ภาพหน้าหนังสือ
PDF
ePub

flar an den Tag, daß ein, der Form nach, ganz unantastbares Gefeß, dem Wesen nach die Entscheidung für einen der Vergangenheit an= gehörigen Fall dem Richter suppliren sollte. Hätte der Richter das formell gültige Gesch in der That auf jenen Fall angewandt, so wäre er meines Erachtens nichts weiter gewesen, als ein Instrument der Kabinets-Justiz. Ein Richter, der die Wichtigkeit seines Berufs erkennt, wird sich dazu nicht hergeben. Ganz denselben Charakter hat aber auch ein Geseß, welches in räumlicher Beziehung die Gränzen der Wirkungsbefugniß eines Gesetzgebers überschreitet, welches für Fälle Normen aufstellt, die der Verfügung dieses Gescßgebers nicht unterliegen. Das gegenseitige Verhältniß zweier Staaten wird nicht durch das Privatrecht, sondern durch das Völkerrecht bestimmt, eine privatrechtliche Bestimmung darf daher dem Richter hier nicht zur Norm dienen, sondern nur eine völkerrechtliche, d. h. entweder eine durch Staatsvertrag positiv festgestellte, oder eine aus allgemeinen Rechts- Prinzipien abgeleitete Norm. Da jeder Staat einem andern einräumen kann, was er will, so kann er ihm auch einen Theil seiner gesetzgebenden Gewalt einräumen. Wenn daher durch einen solchen Vertrag eine Bestimmung getroffen wird, welche das Gesetzgebungsrecht des einen Staats ausdehnt, bezugsweise in dasjenige des andern eingreift, so muß der Richter natürlich dieses anerkennen. Allein anders verhält es sich, wenn statt eines Staatsvertrags nur ein privatrechtliches Geseß vorliegt. Insofern dieses sich einen Eingriff in die geseßgebende Gewalt eines andern Staats erlaubt, darf es, meines Erachtens, keineswegs von einem Richter angewandt werden, ganz eben so wenig, als das mit rückwirkender Kraft ausgestattete Gesez, welches Privatrechte angreift 17).

II. Von der Collision der Gefeße nach ihrem
Gegenstande.

Hier wird vorausgeseßt, daß zwei zu gleicher Zeit und für dasselbe Land erlassene gefeßliche Bestimmungen, allen Auslegungsregeln zum Troß, sich nicht vereinigen lassen. Denn ist eine Vereinigung derselben, ohne dem Sinn oder den Worten Gewalt anzu

17) Anderer Ansicht ist Wächter im Archiv für civil. Pr. Bd. 24. S. 238, ohne jedoch auf die für meine Ansicht in dem oben angeführten. Werke angeführten Gründe einzugehen.

thun, mit Hülfe der Auslegungskunst möglich, so wird eben dadurch die Collision beseitigt. Wo sie möglich ist, da ist sie aber auch nothwendig, da der Gesetzgeber nimmermehr die Absicht gehabt haben kann, mit sich selbst in Widerspruch treten zu wollen; die Collision der geseßlichen Bestimmungen daher nur einem Versehen derselben zugeschrieben werden kann. Für diesen Fall hat das römische Recht 18) die einfache Regel, daß die allgemeinere Bestimmung durch die we= niger allgemeine beschränkt wird, und diese bietet auch das einzige Auskunftsmittel, um in's Reine zu kommen. Da die Collision voraussetzt ein Zusammentreffen zweier oder überhaupt mehrerer gescßlicher Bestimmungen in demselben Gegenstande, so wird meistentheils eine der Bestimmungen in Betreff desselben mehr oder minder allgemeiner Natur seyn, und dann muß die leßtere den Sieg über die erstere davon tragen. Sehr natürlich, weil man weit eher anneh= men kann, es habe der Gesergeber sich in der allgemeineren zu weit ausgedehnt, als in der specielleren. Das specielle übersieht man leichter, als das allgemeine.

