seewolf, auch umarmte ich den preußischen Justizkommissarius, um dessen Lippen freilich das frostige Lächeln des Unglaubens nicht ganz verschwand. Sogar den Holländer drückte ich an mein Herz... Aber dieses indifferente Fettgesicht blieb kühl und ruhig, und ich glaube, wär' ihm die Juliussonne in Person um den Hals gefallen, Mynheer würde nur in einen gelinden Schweiß, aber keineswegs in Flammen ge= rathen sein. Diese Nüchternheit inmitten einer allgemeinen Begeisterung ist empörend. Wie die Spartaner ihre Kinder vor der Trunkenheit bewahrten, indem sie ihnen als warnendes Beispiel einen berauschten Heloten zeigten, so sollten wir in unseren Erziehungsanstalten einen Holländer füttern, dessen sympathielose, gehäbige Fischnatur den Kindern einen. Abscheu vor der Nüchternheit einflößen möge. Wahrlich, diese holländische Nüchternheit ist ein weit fataleres Laster, als die Besoffenheit eines Heloten. Ich möchte Mynheer prügeln

Aber nein, keine Excesse! Die Pariser haben uns ein so brillantes Beispiel von Schonung ge=

geben. Wahrlich, ihr verdient es, frei zu sein, ihr Franzosen, denn ihr tragt die Freiheit im Herzen. Dadurch unterscheidet ihr euch von euren armen Vätern, welche sich aus jahrtausendlicher Knechtschaft erhoben, und bei allen ihren Heldenthaten auch jene wahnsinnige Greuel ausübten, worüber der Genius der Menschheit sein Antlig verhüllte. Die Hände des Volks sind diesmal nur blutig geworden im Schlachtgewühle gerechter Gegenwehr, nicht nach dem Kampf. Das Volk verband selbst die Wunden seiner Feinde, und als die That abgethan war, ging es wieder ruhig an seine Tagesbeschäftigung, ohne für die große Arbeit auch nur ein Trinkgeld verlangt zu haben!

„Vor dem Sklaven, wenn er die Kette bricht, Vor dem freien Menschen erzittert nicht!"

Du siehst wie berauscht ich bin, wie außer mir, wie allgemein . . . ich citiere Schiller's banalsten Vers *).

*) „ich citiere Schiller's Glocke.“ hieß es in der früheren deutschen Ausgabe. Auch waren die Verse unrichtig mitgetheilt:

„Den Sklaven, wenn er die Kette bricht,

Den freien Mann, den fürchte nicht!“

Heine hat Beides in der französischen Ausgabe berichtigt.

Der Herausgeber.

#1

Und den alten Knaben, dessen unverbesserliche Thorheit so viel Bürgerblut gekostet, haben die Pariser mit rührender Schonung behandelt. Er saß wirklich beim Schachspiel, wie der König der Heruler, als die Sieger in sein Zelt stürzten. Mit zitternder Hand unterzeichnete er die Abdankung. Er hat die Wahrheit nicht hören wollen. Er be hielt ein offnes Ohr nur für die Lüge der Höflinge. Diese riefen immer: „Wir siegen! wir siegen!" Unbegreiflich war diese Zuversicht des königlichen Thoren... Verwundert blickte er auf, als das "Journal des Debats," wie einst der Wächter wäh rend der Longobardenschlacht, plößlich ausrief: „Malheureux roi! malheureuse France!"

Mit ihm, mit Karl X., hat endlich das Reich Karl's des Großen ein Ende, wie das Reich des Romulus sich endigte mit Romulus Augustulus. Wie einst ein neues Rom, so beginnt jezt ein neues Frankreich.

Es ist mir Alles noch wie ein Traum; besonders der Name Lafayette klingt mir wie eine Sage aus der frühesten Kindheit. Sizt er wirklich jezt wieder zu Pferde, kommandierend die Nationalgarde? Ich fürchte fast, es sei nicht wahr, denn es ist gedruckt. Ich will selbst nach Paris gehen, um mich mit leiblichen Augen davon zu überzeugen. . .

Es muss prächtig aussehen, wenn er dort durch die Straßen reitet, der Bürger beider Welten, der göttergleiche Greis, die silbernen Locken herabwallend über die heilige Schulter... Er grüßt mit den alten lieben Augen die Enkel jener Väter, die einst mit ihm kämpften für Freiheit und Gleichheit ... Es sind jezt sechzig Jahr, dass er aus Amerika zurückgekehrt mit der Erklärung der Menschheitsrechte, den zehn Geboten des neuen Weltglaubens, die ihm dort offenbart wurden unter Kanonendonner und Blitz... Dabei weht wieder auf den Thürmen von Paris die dreifarbige Fahne, und es klingt die Marseillaise!

Lafayette, die dreifarbige Fahne, die Marseillaise . . . Ich bin wie berauscht. Kühne Hoffnungen steigen leidenschaftlich empor, wie Bäume mit goldenen Früchten und wilden, wachsenden Zweigen, die ihr Laubwerk weit ausstrecken bis in die Wolken... Die Wolken aber im raschen Fluge entwurzeln diese Riesenbäume und jagen damit von dannen. Der Himmel hängt voller Violinen, und auch ich rieche es jetzt, die See duftet nach frischgebackenen Kuchen. Das ist ein beständiges Geigen da droben in himmelblauer Freudigkeit, und Das klingt aus den smaragdenen Wellen wie heiteres Mädchengekicher. Unter der Erde aber kracht es

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