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saisch klingender Name war Bab), als Charakter etwa unserm Spinoza vergleichbar, sah sich gewissermaßen gegen seinen Willen vom Volke zu dem Range eines von Gott gesandten Wunderthäters erhoben und wäre beinahe ein siegreicher Nebenbuhler Mohameds geworden. Er lebte in den fünfziger Jahren dieses Jahrhunderts, und Tausende sind für ihn mit einer Freudigkeit in einen so scheußlichen Tod gegangen, daß die Geschichte des menschlichen Fanatismus fast kein zweites Beispiel aufzuweisen hat. Ein Augenzeuge berichtet darüber Folgendes: Eines Tages erlebte ich in den Straßen von Teheran ein Schauspiel, dessen fürchterlicher Inhalt wie ein unauslöschliches Traumbild nie aus meiner Erinnerung schwinden wird. Zwischen grausamen Henkern sah man Kinder und Frauen einherschreiten, den Körper über und über mit Wunden bedeckt, in die man brennenden Schwamm gepreßt hatte. Die Opfer wurden an Stricken geschleppt und mit Peitschenhieben vorwärts getrieben. Kinder und Frauen sangen auf dem Wege zum Richtplaß Verse mit dem Schlußsaß: „Wahrlich, wir kommen von Gott und gehen wieder zu ihm ein!" Ihre hellen, durchdringenden Stimmen und Stimmchen schwebten über dem tiefen Schweigen der Menge. Wenn eins der Opfer vor Ermattung niederfiel und man es mit Hieben oder Bajonettstichen zum Aufstehen zwang, begann es - falls der Verlust des Blutes, das ihm über alle Glieder rieselte, noch einige Kraft übrig ließ zu tanzen und zu springen, wobei mit gesteigerter Begeisterung abermals jene Gesangsphrase erscholl: In Wahrheit, wir sind Gottes und kehren zu ihm zurück!“ Mehrere Kinder sanken schon während des Zuges todt zusammen, die Henker warfen den Leichnam vor die Füße ihrer Eltern und Geschwister, und diese schritten, ihnen kaum einen Blick schenkend, beherzt darüber hinweg. An der Richtstätte angelangt, bot man den Unglücklichen Leben und Freiheit an, wenn sie ihren Glauben abschwören wollten; ja einem Vater drohte der Henker, er werde, sofern er nicht widerrufe, seinen beiden Söhnen auf seiner Brust die Hälse abschneiden. Es waren dies zwei kleine Knaben; aber sie hörten, obwohl vom Blute triefend und an vielen Gliedern durch Feuer versengt, der Drohung kaltblütig zu, und der Vater, indem er sich auf die Erde legte, erwiderte: er sei bereit. Daneben verlangte der ältere, etwa 14jährige Knabe auf sein Erstgeburtsrecht pochend, der zuerst zu tödtende zu sein. Einige dieser Märtyrer wurden, um sie zum Widerruf zu bewegen, an die Mündung einer Kanone gebunden, an welcher eine langsam glimmende Lunte befestigt war. Man versprach ihnen, die Lunte abzuschneiden, wenn sie Bab verleugnen wollten. Sie aber erhoben ihre Arme gegen die Lunte und baten nur, daß sie

schneller brennen möge, damit ihr Glück recht bald vollendet werde. Endlich war Alles vorüber. Die Nacht senkte sich auf einen Haufen unförmlicher Fleischstücke herab; die Köpfe wurden in Bündeln an dem Gerichtspfahl befestigt, und die Hunde der Vorstädte kamen beerdenweise herbei gelaufen, sich an dem Fleische der gemordeten Menschen zu sättigen.

Man sieht also, daß das Märtyrerthum durchaus kein gültiger" Beweis für die Heiligkeit und Göttlichkeit einer Religionsidee ist, und wenn das Christenthum nicht andere Beweise für seine Gültigkeit hätte als die der Blutzeugen, so würde es um seine Berechtigung für eine Weltreligion schlecht stehen.

Dennoch geizen gewöhnlich auch die christlichen Fanatiker nach der Märtyrerkrone, weil Jesus hiervon keine Ausnahme gemacht hat; er kannte die Gefahr sehr wohl, die ihn umringte und der er sich auch jezt, wie schon so oft, durch die Flucht hätte entziehen können. Er schien es aber lebhaft zu fühlen, daß er der von ihm angestrebten Reform weniger durch sein Leben und seine Lehren denn was konnte er jezt noch Neues vollbringen? als durch seinen Tod zu nüßen vermöchte, und so scheint er in ruhigen Stunden beschaulichen Nachdenkens und reiflicher Ueberlegung mit sich eins geworden zu sein, seiner Lehre das Leben zum Opfer bringen zu wollen.

