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vergnügt speiste und trank und seine wunderbar imponirende Persönlichkeit und seine geistreichen Reden frei walten ließ. Man muß sich diese Verhältnisse lebhaft vergegenwärtigen, um die philosophische Selbstverleugnung eines so außerordentlichen Characters ganz nach Verdienst würdigen zu können.

Es liegt außer Frage, daß Jesus gerade in diesem trobigen Auftreten gegen das Vorurtheil, wie wir es schon bei der Samariterin und später bei der Sünderin wahrnahmen, absichtlich Etwas suchte, welches Bekenntniß er ja auch mit den Worten ablegte:,,Die Starken bedürfen des Arztes nicht, sondern die Schwachen." Freilich aber war dieses Verachten althergebrachter Vorurtheile nicht geeignet, ihm in den höheren Schichten der Gesellschaft Freunde zu erwerben, in welcher Beziehung die Menschen aller Zeiten sich ewig gleich und noch heute wie vor 1000 Jahren sind. Der Philosoph kann Jesus um solche Geringschäzung des Vorurtheils in seiner Achtung nur noch höher stellen. Aber die Philosophie hatte leider zu allen Zeiten nur geringen Beifall bei den Menschen im Allgemeinen, namentlich in den höheren Kreisen, und so geschah es auch hier, daß die Reichen und sogenannten Frommen einen unauslöschlichen Haß auf Jesus warfen, der früher oder später zum Unheil für ihn ausschlagen mußte, wenn er nicht mit größerer Vorsicht zu Werke ging. Solche Vorsicht lag jedoch nicht in seinem Character.

Die niederen Stände freilich gewann er durch leutselige Herablassung auch gegen den Geringsten, namentlich gegen Arme und Unglückliche, gegen Geistesschwache und Kinder; seine Persönlichkeit, seine Art zu denken und zu reden übte einen unauslöschlich günstigen Eindruck auf die Umgebung, so daß sich das Volk massenweise zu ihm herandrängte, um nur sein Antlig zu sehen, seine Worte zu hören, besonders auch seinen ärztlichen Rath zu erbitten. Es kann also nicht Wunder nehmen, wenn man dem ihnen geistig so sehr Ueberlegenen göttliche Kräfte beimaß und ihn des Umganges mit höheren Geistern für von Gott gewürdigt hielt. Schon damals bildete sich ein Sagenkreis um sein Leben und Wirken. Man erzählte sich z. B., daß er in der Einsamkeit, die er sehr oft suchte, um seine großen Pläne zu überdenken, mit Moses und Elias verkehre und sich berathe, daß dienstbare Geister ihm Botschaft von Gott brächten, und was der müßigen Reden in jenen Kindertagen der Menschheit mehr waren, -die aber (wohl zu beachten!) von Jesus selbst niemals zugegeben, niemals bestätigt worden sind. Auch war er weit entfernt, sich göttliche Verehrung anzumaßen, wie sie seine blinden Nachtreter sogar

seinem Bilde zu erweisen verlangen; zum Zeugniß gedenke man nur der Worte, die er einst gegen den römischen Hauptmann Cornelius gesprochen, als derselbe sich, von seiner wundersamen Rede ergriffen, vor ihn niederwarf: „Stehe auf, ich bin ja auch nur ein Mensch!" Welches Zeugniß brauchen wir mehr? Wer ihm aber vollends die spätere göttliche Verehrung seiner Mutter vorhergesagt hätte, den würde er sicher für einen Phantasten gehalten haben.

Als unser weiser und tugendhafter Volkslehrer, getrieben von seinem inneren Beruf, sich endlich von seinen Freunden in Capernaum trennte, vermied er es absichtlich, seine Vaterstadt Nazareth zu besuchen, indem ihm die unlängst dort erlebte Mißachtung, selbst von seinen eigenen Brüdern und Jugendbekannten, noch in allzu gutem Andenken war. Er wendete sich vielmehr zunächst nach Kana, jenem Städtchen zwischen Tiberias und Nazareth, und kehrte bei jenem glücklichen jungen Ehepaare ein, auf dessen Hochzeit er einst so innig vergnügt gewesen; dort fand er seine Mutter, die sich, seit der Vater todt und die Kinder erwachsen waren, bei jenen ihr verwandten jungen Leuten aufhielt. Auch sie bemühte sich, wie mancher Andere, ihren gefeierten Sohn zu bereden, noch einmal nach Nazareth zurückzukehren, wo er - nachdem sein Ruf sich so allgemein verbreitet hatte gewiß mit anderen Augen angesehen werden würde, als es früher geschehen. Er war dort aber zu tief gekränkt worden, als daß er sich jemals zu einem zweiten Besuche hätte entschließen können, und der Grundgedanke seiner Weigerung sprach sich abermals in der bekannten, allem Volk geläufig gewordenen Formel aus: „Ein Prophet gilt nichts in seinem Vaterlande!"

