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gemischt, welche eben den Pöbel gegen den Verächter der heiligen Geseße, die angeblich von Gott selbst durch den Mund des Moses gegeben worden, aufheßten; ja man kam hier und an andern Orten bereits so weit, daß man Steine gegen ihn erhob und sein Leben ohne Zweifel längst in Straßenrevolten zu Grunde gegangen wäre, wenn ihn nicht seine zahlreichen Freunde jedesmal in die Mitte genommen und mit ihren Leibern gedeckt hätten.

Die eben erzählte Synagogen - Scene und jene großen Festlichkeiten fielen etwa in den Monat September. Jesus blieb auch noch in den beiden folgenden Monaten in Jerusalem und seßte seine öffentlichen Strafreden in den Synagogen fleißig fort, wobei sich die erwähnten gehässigen Scenen mehrmals und in noch verstärktem Maße wiederholten. Dies gab ihm bei der nächsten Rede Veranlassung, solche Angriffe auf seine Person in den Vortrag zu verflechten. Mit Rücksicht hierauf trug er u. A. einst das berühmte Gleichniß von den Hirten und Schafen vor, das mit den Worten beginnt: „Ich bin ein guter Hirt, und ein solcher läßt sein Leben für seine Schafe; ein Miethling aber flieht, wenn der Wolf kommt u. s. w.", und welches dann am Ausgange mit der Prophezeihung endet, es werde eine Zeit kommen, wo Alles eine Heerde und ein Hirt sein werde: ein Ausspruch, der, beiläufig bemerkt, als die Wurzel der protestantischen Missionsvereine zu betrachten ist, indem man in jenem Gleichnisse (das noch von „andern Schafen“ spricht) die Zusage zn finden vermeinte, daß alle Menschen, auch die jeßigen Heiden, sich zum Christenthum bekehren würden. Jesus aber hatte dabei eine andere, viel größere und schönere Zukunft im Sinn. Er wollte sagen, daß einst eine Zeit kommen werde, wo die Uranlage des Menschen, die eingeborene Vernunft, bei allen Völkern zur Ausbildung und Geltung gelangen werde; dieses Gotteslicht aber nennt er eben den Hirten, als dessen augenblicklichen Repräsentanten er allerdings sich, seine Person betrachtete.

25.

Jesus begiebt sich abermals auf Reisen. Er wüthet maßlos gegen die Priester-Partei.

Im December verließ Jesus mit seinen Schülern noch einmal die Hauptstadt, da seine Widersacher gegen ihn allzu drohend aufstanden. Obwohl ihm sein Ausspruch, er werde sich nicht enthalten, das Leben

für seine Schafe zu lassen, heiliger Ernst war, so fühlte er es doch lebhaft, daß die Stunde noch nicht gekommen sei, wo er sein angefangenes großes Reformationswerk verlassen dürfe, ohne es der Gefahr des Unterganges Preis zu geben; denn seine Jünger hatten ihn noch viel zu wenig begriffen, und auch die oft zum Austausch kommenden kleinlichen Leidenschaften unter ihnen bezeugten, wie weit sie noch von dem Ideale entfernt waren, das seinem Geiste von der Menschheit vorschwebte. Auch auf der eben jezt begonnenen lezten Reise in die Provinzen hatte er mehrfach Gelegenheit, die kleinliche Eifersucht der Jünger auf den zukünftigen Rang in dem Gottesreiche wahrzunehmen, das sie sich noch immer als einen weltlichen Staat vorstellten, in welchem große Aemter und Gehalte für sie abfallen würden. Jesus belehrte sie und strafte ihren Eigennut mittelst der Parabeln, von denen ihm bekanntlich eine ganze Reihe zur Verfügung stand und die meist dem Fassungsvermögen der einfachen Galiläer (welche überhaupt im Rufe großer Einfalt standen) angepaßt waren.

Einen einfachen Landrabbi, der ihm bei Gelegenheit einer Ermahnung zur brüderlichen Liebe und Mildthätigkeit die Meinung vortrug, eine solche Verflichtung erstrecke sich doch wohl nur auf die jüdischen Glaubensgenossen, belehrte er durch die bekannte Parabel von dem barmherzigen Samariter eindringlich eines Andern, wie er denn überhaupt äußerst selten im eigentlichen, gewöhnlich aber im uneigentlichen Sinne sprach. Er wäre hier, wie man bemerken wird, augenscheinlich mit sich selbst in Widerspruch gerathen, wenn jenes Gleichniß: „Niemand nimmt den Kindern das Brot und wirft es vor die Hunde“ nicht eine Erfindung der Erzähler wäre, als welche es leicht erkennbar.

