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freien geläuterten Willen getragen, eine so beispiellos erhabene Idee mit der edelsten Selbstverleugnung, ja selbst mit Aufopferung seines Lebens zu verwirklichen den Muth hatte, der konnte mindestens kein gewöhnlicher Mensch sein. Die geniale Kraft seiner Reden, seiner Lehren und Sentenzen bewahren ihn zugleich vor der Verdächtigung, daß er jener Classe thörichter Schwärmer beizuzählen, welche ihr Leben für eine phantastische Alfanzerei in die Schanze schlugen, wie die Geschichte solcher Beispiele in Menge aufzuweisen hat.

Schon der Welt umgestaltende Erfolg der christlichen Lehre beweist, daß in derselben troß aller pfäffischen Mißhandlung ein urwüchsiger Kern verborgen liegt, und jedenfalls hat der sichtbare Träger jener tiefverschleierten Idee, die dem christlichen Lehrbegriffe Leben und Dauer einhauchte, den größten Anspruch auf Interesse in allen Schichten der menschlichen Gesellschaft, welchem Religionsbekenntnisse sie auch angehören mögen. Interessirt uns doch schon allgemein die Profan-Geschichte eines Mohamed, Sokrates, Luther, Confucius, Moses und wie die Religionsstifter heißen mögen, obgleich alle, alle nur als planetarische Erscheinungen gelten neben der strahlenden Sonne, deren Glanz die ganze große Erde, so weit die Elite der Geister hinausreicht, beleuchtet und troß allen Widerspruchs und Abbruchs an Aeußerlichkeiten wie ein Diamant unter der Hand des Schleifers immer glänzender und werthvoller hervorgeht. Wahrlich, ein solcher Mensch, der überdies kaum die Grenze des Mannesalters erreicht hatte, als er schon wieder vom Schauplate der Geschichte abtrat, ohne einmal seine volle Mission beendet zu haben, ein solcher Mensch oder keiner verdient vorzugsweise gekannt zu sein, gekannt mindestens von Jedem, der seinen Namen als Bekenner trägt, d. h. näher als ihn uns die überschwängliche Vergötterungssucht seiner zeitgenössischen oder nachgeborenen Freunde mit tendenziöser Absichtlichkeit hinstellte, um in ihm jene prophetische Messias-Idee zu verkörpern, die sich als rother Faden durch die Geschichte des geknechteten jüdischen Volkes hinzieht.

Zunächst wollen wir die irdische Erscheinung dieses Volkslehrers betrachten, das Kind, den Jüngling und den Mann in seinen Werken belauschen und die Umstände und Verhältnisse beleuchten, die, wie in diesem, so in keinem Leben eines großen Mannes jemals fehlen werden, um ihn zu derjenigen Stufe emporzuheben, wo er, hoch über seine Zeitgenossen emporragend, die bewundernden Blicke der Menschheit auf sich zieht und mit dem Strahlenkranze unsterblichen Ruhmes gekrönt, seinen Plaß in der Geschichte einnehmen und behaupten wird, so lange noch denkende Wesen über die Erde schreiten.

Elemens, Jesus I.

2

Befchichte des Jefus von Nazareth,

genannt Jesus Chriftus.

1.

Charakter und Tendenzen der jüdischen Priesterkasten.

Die Geburt Jesu fällt der Zeit nach in eine politisch so stürmische und aufgeregte Periode des jüdischen Staates, daß wir, um sein Leben und seinen Charakter, seine Gesinnungen und vor Allem sein Wollen, seine Zwecke recht zu verstehen, einen Ueberblick jener politischen Wirr sale, deren Opfer er wurde, voranschicken müssen. Zugleich aber auch war das Treiben der verschiedenen jüdischen Priesterkasten, vor allen der Pharisäer und Saducäer im schlimmen, wie der Essäer im guten Sinne von so entschiedenem Einfluß auf Jesu Lehren und tragisches Geschick, daß wir auch von ihnen, so viel zum Verständniß nothwendig, Notiz nehmen müssen, indem Politik und Priesterthum, diese beiden ewigen und unvergänglichen Gährungsstoffe in dem Leben der Völker, ihren wesentlichen Einfluß auch auf das tragische Geschick Jesu übten.

