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manches zarte Gewissen ist beruhigt, mancher Zweifel zur Gewißheit geworden; immer aber noch steht der nach Erkenntniß Dürstende vor einer räthselvollen Sphinx und es findet die reale Wirklichkeit, welche in unserer Zeit mehr und mehr die Herrschaft über den Idealismus gewinnt, keine Befriedigung in der einseitigen Negation dessen, was ohnehin vor dem Geseßbuche der Natur nichtig und hinfällig erscheint.

Ist aber, so frage ich, durch jene Negation Jesu Leben und Wirken, ist die universelle - fast möchte ich sagen magische Gewalt seiner Lehre, welche selbst in ihrer Corruption und Verkrüppelung alle Zeiten und Räume umspannt und die unverwüstbaren Keime so wie die Triebkraft zur höheren Civilisation, zur Veredelung und Vervollkommnung der Menschheit in sich birgt, durch die kritische Zerfaserung der Evangelien erklärt? Erscheint uns der erhabene Genius jenes ärmlichen Zimmermannssohnes dadurch in einem helleren Lichte? Tritt uns die Wirklichkeit seiner Lebensverhältnisse umfassender, verklärter, verständlicher entgegen? Fragt doch jene kritischen Anatomen, wo der ewige, unvernichtbar göttliche Lebensfunken, jener hüpfende Punkt im Ei liege, der, aller Mißhandlung des menschlichen Unverstandes und pfäffischer Bosheit zum Troß, nicht zu ertödten war? Hat uns von Reimarus bis Strauß, und von diesem bis Renan irgend Jemand die Frage zu beantworten verstanden? Hat uns von jener Reihe Gelehrten schon etwa Jemand bewiesen, daß (wie es doch unzweifelhaft) die Religion Jesu in ihrer ursprünglichen Reinheit dem inneren, tief verhüllten Kerne nach thatsächlich eine beseligende Vernunft- und Natur-Religion ist und nur Jesus eine wirkliche, Christus aber als eine von jüdischen, römischen und vor Allem griechischen Pfaffen erdichtete, mythische Persönlichkeit zu betrachten ist?

Von dem Allen haben uns die sehr gelehrten Herren nichts erzählt, und vor Allem hat das Volk — in den sogenannten Volksausgaben des Leben Jesu“ - von dergleichen wichtigen Dingen nichts erfahren. Was will auch ein Franzose dem deutschen Volke aus dem Reiche des Gedankens Neues darbieten, das nicht längst bei uns heimisch gewesen wäre? Was soll dem Volke des tiefsinnigen Gedankens und doch auch wieder der neu gewonnenen frischen, fröhlichen That eine Paraphrase, eine Umschreibung, ja selbst eine gewöhnliche Sichtung

vulgär gesprochen, eine Durchhechelung — der Evangelien? Dergleichen haben wir zum Ueberdruß gehabt und sind nicht weiser, ja nicht einmal flüger geworden, denn der Protestant hat längst gelernt, den blinden Glauben mit den Kinderschuhen abzulegen.

So falle nun der Schleier von dem christlichen Saïs-Gebilde, und der wahrhafte Jesus in seiner irdisch-faßlichen Gestalt und seiner rechten Geistesglorie trete offen und ehrlich aus der phantastischen Nebelhülle der Tradition vor den Leser hin: nicht etwa wie die Evangelisten ihn dargestellt, sondern wie nahestehende Zeitgenossen, vor Allem seine essäischen Freunde und Brüder, ihn und sein Geschick uns geschildert und enthüllt. In einer Zeit, wo das geistige Licht in mächtigem Schwunge dem Zenith entgegenstrebt und, alle Höhlen und Winkel des Gedankenlebens mit seinen siegenden Strahlen erhellend, dem Aberglauben und der Verdummung des leßten Entschuldigungsgrundes beraubt; in einer Zeit, wo die Wissenschaft, so zu sagen, von allen Dächern gepredigt wird und jeder Schulknabe sich schämt, an Heren, Gespenster und Wunderthäterei, wohl gar an den persönlichen Teufel zu glauben, da dergleichen Märchen mit der gesunden Vernunft und dem ewigen Geseßbuche der Natur im krassesten Widerspruch stehen; in einer solchen Zeit darf sich auch selbst die allmächtige Gewohnheit länger keine Rechte über uns anmaßen, indem sie, der schwer errungenen Geistesfreiheit spottend, uns zu Sklaven eines autorisirten Aberglaubens, traditioneller Dogmen und thörichter Hirngespinnste phantastischer Religionsschwärmer aus einer längst begrabenen, finsteren Vorzeit macht, wo die Natur noch den Menschen ein mit sieben. Siegeln verschlossenes Buch war und man Diejenigen an das Kreuz schlug, die den Schleier des Geheimnisses zu lüften wagten. Unwürdig ist es, ja ehrenkränkend, solchen naturgesezwidrigen Forderungen noch länger Autorität über uns einzuräumen, da sie doch, die gesunde Vernunft verhöhnend, einen Zwiespalt in die Erziehung der christlichen Völker bringen und sie zu keinem freudig-gedeihlichen Abschluß der Civilisation gelangen lassen, deren geistiger Antheil zu der Frucht verkündenden Blüthe der moralischen Veredelung hinan strebt, welche Jesu vorahnender Geist aus dem nebelgrauen Meere kommender Zeiten und Geschlechter als das beglückende Gottesreich auf Erden emporsteigen sah und verkündete. Sollte es denn eine Lüge sein, was der große Prophet unseres Jahrhunderts als begeisterter Seher verkündete:

