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gewähren, denn dieser sogenannte Brosam stellt sich dar als die Genesung des vom Teufel besessenen Mädchens.

Wahrlich, jede Kritik ist hier überflüssig. Dergleichen plumpe Erfindungen richten sich selbst. Der geschichtliche Kern mag eine von den hundertfach vorgekommenen Krankenheilungen sein, die Jesus als Arzt neben seinem Lehrberuf mit so außerordentlicher Menschenfreundlichkeit ausübte, und die, bei dem Mangel von berufsmäßigen Aerzten in jener Zeit, wahrscheinlich die Haupttriebfeder der Volksansammlung um ihn gewesen sein mag. Matthäus läßt bei dieser Gelegenheit das Wunder vieler Tausende mit wenig Brot und Fischen, nebst Körben von Ueberbleibseln mit geringen Abweichungen sich wiederholen, dergleichen die unerbittliche Kritik längst in das große Fabelbuch geschrieben, weshalb eine weitere Erörterung überflüssig.

Es konnte indeß nicht ausbleiben (und die unbefangene Geschichte bestätigt es), daß die Aufregung des Volkes durch das kühne reformatorische Auftreten Jesu bei der jüdischen Priester-Partei steigernde Besorgniß erregte, wie sich denn aller Orten, wo er lebte und lehrte, sowohl Pharisäer und Saducäer unter dem Volke bemerklich machten, welche ohne Zweifel zur Beobachtung ausgeschickt waren und von Zeit zu Zeit mit spißfindigen Fragen zu ihm heran traten, um sich in der Regel eine recht derbe, nebenbei oft auch wißige und treffende Abfertigung zu holen.

Eine derartige Abfertigung ereignete sich auch auf dieser Reise. Eines Tages, als Jesus eben aus dem Schiff gestiegen war, auf welchem er einen der vielen dortigen Landseen gekreuzt hatte, und abermals von dem begeisterten Landvolke als vermeintlicher Wunderthäter mit großem Jubel empfangen worden war, traten einige Priester aus der Menge hervor und zu ihm heran, meinend: wenn er wirklich der von Gott gesendete Prophet sei, für welchen er sich ausgebe, und wirklich Wunder verrichten könne, so müsse es ihm ja auch ein Leichtes sein, droben am Himmel ein unwiderlegliches Zeichen seiner göttlichen Wunderkraft, allem Volke erkennbar, zu geben, um so alle seine Feinde und Widersacher zu beschämen; sie selbst könnten und würden sich dann nicht länger sträuben, seiner Lehre anzuhängen.

Gegen solche Beweismittel ließ sich nichts einwenden; aber Jesus, wohl wissend, was es mit dem Volksglauben an seine Wunderkraft für eine Bewandtniß hatte, und sich deßhalb nie direkt auf dieselbe berufend, nahm auch jezt eine von seinen geistreichen und pikanten Wendungen zu Hilfe, um die zudringlichen „Versucher" (wie sie die Evangelisten zu nennen pflegen) abzufertigen. Er weist sie auf die

Morgen- und Abendröthe als bekannte Wetterverkündiger, als göttliche Wahrzeichen zukünftiger Dinge hin und stellt in vorwurfsvoll schneidiger Wendung die jezt herannahende gesellschaftliche Umwälzung mit ihnen in Vergleichung, die sie, obwohl sich so sehr weise dünkend, doch nicht einmal zu deuten verständen. „Des Himmels Gestalt,“ sagt er,,,könnt ihr beurtheilen, aber die Zeichen der Zeit versteht ihr nicht zu deuten." Schließlich machte er sich noch in einer recht drastischen Weise über die lächerliche Wundersüchtigkeit der jüdischen Priesterkaste lustig, indem er sie an das alberne Märchen vom Jonas im Wallfisch erinnert, meinend, daran hätten sie wohl für alle Zeit genug und ob sie wirklich ein solches Wunder von Ninive noch einmal erwarteten. Damit wandte er den Pharisäern den Rücken und verlor sich unter die Menge.

16.

Erklärung des Gottesreichs. Auslegung der bilderreichen Lehrsäge Jesu; Zweck und Absicht seiner Lehre.

Sowohl der Lauf der Begebenheiten an sich, als auch die Lehren, Sentenzen und Parabeln Jesu nehmen nunmehr von Tag zu Tag einen sonderbareren und begeisterteren Charakter an. Die sittlichen Anforderungen an seine Bekenner übersteigen alles Dagewesene, in manchen Beziehungen selbst das Menschenmögliche, namentlich was die Verleugnung alles Irdischen und die Hingebung an eine ideale Zukunft betrifft, von welcher er selbst es unentschieden ließ, ob man sie diesseits oder jenseits des Grabes zu suchen habe. Die Jünger selbst wurden deshalb oft an ihm irre und verstanden ihn meist nicht; beim Nachfragen ließ er sie hart an und antwortete fast regelmäßig durch Gleichnisse, die nicht selten wieder Anlaß zu zweideutigem Verständniß gaben. Großen Anstoß, selbst bei sonst wohlwollenden und unbefangenen Menschen, gab namentlich seine Lehre von der Armuth, von der Verachtung der irdischen Güter, die mancherlei sonst tüchtige Freunde von ihm verscheuchte.

