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wenn es anders ein Vorurtheil ist (neque enim, sagt Tacitus, ad hunc modum caetera erant) wenigstens zum Theile zuerst in Frankreich, und dann in einigen andern Staaten, welche dem Beispiele gefolgt sind, beseitiget. Wenn auch die Regierungen dieser Staaten, fast ohne Ausnahme, mit dem einen Fuße in der Vergangenheit stehen, wenn auch von dem Verhältnisse der protestantischen Geistlichkeit zu den Regierungen in mehreren Staaten Aehnliches behauptet werden kann, so ist doch in diesen Staaten die geistliche Gewalt, d.i. die Gewalt, welche die Geistlichen auf das Gemüth der Menschen ausüben und ausüben sollen, an die Stelle der Gewalt getreten, die sie einst mehr ihren Glücksgütern verdankten; eine Veränderung, die überall zum Vortheile der Unabhängigkeit der Kirche vom Staate ausgeschlagen ist. Da ist es nun eine Hauptaufgabe bei der Bearbeitung des heutigen deutschen Rechts, den Unterschied zwischen vormals und jeßt darzustellen, oder, wo das Neue mit dem Alten gepaart ist, sowohl das eine als das andere auf seine Principien zurückzuführen.

Jedoch weit härter war der Kampf, welchen der Geist, der in dem Bürgerstande lebte und welcher sich mit der Zeit auch unter den Landleuten, verbreitete, mit dem Princip der Grundherrlichkeit zu bestehen hatte. Und noch fehlt viel, daß derselbe in allen germanischen Staaten beseitigt wäre.

Die Ursachen der so langen Dauer dieses Kampfes, mit welchem, wenn er vollständig gelingen sollte, vorzugsweise ein neues Zeitalter für die Nationen germanischer Abkunft beginnen würde, waren folgende:

Erstens: Das Princip der städtischen. Gewerbe und das der Grundherrlichkeit stehen in ihren Folgen geradezu miteinander im Widerspruch.- Letteres Princip führt zur Unveräußerlichkeit der Grundstücke; und zwar haben diese nach dem Principe der Grundherrlichkeit jene Eigenschaft bald (wie nach dem altdeutschen Recht) vermöge des gemeinen Rechts zu Folge des Gesamteigenthums der Familie, bald (wie in Deutschland unter dem Einflusse des römischen Rechts) durch Fideikommißstiftungen. Dasselbe Princip gestattet, den Grund und Boden mit unablösbaren Lasten zu beschweren. Unter seiner Herrschaft sind die Formen der Verträge einfach, nicht selten mit gewissen Symbolen verbunden, da hingegen unter der Herrschaft des andern Principes die Verträge, als verschiedene Formen des

Handelsverkehrs, desto mannigfaltiger sind. Der Staat ist in kleinere Gebiete gespalten; die höchste Gewalt zersplittert. Es entstehen Reichs- und Landstände u. s. w. Alles dieses ist anders, wo der Erwerb und der Wohlstand hauptsächlich bewegliches Gut zum Gegenstande hat. Da verschwindet z. B. aus dem Erbrechte das Gesamteigenthum der Familie; nur unter Eheleuten tritt (zur Beför= derung des Kredits) Gemeinschaft der Güter ein. Da ist nicht mehr das Zeitalter der Reichsstände, sondern das der gemeinen Freiheit und, nach Befinden, das einer aus dem Volke hervorwachsenden und das Gemeinbeste berathenden Versammlung. Wie das Volk ein Ganzes ist, so ist auch die Staatsgewalt nicht mehr durch die Verleihung einzelner Hoheitsrechte an Privatpersonen zersplittert. Wie hätte also die Veränderung der Verfassung, die der Bürgerstand beabsichtigte, so leicht oder so bald ins Werk gesegt werden können?

Zweitens: Wie ein jedes Recht, das sich auf das Grundeigenthum bezieht, so hatte auch die Grundherrlichkeit und das auf derselben beruhende Verhältniß zwischen den Grundherren und den Grundholden die besondere Heiligkeit für sich, die das Grundeigenthum überhaupt, sei es seinem Gegenstand, sei es dem Scheine verdankt, daß mit diesem Eigenthum ein jedes andere Recht schwankend gemacht, eine jede andere Triebfeder der Kultur und Civilisation erschlaffen würde. Man kann diese Ansicht vorzugsweise eine Ansicht der germanischen Völker nennen. Erst unserem Zeitalter war es vorbehalten, daß sie von Einigen, aus Haß gegen die Aristofratie, gänzlich verbannt wurde. Gleichwohl ist sie auch jezt die herrschende. Und sie wird fortdauernd, als eine Stüße des germa= nischen Adels, der Alleinherrschaft des Geldes feindselig in den Weg treten.

Drittens: Während dieses langen Streithandels verwechselten sich nicht selten die Verhältnisse so, daß die eine Parthie die Sache der andern, als die ihrige, führte. Das geschah z. B. als die Bürger der Städte nach Gewerbs- und Handels - Privilegien strebten, als sie sich, durch die Zeitumstände genöthiget, zu Zünften vereinigten. Das geschah, als sie, in derselben Absicht, die Regierung zu Maßregeln aufforderten, welche die Erwerbsthätigkeit im Innern des Landes gegen die Conkurrenz des Auslandes schüßen sollte.