"

Mit dem Genius steht die Natur in ewigem Bunde,

Was der Eine verspricht, leistet die Andre gewiß“?

Freilich geht ein geläufiges Stichwort unserer Zeit vielgesprächig von Munde zu Munde und tritt Lesern und Hörern fleißig als christlichgermanische Bildung entgegen, indem sich unsere Nation, den Ro

manen und Slaven gegenüber, einer bevorzugten humanistischen Bildung rühmt. Ob aber diese, in der That existente Bevorzugung wirklich berechtigt ist, seinen Ursprung aus dem bis jezt als legitim anerkannten, gang und gäben Christenthum herzuleiten — das dürfte doch in Wahrheit sehr problematisch erscheinen. Ja, man darf es kühn als eine unbesonnene Anmaßung bestreiten, daß es der Geist des vulgären Christenthums gewesen, der die germanischen Stämme zu demjenigen Grade der Gesittung hinaufgeleitet, bei welchem sie allen Völkern der Erde schon jest als leuchtendes Vorbild zur Nacheiferung anmuthen; denn so lange das Christenthum nicht aus der düsteren, naturfeindlichen Umrahmung unverstandener, nebelhafter Mystik hervor- und in den sonnig verklärenden Lichtglanz der Philosophie tritt - als deren echtesten und innigsten Verkündiger Jesus erkannt zu haben, mir als eine der glücklichsten Errungenschaften meines dem Forschen gewidmeten, langen und fruchtbaren Lebens erschienen ist — wird es seiner erhabenen Mission nicht bis zur Vollendung gerecht werden können.

Diese Behauptung fordert Beweise; wohlan, ich will versuchen die Schuld abzutragen.

Die Philosophie ist so alt wie die Welt; das Christenthum zählt noch keine 2000 Jahre.

Die Basis der Philosophie ist die Gefeßlichkeit der Natur, von der verschwindenden Tiefe der Urmonaden herauf bis zu den sublimen, erhabenen Geseßen der Logik in allen ihren wissenschaftlichen Ausstrahlungen. Das vulgäre Christenthum dagegen in seiner buchstäblichen, geisttödtenden Auffassung, als Gößendienst für eine angeblich persönliche Verkörperung der Gottheit, spottet aller Geseßlichkeit des Naturkreises in seiner universellen Umgrenzung, und wagt es, in unerhörter Vermessenheit an den Fundamenten der Schöpfung zu rütteln.

Dieses Christenthum, von welchem Jesus von Nazareth nichts wußte, nichts ahnte, ja der selbst von dem Namen Christus (oder vielmehr Christos) nie etwas gewußt hat, trat zuerst in jüdischem, dann in griechisch-romanischem Gewande, endlich auch in germanischen und slavischen Kreisen, und zwar mit einer Anmaßung auf, wohl geeignet, einerseits den in thierischer Verdummung, in geistiger und leiblicher Armuth vegetirenden Volksmassen zu imponiren, sie zu verlocken, zu betäuben und durch stumpfe Glaubensseligkeit und Vernunftertödtung einzuschläfern; anderseits aber bot es der durch Uebersättigung abgespannten und zur Blasirtheit herabgestimmten Noblesse theils ein

neues Reizmittel für die abgestumpften Sinne, theils auch ein Ruhekissen für das beschwerte Gewissen dar. Den Rest, die Nachbleibenden, die Renitenten, trieb die Gewalt der Lanzknechte dann mit Feuer und Schwert in den christlichen Zauberkreis der Verhimmelung. Und nun, das große blutbesprizte Blaubuch der Kirchengeschichte zur Hand nehmend, laßt uns Blatt für Blatt — um bei dem Nächsten zu beginnen die sogenannte christlich-germanische Bildung verfolgen, wie sie Schritt für Schritt die Menschheit mehr und mehr von dem großen Ziele ablenkte, von welchem der weise Rabbi seinen Schülern und Hörern unablässig als „das Reich Gottes“ predigte, wohinaus der Weg zum Heile der Menschheit führe; wie er es ja auch in seinem Gebet als eine Bitte unter der Form:,,Dein Reich komme!" einführte. Welches Reich aber war es, das sich anstatt dessen als Frucht jenes vielgelobten, namentlich vorprotestantischen Christenthums über die Völker des Abendlandes verbreitete? Das christliche Gespenst jener ältesten Tage unserer Zeitrechnung verlockte mit teuflischem Hohne die Menschheit in die Wüstenei jenes Jrrwesens, jener Tollhäuslerei und kannibalischen Verruchtheit, wo der schrecklichste aller Schrecken, der mordlustige religiöse Wahnsinn, unter der Maske der Zurechnungsfähigkeit, als geistlich und weltlich herrschende Obmacht das Schwert legitimer Berechtigung in den Händen hielt und unter dem Zeichen des Kreuzes, zur fürchter lichsten Schmach des Gekreuzigten, Folter und Richtstätten für Keper etablirte, wo die rauchenden Gebeine scheußlich gequälter Menschenopfer auf unzähligen Brandstätten der Inquisition als Gestank dieser christlich - germanischen Bildung zum Himmel aufqualmten.

