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wissermaßen die Gottheit nach gemeiner Menschen Weise durch Gaben zu bestechen suchte, an sich ein Gräuel und bildete dessen Ausrottung einen Hauptgegenstand seiner reformatorischen Thätigkeit, so mußte die abstoßende Form, unter welcher diese falsche Gottesverehrung hier auftrat, seinen Unwillen steigern. Hingerissen von einer unwiderstehlichen Aufregung, ergriff er plößlich die eben zur Hand liegende Peitsche eines Viehtreibers und - die möglichen Folgen eines so tollkühnen Beginnens nicht ermessend schlug er in heiligem Eifer mehrere Knoten in die Peitsche und trat mit imponirendem Ingrimm unter den dichtesten Haufen der Marktleute. Mit donnernder Stimme gab er seiner Entrüstung über die gesezwidrige Entweihung des Tempels Ausdruck und warf den Händlern vor, daß sie das Gotteshaus zu einer Räuberhöhle gemacht. Die Menge des Volks aber, die, wie immer bei lauten öffentlichen Scenen, sich sofort versammelte, der längst verdienten Rüge des geschilderten Mißbrauchs sich innig freute und Jesus Beifall zujubelte, imponirte den schuldbewußten Priestern und deren Schüßlingen, den Krämern und Wechslern dermaßen, daß sie sich, um nicht von der Menge thätlich angegriffen zu werden, eiligst aus dem Staube machten. Das Vieh lief dabei hin und wieder und stieß die Tische der Wechsler um; die Münzen kamen dadurch vielfach unter die Füße, und des Geschreies und Wehklagens war kein Ende. Der Anstifter dieser Gräuelscene mochte wohl die Folgen zuvor nicht ermessen haben und schien ziemlich bestürzt über das Ereigniß; deshalb trat er mit viel größerer Ruhe und Milde zu den Taubenhändlern heran, die von Weitem dem Aufruhr zusahen und mit Zagen ihr Schicksal erwarteten. Er redete ihnen sanft zu, sich mit ihren Käfigen eiligst zu entfernen und sich dort aufzustellen, wo sie keinen Anstoß gäben; der Tempel aber, bemerkte er ihnen, sei nicht zum Kaufhause erbaut. Die Leute entfernten sich schnell, und damit endete jene seltsame Scene, die ohne einen bedeutenden Anhang im Volke durchzuführen nicht möglich gewesen wäre.

Während ein so außerodentlicher Erfolg auf die an dergleichen aufregende Scenen nicht gewöhnten Schüler des weisen Rabbi gewaltigen Eindruck machte und sein Ansehen bei ihnen mächtig erhöhte, verfehlte es nicht, bei den gedemüthigten Priestern wie bei den von dem Ereigniß eilends unterrrichteten Beisißern des großen Raths seine ohnehin zahlreichen Feinde zu vermehren, einen ungemessenen Zorn gegen ihn anzuschüren und dieselben auf bittere Rache gegen ihn sinnen zu lassen.

16.

Jesus im Familienkreise seiner Freunde in Bethanien; seine Ansichten über die Ehe und sein Verhältniß zu den Frauen.

Ehe wir in unserer Geschichte fortschreiten, verweilen wir einen Augenblick bei denjenigen Personen, die Jesus seiner vertrautessten Freundschaft würdigte. Schon die klimatische Lage des Landes und die idyllischen Sitten des Volkes, aus welchem sie stammten, lehren uns, wie sehr Jesus schmucklose Einfachheit liebte und eine natürliche Sitteneinfalt so wie anspruchlose, prunkloje Verehrung des Weltgeistes die Grundlage seines Charakters und die Richtung seines Strebens bezeichneten.

In dem irdischen Paradiese, an den lachenden Ufern des fischreichen Landsees Tiberias, dessen Bevölkerung von der modernen Ueberbildung erst wenig berührt war, unter einfachen und unverdorbenen Menschen, hatte unser weiser Rabbi schon früh seine Freunde und Freundinnen gesucht und gefunden, und immer wieder zog es ihn dorthin, wo er empfängliche Seelen für seine reformatorischen Ideen, für das in seiner Hoffnung und Erwartung lebende Jdeal

das er als das „Reich Gottes“ bezeichnete - Verständniß und Zustimmung fand. Es waren meist einfach, fromm und sittlich lebende Fischerfamilien, mit denen er verkehrte und von denen er die intelligentesten und begabtesten auszuwählen und mit Banden begeisterter Freundschaft für seine Person und Hingebung an seine Zwecke zu gewinnen wußte.

Unsere nordisch-germanischen Nationen hatten niemals Beispiele solcher interesselosen persönlichen Hingebung aufzuweisen, und unser kalt berechnender Egoismus wie unsere ganzen Lebensverhältnisse überhaupt machen uns für solche unbedingte Hingebung in größerer Zahl an eine begabte Persönlichkeit unfähig. Daher ist auch das messianische Jüngerthum, wie es die Geschichte Jeju zeigt, für uns ein psychologisches Räthjel, obwohl es in Wirklichkeit in jenen altgeschichtlichen Zeiten gar nicht vereinzelt vorkam, wofür Sokrates und Plato Beispiele liefern.