Ehe er indeß von seinen Kananitischen Freunden sich verabschiedete, hatte Jesus noch Gelegenheit, einen glänzenden Beweis seiner ungewöhnlichen ärztlichen Fähigkeiten abzulegen, die seine überschwäng lichen Verehrer später als außerordentliche Wunderthat auszubeuten nicht versäumten.

Ein hoher Offizier von des Herodes Truppen, welche in der Umgegend lagerten, war nämlich von dem Unglück heimgesucht, daß sein einziger geliebter Sohn an einem Fieber schwer krank darnieder lag, so daß man jeden Augenblick seiner Auflösung entgegensah. Kaum hatte der tiefbetrübte Vater von der Anwesenheit des berühmten Rabbi in Kana gehört, als er sich eilends von Capernaum aufmachte, mit flehender Geberde vor Jesus hintrat und Hilfe und Rettung für seinen erkrankten Sohn erbat. Jesus ließ sich sogleich die näheren Umstände der Krankheit genau beschreiben, und da er aus ihnen er

sah, daß die ihm wohlbekannte Naturheilkraft bereits die Krisis überwunden hatte, so hieß er den Flehenden getrost nach Hause gehen, indem sein Sohn nicht sterben, sondern genesen würde. Darauf gab er ihm noch einige Verhaltungsmaßregeln und entließ ihn. Als der Offizier aber in die Nähe von Capernaum kam, begegneten ihm schon einige seiner Diener, die ihm die frohe Botschaft von der Genesung seines Sohnes brachten, und das Gerücht bezeichnete natürlich Jesus als die Veranlassung dieser Heilung, was ihm wiederum eine große Anzahl neuer Bekenner zuführte.

Jesus war hierüber mehr betrübt als erfreut, und mehr als einmal klagte er: „Wenn Ihr nicht Zeichen und Wunder seht, so glaubt Ihr nicht!" Und doch wollte er seiner Lehre und nicht jeiner Zeichen halber geehrt und geschäßt sein. An seine Darstellung der göttlichen Dinge, der Sittenreinheit, Menschenliebe, Selbstverleugnung und aller jener Tugenden reiner Humanität sollte man glauben und danach handeln, nicht an seine Person.

Der weise Rabbi sezte nun seine Reise, gefolgt von einer großen Menge Menschen, an der Küste, des Galiläischen Meeres fort, und es konnte bei seinem bewegten Leben an den mannigfachsten, mitunter sehr interessanten Ecenen nicht fehlen. Gleich am folgenden Morgen fand sich z. B. ein sehr wohlhabender und zugleich gelehrter Mann bei ihm ein, der den Vorträgen, die Jesus täglich öffentlich hielt, mit großer Aufmerksamkeit gefolgt und voll glühender Bewunderung für den erhabenen Redner zu dem Beschluß gekommen war, sich dem Kreise seiner vertrauten Jünger beizugesellen. Er trat deshalb vor ihn hin, sprach seine Gesinnungen und Gefühle der Bewunderung unverholen aus und bat dringend, ihn in den Kreis seiner Schüler aufzunehmen.

Der weise Rabbi warf nach seiner Gewohnheit einen langen, schweigenden, aber tief durchdringenden Blick auf den Fremden und war sofort mit sich im Reinen, daß nur eine schnell auflodernde Begeisterung sowie die Aussicht auf einst ermöglichte irdische Vortheile den Entschluß des Mannes erweckt, gereift und gezeitigt hatten. Mit seiner gewöhnlichen Milde, erhöht durch sein wundersam melodisches Organ, beantwortete er das Begehren des Jünglings folgen= dermaßen: „Ein jeder Redliche ist mir als Schüler willkommen, bedenke aber, daß Du in meiner Gesellschaft kein üppiges und behagliches Leben führen kannst; die Füchse des Waldes haben ihre Gruben und Höhlen, die Vögel unter dem Himmel haben ihre Nester in den schattigen Zweigen der Bäume; wer sich aber, wie ich, dem

Heile der Menschheit widmet, hat nicht so viel Eigenes, daß er darauf sein Haupt niederlegen möge zum Schlummer. Dazu auch warten Gefahren meiner und Aller, die mir anhängen, denn der Feinde ist eine Legion, die auf mein Verderben sinnen Tag und Nacht. Hast Du dies bedacht und bist Du wirklich geneigt, mir zu folgen, so mußt Du zuvor allem irdischen Vortheil entsagen und nur nach himmlischen Gütern trachten; kannst Du Dich dazu entschließen, so folge mir."

