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Jesus wünschte zu erfahren, wer die Männer seien, von denen man Solches erwarte? Sofort verließ einer der Anwesenden den Saal und kehrte bald mit einer Anzahl der früheren königlichen Soldaten zurück. Der Oberste derselben bestätigte die Worte des ersten Redners und fügte hinzu, daß die Römer viel zu sehr in Kriegen mit benachbarten Völkern beschäftigt wären, um hier eine so große Truppenmacht zu sammeln, als erforderlich sei, um der wehrhaften Macht der Israeliten zu widerstehen. Das Zerbrechen der römischen Fesseln habe die größte Wahrscheinlichkeit des Gelingens für sich.

Unser weiser Rabbi aber war ein zu besonnener Mann, als daß er auf ein so gewagtes Unternehmen sofort hätte eingehen sollen. Er verlangte deshalb Bedenkzeit, die man ihm gewährte, und verließ den Saal, um sich sofort zu seinen essäischen Freunden zu begeben, denen er das Vorgefallene unter strengster Discretion mittheilte. Jesus erregte hierdurch unter den ruhigen und besonnenen Freunden eines friedlichen beschaulichen Lebens große Bestürzung, und es gab sich allgemein nur die eine Meinung kund, daß es eine Unbesonnenheit wäre, den jüdischen Staat durch ein so gewagtes Unternehmen zu gefährden; auch bedurfte es keiner großen Ueberredungskunst der Männer, um ihren jungen Freund von der Richtigkeit dieser Ansicht zu überzeugen. Nichts desto weniger aber mußte man das Schmachvolle der politischen Situation unter dem Scepter der Römer zugeben, glaubte aber, die Messias - Idee diese alte und unausrottbare Marotte der jüdischen Nation - auf andere Weise, als durch gewaltsamen Umsturz verwirklichen zu können, nämlich durch das Bemühen, eine mora lische Revolution zu erstreben, indem man das Volk darüber belehre, daß das Reich des Friedens eins sei mit dem allgemeinen Gottesreiche über die ganze Erde, wie es die alten Propheten und Seher längst verheißen, z. B. der Prophet Sacharja Cap. 14, wenn er spricht: „Und der Herr wird König sein über alle Lande; zu der Zeit wird der Herr nur Einer sein und sein Name nur Einer.“

Damit hatte die Sache von dieser Seite sein Bewenden; doch ruhten deshalb die Verschworenen nicht. Man verfolgte auch jezt noch lebhaft den Plan, Rabbi Jesus die Hauptrolle wohl oder übel aufzudrängen, und zwar auf folgende Weise. An jedem Sabbath wurde in einem der größeren Bethäuser Jerusalems ein Abschnitt aus den Propheten (Haphtora) vorgelesen, woran sich gewöhnlich ein religiöser Vortrag schloß. Man war nun einig geworden, daß dies am nächsten Sabbath von einem angesehenen Priester geschehen und von demselben, im Vortrage eingeleitet, ohne Weiteres Jesus als Gesalbter Gottes, als

Messias verkündet werden solle, um diesem hiermit möglicher Weise den Rückweg abzuschneiden und zur Annahme der Messiaswürde zu veranlassen.

Bis hierher haben wir uns an die Apokryphen und sonstigen Quellen halten müssen, da die canonischen Evangelien von dem Umstande schweigen. Wir sind aber damit zu einem Ereigniß herangeschritten, das mit einigen Abweichungen in den Evangelien Erwähnung findet. Indeß scheinen die Evangelisten über den wirklichen Vorfall nur sehr oberflächlich unterrichtet gewesen zu sein, da man denselben nach Nazareth verlegt, während er sich in Wirklichkeit in Jerusalem zutrug. Die wunderlichen Biographen haben aus der eben erzählten Begebenheit eine Versuchung des Teufels aufgestellt; einige Grundzüge, z. B. die Hinweisung auf alle Reiche der Welt, ist mit der Wirklichkeit fast gleichbedeutend, indem man in der That Jesus zum wirklichen König der Juden zu erheben gedachte. Man findet hier einen ungefähren Maßstab für die tendenziöse Verfälschung der Wirklichkeit unter der Feder jener unbekannten Bearbeiter des Lebens Jesu. Ueber den mythischen Sinn siehe im zweiten Bande dieses Werkes.