Betrachten wir zunächst die Pharifäer (Peruschim), so stand die Mehrzahl des blindgläubigen, ungebildeten Volkes auf ihrer Seite, denn sie waren es, welche ihm die alten strengen Saßungen des Judenthums als göttliche Befehle und deshalb zu unverbrüchlichem Gehorsam verbunden, unablässig darstellten. Das Mittel hierzu bildete die heilige Schrift, der Buchstabe, in dessen göttlichen Ursprung Niemand Zweifel zu sehen wagen durfte und dessen einzelne Belegstellen ihnen. ebenso geläufig waren, als sie es noch heute unsern Kanzel - Matadoren sind, die alles Widersinnige durch einen sogenannten heiligen Ausspruch belegen und bekräftigen. Die Beweisführung auf diesem Wege, denkfaulen Zuhörern gegenüber, ist allerdings bequem, und da die Pharisäer ihre Lehren noch obenein mit einer gewissen Spißfindigkeit und zugleich mit blühender Redekunst, ähnlich den heutigen Jesuiten, vor zutragen verstanden, so folgte man ihnen höchst bereitwillig noch über

das alte mosaische Gesez hinaus, und ihre Anordnungen haben bis zu diesen Tagen ihre Geltung in dem Cultus des orthodoren Judenthums bewahrt. Der einzelnen Sagungen und Befehle, welche die Pharisäer nach und nach in das jüdische Ceremonialgeset einführten, ist dadurch Legion und sie alle zu befolgen geradezu ein Ding der Unmöglichkeit geworden. Auch die Grundtendenz dieser Priesterkaste ist mit der der Jesuiten unserer Zeit, die in jenen wahrscheinlich ihre Vorbilder suchten und fanden, ungefähr gleichbedeutend, nämlich: den freien Menschengeist durch Glaubensverdummung zu knechten, den Sinn für alles Weltliche, für Glanz und Ehre, für Ruhm und Genuß, kurz für alles Göttlich Erhabene außer der Religionssphäre zu ertödten und die Aufrechthaltung des inhaltlosen Ceremoniendienstes über die praktische Moral zu stellen und diesen um jeden Preis aufrecht zu erhalten.

Es lag, eben wie in dem heutigen Jesuitismus, so auch in dem damaligen Pharisäerthum zugleich die Absicht, seine Macht und seinen Einfluß auf das Volk, je nach den augenblicklichen Interessen zu politischen Demonstrationen zu mißbrauchen, zumal sie jederzeit dem Princip Geltung zu verschaffen suchten, daß keine weltliche Macht über der geistlichen, ja nicht einmal gleichberechtigt neben ihr stehen dürfe. Die Verehrung eines Königs hießen sie Gößendienst, und durch ihre frömmelnden Ueberschwänglichkeiten hatten sie den großen Haufen verðummten Pöbels so in ihrer Gewalt, daß sie zu jeder Stunde durch den leisesten Wink die Flamme des Aufruhrs entzünden und wieder dämpfen konnten. Mit blindem Fanatismus stürzte sich der verblendete Haufe in die größte Todesgefahr, wenn jener Abschaum einer verworfenen Priesterkaste es so befahl: eine Gesellschaft von Menschen, die für Wahrheit und Recht, für Gründe und Beweise, für Humanität und hochherzigkeit auch nicht im Entferntesten Empfänglichkeit hatte oder ihnen Geltung zugestand. Das starre Dogma ihres Glaubens, der todte Buchstabe phantastischer Geseße bildete allein die Richtschnur ihres Handelns; sie selbst zogen den Tod einer Unterwerfung unter fremden Willen vor, und wahrlich, wenn für den Untergang des jüdischen Staates je eine greifbare nächste Ursache gefunden werden soll, so hat man sie lediglich in dem vernunft- und menschenfeindlichen Gebahren der Pharisäer zu suchen, die Jesus selber mit dem bezeichnenden Namen,,Otterngezüchte" belegte.

Was außerhalb des Kreises des Pharisäerthums stand, zählte, mit Ausnahme der Samariter, schon mehr zu den gebildeten Freidenkern, namentlich die auch in den Evangelien vielgenannten Saducäer (Zadukim). Diese religiöse Secte gehörte nicht ausschließlich dem

Priesterstande an, bildete auch keine abgeschlossene Gemeinde, unterhielt aber öffentliche Schulen, in denen der Inhalt ihrer von dem orthodoxen pharisäischen Judenthum stark abweichenden Religionslehre vorgetragen wurde. Sie verwarfen z. B. alle über das mosaische Gesez hinausgehenden religiösen Sagungen und Glaubenssäte, so 3. B. den Glauben an die Unsterblichkeit der Seele und an eine künftige Vergeltung. Sie leugneten das Dasein der Engel und erkannten die Offenbarungen der Schrift, sowie die Nothwendigkeit, nach den Geboten derselben zu leben, nur aus Gründen der irdischen Glückseligkeit an. Sie billigten, im Lichte der Vernunft, die Freiheit des menschlichen Willens und betrachteten daher alle Begegnisse des Lebens nur als Folge der eigenen Handlungsweise. Daher ging ihr Streben nur auf irdisches Glück und Wohlleben und zog ihnen vielfach die Bezeichnung Epicuräer (bekanntlich von dem griechischen Weltweisen Epicur abgeleitet) zu.

