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vorausgesezt unter dem Namen eines Freundes- oder Kindes-Kaufs, oder in dem durch jene Anrechnungen nicht aufgegangenen Werthe eine Schenkung fingirt. Diese Fictionen schaden aber der wahren Natur der Sache viel mehr, als der richtig erklärte Name einer anticipirten Succession 76). Allerdings wird in vielen Fällen solcher Gutsverlassung ein Werthanschlag gemacht, aber nicht als Kaufpreis, sondern um die Abfindungen, welche der Gutsannehmer seinen Geschwistern ausloben soll, nach geseglichen oder herkömmlichen Procenten, oder nach den Kräften des Hofes, auszumitteln. Dieser Anschlag ist gar nichts Wesentliches, sondern etwas Zufälliges, durch Nebenumstände Veranlaßtes, wodurch der Charakter der Gutsübertragung nicht verändert wird. Wenn der Annehmer das einzige Kind ist, wenn der Abtretende seine anderen Kinder bereits vom Gute völlig abgefunden hat oder mit andern Mitteln abfinden will, so ist gar keine Veranlassung zu solchem Werthanschlage. Ich kann daher auch nicht Pfeiffer's 77) Ansicht theilen, wonach im Falle eines solchen Werthanschlags nicht das Gut selbst, sondern der Anschlagspreis desselben und beziehungsweise der Minderbetrag des Preises, wofür das Gut angeschlagen wird, in Vergleichung mit dem wahren Werthe, als das Object der anticipirten Succession anzusehen seyn soll. Der Gegenstand bleibt immer das Gut, welches dem geseglichen oder durch zulässige Wahl ausersehenen Grunderben als solchem übertragen wird: dieser mag Abfindungen davon an Andere übernehmen oder nicht: die Abfindlinge mögen zu ihm in die Stellung von Gläubigern oder als Miterben durch Civiltheilung pro rata gesezt werden. Im legteren Falle ist das Rechtsverhältniß zwischen ihm und den Abfindlingen bei der Auseinanderseßung allerdings wie bei einem judicium familiae erciscundae zu beurtheilen. Zwischen dem Abtretenden und den Abfindlingen aber kann unter Voraussegungen (§. 16.) wohl eine anticipata successio anzunehmen sein. S. 15.

Ein ganz besonderer Fall anticipirter Succession durch Colonatsübergabe tritt als Folge des Instituts der Mahljahre ein, in der eigenthümlichen Auffassung, worin solches im Fürstenthum Osnabrück

76) Auch Puchta nimmt S. 131 einen lucrativen Erwerbsgrund an; wie harmonirt das aber mit der Annahme eines Kaufs? 77) Pfeiffer S. 122 u. 150. Dagegen Beseler II a. S. 206.

genommen wird. Dem Colonus oder Wehrfester werden bei einer zweiten Heirath Mahljahre gesezt, nach deren Verlauf er die Stelle dem Anerben aus erster Ehe abtreten und mit dem aufgeheiratheten zweiten Ehegatten die Leibzucht beziehen muß. Ja selbst ohne solche ausdrückliche Bestimmung ist es, nach der Ansicht der dortigen Praktiker, herkömmliche Folge einer Wiederverheirathung des Wehrfesters, daß er dem volljährigen Anerben aus erster Ehe weichen muß, und dieser vor dem Tode desselben zur Succession gelangt. Der Grund dieses Herkommens wird in den zu befürchtenden Nachtheil einer Stiefelterlichen Verwaltung gesezt, welcher, wenn er gleich bei der Stiefmutter viel weniger zutreffend ist, wie beim Stiefvater, doch auch auf den Fall der Wiederverheirathung des rechten Vaters, von dem das Colonat herkommt, angewandt ist 78). - Der Fall aber, da der aufgeheirathete Ehegatte oder der Interimswirth seinen Nießbrauch des Colonatrechts vor der Zeit, die ihm gesezt ist, aufgiebt und den Hof an den Anerben überträgt, kann nicht unter die anticipirte Succession, sondern nur unter die Beendigungsart des Nießbrauchs gestellt werden, in Folge deren sich derselbe mit der dem Anerben schon durch einen früheren Erbfall gewonnenen Proprietät des Colonatrechs consolidirt.