In unserm so berühmt gewordenen badischen Urlaubsstreite war auch von der Collision geseßlicher Bestimmungen die Rede. Auf der einen Seite steht der §. 5. unserer Verfassungs-Urkunde, welcher bestimmt:,,Der Großherzog vereinigt in Sich alle Rechte der Staatsgewalt, und übt sie unter den in dieser Verfassungs-Urkunde festgesetzten Bestimmungen aus.“ Der §. 37 derselben VerfassungsUrkunde bestimmt dagegen: „Zum Abgeordneten kann ernannt werden—jeder, der — eine fire ständige Besoldung oder Kirchenpfründe von 1500 Gulden als Staats- oder Kirchendiener bezieht, auch we nigstens irgend eine direkte Steuer aus Eigenthum zahlt.“ Zwischen diesen beiden Bestimmungen findet augenscheinlich keine Collision statt, denn sie treffen nicht in demselben Gegenstande zusammen. Die eine Bestimmung spricht nur von den Rechten des Großherzogs, die andere nur von den Bedingungen der Wählbarkeit der Staatsund Kirchendiener. Der unmittelbare Gegenstand dieser geseglichen Bestimmungen ist augenscheinlich verschieden. Allerdings kann man nun aus dem §. 5 Folgerungen ziehen, und auf der andern Seite

18) L. 80, D. de reg. jur. (60, 15). In toto jure generi per speciem derogatur, et illud potissimum habetur, quod ad speciem directum est. In gleicher Weise spricht sich L. 41 D. de poenit. (48, 19) aus.

auch aus dem S. 37, und kann dann dahin kommen, zu finden, daß die einen den andern widersprechen. Allein es ist ein großer Unter= schied zwischen einer geseßlichen Folgerung und einer geseßlichen Bestimmung. Geseze werden gegeben, um das Ziehen von Folgerungen, welches immer zu Meinungsverschiedenheiten Veranlasfung giebt, zu verhüten. Wo daher nicht eine gefeßliche Bestimmung, sondern nur eine gefeßliche Folgerung der andern widerspricht, da mag ein Geseß dringend nothwendig seyn, welches diesen Widerspruch der Folgerungen beseitigt; allein ein Widerspruch gesetzlicher Bestimmungen liegt nicht vor. Ganz ebenso wenig als man in früherer Zeit mit Recht einem Menschen vorwarf, in Widerspruch mit den Glaubensbestimmungen der Kirche zu seyn, wenn er, dieselben vollkommen anerkennend, zu Schlußfolgerungen aus denselben ges langte, welche die Kirche oder ihre Vertreter nicht anerkannten. Die Inquisitoren wollten allerdings die von ihnen gezogenen Folgerungen aus dem katholischen Lehrbegriffe diesem selbst gleich stellen. Sie waren aber auch Inquifitoren, denen die Verfolgung Lust war. Läge übrigens eine Collision zwischen den angeführten Bestimmungen unserer Verfassungs-Urkunde vor, so würde die Sache sehr leicht zu entscheiden seyn. Der §. 5 enthält weit allgemeinere Verfügungen als der §. 37, müßte also durch diesen beschränkt werden, wie es die Worte:,,unter den in dieser Verfassungs-Urkunde festgeseßten Bestimmungen", deutlich besagen.

Sind dagegen zwei sich widersprechende geseßliche Bestimmungen gleich allgemeiner Natur, dann frägt es sich, ob sie sich ihrem ganzen Inhalte nach, oder nur theilwese entgegenstehen. Im ersten Falle heben sie sich gänzlich auf, z. B. wenn die eine verfügt, eine bestimmte Handlung solle mit 5 fl. Strafe belegt werden, und die andere, sie solle nicht mit 5 fl. Strafe belegt werden. Widersprechen sie sich dagegen nur theilweise, so werden sie auch nur theilweise sich aufheben, z. B. wenn die eine Bestimmung sagt: eine bestimmte Handlung solle mit 5 fl. bestraft werden, und die andere Bestimmung sagt, sie solle mit 3 fl. bestraft werden. Hier treffen beide Bestimmungen in 3 fl. überein. Insofern sie dagegen nicht übereinkommen, lösen sie sich auf, in unserm Falle also rücksichtlich des Mehrbetrags der Strafe über 3 fl.

IV.

Das Cöllner Recht und die gesammte Hand

im Elsaß.

Von

Dr. Euler,

Advocat und Notar in Frankfurt a. M.