Endlich hatte auch sowohl die eine als die andere Parthie ihre Bundesgenossen, die ihr einen mehr oder weniger nachdrücklichen

Beistand leisteten: die Grundherren z. B. an ihrer engeren und das her genaueren Verbindung, an ihrem Korporationsgeist; der Bürgerstand an dem Interesse, welches die Regierungen an seinem Wohlstand nahmen, und an den Wissenschaften, welche in der Regel mehr die Idee, als die Wirklichkeit ins Auge faßten. Die Geistlichkeit schwebte zwischen beiden Partheien.

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Jedoch der beste Beweis für die Hartnäckigkeit des Kampfes liegt in der Länge der Zeit, nach welcher er erst zum Ausbruche kam, und in dem heutigen Zustande des germanischen Europas. englische Revolution (in der zweiten Hälfte des 17. Jahrhunderts) that zwar in der Anwendung der Grundsäge, aus welchen die Reformation hervorgieng, auf England viel. Doch dauerte es auch hier noch lange, ehe man diese Grundsäge so weit verfolgte, als sie reichten; ja zum Theil verkennt man sie in diesem Lande auch jezt noch. (Eine Hauptursache war, daß man bei der Reformation der kirchlichen Verfassung Englands auf halbem Wege stehen blieb.) — Die Versuche, die Friedrich II., König von Preußen, und der Kaiser Joseph II. mit einem neuen Regierungssystem vornahmen, waren zwar die Vorboten aber nicht der Beginn eines neuen Zeitalters. Erft mit der französischen Revolution brach ein neues Zeitalter für Europa an. Der Bürgerstand, nun mit dem Stande der Landleute ein Ganzes, trat in Frankreich an die Stelle des Adels, der Geld= reichthum an die des liegenschaftlichen, Neuerungssucht an die der Anhänglichkeit ans Alter. Zwar fehlte auch in Frankreich noch viel an dem Ideale, welches die Stifter der Revolution, dieser welthistorischen Begebenheit, zu erreichen suchten. Ist nicht insbesondere in Frankreich die Beschränkung der Erwerbsfreiheit im Interesse der inneren Industrie (!) zu einer Höhe gelangt, daß vielleicht das Volk im Ganzen, wenn man die Gegenwart mit den Zeiten vor der Revolution vergleicht, mehr dem Namen als der Sache nach erleichtert worden ist? Aber man kann nicht enden, ohne anzufangen.

Die französische Revolution hat überdieß fast das ganze germanische Europa in einen Zustand der Aufregung verfegt, welcher diese Begebenheit ebenfalls als den Beginn eines neuen Zeitalters in der Geschichte der germanischen Völker bezeichnet. Einige dieser Völker haben mit ihrer Verfassung, andere mit ihrem Regierungssysteme Veränderungen vorgenommen, alle schauen vorwärts.

242 Zacharia v. Lingenthal: Entwicklungsstufen 2c.

In diesem Zustande der Umwandelung ist es allerdings schwieriger, ein gemeines deutsches Recht nach dem in dieser Abhandlung angedeuteten Plan d. i. ein Recht auszuarbeiten, welches zuvörderst das den Rechten aller germanischen Völker Gemeinsame heraushebt und auf seine Ursachen zurückführt, sodann aber mit den Rechten einzelner germanischer Völker auf eine ähnliche Weise verfährt. Je= doch unmöglich ist die Sache nicht. Wo ist ein germanisches Volk, das sich von dem andern so unterschiede, wie z. B. von den Chinesen oder von den Osmanlis?

XI.

Beiträge zur Lehre

von der

Organisation der Bundesregierung.

Bon

Adolf Doerr.

1.

Ueber die Geltung der im engern Rathe der Bundesversammlung verfassungsgemäß stattfindenden Art der Entscheidung durch die absolute Stimmenmehrheit.

Die verfassungsmäßige Art der Entscheidung in der engern Bundesversammlung, oder, nach dem durch die Wiener Schlußakte geläufiger gewordenen Ausdruck, dem engern Rathe, ist die durch absolute Stimmenmehrheit. Ueber ihre Geltung finde ich einige Aeußerungen des Zweifels vorliegen, auch glaube ich auf einen oder den andern neuen Punct gekommen zu sein, und erlaube mir daher eine kurze Ausführung darüber.

Die betreffenden geseglichen Vorschriften find theils Bestimmungen der beiden Grundgeseße, Bundesakte und Schlußakte, theils eine Bestimmung in der vorläufigen Geschäftsordnung. Die Stellen der Bundesakte und Schlußakte lauten allgemein: daß absolute Mehrheit entscheide. So zunächst Art. 7 der Bundesakte, worin zugleich über die Entscheidung im Plenum bestimmt ist:

"

Sowohl in der engern Versammlung als in Pleno werden die Beschlüsse nach der Mehrheit der Stimmen gefaßt, jedoch in der Art, daß in der erstern die absolute, in legterer aber nur eine auf zwei Drittheilen der Abstimmung beruhende Mehrheit entscheidet."

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