Ihre Anzahl war nicht bedeutend, aber Reichthum und hohe Würden und Aemter, welche vielfach in ihrem Besiße, nebst achtungswerther Bildung, Verstand und Einsicht, verschafften ihnen Muth und Einfluß. Leider beuteten sie diese Vorzüge nicht immer zu edlen Zwecken aus. Herrschsucht, Eigennut, vor Allem aber Stolz und Ueberhebung charakterisirten alle ihre Handlungen, wobei sich die Ueberlegenheit ihrer Bildung namentlich durch einen gewissen sarkastisch-beißenden Spott und spitsindige Satyre kundgab, was alle Welt beleidigte, ohne sie zu bessern; dabei vergaßen sie, daß ihre sybaritische Lebensweise, ihre Ueppigkeit und Verschwendung nur allzu viel Anlaß zu Angriffen Andersdenkender und Andersglaubender gaben. Freilich fehlte es auch nicht an einigen tiefgelehrten und von reinen Sitten geadelten Männern unter ihnen, aber ihre übertriebenen Anforderungen an die Moral und ihre Härte gegen Fehlende entfremdete sie der Menge, und somit war diese Secte unvermögend, auf die Veredelung des jüdischen Volkes einzuwirken, deren es doch so sehr bedurfte und deren Erstrebung das alleinige Motiv des fittenreinen Jesus bildete, da er mit seiner Lehre auftrat und sie mit seinem Tode besiegelte.

Im Vorbeigehen haben wir noch die in den Evangelien ebenfalls vielfach erwähnten Samaritaner zu besprechen. Diese bildeten fast einen besonderen Zweig des Judenvolkes. Ursprünglich Heiden, wurden sie erst zu den Zeiten Alexanders von Macedonien zur geoffenbarten Religion des Moses, nicht aber zum eigentlichen Judenthum nach damaliger Bedeutung bekehrt, das erst aus einer Corruption jenes hervorgegangen war. Sie adoptirten die sogenannten heiligen Bücher, veran=

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laßten eine Uebertragung derselben in ihre eigene Sprache und ihre eigenen Schriftzüge, und das darin ausgesprochene Gejez wurde als Richtschnur ibres moralischen und rituellen Verhaltens anerkannt; alle darin nicht enthaltenen, erst später eingeführten Saßungen aber wurden von ihnen verworfen. Jbre Abschriften der heiligen Bücher enthalten übrigens mehrere Abweichungen von den in unserm sogenannten Alten Testamente befindlichen, die aber wie leicht zu erkennen — durch eine spätere profane Hand hineingebracht worden sind. Dahin gehört u. A. auch der Befehl, einen Tempel auf dem Berge Gerisin zu begründen, dem fie mit Eifer Folge leisteten. Ihre Zwistigkeiteu mit den eigentlichen Juden waren vielfältig und erbittert, und es gab Zeiten, wo ein gänzliches Aufgeben der Gemeinschaft mit jenen ganz nabe dem Vollzuge stand. Sie bewohnten deshalb auch abgesonderte Landestheile und man konnte sie mehr eine politische Partei, als eine religiöse Gemeinschaft nennen. Von dem orthodoren Judenthum waren sie mehr als die Heiden selbst verachtet und gehaßt.

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Schließlich haben wir uns noch mit den in ein gewisses mystisches Dunkel gehüllten Essäern (Anze-im, d. i. Aerzte) bekannt zu machen, und zwar um so umfassender, als Jesus wenn auch nicht als wirkliches Mitglied, so doch als Novize in dem intimsten Verhältnisse zu denselben stand, wie denn auch die Quelle der oft auf die Spiße getriebenen Sitten- und Moral-Anforderungen der Christos-Lehre meist in den Lehren und Marimen der Essäer zu suchen sein dürften und auch seine ärztlichen Kenntnisse zu ihnen in greifbarer Beziehung standen.

Das eigentlichste, innerste Sein und Wesen der Essäer ist für unsere Anschauungsweise schwer verständlich. Wenn wir uns indeß die vorstehende Schilderung der Pharisäer ins Gedächtniß zurückrufen, so kommen wir dem Verständniß schon wesentlich näher, falls wir vorweg erklären, daß sie über die religiösen Anforderungen der Pharisäer (freilich in anderer Weise) noch um ein gutes Stück hinaus gingen und somit in die Region religiöser Schwärmerei gerathen waren, annähernd ähnlich einigen seltenen Exemplaren unserer christlichen Pietisten, auch vorzeitlichen Eremiten und dergleichen geistigen Ertravaganten, die die Natur verachten und deren Anforderungen mit Füßen treten. Die Essäer zeichneten sich in materieller Beziehung durch ärmliche Kleidung und frugale Ernährung aus; das weitere Eingehen auf ihre Lebensweise, ihr Streben, ihre Gewohnheiten, Gesinnungen und Geseze werden Jeden, der mit den Evangelien auch nur oberflächlich bekannt ist, an das dort geschilderte Leben, Wirken und die Lehren Jesu erinnern, von dem uns Manches, gegenüber dem uns bekannten Character

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