So fand sich einst, von der erhabenen Persönlichkeit Jesu angezogen, der Sohn eines reichen Mannes bei ihm ein und wünschte Aufnahme in den Kreis seiner Jünger. Jesus aber, welcher niemals eine besondere Neigung zu reichen Leuten an den Tag legte, sondern als wahrer Lehrer und Tröster der Armen dennoch das größte aller Wunder vollbrachte, nämlich die Gewaltigsten und Reichsten der Erde (wenigstens äußerlich) zu seiner Lehre zu bekehren, ließ den Fremdling über

seine Anforderungen nicht lange im Zweifel. Er erklärte auch jeßt, wie schon einmal bei ähnlicher Gelegenheit, daß man, um ein würdiger Mitarbeiter am Reiche Gottes zu sein, sich seines irdischen Reichthums zum Besten der Armuth entäußern, den Freuden der Erde, ja selbst seinen nächsten Verwandten entsagen und sich ganz und ausschließlich dem heiligen Werke hingeben müsse, das zu vollbringen er von Gott in die Welt gesandt sei. Er bediente sich auch diesmal wieder der poetisch-schönen Redewendung:,,die Vögel unter dem Himmel haben ihre Nester und die Füchse ihre Gruben, aber des Menschen Sohn hat nicht, wo er sein Haupt hinlegen kann." Das war nicht etwa Klage über sein Geschick, nein, er fand eben in der Unabhängigkeit von irdischen Gütern seinen Genuß, seine Befriedigung. Jesus war offenbar eine jener ursprünglichen Naturen, die nicht für den bequemen Großvaterstuhl häuslichen Comforts und angethan mit der Zipfelmüße der Gewohnheit geschaffen sind. Schon sein unstäter Lebenswandel trägt unverkennbar das Gepräge eines sorglosen Weltbürgersinns an sich: heute hier, morgen dort; Abenteuer zu Lande und zu Wasser; der Umgang mit allerlei Menschen, schlechten und guten; Theilnahme an kleinen Familien-Festlichkeiten und größeren Aufzügen; keckes Begegnen von allerlei Gefahren; oft wieder kluges Ausweichen derselben; gelegentliches Aufsuchen heimlicher Verstecke; Flucht und Wiederkehr; dabei pikante Gespräche, in denen er seine ungeheure Ueberlegenheit an Geist, wie auch seine Belesenheit in den alten Religionsschriften bekundete, schlechte Sitten bestrafen, der Tugend und Frömmigkeit aber ein Lobredner sein konnte. Das waren die Elemente, auf die er vermöge seiner wunderbaren Naturanlage angewiesen war und in denen er sein Lebensbedürfniß, seine Befriedigung fand.

Als jener reiche Fremdling solche Anforderungen vernommen, schlich er still davon und kehrte nicht wieder. Wir erinnern uns, wie schwer, ja fast unmöglich es unserm großen Sittenlehrer erschien, daß ein Reicher in das Reich Gottes komme. Unter diesem Reiche Gottes, das er so oft erwähnt, verstand er keineswegs jenes unbestimmte jenseitige Institut unserer Theologen, in welchem Engel mit rosenrothen Flügeln Harfenconcerte aufführen und das man schon mit der ersten Fibel als den lieben Himmel zu zeigen beflissen; sondern es war als eine Umschreibung für den Inbegriff jener irdischen Glückjeligkeit zu betrachten, die durch Jesu reine Tugendlehre die Herrschaft auf Erden erlangen sollte und nach seiner festen Zuversicht früher oder später ins Leben treten werde.

Jesus lebte der festen Ueberzeugung, daß die jeßigen Zustände, zunächst der jüdischen Nation, unhaltbar seien und revolutionäre Umwäl

zungen bevorständen, welche, wie ihm wohl bekannt, geheime Gesellschaften auf materiellem Wege zu erreichen strebten, er hingegen durch sittliche Veredlung zu erzielen suchte.

In diesem Sinne seßte er sein Vertrauen mehr auf die kommenden, als auf die vorhandenen Geschlechter, wofür die Beweise in mannigfachen, oft recht pikanten Wendungen seiner Reden uns entgegentreten.

So fragte ihn gerade in der Zeit seines Lebens und Wirkens, in welcher wir uns jezt mit ihm beschäftigen, eines Tages einer seiner Jünger:,,Sage uns, wer wird der Höchste sein in dem kommenden Gottesreiche, von dem du redest?" Die Jünger hatten nämlich (wie Marcus richtig erwähnt) unterwegs und abseits darüber gesprochen, wer von ihnen die höchste Würde in dem neuen Staate bekleiden würde; denn so viel geht aus Allem hervor, daß diese völlig ungebildeten und ursprünglich durchaus nicht begabten Männer von dem hohen Ideale, welches Jesus vorschwebte, keine Idee hatten, sondern sich nur dereinstige materielle Vortheile in Aussicht stellten. Jesus wußte dies längst, und so ergriff er mit Freuden die Gelegenheit, die eigennüßigen Kleingeister von ihrem Wahne gründlich zu befreien, indem er ein eben zur Hand stehendes Kind nahm, es vor sich und die Jünger hinstellte und zu ihnen sprach: Sehet dieses Kind an und glaubet meinen Worten: es sei denn, daß ihr umkehret und werdet wie die Kinder, so werdet ihr nicht in das Himmelreich kommen, denn wer sich selbst erniedrigt, der wird der größte im Himmelreich sein."