In der Zeit bald nach jener Bewegung mit den Verschworenen, am zweiten Sabbath vor dem Neujahrsfeste, was etwa mit dem Anfang unsers Septembers zusammentrifft etwa am 6. oder 7. Sabbath vor dem Neujahr war es Sitte, in den Synagogen tröstliche Stellen aus den Propheten vorzulesen, deren Verheißungen sich namentlich auf das erste Eril bezogen. Heute wurde aus dem 5. Buch Mosis Cap. 24 (von Vers 9 an) und Cap. 30 gelesen. Dem Gebrauche nach hatte ein Rabbi die lezten drei Verse zu wiederholen. Diesmal war an Jesus die Reihe, und er leitete seine Vorlesung mit einem schönen Gebete ein. Hierauf las er Cap. 61 aus dem Jesaias, sprach dann ein Schlußgebet und hielt endlich einen Vortrag, dem er das eben Gelesene zu Grunde legte und in den er gegen den Schluß hin absichtlich ohne natürlich von Allen verstanden zu werden eine politische Anrede an die Verschworenen verwebte, in welcher er denselben zu verstehen gab, daß ohne die Einwilligung Gottes nichts über die jüdische Nation verhängt werden könne und somit auch die bestehende Regierung der römischen Statthalter nur unter Zulassung der göttlichen Regierung über Judäa herrsche. Auch könne man unmöglich verkennen, daß die Ruhe und Sicherheit unter so mächtigem Schuße, wie ihn die römische Regierung gewähre, eine große Annehmlichkeit darbiete, da man unter derselben nie zu befürchten habe, von feindlichen Nachbarvölkern angegriffen und belästigt zu werden. Auch könne man ja nicht leugnen, daß die

Religion der Juden von den Römern geachtet und gegen Unbilden geschüßt sei, so daß man Alles in Allem wohl Ursache habe, mit der jeßigen Ordnung der Dinge zufrieden zu sein; im Uebrigen müsse man auf Gott vertrauen, in dessen Macht und Weisheit die Mittel lägen, die Geschicke des israelitischen Volkes noch günstiger zu gestalten, und daß er dieselben in Anwendung bringen werde, sobald es mit seinem heiligen Willen übereinstimme.

Das war deutlich genug geredet, und leicht ermessen läßt sich, mit welchem Ingrimm die gegenwärtigen Verschworenen gegen Den erfüllt waren, der ihre Pläne so unzweideutig durchkreuzte, den sie dennoch schonen mußten, da sie ihr Geheimniß unbesonnen in seine Hände gegeben und der sie durch Indiscretion auf das Höchste gefährden konnte. Man scheint ihn aber von dieser Seite sehr genau gekannt zu haben, und in der That stellten seine essäischen Grundsäße sie hiergegen so völlig sicher, daß selbst bei der späteren schweren Anklage, die seine Verurtheilung im Gefolge hatte und als dessen Triebfeder lediglich jene Verschworenen zu betrachten waren, keine Silbe des Verraths über seine Lippen kam. Sicherlich hat der großherzige Dulder, bevor er seinen essäischen Freunden von dem Vorgefallenen Mittheilung machte, sich das Gelöbniß der Verschwiegenheit geben lassen; denn erst sehr spät sind unter den nachgelassenen Schriften angesehener zeitgenössischer Essäer Berichte über das Ereigniß aufgefunden worden, denen auch dieje Mittheilungen entnommen sind.

14.

Jesus beginnt sein Lehramt.

Unser weiser Rabbi hatte bereits zu jener Zeit durch seine wunderbare Beredsamkeit, bilderreiche Kühnheit und Gedankenfülle sich eine große Anzahl Verehrer erworben, von denen ihnen einige, die sich seine Schüler und Jünger nannten, niemals verließen, wie solches bei den hervorragendsten Rabbis oder Häuptern einer Schule in jenen Tagen allgemein Sitte war. Er hielt es nach dem Vorgefallenen für rathsam, sich auf einige Zeit von Jerusalem zu entfernen; einestheils um seinen Feinden aus dem Wege zu gehen, anderntheils um sich einen empfänglicheren Acker für die Aussaat seiner Lehre aufzusuchen. Denn in Jerusalem war die Concurrenz der Schulen so groß, daß die Geister dadurch verwirrt wurden, da in denselben eine Spitfindigkeit und ein Haschen nach Sophismen herrschte, die einer einfachen, kernigen und

eindringlichen Sittenlehre, wie Jesus fie predigte, nicht zusagen konnten. Das Verlangen, seine Mutter einmal wieder zu sehen, ließ ihn zuvörderst seine Heimath aufsuchen, und eine Anzahl seiner Schüler begleitete ihn dahin, wie auch auf den mancherlei Excursionen, die er von Nazareth aus in die Umgegend unternahm, um gelegentlich in den Synagogen der kleineren Orte oder im Freien von irgend einer Anhöhe herab dem Volke zu predigen, so wie auch, um dem volksfreundlichen Zuge seines Herzens zu folgen, körperlich Leidenden mit seiner Heilkenntniß beizustehen, wodurch er oft in sehr kurzer Zeit Heilungen erzielte, die unter den damaligen Verhältnissen das größte Aufsehen erregten und durch das Gerücht, wie es ja noch heute vorkommt, als wunderbar angepriesen und vergrößert wurden.