S. 16.

Mit der Gutsübergabe, als colonatrechtlichem Institute im Sinne der anticipirten Succession, ist der Altentheil wesentlich und unzertrennlich verbunden: sie knüpft sich aber damit an die altdeutsche Vergabung von Todeswegen an und erscheint als ein Ausfluß derselben (§. 3.). Auch läßt sich wohl sagen, daß eine colonatrechtliche Altentheilsbestellung nie ohne Gutsabtretung geschehen könne 79), wenn man unter der lezteren nicht blos die anticipirte Succession, sondern auch die Abtretung des aufgcheiratheten Ehegatten nach Beendigung seines Nießbrauchs, des Interimswirths nach Ablauf der Mahljahre, an den bereits zur Succeffion, aber noch nicht zum Antritt der Wirthschaft gelangten Anerben begreift; denn das Einkaufen

78) Rechtslehre von der Interimswirthschaft §. 34. S. 87 und §. 58. 6. 93. Struckmann praktische Beiträge zum Osnabrückschen Eigenthumsrecht, im Ergänzungshefte zur Hannoverschen juristischen Zeitung. Beil. II. xix.

79) Puchta S. 11.

eines Dritten, der bisher in gar keinem Verhältnisse zum Colonate gestanden hat, zu einem Altentheil hat gar keinen colonatrechtlichen Charakter. Auf der anderen Seite kann eine Leibzucht auch mit der Veräußerung eines Bauergutes verbunden werden, die auf einem ganz anderen Titel beruht, als dem einer anticipirten Succeffion, z. B. einem Verkauf Schulden halber zu Abwendung des Concurses. Auch dieser Fall gehört nicht hierher.

Ist die Leibzucht gemeinrechtlich eine Reallast 80)? Diese Frage läßt sich nicht damit verneinen 81), weil sie kein onus perpetuum ist, sondern mit dem Tode des Leibzüchters aufhört; denn auch die unter jenem Titel verliehenen objectiv - dinglichen Rechte, die Servituten der Nuzung und Wohnung, die doch den Reallaften im weiteren Sinne beigezählt werden können, find an seine Lebenszeit gebunden. Aber in Beziehung auf die als Altentheil zugesicherten Leistungen, die objectiv - persönlichen Rechte fällt die Frage unter den Streit über die Möglichkeit, das Recht auf solche Prästationen mit der Wirkung der Verfolgbarkeit gegen jeden Singular - Successor im Gute, auch ohne Bestellung des lehteren zur Hypothek, dafür zu erwerben.

In älteren Zeiten war diese Möglichkeit in der gerichtlichen Auflassung gegeben, wodurch ein Grundstück mit Zins, Rente oder Prästationen jeder Art dergestalt belastet werden konnte, daß der Promissar eine rechte Gewere an dieser Leistung (und in so fern auch an dem damit belasteten Gute), damit aber eine dingliche Klage gegen jeden Besizer des lezteren erhielt. Wurde die Leistung bei der Uebertragung eines Grundstücks auf diese Weise reservirt, so geschah dieses mittelst doppelter Auflassung, aber uno actu, womit der Annehmer die Gewere am Gute, der Abtretende die Gewere an der vorbehaltenen Leistung erhielt 82). Als an die Stelle der Gewere, der Grundlage des alten Sachenrechts, die Theorie des römischen Rechts über jura in re trat, und dadurch die gerichtliche Auflassung als Form der Erwerbung verdrängt wurde, suchten die Juristen im römischen Rechte nach einem Anhaltpunkt für die Con

80) Vergl. meine Rechtslehre von der Leibzucht Th. 2. §. 33. f. Pfeiffer §. 10.

81) Puchta §. 21.

82) Dunker Lehre von den Reallasten §. 12. 17. 18. S. 88. §. 26. S. 134,

stituirung deutscher Reallasten und fanden dieselbe in der Analogie der Lehre von den Servituten. Wenn nun gleich gründlich nachgewiesen ist, daß die Annahme einer im Thun bestehenden Servitut, dem Begriff derselben, wie er im römischen Rechte aus der Natur der Sache entwickelt ist, widerstreitet, und wenn auch neuere Germanisten (Eichhorn, Albrecht, Dunker, Vollgraff 83) die Reallasten selbst im Gebiete des deutschen Rechts auf historischem Wege in immer engere Grenzen eingeschlossen haben: so ist jene Ansicht doch nicht blos bis zu Anfang dieses Jahrhunderts die praktisch herrschende gewesen, sondern sie wird, wie ich glaube, noch jegt in den meisten deutschen Gerichten als durch die Praxis geheiligt 84) befolgt: Streitigkeiten über Besiz, Erwerb und Verlust, durch Vertrag und Verjährung (namentlich über bäuerliche Dienst- und Zinspflicht, über Zehntpflicht) werden fortdauernd nach Analogie dèr römischen Servitutenlehre entschieden. Und wenn neuere deutsche Legislationen die Dinglichkeit von der Eintragung und Erkennbarkeit in Grund- und Hypothekenbüchern abhängig gemacht haben: so ist das allerdings ein heilsamer Fortschritt, aber kein Grund zur Annahme, es sei bis dahin die Conftituirung einer Reallast durch Vertrag und Verjährung gar nicht möglich gewesen; vielmehr wird man gewiß bei Anlegung neuer Hypothekenbücher den Beweis der angegebenen Realrechte behufs der Eintragung auf dem durch die ältere Praris bezeichneten Wege zugelassen haben.