In meinem Versuche über die älteste Gestaltung der ehelichen Güter- und Erbrechte in Frankfurt am Main 1) habe ich nachzuweisen versucht, daß in allen fränkischen Ländern vor dem Eindringen des römischen Rechts der herrschende Güterstand der Ehegatten die f. g. gesammte Hand gewesen sey. Um namentlich für die Stadt Cölln dieses Güterrecht darzuthun, habe ich mich dorten berufen auf mancherlei ältere Urkunden, in welchen einzelne Säße dieses Systems ausgesprochen sind, sodann auf die späteren reformirten Statuten, welche noch immer viele Ueberbleibsel jenes älteren Rechtszustandes enthalten, und endlich auf den wichtigen Umstand, daß die gesammte Hand in der bekanntlich auf Cöllner Recht gegründeten Stadt Freiburg im Breisgau bis zu Abfassung des neuen Stadtrechts von 1522, sowie auch in den andern Zähringischen Städten gegölten habe 2).

Eine weitere Bestätigung dieser Annahme liegt nun darin, daß auch in denjenigen Städten des Elsaßes, welche mit Cöllner Recht bewidmet worden sind, gerade dieses System der gesammten Hand gefunden wird, und es dürfte sich eine genauere Behandlung

1) Die Güter- und Erbrechte der Ehegatten in Frankfurt am Main bis zum Jahr 1509, mit Rücksicht auf das fränkische Recht über. haupt: ein rechtsgeschichtlicher Versuch. Frankf. 1841.

2) A. a. D. G. 69. 70.

dieses Gegenstandes um so mehr rechtfertigen lassen, als bisher die Verbreitung des cöllnischen Rechts in dem Elsaße übersehen oder doch nur wenig beachtet worden zu seyn scheint.

Unter den Städten des Elsaßes ragen - indem hier von Straßburg abgesehen wird - Colmar und Hagenau besonders hervor, dergestalt daß die meisten der übrigen Städte des Landes dem Rechte eines dieser Hauptorte folgten. Hagenauer Recht hatten namentlich die Städte Hagenbach, Reichshofen, Sels und Sulz 3); gleiches Recht mit Colmar galt dagegen in den Städten Dattenried, Kaisersberg, Münster im St. Georgienthale, Thüringheim 4).

Das Colmarer Recht ist nun aus mehreren Aufzeichnungen bekannt. Es ist dieß zuerst der kaiserliche Freiheitsbrief von 1278 für die Stadt Colmar selbst und dessen Bestätigung durch K. Adolf vom Jahr 1293. Der erstere, dessen Mittheilung ich der Güte des Herrn Bibliothekar Dr. Böhmer verdanke, ist zwar noch ungedruckt; allein er stimmt bis auf wenige Abweichungen mit dem Rechte von 1293 überein, welches sich in der Alsatia diplomatica abgedruckt findet 5). Beide sind in deutscher Sprache abgefaßt und enthalten über 40 Artikel. Sodann gehört hierher die der Stadt Münster von K. Karl im Jahr 1354 gegebene Bestätigung des ihr ertheilten Colmarer Rechts, welche mit der Urkunde von 1293 völlig übereinstimmt 6). Ganz desselben Inhalts endlich ist das mit der Bewilligung K. Karls von dem Herzoge Rudolf von Destreich 1358 seiner Stadt Dattenried oppidum Delense ertheilte Recht in lateinischer Sprache 7).

-

In allen diesen Rechtsaufzeichnungen findet sich des Cöllner Rechts gleichmäßig erwähnt. Es heißt nemlich in dem Privileg von 1278: „Wurt dehein mißehelle under den Burgern an gerichte ,,umbe dehein urtel zu sprechende, so mugen si wol umbe dazselbe ,,urteil obe si wellent komen an die anderen stete die och iriu reht ,,bant, oder man sol ez enden nach der reht von Kolne), ob

3) Vgl. J. D. Schöpflin Alsatia diplomatica, pars II. pg. 23. 26. 36. 183. 4) Vgl. ebenda II. 219. 59. 204. 99.

5) P. II. pg. 55.

6) Als. dipl. II, 204.

7) Als. dipl. II. 219.

8) In dem Abdruck des Rechts von 1293 steht hier „nach der reht von Zeitschrift f. deutsches Recht. Bd. 7 H. 1.

6

« ก่อนหน้าดำเนินการต่อ
 »