Die wenigsten Umstände machte er übrigens mit seinen erbittertsten Feinden, den Pharisäern und Schriftgelehrten, bei deren Charakterisirung ihn jedesmal seine gewohnte Sanftmuth, Nachsicht und Nächstenliebe verließen, denen er vielmehr ganz unverblümt und unumschrieben die derbsten Wahrheiten sagte. Selbst das bekannte Beispiel von dem Pharisäer und dem Zöllner, welche beide in dem Tempel zum Gebet erscheinen, ist kaum ein Gleichniß zu nennen, so klar und unumwunden liegt die Meinung am Tage, daß der Zöllner, der ganz im Gefühl der Reue versunken an seine Brust schlägt und spricht: „Gott sei mir Sünder gnädig!" gerechtfertigter von dannen ging als der heuchlerische Pfaffe, der sich mit stolzen behäbigen Schritten in den Tempel begiebt, einen seiner Würde entsprechenden erhabenen Plaß einnimmt und in einem langen und lauten Gebete dem Höchsten seinen Dank dafür darbringt, daß er nicht, gleich manchem Andern, in Sünde und Laster ver

fallen sei, dabei seine Tugenden und guten Eigenschaften herrechnend. Dergleichen Spott und Hohn vor allem Volk gesprochen, ergößte natürlich die große Menge, die dem Priesterstande nie sehr geneigt war, ungemein; aber Jesus vermehrte dadurch von Tag zu Tag seine Feinde, und die Gefahr wuchs mit jeder Stunde.

Nichts destoweniger verachtete er alle Warnungen, schärfte vielmehr den Stachel seiner Rede von Tage zu Tage, und was er früher etwa im traulichen Zwiegespräch mit Freunden geäußert, das brachte er jezt hundertfach verschärft in seinen öffentlichen Vorträgen an, die bald ohne Maß und Ziel der Enthaltung waren.

,,hütet euch," sprach er z. B.,,vor diesen Wölfen in Schafskleidern, die da in langen gleißenden Kleidern einhergehen und ihre Heiligkeit zur Schau tragen; inwendig aber sind sie voll Raubes und Fraßes. Wehe euch Schriftgelehrten und Pharisäern! Ihr Heuchler, die ihr der Wittwen Häuser fresset und wendet lange Gebete vor! Ihr werdet desto mehr Verdammniß empfahen! Ihr Heuchler, die ihr über Land und Wasser dahin ziehet, um einen Judengenossen zu gewinnen, und wenn es geschehen, macht ihr aus ihm ein Kind der Hölle, zwiefältig mehr denn ihr seid! Jhr Narren und Blinden, die ihr verzehntet die Münze, Till und Kümmel, und lasset dahinter das schwerere im Gesez, nämlich die Barmherzigkeit und den Glauben. Ihr verblendeten Leiter, die ihr Mücken seiget und Kameele verschlucket, die ihr Becher und Schüsseln auswendig rein haltet, inwendig aber ist es voll Raubes und Fraßes! Du blinder Pharisäer, reinige zuvörderst das Inwendige an Becher und Schüssel, danach auch das Auswendige rein werde. Ihr seid aber wie die übertünchten Gräber, die da auswendig hübsch scheinen, inwendig aber sind sie voll Todtengebein und allen Unflaths; also auch ihr: von außen scheint ihr vor den Menschen fromm, inwendig aber seid ihr voll Heuchelei und Untugend. Ihr Schlangen und Otterngezüchte, wie wollet ihr der höllischen Verdammniß entrinnen? Der Herr sendete euch die Propheten und Weisen; ihr aber habt sie gekreuzigt und gesteinigt, auch etliche gegeißelt in euren Schulen, und verfolget sie von der einen Stadt zu der andern. Ueber euch kommt all das Blut, das unschuldig vergossen wird auf Erden, von dem Blut des gerechten Abel bis auf das des Zacharias, welchen ihr gemordet habt zwischen dem Tempel und dem Altar. Wahrlich, ich sage euch, daß solches alles wird gerächt werden an eurem Geschlecht! Wehe dir Jerusalem, Jerusalem, die du tödtest die Propheten und steinigst, die zu dir gesandt sind! Wie oft habe ich deine Kinder versammeln wollen wie eine Henne ihre Küchlein unter ihre Flügel. Aber ihr habt nicht gewollt! So soll denn euer Haus

wüste gelassen werden, und ihr werdet mich fortan nicht sehen, bis daß ihr sprecht: Gelobt sei der da kommt im Namen des Herrn!"

Man ersieht aus dem Inhalt dieser angeführten Stelle, dergleichen noch in vielfachen Abweichungen von Seiten der Evangelisten vorliegen, daß Jesus gleich jedem andern Sterblichen menschlichen Leidenschaften unterworfen war und ihm daher ein durchaus urgöttliches Wesen nicht inne wohnte, wie denn auch wäre dies nicht der Fall — von einem Verdienst um die Menschheit seinerseits keine Rede sein könnte. Anderseits aber ergiebt sich daraus die unwiderlegliche Thatsache, daß man seine Worte auch dann nicht immer buchstäblich zu nehmen hat, wenn er ohne Redebilder anscheinend von einfachen Thatsachen spricht; denn unmöglich darf man behaupten, daß sein bekannter Ausspruch: ,,ich bin sanftmüthig und von Herzen demüthig" mit jenem Zornausbruche in Uebereinstimmung stehe, wenn wir auch gern zugeben, daß andere noch auffälligere Belege solcher Aufregung (z. B. die angebliche Verfluchung des Feigenbaumes) eine legendenartige Ausschmückung der wundersüchtigen Illustratoren genannt werden müssen.