Zu den Functionen eines Rabbi gehörte vor Allem auch das Einsegnen der Ehen. Diese heilige Handlung, wie auch die Befreundung eines Brautpaars mit seiner Mutter veranlaßten beide, einer Hochzeit im Städtchen Cana beizuwohnen, die durch eine einfache Begebenheit und die Wundersucht eines seiner evangelischen Biographen, Johannes, eine gewisse Berühmtheit erlangt hat. Jesus hatte nämlich seine Jünger dahin mitgenommen, und indem sich die Gesellschaft durch so viele unangemeldete Gäste über Erwarten vermehrte, gebrach es an Wein. Dem ungewöhnlichen Scharfblick unsers Freundes entging der= gleichen Verlegenheit, mochte sie groß oder klein sein, so leicht nicht, und da er zu der vorliegenden im Grunde genommen die Veranlassung gegeben, so trieb ihn sein Zartgefühl, heimlich einen seiner Jünger zu einem Bekannten in der Nähe zu schicken und durch Herbeischaffung weiteren Vorraths dem Mangel im Stillen abzuhelfen. Niemand von den Gästen hatte es bemerkt, und um so größeres Erstaunen erregte die plötzliche Vermehrung des Weinvorraths, der sich sogar noch durch eine viel bessere Sorte, als es die zuerst getrunkene gewesen, auszeichnete. Irgend ein aufgeräumter Gast fand die Sache so auffallend, daß er (nach damals beliebter Mode) sogleich ein Wunder in dem Ereigniß erkannte, und da der bescheidene Spender sich auch jezt noch nicht zu seiner Aushilfe bekennen mochte, vielmehr aus Anstandsgefühl im Schweigen verharrte, so war die übernatürliche That zugestanden und der große Reigen der Wunderthaten hiermit eröffnet.

Gleich nach der Beendigung dieses Familienfestes nahm die Nazarenische Gesellschaft Abschied von den Neuverehelichten und begab sich nach dem kleinen, sehr anmuthig am galiläischen Meere belegenen und meist von Fischern bewohnten Flecken Capernaum. Die dort herrschende

geräuschlose Einsamkeit, in der Umgebung einfacher harmloser Menschen, sagte dem Gemüthsleben des jungen Weisen ausnehmend zu, und er richtete sich hier mit Hilfe seiner Mutter eine gemüthliche Häuslichkeit bei bekannten und befreundeten Leuten ein, worauf er seine Mutter auf deren Wunsch wieder nach der Heimath geleitete.

Obwohl keine der mir zu Gebote stehenden geschichtlichen Quellen den Zeitpunkt angiebt, wo Jesus zu dem Wüstenprediger Johannes in Beziehung trat, so dürfte es doch, aller Wahrscheinlichkeit nach, der eben besprochene Zeitpunkt gewesen sein, als jene höchst pikante Episode aus dem Leben unseres Weisen in Scene ging.

Johannes, mit dem Zunamen „der Täufer,“ war der Sohn des Zacharias und der Elisabeth, mit welcher Maria, die Mutter Jesu, schon in jener Zeit Umgang pflog, als sie von jenem abendlichen Ereigniß überrascht wurde, dem Jesus wahrscheinlich sein Dasein verdankte und das mit Recht ein verhängnißvolles Abenteuer genannt zu werden verdient. Elisabeth ging zur selben Zeit mit Johannes, als Maria mit dem Jesus ging. Wenn aber einer der Evangelisten in übertriebenem Messias-Eifer die wundersüchtige Anekdote auftischt, daß bei einer Zusammenkunft der beiden in interessanten Umständen befindlichen Frauen der ungeborene Johannes dem gleichsituirten Jesus schon jest eine hüpfende Reverenz bezüglich des höheren Berufs gemacht hätte, so ist diese Fabelei viel zu übertrieben, als daß davon weitere Notiz zu nehmen wäre.

Nach 28 bis 30 Jahren taucht solche indeß noch einmal, freilich aber in anderer Weise auf. Um diese Zeit, etwa im fünften Jahre der Regierung des Tiberias, verbreitete sich in Palästina das Gerücht von einem unter den Juden seit jeher vielfach vorkommenden Asceten, eines sogenannten Ueberfrommen, insofern es auf Kasteiung aus religiöser Schwärmerei ankommt. Das war aber eben jener Johannes, der Sohn des Zacharias und wahrscheinlich schon ein Jugendbekannter des Jesus, da die Mütter ja befreundet waren. Er war in Hebron, einer Stadt einige Wegstunden von der Grenze der arabischen Wüste, zu Hause und schon von Geburt an durch ein Gelübde der Eltern einem Stande geweiht, den man Nazir benannte und der in mancher Beziehung einigen christ-katholischen strengen Ordensgeistlichen unserer Tage glich, da das Mitglied eines solchen Standes gewisse Enthaltsamkeiten zu beobachten hatte, wie das u. A. auch Lucas Cap. 1 V. 15 beziehentlich Johannes andeutet. Ohne Zweifel war der unglückliche Knabe von seinen Eltern systematisch zu solchen naturwidrigen Dingen erzogen, denn er zog sich als blühender Jüngling schon in die nahe liegende Wüste

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