Zur Schande der edlen deutschen Nation wütheten jene religiösen Orgien des christlichen Fanatismus auch unter den Nachkommen der wackern Germanen und Teutonen manches Jahrhundert fort, bis sich endlich der Genius unserer Nation aus seiner langen, langen Lethargie ermannte und jene Reformatoren auf die Wahlstatt führte, die zuerst wieder einen Lichtbliß der schmählich geknechteten Vernunft in die schwarze Nacht des religiösen Wahnsinns fallen ließen, welche bleiern über weite Länder und Reiche gelagert, den edeln Plänen des Menschenschöpfers Hohn sprach und die erhabene Lehre Jesu zum Deckmantel ihrer fanatischen Bosheit benußte.

Aber der Bliz ist keine Sonne; er durchzuckt, erschüttert und befruchtet die Erde, aber er erleuchtet, erwärmt und besaamt sie nicht. Der langen, rabensinsteren Nacht folgte eine kaum minder lange

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Dämmerung, die noch immer nicht beendet ist, denn nur langsam und zögernd erhebt und verbreitet sich das Licht der geistigen Erkenntniß über die Erde, und auch über den Fluren unseres so herrlich bevorzugten deutschen Vaterlandes, der Wiege der Reformation, ruht noch heute der Nebel des religiösen Wahns: daß jenes bereits zum Kinderspott gewordene Lügengewebe von einer göttlichen Geseglosigkeit (Wunder und Mysterien genannt) ein Produkt jenes edlen Nazareners gewesen sei, der für seinen gigantischen Plan der Menschenveredelung mit heroischer Selbstverleugnung das Blutgerüst bestiegen, während es in Wahrheit nichts als das mit phantastischer Spigfindigkeit ersonnene, nebelhafte Hirngespinnst weniger jüdischer Zeloten und Sophisten gewesen, welche Hunderte von Jahren nach Jesu Heimgang ihr unheimliches Wesen in den jungen Brüdergemeinden trieben, indem sie, den wahrhaftigen Geist der Lehre Jesu ertödtend, ihre Gott lästernden, mysteriösen Märchen an dessen Stelle setten, ihren Systemen den Christus- Namen andichteten und sie unter dieser Fahne der ewigen Weltordnung, der Vernunft und vor Allem dem gekreuzigten Weltweisen zum Spott zur Geltung brachten. Unter ihnen leuchtet der Name Paulus (eigentlich Saulus oder vielmehr Schaul) hervor, der mit mordlustigem Christenhaß im Dienste der römischen und jüdischen Fanatiker gleich einem Würgengel durch die Gassen Jerusalems und anderer Wohnsiße der frommen Bekenner Jesu schlich, um, gestüßt auf einen obrigkeitlichen Freibrief, Tausende derselben mit eigener Hand zu ermorden oder sie dem Henker zu überliefern. Dieser rasende Jude, als er inne ward, daß seine wuthschnaubende Feindschaft die Saat des edlen Nazareners nicht zu ersticken vermochte, erfaßte den fürchterlichen Gedanken, sein Werk auf andere Weise, nämlich durch die innere Corruption, zu vernichten; und wahrlich nur zu sehr ist ihm das Werk gelungen, das mit einer Comödie begann, deren erste Scene auf dem Wege nach Damascus spielte! Die edle, erhabene, einmüthig mit der Natur einhergehende Lehre Jesu wurde zunächst durch ihn in die Form einer orientalischen Mystik gezwängt, in einen blutbesprißten Opfercultus eingekleidet und so als modernisirtes, sogenanntes Neujudenthum endlich auch den abendländischen Nationen überliefert, damit Rabbi Schaul, der Pharisäer und Christenmörder, seine Rache gegen den ihm verhaßten Nazarener kühlen möge; und so trägt er zunächst die Schuld, daß das, was wir Christenthum zu nennen gewöhnt worden, mit Nichten die Lehre Jesu oder das Urchristenthum ist.

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