Jesus schwärmte demnach für den Gedanken, eine vollkommene Reinheit der Menschen, wie sie aller vernünftigen Einsicht nach im Schöpfungsplane gelegen haben muß, durch seine Lehre und sein Beispiel, namentlich durch den allmächtigen Impuls der Nächstenliebe, oder (wie man heute sagen würde) der Humanität und Philanthropie herbeizuführen. Von Allem aber, was er dafür gethan, gehofft und erstrebt, ist im Grunde nur die Idee oder gewissermaßen die Theorie geblieben und diese für ewige Zeiten als Ideal der Menschheits-Erziehung und Menschenwürde gerettet worden. In der Ausführung aber, in der Praxis haben ihn seine officiellen Vertreter oder Stellvertreter, die Priester, schmachvoll im Stiche gelassen, ja gerade sie haben mehr als die Laien sein schönes ideales Werk, sein beseligendes Himmelreich auf Erden verhindert. Nur mit verschwindend wenigen Ausnahmen trug oder trägt noch jezt ihr Panier die Devise: „,,Thut nach meinen Worten, aber nicht nach meinen Werken“, während die Grundidee der Jesuslehre, die Humanität, vorzugsweise unter den sogenannten protestantischen Völkern, besonders der mittleren Schichten, immer größere Fortschritte macht und

die Menschheit im Allgemeinen dem schönen Ziele, welches Jesus durch Nacht und Ferne herbeischimmern fah, mehr und mehr entgegenstrebt.

Mit vollem Rechte darf man übrigens behaupten, daß es sich bei allen oft sehr sinnreichen, oft aber auch unverständlichen und sinnwidrig scheinenden Reden und Parabeln Jesu dem besten Theile nach in zahllosen Wendungen nur um das Eine und Höchste, um MenschenVeredelung, Reinigung von Lastern und unvernünftigen Gewohnheiten, um reine ungetrübte Erkenntniß Gottes und vor Allem um gegenseitige Beglückung durch Liebe ohne Ansehen der Person handelte, die er der Menschheit, nöthigenfalls mit Aufopferung seines Lebens, zu erringen bestrebt war.

Betrachten wir hier eine Reihe solcher Reden und Parabeln, deren gerade aus dieser Zeit eine Unzahl aufbewahrt worden ist. Matthäus weist eine besondere Fülle dieser Mittheilungen auf, von denen er selbst ohne Zweifel ein gutes Theil nicht verstanden hat, da auch die Jünger noch keine Idee hatten, wo Jesus eigentlich hinaus wollte; und daß der Meister hiervon sehr gut unterrichtet war, hat er unzählige Male ausgesprochen und liegt schon in der Lieblingsphrase: „Wer Ohren hat zu hören, der höre!“ Er wußte nämlich wohl, daß es nur wenige, vielleicht gar keine hörfähige Ohren in seinem Sinne unter den Anwesenden gab, sondern daß viel mehr, als ein eigentliches flares Verständniß, der allgemeine ahnungsvolle Eindruck von der tiefen Bedeutsamkeit seiner geheimnißvollen Reden auf die Zuhörer einwirke. Man kann, beiläufig bemerkt, nicht läugnen, daß seine Bilder und Vergleiche mitunter sonder bar, ja häufig sogar den Spott herausfordernd gewählt waren; so namentlich in seinen Strafpredigten gegen das verderbte Geschlecht, dem er selbst entsprossen und das ihm (wie er fest überzeugt war) mehr aus Eigennus -wegen Krankenheilung, aus Neugierde und Zeitvertreib, denn aus aufrichtiger Anhänglichkeit und Bewunderung folgte.

Einst begann er eine solche Strafpredigt mit den Worten:,,Wem soll ich dieses Geschlecht vergleichen? Es ist den Kindern gleich, die am Markte sizen und rufen gegen ihre Gespielen: wir haben euch gepfiffen, und ihr wollt nicht tanzen; wir haben euch geklagt, und ihr wollt nicht weinen." Und nun, gleichsam als fühle er das Unpassende des Bildes, bricht er plöglich ab und springt unmittelbar zu etwas Anderm über, nämlich zu einer Parallele zwischen sich und Johannes dem Täufer. Johannes", spricht er,,,ist gekommen, lebte in der Wüste, aß und trank nicht, da hieß es: der hat den Teufel! Jch (des Menschen Sohn) bin gekommen, lebe vernünftig, esse und trinke, da heißt es: seht den Fresser und Weinsäufer! Er geht mit Zöllnern und Sündern um und macht

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