Das Antlig des Mannes verdüsterte sich merklich; schweigend wendete er sich ab und verlor sich in der Menge. Jesus sah ihm eine Weile in Gedanken verloren nach; dann wendete er sich seinen Schülern zu und benußte die Gelegenheit, sie daran zu erinnern, wie schwer es den an Wohlleben gewöhnten Reichen werde, der geistigen Veredelung ein Opfer zu bringen, für Recht und Wahrheit zu dulden und zu entbehren. Ja er soll sich der bildlichen Redeweise bedient haben, es sei eher möglich, daß ein Kameel durch ein Nadelöhr gehe, als daß ein Reicher in das Reich Gottes komme.

Nachdem wir uns über die angeblichen Wunder und Mysterien, mit denen die Evangelisten in falschem Eifer dem Christenthum zu nügen, das erhabene Bild Jesu verunstalteten, bereits ein festes Urtheil bezüglich ihres mythischen Characters gebildet haben, dürfen wir die vielen nichtssagenden Krankenheilungen, welche namentlich durch die angeblichen Reliquien - Wunder bei uns in schlechtem Geruch stehen, so wie gar die wunderbaren Teufel-Austreibungen als der Erwähnung unwürdig übergehen, da wir nicht phantastische Märchen, sondern geschichtliche Denkwürdigkeiten aus dem Leben des großen Volkslehrers darzubieten versprochen haben.

21.

Die Bergpredigt Jesu.

Nahe dem genannten Städtchen Capernaum, kaum eine geographische Meile vom Ufer des Galiläischen Meeres entfernt, erhebt sich ein waldiger Hügel, von dessen Gipfel sich eine prachtvolle

Aussicht nach Peräa jenseits des Landsees ausbreitet, während am Fuße desselben blüthenreiche Fluren und lachende Weiler das trunkene Auge zum Genusse einladen.

Hier lagerte sich einst in jenen Tagen um ihren verehrten Lehrer die immer mehr anwachsende Gesellschaft der Freunde Jesu, deren Zahl von Stunde zu Stunde zunahm, als die Zeit herannahte, welche jeden rechtgläubigen Juden nach der Hauptstadt Jerujalem zur würdigen Feier des Osterfestes rief. Fest - Caravanen sah man deshalb auf allen Landstraßen sich bewegen, und Viele benußten die Gelegenheit, Kranke und Gebrechliche zu dem großen Arzte zu bringen, dessen Ruhm bereits weit über die Grenzen des jüdischen Reiches hinausgedrungen war, und nicht minder angezogen von dem Rufe des kühnen Reformators als hochbegabten Lehrers und Sittenpredigers.

Eines Tages, gegen Abend, als die sinkende Sonne alle Gegenstände mit ihrem goldenen Purpur übergoß und die wunderbar magische Beleuchtung namentlich den auf einem erhabenen Vorsprunge stehenden Redner in imposanter Glorie erscheinen ließ, sammelte sich viel Volk, das man zu Tausenden zählte, zu seinen Füßen und harrte des Vortrags des gefeierten Lehrers. Man muß sich aber unter diesen Hörern nicht eine nüchterne Menge, wie sie etwa unsere nordischen, sogenannten christlichen Kirchen aufzuweisen haben, denken. Jene dem Kindesalter der Menschheit angehörenden Leute glaubten noch an ein unmittelbar vom Himmel herniederreichendes Band, das die Gottheit mit seiner Menschenschöpfung in Zusammenhang bringe, wie auch der Glaube von keinem Zweifel berührt war, daß der Teufel und seine Gesellen, die bösen und abgefallenen Geister, ihr Wesen unter den Sterblichen auf Erden zu treiben berufen seien. Die Empfänglichkeit einer solchen Gemeinde von erwachsenen Kindern findet kaum etwas Aehnliches in unsern Zeiten, so daß der Redner, welcher auf sie wirken wollte, deshalb seine Gedanken nothwendiger Weise in das geheimnißvolle, mystisch-poetische Gewand der Allegorie, der Parabel und des rhetorischen Bilderschmucks überhaupt hüllen mußte, um des Erfolges sicher zu sein, den er beabsichtigte. Die tief im Busen aufdämmernde Ahnung der Wahrhaftigkeit half dem etwa mangelnden Verständniß nach, wenn der Redner sich in seinem Gedankenfluge etwa zu hoch über die sinnlich-faßbare Wirkung erhob. Zuweilen tauchte auch wohl ein bescheidener Zweifel auf; dann aber wußte Jesus, der fort und fort in den Gesichtern seiner Hörer las, durch eine eigenthümliche Wendung seiner Rede, oft auch nur durch einen

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