ภาพหน้าหนังสือ
PDF
ePub

dieser ihrer Eigenschaft war das Gesammteigenthum des Lehnes 10). Zur Sicherung des Gesammteigenthumes hatte sowohl das ältere als das neuere Lehnrecht den Retract der Agnaten eingeführt, das neuere Recht noch überdieß den Retract des Lehnsherrn oder den retractus feudalis, diesen vielleicht nach der Analogie der Marklosung. -Mit Einem Worte, das neuere Lehnrecht enthält kaum irgend eine Lehre, zu welcher nicht das ältere das Seitenstück darböte.

So wie man hiernach die obige Behauptung, daß das ältere Lehnrecht zur Ergänzung und Vervollständigung des neuern Lehnrechts — und selbst zur Kritik der neueren Lehnrechtsbücher be= nügt werden kann, schon aus allgemeinen Gründen für annehmbar halten wird, so fehlt es auch nicht an besonderen Beispielen, welche jener Behauptung das Wort sprechen. Ich will nur zwei dieser Beispiele hier anführen.

Durch die Lehnsinvestitur wird ebenso, wie durch die Allodialinvestitur, ein bürgerlich - gültiges, d. i. ein in jeder Beziehung wirksames, Eigenthum erworben, wenn auch durch die erstere nur ein Nuzeigenthum, durch die lettere aber (in der Regel) ein volles Eigenthum. Jedoch weder der liber feudorum noch andere Lehnrechte erklären sich darüber bestimmt, in welcher Eigenschaft der Lehnsherr die Belehnung ertheile, noch darüber, welche Rechte ein Vasall über das Lehn habe, der, obwohl in dem Besize des Lehnes, dennoch nicht mit dem Lehne beliehen ist. Ueber die eine und über die andere Frage giebt die Allodialinvestitur Auskunft. Nicht der Lehnsherr als solcher, sondern als Oberhaupt oder als Beamter des Staates ertheilt die Belehnung. Denn bei der Allodialbelehnung kann in vielen Fällen überall nicht die Belehnung von einem andern Herrn, als von dem Staate geschehen. Woher auch sonst die Vorschrift der Geseze, daß die Belehnung von einer öffentlichen Behörde, von dem Lehnshofe, geschehen muß?") Kann der Lehnsherr überhaupt, als solcher, ein bürgerlich gültiges Eigenthum ertheilen? Ebenso ist die andere Frage nach der Verwandtschaft, die zwischen der Allodial- und der Lehnsinvestitur eintritt, dahin zu entscheiden, daß der noch nicht beliehene Vasall weder ein dingliches Recht, z. B. ein Unterpfand oder eine Dienstbarkeit am Lehne, be

10) II. F. 50. Coinvestitura. 11) Vgl. I. F. 4. II. F. 37.

stellen, noch auf ein solches Recht, das auf dem Lehne haftet, Verzicht leisten könne, mit Einem Worte, daß er nur die Rechte eines redlichen Besigers habe.

Ein anderes Beispiel! Die Allodialbelehnung hatte mit der Uebertragung des Besizes am Lehne überall nichts zu schaffen. Sie war nur die Aufnahme in den Nationalverein. Wenn auch Symbole bei dieser Belehnung vorkamen, welche sich auf die Uebertragung des Besiges der Sache zu beziehen scheinen, so war doch ihre Be= deutung nur die, daß sie die Sache bezeichneten, an welcher dem Belichenen die Gewähr ertheilt wurde. Die Gewähr aber war ein von dem Besige wesentlich verschiedener Gegenstand. Sie war eine Handlung der Staatsgewalt, durch welche diese den Besih Coder die Inhabung) einer Sache, insbesondere einer Liegenschaft, anerkannte und dem jeweiligen Besiger gewährte, d. i. zusicherte. Alles dieses gilt auch von der Lehnsinvestitur, welche insofern nicht von ihrem Vorbilde, der Allodialinvestitur, abwich. Es beruht daher die Eintheilung der Investitur in die investitura propria et abusiva, die sich bei den Feudisten (II. F. 2. u. 33. pr.) findet, lediglich und allein auf einer Verwechselung der Investitur mit der römischen traditio.

Uebrigens blieb diese Verwandtschaft des Lehnrechts mit dem Rechte, nach welchem allodiale Stammgüter erworben und besessen wurden, auch auf dieses Recht nicht ohne Einfluß. So geschah es z. B., daß sowohl die Succession in die allodialen Stammgüter als die in die Lehne nach denselben Grundsägen beurtheilt wurden, so, daß es nicht so schwer war, von dem neuen Lehnrechte wieder zu dem alten zurückzukehren. Jedoch von diesem Einflusse wird hier weiter nicht die Rede seyn, denn er gehört nicht in das Gebiet der vorliegenden Abhandlung.

Ebenso wenig ist hier der Ort, die Ursachen zu erforschen, aus welchen das Lehnswesen in den verschiedenen Staaten, in welchen es einst bestand, so verschieden gewirkt, in dem einen Staate, in Großbritannien, eine der freisinnigsten Verfassungen, die nur die Geschichte kennt, in einem andern Staate, in Frankreich, eine absolute Monarchie, in einem dritten Staate, im deutschen Reiche, die Auflösung des Staates zur Folge gehabt hat. Also hier nur eine Bemerkung! Bei einem jeden Volke, insbesondere bei einem jeden gebildeteren, gibt es zwei einander entgegengesezte Principien seines

politischen Lebens, ein Princip der Stabilität, das Grundeigenthum, und ein Princip der Beweglichkeit, den Reichthum an beweglichen Gütern. Die Zeit und die Art der Entstehung, die Wechselfälle und der Ausgang des Kampfes unter diesen beiden Principien (wenn anders in der Menschenwelt irgend etwas einen Ausgang nimmt) scheiden die Völker in einer jeden Beziehung vorzugsweise voneinander. Sollte die Macht dieser Ursache nicht auch auf jene Verschiedenheit der Folgen des Lehnswesens Einfluß gehabt haben?