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Was uns die Evangelisten von jeßt ab über Einleitung und Verlauf der tragischen Katastrophe berichten, ist von offenbaren und verdeckten Widersprüchen in einer Weise durchwebt und von absichtlicher Wundersucht dermaßen getrübt, daß der gewissenhafte Geschichtschreiber, der keine Rücksicht auf die berrschende Kirche und deren Dogmenlehre nehmen darf, davon nur wenig gebrauchen kann und sich nach andern, weniger getrübten Quellen umsehen muß, um Einheit und Klarheit in seine geschichtliche Darstellung zu bringen. Die Evangelisten sind aufrichtig genug, ihrer Absichtlichkeit kein Hehl zu haben, denn jedem irgend hervorragenden Momente fügen sie die Bemerkung bei:,,Auf daß sich erfüllet was geschrieben steht." Und nun wird eine in den alten Büchern verzeichnete Weissagung hervorgehoben, die sich in diesem oder jenem Umstande erfüllt habe, um dadurch die göttliche Sendung Jesu zu beweisen und die lange vorbereitete göttliche Planmäßigkeit der Ereignisse hervorzuheben. Die Wissenschaft ist hierüber längst völlig klar und einverstanden; die hervorragendsten Vertreter derselben haben sich unendliche Mühe gegeben, das Unhaltbare der evangelischen Darstellungen des Lebens und Wirkens Jesu nachzuweisen. Wir unsrerseits dürfen, unserm Zwecke gemäß, hierauf nur wenig Rücksicht nehmen, da

das Selbstverständliche keines Beweises bedarf, und somit gehen wir mit unbefangener, ungetrübter Wahrheitsliebe zur Darstellung des tragischen Ausganges dieses Lebensabschnittes über.

27.

Der Criminal-Prozeß Jesu.

Es war im März des 33. Jahres unserer Zeitrechnung, als das für die Juden hochwichtige Osterfest herannahte und Jesus nach seiner und vieler Juden Gewohnheit den Entschluß faßte, dasselbe in Jerusalem und dessen nächster Umgebung zu verleben.

Mancherlei, auf das Herannahen einer großen, hochwichtigen Begebenheit, auf eine endgültige Entscheidung anspielende Redewendungen hatten die größte Aufmerksamkeit und Erwartung der Jünger angeregt, und während die kleine Schaar, in mehr oder weniger zahlreiche Gruppen getheilt, durch Felder und Fluren der großen, heilig genannten Stadt entgegen pilgerte, stritten sich die noch in einem falschen Wahn befangenen Jünger abermals darüber, wer in dem vermeintlich bald beginnenden neuen Gottesreiche der nächste zu Jesus sein würde; und Salome, die Mutter zweier verbrüderter Jünger (Philippus und Jacobus) nahm sich sogar die Freiheit, dem Meister das Gesuch vorzutragen, ihren beiden Söhnen den Vorzug zu gönnen und ihnen dereinst die nächsten Siße zu seiner Rechten und Linken anzuweisen. Jesus aber zerstörte alle solche Täuschungen auf das Gründlichste durch seine schlagenden Antworten. Unbegreiflich bleibt es für alle Zeiten, wie doch der tiefe Denker und Herzenskundige auch nur entfernt hoffen konnte, daß seine tief philosophische Auffassung der menschlich-göttlichen Dinge von diesen offenbaren Flachköpfen, welche keinen seiner Gedanken zu fassen, keine seiner Lehren zu begreifen und seinem Ideengange durchaus nicht zu folgen vermochten, jemals die Stüßen seiner riesenhaften Reformidee werden könnten? In der That, wenn nicht später andere Männer hinzugetreten wären, unter denen auch Paulus und Barnabas, so wäre das Christenthum — freilich dann aber auch die Corruption desselben niemals zu Stande gekommen. Sind doch auch, außer Matthäus, Petrus und Johannes, alle Anderen vom Schauplaße gänzlich verschwunden, Einige freilich durch ihr frühes gewaltsames Ende als Märtyrer der neuen Lehre.

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Kehren wir zu der kleinen Pilger-Gesellschaft zurück. Ueber ihre Unterhaltung hatte sich eine dumpfe Schwüle gelagert, denn auf dem

Antlige ihres verehrten Lehrers lag schwermüthiger Ernst, eine tiefe Melancholie, indem der natürliche Selbsterhaltungstrieb bei ihm im Kampfe lag mit der Begeisterung für seinen großen Plan, wodurch er die Menschheit zu einer höheren edleren Bildungsstufe erheben, sie in sittlichere Bahnen lenken und dafür alle geistige Kraft, ja sein Leben selbst in die Wage legen wollte.

Keiner seiner Jünger wagte es, sein bedeutsames Schweigen zu unterbrechen, und nur leise flüsterte man sich unter einander die Besorgnisse zu über das, was ihrer in Jerusalem wahrscheinlich harre. Endlich nahm Jesus selbst das Wort und sprach von dem ihm bevorstehenden Geschick und wie sie sich nun wahrscheinlich bald würden trennen müssen. (Die angeblich angedeuteten Einzelheiten über Kreuzigung und Auferstehung sind willkürliche Zusäße der späteren Biographen; Jesus konnte seine Kreuzigung nicht voraus wissen.)