Jesus hatte sich schon früh von seiner eigentlichen Familie zurückgezogen, wahrscheinlich weil er dort weder ein tieferes Verständniß seiner Lehre, noch eine liebevolle Hingebung an seine Person fand, und nahm in seiner bekannten Freimüthigkeit keinen Anstand, diese seine Gefühle gelegentlich frei und offen zu bekennen und sich von seiner Familie loszusagen; ja selbst seine von der späteren christlichen Vergötterung so hochgefeierte Mutter tritt schon von der Zeit der

Jünglingsjahre Jesu an auffällig in den Hintergrund, während andere neue Gestalten in seinem Leben auftauchen.

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In der Zeit seines Wirkens, bei welcher wir jezt verweilen, war ihm jene mehrgenannte Fischerstadt am Ufer des Tiberias Sees, Capernaum, seine zweite Heimath geworden, indem ihn dort die Einfachheit und Liebenswürdigkeit der Menschen anheimelten, unter denen er nicht nur treue Freunde und Gesinnungsgenossen, sondern auch einige jugendliche Freundinnen fand, deren Anhänglichkeit im buchstäblichen Sinne bis in den Tod ausdauerte und sich bis über das Grab hinaus bewährte. Wir werden später Gelegenheit finden, uns näher mit ihnen zu beschäftigen.

Eine Familie war es vorzugsweise, mit welcher sich Jesus innig befreundete, und diese Freundschaft gestaltete sich zu so welterschütternden Folgen, daß man wohl behaupten darf, es sei Aehnliches niemals in der menschlichen Gesellschaft vorgekommen, denn die Ausläufer dieses Bündnisses unter damals so wenig bedeutsamen Männern erstrecken sich bis in den Vatican von Rom und scheinen allen Stürmen der Zeit troßen zu wollen.

Es lebten nämlich in jenen unvergeßlichen Tagen in Capernaum zwei aus Bethsais gebürtige Brüder, ihres Gewerbes nach Fischer, mit Namen Simon und Andreas, Söhne eines längst verstorbenen Jonas. Ersterer, der bevorzugte von beiden, war verehelicht, und seine Familie, in welcher auch die Schwiegermutter lebte, mit Kindern gesegnet. Andreas war ein Jünger Johannes des Täufers gewesen, und wahrscheinlich rührte die Bekanntschaft Jesu mit der Brüderfamilie überhaupt von den Ufern des Jordan her. Simon wurde von dem berühmten Hausfreunde sichtbar bevorzugt, namentlich war es sein fester männlicher Charakter, der dem großen Menschenkenner in so seltenem Maße imponirte, daß er diesem vielverheißenden Freunde einen entsprechenden Beinamen gab, den die romanisirenden Nachtreter in Petrus (Stein oder Fels) überseßten und auf den er wie die unzuverlässigen Evangelisten hinzufügen - seine Kirche bauen wollte. Man darf an diesem Zusatz mit um so größerem Rechte zweifeln, als in jenen Tagen der Begriff dessen, was man jezt im höheren Staatssinne Kirche, und zwar christliche Kirche nennt, gänzlich fehlte; am wenigsten konnte der einfache, damals noch unbedeutende jüdische Rabbi schon von einer durch ihn zu begründenden Kirche in dem Sinne sprechen, wie unsere christlichen Pfaffen ihn dem Worte untergelegt haben.

Eine andere, Jesus fast nicht minder befreundete Fischerfamilie war die des Zebedäus, dessen beide Söhne, Jacob und Johannes,

fich ebenfalls zu den Lehren des weisen Rabbi bekannten. Hier war es der fanftere und mildere Johannes, der sich von dem gemeinschaftlichen Freunde und Lehrer bevorzugt sah, so daß er alle Zeit der nächste an seinem Herzen war, und der später, bis in das höchste Greisenalter, mit dem ihn der Himmel begnadete, als Sendbote so Vieles und Großes für die Ausbreitung des Christenthums auf den griechischen Inseln gethan.