Indessen, um die Realqualität der bäuerlichen Leibzucht, auch in ihren objectiv - persönlichen Bestandtheilen, gemeinrechtlich zu begründen, braucht man sich auf diesem Streitfelde nicht einzulassen. Denn sie hat sich nicht nur, selbst in der alten Form gerichtlicher Auflassung, in der vor dem gutsherrlichen Gerichte bewilligten Auffahrt, der beurkundeten Zulassung zum Gewinne des Colonatrechts oder der Theilnahme daran, erhalten (§. 6.): sondern sie wurzelt auch tief in dem Wesen des Colonats, der auf Untheilbarkeit des Bauernhofs, Anerbenrecht und Abfindung, deutschem ehelichen Güterrecht gegründeten Bauernwirthschaft, Verhältnissen, wovon die lebenslange Versorgung des alten Colonus, des aufgeheiratheten Ehegatten, des Interimswirths, auf und aus dem Colonate unzertrenn

85) Dunker a. a. D. §. 8. f.

84) Roßhirt im Archiv für die civilistische Praxis B. 8. §. 1. S. 55 f.

lich sind 85). Daher muß auch, wo wahre gutsherrliche Verhältnisse, ein Obereigenthum, nie bestanden, oder die ursprünglich bestandenen mit dem Heimfallsrechte im Laufe der Zeiten gelöset sind, und damit jene Form weggefallen ist, der bäuerlichen Leibzucht in ihren objectiv - persönlichen Bestandtheilen nicht weniger, wie in dem, was unter die römischen Servituten gestellt werden kann, der Charakter einer Reallast erhalten werden 86). Was würde wohl das Rechtsgefühl des Volkes dazu sagen, wenn der Richter den Singulac- Successor im Bauerngut, dem Altsiger auf demselben gegenüber, mit der Einrede zulassen wollte: „ich muß Dir zwar den Gebrauch der Altentheilskathe, den Nießbrauch des Leibzuchtsackers, ge= statten, aber wegen der versprochenen Unterhaltung des ersteren und der Bestellung des leßteren magst Du Dich an deinen Promittenten oder dessen Erben halten; ich darf Dir den Insig in meinem Hause, den Plaz am Feuer und am Tische nicht weigern, aber Du magst zusehen, wie wir essen, und die versprochene Kost Dir bei deinem Promittenten holen, den Nothgroten von ihm beifordern!" Diese Leistungen sind als nothwendiges Zubehör jener Servituten, als unzertrennlich damit verbunden gedacht; wie auch nach römischem Rechte mit manchen Servituten eine Verpflichtung zum Handeln und Leisten verbunden, und eine Leistungsverbindlichkeit der Besizer eines Grundstücks als solcher, auch abgesehen von öffentlichen Lasten, demselben nicht unbekannt ist 87).

S. 17.

Das zweite colonatrechtliche Institut, wobei der Gesichtspunkt einer anticipirten Succession vorkommen kann, ist das der Abfindungen 88).

85) Rechtslehre von der Leibzucht II. §. 15—19. Rechtslehre von der Interimswirthschaft §. 33.

86) Dagegen Dunker §. 41, der jedoch S. 134 die Frage, ob nicht nach einer gemeinen deutschen Gewohnheit die Leibzucht als Reallast durch Vertrag begründet werden könne, nicht zu entscheiden wagt.

87) Mühlenbruch Th. 2. §. 275. n. 6. §. 277. Recension von Mittermaiers D. P. R. in der Jenaischen Lit.-Zeit. 1824 n. 184. S. 20. 88) Scholz der Dritte über Abfindung von deutschen Bauergütern; in dessen Zeitschrift für Landwirthschaftsrecht B. 2. H. 2. (Brauns schweig 1838).

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