Die Jünger wurden über die Mittheilung ihres geliebten Lehrers, auf den sie ihre ganze zukünftige Hoffnung gebaut hatten, äußerst bestürzt und traurig. Eine solche Opferfreudigkeit, wie Jesus sie kundgab, ging weit über ihre Begriffe, und ein immer weiter greifendes Mißverständniß, eine weit klaffende Scheidewand gab sich in den nun zur Entscheidung drängenden Momenten kund.

In dieser Stimmung erreichte man Bethanien, die leßte Station vor Jerusalem, am Sonnabend, den achten Nisan (23. März); acht Tage später trat das Osterfest ein. Die Evangelisten sind mit ihrer Darstellung dieser lezten Tage Jesu wie gewöhnlich keineswegs einig, und zwar weder in der Zeit, noch in den Begebenheiten. Wir kennen aber die Veranlassung und folgen theils Johannes, dem glaubhaftesten, theils andern geschichtlichen Quellen.

Als Jesus mit seinen Schülern gegen Abend Bethanien erreicht hatte, kehrten alle wie gewöhnlich bei seinem Freund Simon über dessen Sohn Lazarus und die Töchter Maria und Martha wir mehrfach gesprochen - ein und erregten hier dadurch große Freude bei den wackeren Leuten; namentlich äußerten auch diesmal die beiden Schwestern die lebhafteste Freude über das Wiedersehen und suchten der offenbaren Verstimmung durch ein der Freude gewidmetes Gastmahl zu begegnen, zu welchem eine große Menge befreundeter Gäste geladen wurde. Man sah es besonders der Maria an, wie sehr sie sich die traurige Stimmung ihres verehrten Freundes zu Herzen nahm, der sich in den ernstesten Gesprächen über die zukünftige Gestaltung des Judenreiches erging und seine schlimmen Befürchtungen nicht verhehlte. Auch von seinem baldigen Abschiede und der ihm drohenden Gefahr sprach er unverhohlen

Clemens, Jesus L.

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und erschreckte dadurch vorzugsweise das liebende Herz Marias, die ihrer Gefühle nicht mehr Herr, hinausging und ein (noch vom vermeintlichen Tode des Lazarus herrührendes) Gefäß voll balsamischen Wassers herbeiholte und dasselbe nach orientalischer Weise über die Füße des Freundes ausgoß, ein Beweis von Verehrung, dem wir schon mehrfach begegneten. Nach dortiger, auch jezt noch vorhandener Sitte zerbrach sie sodann das Gefäß und trocknete mit ihrem langen seidenartigen Haar die beneßten Füße.

Das ganze Haus war vom Dufte der kostbaren Specerei erfüllt, und keiner mißgönnte dem edlen Gaste diese außerordentliche Aufmerksamkeit der Tochter des Hauses, außer dem übel berüchtigten Judas von Kerioth, der sofort berechnete, wie viel an Geldeswerth hier vergeudet worden sei. Er war seiner Habgier so wenig Meister, daß er es laut aussprach, wie es löblicher von Maria gewesen wäre, wenn man den Balsam verkauft und das dafür gelöste Geld den Armen geschenkt hätte, er nannte des Mädchens Gebahren geradezu Verschwendung, denn er, der angebliche Säckelmeister, hätte das Geld so gern in seine Kasse bekommen. (Ob er nicht gewissermaßen Recht hatte?)

Jesus war aber anderer Meinung und ließ auf seiner Freundin keinen derartigen Vorwurf haften, verwies vielmehr dem Judas seine unzeitige Kritik und belobte den Freundschaftsdienst der Maria, „denn“

sprach er mit ernster, fast zorniger Miene - ,,die Armen werdet ihr alle Zeit bei euch haben, mich aber habt ihr nicht alle Tage!" Und mit prophetischem Blicke verhieß er der Maria um dieses Werkes willen die Unsterblichkeit. Ob er diesen Vorzug im geschichtlichen oder übernatürlichen Sinn meinte, müssen wir dahingestellt sein lassen. So viel steht fest, daß man bis zum letzten Tage von der hingebenden Liebe der Maria zu Jesus (die bis über das Grab hinaus währte) reden und schreiben und ihr somit die geschichtliche Unsterblichkeit sichern wird.

Die Anwesenheit des weithin bekannten und geehrten Volkslehrers hatte sich in der ganzen Umgegend verbreitet, und es hat daher nichts Auffälliges, daß sich am folgenden Tage, als Jesus nach Jerusalem zurückzukehren beabsichtigte, eine große Menge Volk versammelte, um ihm das Geleit zu geben. Ebenso ist es mehr als wahrscheinlich, daß seine begeistertsten Freunde und Freundinnen in Bethanien, Maria an der Spize, ihm hinter seinem Rücken eine Huldigung, eine scheinbar zufällige, in Wahrheit aber wohlverabredete Feierlichkeit in Betreff seines Einzuges in die Mauern Jerusalems bereiteten. Das Volk ist in dieser Hinsicht zu allen Zeiten von gleichem Charakter gewesen; der Ruf ist, gleich einem Miasma, ansteckender Natur, und die Begeisterung lodert

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