Zeitschrift f. deutsches Recht 7. Bd. §. 1.

4

III.

Ueber die Collision der Gesetze

nach

Raum, Zeit und Gegenstand.
Bon

Gustav von Struve,

Obergerichts: Advokaten zu Mannheim.

Nicht selten entsteht die Frage, ob die Geseze dieses oder jenes Staats, dieser oder jener Provinz die Norm zur Entscheidung eines gewissen Falles an die Hand geben? Bei der so großen Mannigfaltigkeit der deutschen Gesetzgebungen und dem mehr und mehr rege werdenden Verkehr der Unterthanen der verschiedenen deutschen Gesetzgebungs-Distrikte, ist diese Frage leider! von sehr praktischer Natur. Wenn wir aber auch das Land kennen, dessen Gesege den Fall entscheiden sollen, so wirft sich nicht selten die Frage auf, namentlich in unserer an neuen Gesezen so reichen Zeit, ob das alte oder das neue Gesez Play greife? Wären unsere Gesesgeber vollkommene Juristen, so würden diese beiden Arten der Collision die Lehre von der Collision der Geseze erschöpfen. Allein sie sind Menschen, und so trägt es sich bisweilen zu, daß sie bei Erlassung einer geseglichen Bestimmung ihr Verhältniß zu einer andern nicht be= dachten, und daher kommt noch eine dritte Art der Collision der Geseze nicht selten zur Sprache: die Collision der Gesche nach ihrem Gegenstande. Diese lettere hat es zunächst nur mit gefeßlichen Bestimmungen zu thun, welche zu gleicher Zeit und für dasselbe Land erlassen sind, und wird daher von praktischer Bedeutung hauptsäch= lich nur bei größeren, umfangsreicheren Geseßen, deren einzelne Bestimmungen sich in der Weise gegenüber stehen, daß die eine neben der andern in ihrer ganzen Ausdehnung nicht bestehen kann; daher die eine durch die andere beschränkt werden muß.

Die Lehren von der Collision der Geseze nach Raum und Zeit haben manches Gemeinschaftliche; sie können daher gemeinschaftlich

behandelt werden. Die Lehre von der Collision der Gefeße nach ihrem Gegenstande beruht dagegen auf ganz verschiedenen Grundlagen, daher sie besonders zu besprechen ist.

Ich wende mich zuerst zu der Lehre

I. von der Collision der Geseze nach Raum und Zeit.

Hier kommt es vor allen Dingen darauf an, den Begriff eines positiven Rechtsgesehes scharf zu fassen. Denn aus diesem ist (meines Erachtens) diese ganze Lehre abzuleiten. Kanzler v. Wächter 1) nimmt zwar als unzweifelhaft an, daß auch in Betreff der Lehre von der Collision der Privatrechtsgeseze verschiedener Staaten nur das positive Recht des Staats entscheiden könne, welchem der Richter angehöre, der einen Fall zu entscheiden habe. Allein er verkennt in dieser Rücksicht, wie mir scheint, das Wesen und den Grundcharakter des Gesches. Dieses ist nicht blos eine Instruction für den Richter. Wenn ein Gesez keinen andern Zweck hätte, als die Instruction, welche ein Administrativbeamter von seiner vorgesehten Behörde erhält, dann müßte ich ihm beipflichten. Ein Gesez soll aber nicht blos dem Richter, sondern jedermänniglich eine Norm seiner Verhältnisse an die Hand geben, und eben deßhalb kommt hier, wie mir scheint, auf die Frage gar nichts an, welchem Staate ein Richter angehört. Unsere Richter kommen oft in den Fall, einen vor ihrem Richterstuhl zu verhandelnden Rechtsstreit nach ausländischen Gefeßen zu entscheiden. Nicht ihr Anstellungspatent, sondern der einzelne Fall muß ihnen, nach den Thatsachen, auf welchen er bes ruht, die Geseze an die Hand geben, wonach er zu entscheiden sei. Auf der andern Seite steht die richterliche Gewalt zur gefeßgebenden nicht im Verhältniß der Unterordnung, sondern der Coordination. Allerdings hat der Richter kein Recht zu fragen, ob ein Gesetz passend, richtig sei, oder nicht. Er muß auch das unpassende, auch das verkehrte Gesez anwenden, oder, wenn er es nicht will, muß er sein Amt niederlegen. Allein er muß sich die Frage aufwerfen, ob eine von dem Geseggeber erlassene Bestimmung ein Gesetz sei, oder nicht? Ein Gesez ist aber nicht ein bloßes Formding. Es ist nicht blos ein Körper ohne Geist, ein Leib ohne Seele, sondern es besteht aus der Vereinigung gewisser wesentlicher und gewisser for

1) Im Archiv für civilistische Praxis Bd. 24. S. 236 ff.

« ก่อนหน้าดำเนินการต่อ
 »