Kehren wir nach Capernaum zurück, so finden wir dort außer den genannten Freunden und Jüngern auch mehrere ihm mit besonderer Liebe und Verehrung anhängende Frauen. Vielleicht war es gerade die bei diesen einfachen Naturmenschen weniger streng beobachtete orientalische Trennung der Geschlechter, die auf Jesus den Eindruck der Gemüthlichkeit und Neuheit übte und die ihm gerade in diesen Familienkreisen so sehr gefiel, welcher auch wahrscheinlich unsere christlich erzogenen und gebildeten Frauen das hohe Glück verdanken, in unsern socialen Lebenskreisen so hoch geehrt und bevorzugt dazustehen, daß sie wenn auch nicht auf dem bürgerlichen Rechtsboden doch vor dem Forum der Moral und guten Sitten dem Manne gegenüber den ersten Rang einnehmen, so daß sie selbst zum Losungswort echter und wahrhafter Civilisation geworden sind. Kurz gefaßt, darf man behaupten, daß das, was wir mit dem Namen Courtoisie (Ritterlichkeit) bezeichnen, ein hervorragender und eigenthümlicher Zug des Charakters christlicher Völker ist, der seinen Urtypus in dem Charakter Jesu findet und dem nur noch die Kinderliebe ebenbürtig zur Seite steht. Diese sprach sich noch klarer in den Lehren und Sentenzen des liebenswürdigen Weisen aus, als es die Achtung und Werthschäßung der Frauen that, die sich, ihrer Natur nach, mehr in den Schleier der Decenz hüllte. Diesem letteren Umstande ist es auch zuzuschreiben, daß wir die zarten Verhältnisse zwischen ihm und einigen von ihm bevorzugten Frauen und Mädchen mehr aus geschichtlichen Momenten der Anhänglichkeit, als aus bestimmten Ereignissen und Aussprüchen zu bemessen haben. Nichts desto weniger sind uns die Namen mehrerer ihm innig befreundeter Frauen aus Capernaum aufbewahrt und ihre Charakter-Eigenthümlichkeiten geschildert worden.

Eine der älteren Frauen war die Mutter des Johannes und seines Bruders Jakob, mit Namen Salome; dieselbe, die wir später an seinem Grabe wiederfinden, mit der Absicht, dem Leichnam des gemordeten Freundes die lezte Ehre nach jüdischem Ritus durch Salbung mit wohlriechenden Specereien zu erweisen. Mehrere seiner eifrigsten Verehrerinnen, von denen er einige durch seine ärztliche Wissenschaft von schweren

Clemens, Jesus I.

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Krankheiten geheilt, begleiteten ihn überall auf seinen vielfachen Reisen und sorgten für seine körperlichen Bedürfnisse, die er vielfach über die Gebühr hintangesezt zu haben scheint. Unter ihnen glänzt vor Allen Maria Magdalena, die ihm schon aus Dankbarkeit ihr ganzes Dasein widmete, da er sie von einer jener schweren Nervenkrankheiten geheilt hatte, welche man nach den damaligen unwissenschaftlichen Begriffen der Einwirkung böser Geister beimaß. Sie war eine jener unverwüstlichen Frauennaturen, deren ganzes Sein und Wesen in Liebe und Anhänglichkeit, in Selbstverleugnung und Opferfähigkeit aufgehen und deren Hingebung nur mit dem eignen Leben endet. So finden wir sie auch unter dem Kreuze und am Grabe ihres erhabenen Freundes wieder, denn selbst die Schrecken des Todes verscheuchen solche treue Seelen nicht aus dem Kreise freiwillig übernommener Verpflichtungen. Auch die Frau eines gewissen Chazu, Hofmeister des Antipater, Johanna mit Namen, eine nicht näher bezeichnete Susanna, auch eine Maria Kleophas und noch manche andere unbekannt gebliebene Frau gehörten zu dem hingebenden Freundschaftszirkel, der für einen Gefühlsmenschen, wie Jesus, erst durch die Theilnahme edler Frauen die höhere Weihe erlangt, während ohne sie das Leben schal und hinfällig erscheint. Dieser merkwürdige Charakterzug in dem Leben unsers großen Weisen die milde Hinneigung zu dem zarteren Geschlecht, äußerte sich sogar mehrmals bei höchst kritischen Veranlassungen, wo es sich geradezu um die Verlegung der weiblichen Sittenreinheit handelte.

Es ist nämlich aus nicht-evangelischen Quellen bekannt, daß Jesus, wie wir bereits erwähnten, eine Zeit lang Mitglied des geistlichen Gerichts, des Sandhedrin war, welches über die Befolgung der jüdischen Geseße und die Sittenreinheit des Volks zu wachen und über bezügliche Straffälle zu entscheiden hatte. Einem solchen Angeklagten wurde nun allemal vom Vorsizenden aus dem Kreise der Mitglieder ein Vertheidiger zugewiesen, und so begab es sich eines Tages, daß eine offenkundige Ehebrecherin vor die Versammlung gebracht wurde, auf deren Vergehen nach dem jüdischen Geseße die Todesstrafe, und zwar die Steinigung, stand. Moses hat nämlich für den Fall eines Ehebruchs ein eigenthümlich barbarisches Gesez erlassen, das ganz den Geist des herzlosen Zelotismus dieses wunderlichen Gesetzgebers athmet. Es kommt in dem Gefeße eine Art Gottesgericht vor, ein „bitteres Wasser" genannter Trank, dessen Zubereitung das Geheimniß der Priester war und das wahrscheinlich in einer Art betäubenden Giftes bestand. Auch im vorliegenden Falle, wo das Weib ihr Vergehen hartnäckig leugnete, wollten Einige, daß diese gefährliche Probe an ihr geübt werden sollte,

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