Der aufbrausende Zorn bei dem Wahrnehmen so großer, unter dem Deckmantel der Heiligkeit verübter Schändlichkeiten, wie die jüdische Priesterschaft sich deren zu Schulden kommen ließ, ist ein zu allgemeines Kennzeichen edler Naturen, als daß wir uns versucht fühlen sollten, jene Ausbrüche einer moralischen Entrüstung dem christlichen Fabelbuche zuzuweisen; und was Jesus jenen seinen Widersachern geistlichen Standes vorwirft, daß gerade sie, die Priesterschaft, es seit den ältesten Zeiten gewesen, welche die Weisesten und Besten des Volks verfolgt oder getödtet habe, so zeigt uns auch die Geschichte aller Völker nach Christus, daß sich jene Klasse um kein Haar gebessert, ja eben die christlichen Pfaffen es denen aller andern Religionsbekenntnisse in diesem Stücke zuvorgethan, bis auf den heutigen Tag.

Daß ein so unausgeseztes Schmähen der herrschenden Religionsgemeinschaft auf die Dauer kein gutes Ende nehmen konnte und der Geduldsfaden endlich reißen würde, liegt auf der Hand. Täglich brüteten die Feinde Jesu in geheimen Zusammenkünften über Pläne, wie man den Widersacher verderben könne, ohne sich selbst bei der großen Beliebtheit des weisen Rabbi den Gefahren eines allgemeinen Aufstandes auszusehen. Alle Schlingen, die man ihm legte, versagten. Fragte man ihn nach seinem Glaubensbekenntniß, so verwies er einfach auf das 5. Buch Moses, Kap. 6 Vers 4 und 5, wo der Glaube an einen einigen Gott und die Liebe zum Nächsten als Grundbasis aller Religionspflichten angegeben werden, und auch bei jeder sonst verfänglichen Frage

wußte er durch kluge Antworten der Schlinge zu entgehen, so daß er seinen einst öffentlich gelehrten Grundsay; „seid klug wie die Schlangen und ohne Falsch wie die Tauben" ersichtlich selbst wohl beherzigte.

Die Feinde Jesu waren somit wirklich rathlos, wie sie ihren Plan, ihn zu verderben, ins Werk richten sollten, und da nebenbei ihre anderweitigen Verschwörungspläne, bei denen sie sich seiner einst als Werkzeug zu bedienen gedachten, nicht ganz verschwiegen geblieben waren, so daß die römischen Behörden nicht hätten davon unterrichtet sein sollen, so faßten sie endlich den teuflischen Entschluß, ihren Gegner als den Hauptanstifter einer politischen Verschwörung anzuzeigen.

26.

Die politische Jutrigue nimmt eine greifbare Gestalt an.
Einleitung in den Criminalproceß Jesu.

In einer leßten geheimen Berathung der Feinde Jesu wurde in diesem Sinne beschlossen, ein anonymes Schreiben an den Kaiser Tiberius in Rom abzusenden, in welchem die Beschuldigung, daß der Rabbi Jesus unter dem Deckmantel religiöser Reformen eine Empörung der Juden gegen die römische Oberherrschaft und mit deren Hilfe eine Staatsumwälzung beabsichtige, ausgesprochen war.

Die Geschichte weiß uns über den schändlichen Charakter und die grausamen Regierungshandlungen jenes tyrannischen Gewalthabers die fürchterlichsten Dinge zu erzählen, denn die angesehensten und einflußreichsten Römer waren bei dem geringsten Verdachte gegen ihre Loyalität ihres Lebens nicht sicher. Während er auf der Insel Caprea in viehischer Wollust schwelgte, wüthete sein Günstling Aelius Sejanus, Commandant der Garde, unter den Bürgern Roms, deren er ganz nach seinem Gelüste eine große Menge hinschlachten ließ.

Welchen Werth konnte unter einer solchen Regierung das Leben eines armen unbekannten Juden haben? Da man indeß an der gleichen geheime Anklagen in Rom gewöhnt war und sich um die Anstifter derselben in der Regel nicht viel kümmerte, so sind die eigent lichen Rädelsführer dieser gegen Jesus gerichteten Intrigue nie ausdrücklich ans Licht gezogen worden. Man hegte seiner Zeit darüber allerlei Vermuthungen, deren erstere den größeren Grad von Wahrscheinlichkeit für sich hat.

Nach einigen Angaben nämlich waren es die religiösen Gegner

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